[HH] Farbbeutelanschlag auf IBA-Dock

Aut. Dokumentationskollektiv Wand & Farbe 15.07.2012 12:22 Themen: Soziale Kämpfe
In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch (10./11.07) gab es einen Farbbeutelanschlag auf das IBA-Dock im Hamburger Stadtteil Veddel. Uns erreichte das unten stehende Bekenner_innenschreiben, welches am Mittwoch morgen per Email an mehrere Hamburger Zeitungen verschickt wurde.
In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch (10./11.07) gab es einen Farbbeutelanschlag auf das IBA-Dock im Hamburger Stadtteil Veddel. Uns erreichte das unten stehende Bekenner_innenschreiben, welches am Mittwoch morgen per Email an mehrere Hamburger Zeitungen verschickt wurde.
Über den im Bekenner_innenschreiben angesprochenen Besuch der Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt am Mittwoch und einer weiteren Protestaktionen wird unter anderem auf Welt online berichtet:  http://www.welt.de/regionales/hamburg/article108266541/Schleichfahrt-ins-streitbare-Wilhelmsburg.html


Dokumentiert vom 11.07.2012:

Farbbeutelanschlag auf IBA-Dock


Heute wird die Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt und IBA-Aufsichtsratsvorsitzende Jutta Blankau mit einer Barkasse durch Wilhelmsburg fahren, um die Strecke von den Landungsbrücken bis zur entstehenden Internationalen Gartenschau (IGS) und der Internationalen Bauausstellung (IBA) einzuweihen.
Dies haben wir zum Anlass genommen, in den frühen Morgenstunden das IBA-Dock auf der Veddel mit Farbe zu verschönern, um darauf aufmerksam zu machen, dass die IBA und die IGS für die allermeisten hier in Wilhelmsburg und Veddel lebenden Menschen alles andere als ein Grund zum feiern ist.
Wir wollen mit dieser „Kunstaktion“ unseren Widerstand gegen die IBA/IGS und die Stadtentwicklungspolitik des Hamburger Senats zum Ausdruck bringen.
Insbesondere die Internationale Bauausstellung (IBA) ist ein stadtentwicklungspolitisches Instrument um die Stadtteile Wilhelmsburg und Veddel aufzuwerten. Dagegen die Lebensverhältnisse „aufzuwerten“ ist erstmal nichts einzuwenden. Unter den Bedingungen des kapitalistischen Wohnungsmarktes allerdings führt dies auch immer zu einer Steigerung der Mieten und so zur Verdrängung einkommensschwächerer Bevölkerungsschichten(Gentrifizierung). Dass dies kein ärgerlicher Nebenaspekt der Aufwertung, der lediglich in kaufgenommen wird, sondern ein gewollter Prozess ist, zeigt nicht zuletzt das IBA-Logo mit dem stadtentwicklungspolitischen Leitspruch „Sprung über die Elbe“. Wer soll da eigentlich springen? Und
wohin? Es geht bei diesem Aufwertungsprozess eben nicht um die jetzt hier lebenden Bewohner_innen der Elbinsel und die Verbesserung deren Lebensverhältnisse, sondern die Insel soll aktraktiv gemacht werden für erst noch kommende zahlungskräftige Mieter_innen, Gewerbetreibende und Investor_innen. Diese Umstrukturierung wird von stadtpolitischer Seite aus gern auch damit begründet, einen sogenannten „sozialen Mix“ (wieder-)herzustellen. Gemeint ist hiermit eine einseitige „Durchmischung“ bzw. „Hinzumischung“ einer weißen deutschen Mittelschicht zu einer als negativ angesehen und als
problematisch definierten Bevölkerung aus überwiegend Transferleistungsempfänger_innen und Menschen mit Migrationshintergrund. Wird in diesem Zuge aber kein neuer Wohnraum geschaffen, bedeutet dies
zwangsweise eine Verdrängung der hier lebenden Menschen. Am deutlichsten ist dies im nördlichen
Reiherstiegsviertel mit seinem begehrten Altbaubestand zu beobachten. Durch Mieterhöhungen und Sanierungen wird die Bevölkerungsstruktur hier (systematisch) ausgetauscht. Dass es bei der an sich schon menschenverachtenden Argumentation des „sozialen Mixes“ nicht um den Mix an sich geht, sondern um die einseitige Verdrängung von einkommensschwächeren Bevölkerungsteilen, zeigt sich unter anderem auch darin, dass zum Beispiel keine Sozialwohnungen in Blankenese oder vergleichbaren
Stadtteilen gebaut werden.
Bei der forcierten Gentrifizierung spielt zudem der Imagewandel der „Problemstadtteile“ Wilhelmsburg und Veddel eine wesentliche Rolle. Der Stadtteil soll als hipp und angesagt gelten, als alternativ und gar als „neue Schanze“. Erreicht werden soll dies neben der PR-Maschine der IBA durch den Zuzug von Studierenden und Künstler_innen, die durch spezielle Mietförderungsprogramme der SAGA GWG und Projekte wie das vor kurzem gescheiterte KreativZentrum Veringhöfe angelockt und im Stadteil angesiedelt werden sollen. Als Partnerin der IBA hat die SAGA GWG mit einem Wohnungsbestand von über
8000 Wohnungen in Wilhelmsburg und auf der Veddel dabei auch ein direktes wirtschaftliches Interesse an deren Wertsteigerung. Insbesondere, da die SAGA vertraglich zugesagt hat, von 2007 bis einschließlich 2012 jährlich 100 Mio. Euro an den Senat abzuführen. Der Schriftzug „Sozialer Wohnungsbau heißt, ohne Gewinnabsichten bauen“an der Häuserfassade der Wohnungen in der Weimarerstraße ließt sich da wie blanker Hohn.
Durch Pseudo-Beteiligungsformen wie dem sogenannten „IBA-Bürgerdialog“, wo vorgefertigte Projekte vorgestellt und höchstens mitentschieden werden kann, wie die neue Straßenbeleuchtung auszusehen hat, soll eine Beteiligung und Akzeptanz der Bevölkerung nach Außen suggeriert werden, um
die Umstrukturierungsmaßnahmen zu legitimieren.
Um grundlegende Fragen des Wohnens und der Stadtteilentwicklung oder sogar
des Projektes IBA an sich, ging es hier aber nie.


Diese Aktionsform ist eine von vielen Möglichkeiten um diese Genrifizierungsprozesse zu kritisieren und zu bekämpfen, wählt auch ihr eine!

In diesem Sinne: „IBA versenken, Wohnraum verschenken!“

Gegen Gentrifizierung und die Hamburger Wohnungspolitik! Gegen Staat und Kapitalismus! Für die befreite Gesellschaft!"
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Ergänzungen

Bericht der Barkassenfahrt

. 15.07.2012 - 14:33
Auf dem AKU-blog gibt es eine ausführliche Zusammenfassung der Barkassenfahrt. Eine Video-Dokumentation findet sich bei Utopie-TV .

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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