Klimacamps gegen Braunkohle
Die Klimabewegung soll so breit und wirksam werden wie die Anti-Atom-Bewegung. Dabei will sie von deren Erfahrungen lernen, und hofft ganz konkret auf personelle Verstärkung aus den Anti-Atom-Gruppen. Strategisch gesehen ist es schwierig, eine Protestbewegung gegen eine so allumfassende und gleichzeitig abstrakt scheinende Gefährdung wie die globale Erwärmung aufzubauen. Bilder von schmelzenden Gletschern, brennenden Wäldern und Flutkatastrophen haben aus unerfindlichen Gründen nicht das gleiche Mobilisierungspotential wie ein explodierendes Atomkraftwerk. Hinzu kommt, dass konkreter Klimaschutz an den Grundfesten unseres gesamten Lebensstils rüttelt. Da ist es doch einfacher, das Problem zu verdrängen. Die Aktivist_innen im Rheinland und in der Lausitz haben sich daher entschieden, Braunkohle zum Symbol für die Klimabewegung zu machen. Denn die Mondlandschaften der Tagebaue und die rauchenden Schlote der Kraftwerke vereinen in sich alle Probleme, gegen die wir kämpfen müssen: der rücksichtlose Raubbau an der Natur, zentralistische und menschenfeindliche gesellschaftliche Strukturen, ein Wachstums- und Wirtschaftsmodell, das nur in den Abgrund führen kann. Es gibt hier klare Gegner: RWE bzw. Vattenfall, die zu den größten Emittenten von CO2 in Europa gehören. Oder, wie Anwohner_innen sie nennen: „die Mafia“. Allein in der Lausitz verloren in den vergangenen 80 Jahren mehr als 30.000 Menschen ihre Heimat, weil sie einem Tagebau weichen mussten.
Für den sofortigen BraunkohleausstiegUm den Klimawandel aufzuhalten und eine dezentrale Energieversorgung aufzubauen, müssen wir dafür sorgen, dass die Kohle im Boden bleibt. Obwohl Braunkohle der klimaschädlichste Energieträger ist, erlebt sie nach dem „Atomausstieg“ hierzulande eine Renaissance. Derzeit wird in Deutschland die meiste Braunkohle weltweit gefördert. Der Brennstoff ist durch indirekte Subventionen für die Energiekonzerne fast umsonst zu haben, ihr Interesse, ihn zu verwerten, ist daher immens. Es ist klar, dass die Energiekonzerne diese Technologie – genau wie bei der Atomkraft - nicht kampflos aufgeben werden. Dabei sehen selbst staatliche Szenarien vor, den Abbau von Braunkohle massiv zurückzufahren. Die Leitstudie des Bundesumweltministeriums von 2007 sieht vor, dass im Jahr 2050 nur noch ca. 5 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert werden soll (zum Vergleich: im Jahr 2012 wurden in Deutschland ca. 169 Millionen Tonnen Kohle verheizt). Gleichzeitig laufen auf Landesebene Genehmigungsverfahren für neue Kraftwerke, die fünfzig bis sechzig Jahre volle Leistung bringen müssten, damit sie sich überhaupt rentieren. Braunkohle wäre damit bis über die Mitte des Jahrhunderts als Energieträger zementiert. Das muss verhindert werden.
Bildung, Vernetzung, Aktionen und Nachhaltiges LebenKlimacamps sind lebendige Orte des Austauschs, an denen Menschen aus unterschiedlichen sozialen Bewegungen, Spektren und Ländern zusammenkommen, um sich zu vernetzen: lokale Bürger_innen-Initiativen, politische Gruppen, Umweltverbände, motivierte Einzelpersonen, internationale Gäste aus vom Klimawandel betroffenen Regionen. Es bietet Raum für Vernetzung und gegenseitige Bildung sowie widerständige Praxis und direkte Aktion. In Workshops und Diskussionen wird das Wissen weitergegeben, das wir brauchen, um eine lebenswerte Zukunft zu gestalten. Dabei soll das Camp auch ein Experimentierfeld für ein anderes Leben sein: Ressourcenschonendes Leben ist ein ebenso elementarer Bestandteil des Camps wie basisdemokratische Selbstorganisation. Im Mikrokosmos Camp wird gelebt, was wir für die gesamte Gesellschaft fordern: unser Strom – wo man nicht ganz auf ihn verzichten kann - kommt von Windrädern, Fahrradgeneratoren und Solarzellen. Es gibt Kompostklos statt Dixies, öko-veganes Essen statt Supermarktschnitzel. Und auch unsere Entscheidungen sollen nachhaltig sein.
Außerdem sind Camps Ausgangspunkt für vielfältigen Widerstand gegen Braunkohleabbau. Im letzten Jahr besetzten Campteilnehmer_innen Parteibüros in Cottbus, um auf deren Kohlepolitik Druck auszuüben. Im Rheinland blockierten über 50 Menschen die Gleise, auf denen sonst im Viertelstundentakt Kohle von den Tagebauen zu den Kraftwerken transportiert wird. Außerdem gab es zahlreiche Demonstrationen in Ost und West. Auch dieses Jahr werden die Protestformen so unterschiedlich wie die am Widerstand beteiligten Menschen sein – von Kommunikationsguerilla über Bannerdrops und Fahrraddemonstrationen bis hin zu Blockaden und Besetzungen.
Die Camps fordern eine atom- und kohlefreie Zukunft und ein lebenswertes Klima weltweit. Sie kämpfen für Klimagerechtigkeit und Energiesouveränität. Klimagerechtigkeit bedeutet, anzuerkennen, dass das Wachstumsparadigma, welches zur maßlosen Ausbeutung von Rohstoffen, Überproduktion und Überkonsum führt, in einem grundlegenden Widerspruch zu den biophysikalischen Grenzen des Planeten und dem Kampf um soziale Gerechtigkeit steht. Deshalb ist es wichtig, dass unsere Gesellschaft ihre historische Verantwortung anerkennt und danach strebt, die globalen Gemeingüter zu schützen. Sie darf nicht länger von den Profitinteressen der Energiekonzerne abhängig sein, sondern muss den Einzelnen ermöglichen, ein selbstbestimmtes und solidarisches Leben zu führen. Deshalb kämpfen die Camps, als Teil einer weltweiten Bewegung, für die Schaffung von demokratischen und dezentralen Strukturen.
Energiedemokratie bedeutet, sicherzustellen, dass jedeR Zugang zu genug Energie hat. Die Energie muss jedoch so produziert werden, dass sie weder Umwelt noch Menschen schädigt oder gefährdet. Das bedeutet konkret, fossile Rohstoffe im Boden zu lassen, Produktionsmittel zu vergesellschaften und demokratisieren und unsere Einstellung zum Energieverbrauch zu ändern.
Seid dabei, wenn wir uns aktiv gegen die zerstörerischen Folgen der zentralisierten und fossilen Energieproduktion stellen!
Waldbesetzung im Hambacher Forst mit Skill-Sharing-Camp (29.06-8.07) & Herrschaftskritisches Barrio während dem Klimacamp im Rheinland http://hambacherforst.blogsport.de/
Klimacamp im Rheinland: 3.-12. August 2012 in Manheim bei Köln http://www.klimacamp.ausgeco2hlt.de
Klima- und Energiecamp Lausitz: 11.-19. August in Jänschwalde www.lausitzcamp.info
Klima-Camp in Hohenmölsen bei Leipzig: 20.-26. August http://www.zukunftsbund-luetzen.de/
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
Ergänzungen