Blockupy – Gemeinsam ein Zeichen setzen

Annelie M. 21.05.2012 12:22 Themen: Antifa Freiräume Globalisierung Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Bereits am Mittwoch trafen einige Blockupy-AktivistInnen in Frankfurt ein und zeigten Präsenz bei der friedlichen Räumung des Occupy Camps. Donnerstag war der große Anreisetag für die Blockupy Aktionstage. Denn durch Verbote der Stadt lassen sich die AktivistInnen natürlich nicht abhalten. Die vollkommene Fehleinschätzung und Schaffung einer Bedrohungskulisse durch die Stadt sind weitere Ausdrücke der politischen Krise. Wenn nun auch noch versucht wird die Grundrechte der Menschen in diesem Land außer Kraft zu setzen, wird deutlich, dass gehandelt werden muss.
Die Stadt und die angeforderten Hundertschaften der Bereitschaftspolizei sahen das in diesen Tagen anders. Die Anreisenden wurden aufgrund des bloßen Verdachts an verbotenen Aktionen teilzunehmen massiv daran gehindert in die Stadt einzureisen. Zahlreiche Busse aus ganz Deutschland wurden ohne einen konkreten Beweis bereits auf der Autobahn abgefangen und zum umkehren gezwungen. Einige Busse wurden sogar die ganze Strecke von der Polizei zurück eskortiert. Die Insassen der Busse erhielten zugleich ein Verbot sich in den nächsten Tagen in Frankfurt aufzuhalten. Auch internationale Gäste wurden aufgefordert zurück zu reisen. So wurde einigen Italienern die Wahl gelassen für die restlichen Aktionstage in Gewahrsam genommen zu werden oder mit dem Flugzeug zurück zu reisen. Diese völlig grundlosen Maßnahmen ohne konkrete Vorwürfe zeigen die massive Beraubung der Freiheitsrechte der Menschen durch die von den Regierenden instrumentalisierte Polizei. Am Frankfurter Bahnhof wurde durch Gesichtskontrolle entschieden, wer den Bahnhof verlassen durfte. Mehrere Großgruppen aber auch Einzelpersonen wurden direkt abgefangen und eingekesselt. Nach der Feststellung der Personalien erhielten die Personen ebenfalls einen Platzverweis. Der weitere Verlauf des Tages war geprägt von diesem Vorgehen der Polizei. In der ganzen Stadt wurden Rucksäcke durchwühlt, Personalien festgestellt, Platzverweise erteilt oder Gegenstände wie Trommeln oder Zelte beschlagnahmt. Das ungeheure Polizeiaufkommen war schockierend. Das Bild der Stadt wurde dominiert von unzähligen Polizeibussen, die aufgereiht in den Straßen standen oder in Kolonnen durch Frankfurt sausten. Die Polizei erschien in voller Montur und war darüber hinaus stark bewaffnet, sogar Wasserwerfer standen in diesen Tagen bereit, kamen jedoch glücklicherweise nicht zum Einsatz. Wie Römer Truppen patrouillierte die Polizei in Formation durch die Stadt. Die AktivistInnen denen es unter diesen schweren Bedingungen trotzdem gelang Frankfurt zu erreichen, nahmen ihre durch das Grundgesetz verankerten Rechte auf Versammlung wahr, auch wenn die Polizei dieses in diesen Tagen wortwörtlich mit den Füßen treten würde. Überall in der Stadt gelang es den AktivistInnen spontane Versammlungen einzuberufen und gemeinsam zu demonstrieren. In der Innenstadt konnte zunächst der Paulsplatz besetzt werden. Spontan hatten sich einige AktivistInnen dazu entschieden Grundgesetze an die Menschen zu verteilen, um auf die Verletzung der Rechte aufmerksam zu machen. Der Platz war von einer Polizeikette umstellt, die anfangs noch durchflossen werden konnte, so dass sich zahlreiche AktivistInnen in einer bunt gemischten Gruppe zusammenschlossen. Die Gruppe hätte unterschiedlicher nicht sein können, doch eines hatten alle gemeinsam: Im Gegensatz zur Polizei blieben sie friedlich und wendeten keinerlei physische Gewalt an. Die Cafés auf dem Platz waren gefüllt mit Menschen, die das Treiben begeistert beobachteten. Die Volxküche versorgte die AktivistInnen mit leckerem Essen. Eine Samba Gruppe und andere Kreative sorgten für eine tolle Stimmung. Zelte wurden errichtet, jedoch teilweise von den Polizisten gewaltsam niedergerissen. Obwohl die DemonstrantInnen friedlich blieben durchflossen die "Robo-Cops“, wie sie manche Demonstranten nennen, die Menge immer wieder auf aggressive Weise um ihre Präsenz zu zeigen. Nach einiger Zeit wurde auch der direkt angrenzende Römerberg besetzt, so dass die protestierenden Menschenmengen nur noch durch die Polizeiketten voneinander getrennt waren. Dort bot sich dasselbe Bild. Parolen wurden gerufen, kreative Aktionen entstanden, Zelte wurden aufgebaut und es wurde gemeinsam gegen die Krise protestiert. Trotz des friedlichen Verlaufs der Proteste wurden die Plätze nach einiger Zeit durch die Polizei geräumt.Auch am Freitag waren alle mühevoll geplanten Aktionen durch die Stadt verboten. Nichts des zu trotz waren die AktivistInnen bereits früh auf den Beinen, um sich zu versammeln und gemeinsam zu demonstrieren. Bereits am frühen Morgen waren einige Hundert Menschen an verschiedenen Orten von der Polizei eingekesselt. Die Stadt bot ein bizarres Bild: Noch befanden sich wenige Menschen auf den Straßen. Nur kleine Gruppen, die sich ihren Weg durch die bewachte und blockierte Stadt bahnten. In jeder Straße standen unzählige Polizeibusse aufgereiht. Ständig rasten sie in Kolonnen mit Blaulicht auf zu neuen Versammlungen der AktivistInnen. Der Auftakt für ein Katz und Maus Spiel zwischen AktivistInnen und PolizistInnen, dass sich an diesem Tag in der ganzen Stadt und vor allem im abgesperrten Bankenviertel abspielen sollte. Das Vorgehen der PolizistInnen an diesem Tag wurde schnell deutlich: Kessel bilden, Personalien nehmen, Platzverweise erteilen oder gleich ab in die Gefangenensammelstelle. So dass diese nach kürzester Zeit völlig überfüllt war und für neu ankommende DemonstrantInnen erst Platz gemacht werden musste, in dem andere wieder frei gelassen wurden. Doch davon ließen sich die AktivistInnen nicht klein kriegen. Trotz der völligen Sperrung um die Europäische Zentralbank (EZB) durch die Polizei, samt der Schließung einer U- und S-Bahn Haltestelle für vier Tage, errichteten die Demonstranten eine Blockade vor der EZB. Im gesamten Bankenviertel fanden über mehrere Stunden kreative Flashmobs statt. In mehreren Zügen zogen sie durch die Straßen, die PolizistInnen immer auf den Versen. Immer wieder wurden die friedlich demontierenden AktivistInnen durch die Polizei eingekesselt, doch die Stimmung blieb überwältigend. In einem Kessel nahe der EZB sorgte eine Samba Gruppe weiter für gute Stimmung. Im Kessel bildeten die AktivistInnen eine Kette und stellten sich den stark geschützten und bewaffneten PolizistInnen mit dem Gesicht gegenüber. „Unser Kessel ist viel schöner als eurer!“ riefen sie und wurden von den Menschen außerhalb des Kessels durch Klatschen und Jubeln unterstützt. Eine Aktivistin trug laut Artikel aus dem Grundgesetz vor, die die Masse wiederholte. Darunter auch der Artikel 8 über die Versammlungsfreiheit „Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“ Was für eine unglaublich herrliche Ironie! Dies sind nur einige von vielen Ereignissen, die die vollkommen überflüssige, unsinnige und unverhältnismäßige Überpräsenz von "Robo-Cops" an diesen Tagen zeigen und außerdem Ausdruck für das Durchhaltevermögen und den respektablen Einsatz der AktivistInnen sind. Die Aktionen waren ein Erfolg. Die Stadt war in den Tagen blockiert und das nicht zuletzt durch den Einsatz der Polizei selbst. Jeder und jede einzelne AktivistIn hat in diesen Tagen zum Erfolg der Blockupy Aktionstage beigetragen. Jeder Kessel brachte Ablenkung, um andernorts Aktionen zu starten. Jeder Neuankömmling in der Gefangenensammelstelle führte dazu, das ein anderer vielleicht wieder gehen konnte. Nur gemeinsam konnten die AktivistInnen trotz vielen Tausend PolizistInnen Aktionen verwirklichen. So unterschiedlich die Krisenkritiken, konkreten politischen Auffassungen oder Einstellungen zur Anwendung von Gewalt der AktivistInnen auch sein mögen, so ist es ihnen dennoch gelungen an einem Strang zu ziehen. Das Engagement und die gute Stimmung der AktivistInnen spiegelte sich auch auf der Großdemonstration am Sonntag wieder. Trotz ständiger Provokation durch die PolizistInnen, die versuchten die Demonstration zu spalten blieben die DemonstrantInnen friedlich und vertrieben die "Robo-Cops" mit vereinter Stimmgewalt aus ihren Reihen.Die Aktion entwickelte ungeahnte Kräfte und konnte der Demokratie in Deutschland die Maske herunter reißen, so dass ihr wahres Gesicht zum Vorschein trat. Wir alle haben ihre scheussliche Gestalt gesehen. Wir haben uns das Bild eingeprägt und werden es weiter erzählen. Das gezeichnete Bild lässt sich nicht mehr ausradieren.Kritiker, denen die Aktionstage zu inhaltslos erschienen, sollten diese als einen Auftakt verstehen. Die AktivistInnen und vor allem die OrganisatorInnen haben unter erschwerten Bedingungen unglaubliches geschafft. Die Tage haben jede und jeden Einzelnen an körperliche und psychische Grenzen gebracht. Trotz der Verbote ist es gelungen zahlreiche Aktionen zu verwirklichen und die Empörung deutlich zu machen. Die BlockupistInnen haben ein Zeichen gesetzt und diesem Zeichen werden Taten folgen.
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