[KE] Graffiti Prozess

ArtAttack 19.05.2012 10:57 Themen: Antifa Antirassismus Medien Repression
Am Montag, den 21.05.2012 soll gegen unsere Freunde N. und M. am Amtsgericht Kempten in Saal 170, um 9:00 Uhr, verhandelt werden. Ihnen wird Sachbeschädigung durch Graffiti in mehr als 20 Fällen vorgeworfen. Außerdem hätten sie Jägerstände umgeworfen und beschmiert.
Der ermittelnde Staatsschützer Sußbauer weist die Taten mit unbestechlicher Logik den beiden Beschuldigten nach: „Kein Fremder würde mit einem Pkw unwegsames Gelände befahren um diese beiden Hochstände zu suchen.“ Eindeutig. Und da sich beide vegan ernährten und sich gemeinsam politisch engagierten müssten sie es zusammen getan haben. Ermittlungen in andere Richtungen fanden erst gar nicht statt. Vielmehr macht das Verfahren den Eindruck, als ging es in erster Linie darum, gezielt nach Indizien für die Täterschaft der beiden Beschuldigten zu suchen, um sich dann dem nächsten Werk zu widmen. Ein Verfolgungswille zeigt sich auch an den Hausdurchsuchungen, die durchgeführt wurden, obwohl die vorliegenden Indizien recht dürftig waren. Geändert haben daran auch die Durchsuchungen nicht viel. Wohl deswegen wird versucht die Täterschaft an verschiedenen Graffitis mit der Behauptung nachzuweisen, eine der beschuldigten Personen schrieben den Buchstaben Ö mit einem durchgehenden Strich. Oft würde auch ein A im Herz verwendet, ein der Ansicht des Ermittlers nach in der Graffitiszene einmaliges und unverwechselbares Zeichen. Die Akten enthalten noch viele weitere Lachgeschichten, einiges behalten wir uns aber für den Prozess vor.



Die hoch professionellen Ermittlungen vermitteln den Eindruck, hier sollten als „Linksextremisten“ ausgemachte, mit „schädlichen Neigungen“ belastete Menschen ob ihres politischen Engagements verfolgt und eingeschüchtert werden.



Graffiti ist aber nicht Ausdruck einer im Dritten Reich erfundenen defizitären Persönlichkeitsstörung, sondern Kunst und Kritik an den Machtverhältnissen im öffentlichen Raum. Graffiti und Street Art im allgemeinen positionieren sich gegen monotone, stereotype und global sich angleichende Stadträume sowie gegen eine sterile Stadtplanung, die kontrollierbare Räume schafft.



Stellt euch eine Stadt vor, in der jede und jeder malen könnte wo er oder sie möchte. […] In er es nie mehr langweilig wäre, an einer Bushaltestelle zu stehen. Eine Stadt, die sich wie ein lebendiges, atmendes Ding anfühlt, das allen und nicht nur dem […] Business gehört.

(Quelle)



Eine Stadt, deren Aussehen von denen bestimmt und gestaltet wird, die in ihr leben, statt von denen, die in ihr zu verkaufen suchen. Der öffentliche Raum wird zunehmend zur Projektionsfläche kommerzieller Zeichen im Sinne einer Verwertungslogik. Nahezu selbstverständlich werden dabei im öffentlichen Raum fast ausschließlich Flächen zur Verfügung gestellt, die man mieten muss. Street Art artikuliert sich gegen den Bedeutungsverlust des öffentlichen Raumes als Kommunikationsraum der Stadtbewohner.



Die Leute, die unseren Lebensraum wirklich entstellen sind die Firmen, die ihre riesigen Slogans über Gebäude und Busse schmieren um uns das Gefühl zu vermitteln, uns fehle etwas bis wir ihr Zeug kaufen. Sie erwarten, dir ihre Botschaften von jeder verfügbaren Fläche entgegen schreien zu können, aber dir ist es nicht erlaubt zu antworten.

(Quelle)



Street Art kann ein Weg sein, diese Antwort zu geben, sich zu artikulieren und gleichzeitig an der Gestaltung des eigenen Lebensraumes teilzunehmen. Das mag vielleicht nicht legal sein, legitim ist es allemal.



Deshalb:
Kommt zum Prozess, zeigt eure Solidarität und lasst euch nicht erwischen!

… denn die Menschen sind so grau wie die Städte in denen sie leben.



Freiheit für alle wegen der Kunst verfolgten!



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anonym 19.05.2012 - 11:09

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