Bln: Solidemo zur Wahl in Griechenland

...nevergoinghome. 06.05.2012 18:51 Themen: Soziale Kämpfe
In Berlin-Mitte demonstrierten am Vortag der Wahlen in Griechenland zwischen 100-150 Menschen gegen die deutsche Rolle bei der Durchsetzung des Spardikats in Griechenland. Geprägt war die Demonstration von inhaltichen Redebeiträge, die sich mit Demokratie, Griechenland,Krise und Auswege aus der nationalistischen/kapitalistischen Konkurrenz beschäftigten. Die Demonstration war ein Versuch auch kurzfristig zu Kämpfen und Entwicklungen in anderen Ländern Stellung zu beziehen.
Am Samstag zogen bei schlechtem Wetter 100 bis 150 Menschen am Vortag der Wahlen in Griechenland unter dem Motto „Mehr Technokratie wagen? Solidarität mit den Kämpfenden in Griechenland“ von Berlin Kreuzberg nach Mitte. Die Demonstration, zu der die Gruppen andere zustände ermöglichen, nevergoinghome, Sozialistische Initiative Berlin und internationale kommunistInnen aufgerufen hatten, endete vor dem Finanzministerium. Die Protestierenden wollten damit ihre Solidarität mit der griechischen Bevölkerung ausdrücken, für die das Spar- und Verarmungsprogramm der technokratischen Übergangsregierung gar nicht abzuwählen ist. Ebenso sollte eine deutliche Kritik an der deutschen Rolle bei der Durchsetzung dieses Spardiktats in die Öffentlichkeit getragen werden.
Angeführt von einer lautstarken FLT-Reihe zog die Demonstration vom Halleschen Tor über die Friedrichstraße und den Potsdamer Platz zum Finanzministerium. Dabei wurden Sprechchöre wie „Griechenland ist überall – gegen Staat und Kapital“ gerufen und Infoflyer an die Umstehenden verteilt. In mehreren Redebeiträgen wurden die Situation in Griechenland, lokale und transnationale Kämpfe gegen die europäische Krisenbewältigungspolitik, die deutsche Hegemonie in Europa und die Rolle von Wahlen in kapitalistischen Staaten thematisiert. Darüberhinaus warb die Gruppe Avanti für die Blockupy-Aktionstage in Frankfurt vom 16.-19. Mai.
Jedoch wurde in den anderen Redebeiträgen auch die Stoßrichtung von Blockupy indirekt kritisiert: Die Verengung der Kritik auf Banken und Börsen wurde mehrfach problematisiert. Dagegen wurde der Zusammenhang zwischen der alltäglichen kapitalistischen Produktion, den harten Anforderungen an das eigene Leben und dessen Reproduktion, den erfolglosen Arbeits- und Erwerbslosenkämpfen der letzten Jahre und der derzeitigen deutschen Krisenpolitik herausgestellt.
In allen Redebeiträgen wurde klar gemacht, dass eine Solidarität mit der vom Spardiktat betroffenen griechischen Bevölkerung sich nicht in bloßen symbolischen Aktionen wie dieser Demonstration erschöpfen könne, sondern einen Angriff auf die deutsche Politik und kontinuierliche kämpferische antikapitalistische und antinationale Praxis erfordere. Solidarität heiße daher, sich gemeinsam zu organisieren oder zu vernetzen, so wie es mit M31 versucht wurde.
Die gleiche Forderung an die emanzipatorische Linke in Deutschland wurde auch in einer Solidaritätsadresse aus Griechenland erhoben, die auf der Demonstration verlesen wurde. „Solidarität heißt nicht, einfach Mitleid zu haben“, hieß es darin, sondern gemeinsam zu kämpfen. Blockupy sei dabei ein „Schritt in die richtige Richtung“, dürfe sich aber nicht in einer einmaligen symbolischen Aktion erschöpfen.
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Ergänzungen

Solidarische Grüße aus Griechenland

... 06.05.2012 - 20:00
Folgender Beitrag wurde an die Demonstration von einem Kollektiv aus Kreta, das antifaschistische und antikapitalistische Arbeit macht, gesendet:


Solidarische Grüße aus einer der südlichen Kolonien des europäischen Reiches!

Für Griechenland wird dieser Sonntag ein historischer Tag. Ein Tag, an dem das bis jetzt herrschende politische System seinen Kreis schließt. Ein Tag, an dem eine neue Zeit für die Menschen in diesem Land anbrechen wird. Eine Zeit, die geprägt ist durch dutzende Abschiebeknäste, durch Nazi-Terror, durch Armut und Verelendung. Eine Zeit der brutalen Diktatur des Weltmarktes und der internationalen Konzerne, die das Zuckerbrot zur Seite gelegt haben und nun ihr Glück mit der Peitsche versuchen.

An Griechenland wird ein Exempel statuiert. Es scheint zu gelingen, Griechenland als Abschreckung für den Rest der EU-Bürger_innen zu nutzen. Die Gesellschaft reagiert auf diese Taktik des Kapitals diffus. Die in die Armut gedrängte griechische Mittelschicht ist ihrer Illusionen beraubt, befindet sich in einer tiefen Depression und beobachtet schockiert ihren eigenen Untergang.

Dieser Prozess bringt eine Polarisierung der Gesellschaft mit sich. Auf der einen Seite erwachen die widerlichsten Instinkte und Ängste des Kleinbürgertums. Diese äußern sich erstens durch eine Radikalisierung des konservativen Blocks und zweitens durch eine Zuwendung der neu Verarmten zu Naziparteien. Die Wahlumfragen zeigen, dass sechs Prozent (!) der jungen Wähler_innen für die Neonazis von der „Goldenen Morgendämmerung“ stimmen werden und mehr als zehn Prozent für die neue rechtspopulistische Partei der „Freien Griechen“.

Die traditionellen Regierungsparteien Pasok (16%) und Nea Dimokratia (22%) scheinen, nicht einmal zusammen genug Stimmen zu bekommen, um eine Mehrheit im Parlament zu bilden. Die Stalinist_innen der Kommunistischen Partei (9%) wollen kein Bündnis mit dem Rest der Linken (6%) eingehen, da diese pro-europäisch sind. Die Sozialdemokrat_innen (10%) überzeugen keinen Menschen mehr, dass sie den untergehenden Sozialstaat noch einmal auferstehen lassen könnten. Mit anderen Worten, es scheint, als spuke das Gespenst der Weimarer Republik derzeit im warmen Süden. Die Linke hat keine konkreten Lösungen gegenüber den Neonazis zu bieten. Diese haben ein leichtes Spiel mit ihren nationalistischen Parolen vom unterjochten Vaterland, mit ihrem Rassismus, der schreit „Ausländer raus“ und mit ihren Forderungen nach Knast für die sogenannten Verräter_innen der Nation (sprich die Politiker_innen). Hier bestätigt sich, dass die Menschen in schwierigen Zeiten nach einfachen Lösungen suchen.

So sieht die eine Seite aus. Auf der anderen Seite, der unseren, entfaltet sich eine relativ breite emanzipatorische, libertärere soziale Bewegung. Dieser Prozess von unten, stark beeinflusst von der anarchistischen-antiautoritären und radikalen linken Bewegung, organisiert sich auf einer horizontalen Basis. Bildet eigenen Strukturen, um Entscheidungen zu treffen, um zu kämpfen, um zu überleben. Doch in dieser kritischen Phase reicht das bei weitem nicht aus.

Wie genau die Wahlen ausgehen, werden wir sehen. Es ist nämlich die kritische Masse der Unentschlossenen, die die Hauptrolle dabei spielen wird. Aber selbst wenn eine Koalition möglich wird, die die vorgegebenen radikalen Privatisierungen in den nächsten Monaten umzusetzen versuchen wird, ist es kaum denkbar, dass diese sich lange gegenüber dem Druck von links wie auch von rechts wird halten können. Die Wahlen sind zwar ein Wendepunkt. Aber bei weitem nicht ausschlaggebend. Wer sich Hoffnungen macht, dass sich durch sie etwas zum Positiven ändern wird, ist bestenfalls naiv. Denn diese Wahlen können weder für die Gesellschaft noch für das System eine Lösung herbeiführen. Es zeigt sich, dass die Demokratie unter diesen Bedingungen für die Herrschenden nicht gerade nützlich ist. Nur eine nicht gewählte technokratische Regierung wird das neoliberale Projekt vollenden, und zwar mit viel physischer sowie psychischer Gewalt und Terror.

Und hier kommt Ihr ins Spiel. Denn egal, wie hart wir in Griechenland uns (hoffentlich) wehren werden, Ihr seid es, die dem „Herzen der Bestie“ am nächsten sind. Denn was in Berlin in der Wilhelmstraße 97 (Bundesfinanzministerium) entschieden wird, wird in Griechenland durchgesetzt. Es reicht nicht, der deutschen Politik Vorwürfe zu machen und das deutsche Kapital anzuprangern. Und auch nicht, den Durchschnitts-Deutschen davon zu überzeugen, dass die Banken oder das Kapital der gemeinsame Feind seien. Es ist eine Kritik durch radikale Praxis, die uns verbinden kann. Denn Solidarität bedeutet weder Mitleid noch Betroffenheit, sondern gemeinsam zu kämpfen.

Wir haben gemeinsame Feinde. Das, was wir Kapital nennen, hat einen Namen und eine Adresse. Die E.Z.B., die Deutsche Bank, die Telekom, der Deutsche Industrie Verband und ähnliche Institutionen.

M31 war ein guter Anfang. Blockupy Frankfurt ist auch ein Schritt in die richtige Richtung. Wir drücken Euch dabei ganz fest die Daumen, und hoffen, dass diese Treffen nicht zu bloßen Feuerwerken werden, sondern sich zu einer kontinuierlichen Auseinandersetzung entwickeln. Und zwar nicht zur Solidarität mit Griechenland, sondern zu einem verschärften gemeinsamen Klassenkampf.

Kampf den Bossen – Hoch die internationale Solidarität – Freiheit für die politischen Gefangenen überall!

Für den Kommunismus und die Anarchie!

Internationalisierung & Verankerung

SIB 06.05.2012 - 21:35

Ein Mitglied der Sozialistischen Initiative Berlin (SIB) hielt am Samstag einen Redebeitrag, der unter der Überschrift "Für eine Internationalisierung der Kämpfe & die Verankerung in Betrieb und Stadtteil" veröffentlicht wurde:

 http://www.nao-prozess.de/blog/fur-eine-internationalisierung-der-kaempfe-und-die-verankerung-in-betrieb-und-stadtteil/ (mit mittlerweile 10 Kommentaren)

Weiterer Redebeitrag

ngh 06.05.2012 - 22:39
Der auf der Demo gehaltene Redebeitrag der Gruppe ...nevergoinghome. findet sich hier:

 http://nevergoinghome.blogsport.de/2012/04/25/demo-anlaesslich-der-wahl-in-griechenland/

Fotos

--- 06.05.2012 - 23:01

"Innerlinke Konflikte zwischen stalinistische

Foto-Kommerz 07.05.2012 - 10:32
und anarchistische Linke" o.s.ä. schreibt da jemand, der seine tollen Fotos verkaufen will und hier Reklame macht.
Maestro, es gibt keine "anarchistische Linke", es gibt Libertäre wie z.b. Allende, aber Anarchismus hat nichts mit Links zu tun, insbesondere, weil sich das Links/Rechts-Schema ja nur auf die Sitzordnung im Parlament bezieht und die anarchistische Bewegung zu 99% außerparlamentarisch agiert und agitiert. Viele griechische Anarchist_innen, vor allem die nihilistischen Fraktionen und Kollektive lehnen die Demokratie grundsätzlich ab, die ja im Prinzip eh nur auf einem Übersetzungsfehler von irgend welchen Philhellenen beruht, die ganz baff waren, weil die Hälfte der Kleftenstämme mit denen sie gekämpft hatten Albaner waren und ihnen diese ganzen "Banditen" eh viel zu "primitiv" waren.
Mag sein, daß man sie als "links" einordnen könnte, aber bei Stalinisten hört der Spaß auf, weil das sind erst recht keine Linken, sondern viel eher "rechts". Papariga im Dezember 2008 über die Jugendrevolte: "Talibani" - Applaus von LAOS (legal orthodox-faschistisch)! In den 90er hatten diese "Linken" auch überhaupt kein Problem mit dem ND zu koalieren.

Beste Transpa übrigens: RADIKALE FEMINISMUS

Mehr Hintergründe und Übersetzungen

radikal 07.05.2012 - 10:38

Griechenland rückt nach Links

Wahlanalyse 07.05.2012 - 11:38
30% haben gestern in Griechenland linke Parteien gewählt, soviel wie nach 1945 nicht mehr. Gleichzeitig gibt es eine sehr große anarchistische und emanzipatorische Bewegung die die Wahlen komplett boykottiert, die Wahlbeteiligung lag nur bei knapp über 60%. D.h. bürgerliche Kräfte, Korrumpierte, Mafia und Nazis sind klar in der Minderheit. Die bisherige Rechte LAOS wurde nicht wieder gewählt und quasi 1:1 durch Golden Dawn ersetzt. Der neoliberale Troyka-Politik wurde hingegen nur von 35% der Wählerstimmen, also etwa 20% der Wahlberechtigen bestätigt. Eine klare Absage an den Kapitalismus!

redebeitrag von Interkomm auf der Demo

egal 07.05.2012 - 13:48

Redebeitrag der Internationalen Kommunist_innen für die Demo „Mehr Technokratie wagen“


Solidarität statt Ausgrenzung!


In den letzten Wochen erhielten Hunderte in Deutschland lebende Erwerbslose aus anderen EU-Ländern Schreiben vom Jobcenter, dass sie künftig kein Hartz IV bekommen- Grund ist eine Dienstanweisung des Bundesarbeitsministeriums an die Jobcenter. Vor dem Hintergrund der wesentlich von der deutschen Regierung initiierten EU-Krisenprogramme wächst die Verarmung in den Ländern der europäischen Peripherie. Griechenland ist davon ein Beispiel. Manche Menschen versuchen in dem Zentrum des europäischen Kapitalismus, dass am meisten von der Krise profitiert, ein besseres Leben zu finden. Durch den Hartz IV-Entzug soll diese Möglichkeit verhindert werden. Die Menschen sollen zur Ausreise oder zum Unterkommen im wachsenden Niedriglohnsektor gezwungen werden. Unter dem Motto „Solidarität statt Ausgrenzung“ sollen in den nächsten Wochen Flyer in Berlin verteilt werden, in denen in den juristische und politische Tipps vermittelt werden. Tatsächlich ist die Aktion auch eine Aufgabe für die Linke, die sich auf emanzipatorische Klassen- und soziale Kämpfe beziehen. Finanzielle Unterstützung darf nicht vom Pass oder den in die Sozialversicherung eingezahlten Beträge abhängig.
Solidarität mit den von den Krisendiktaten betroffenen Menschen heißt also auch konkret mit den Menschen solidarisch zu sein, die hier von deutschen Staatsapparaten auf Null Euro gesetzt werden sollen.

Solidarität für ein linkes Nein zum Fiskalpakt in Irland

Zudem sollte daran erinnert werden, dass es am 31.Mai in der Republik Irland ein Referendum über den Fiskalpakt gibt. Verschiedene gewerkschaftliche Gruppen und soziale Initiativen haben sich dort für ein Nein gegen das EU-Diktat zusammengeschlossen. In dem Bündnis wird nicht mit nationalistischen Gründen gegen den Fiskalpakt mobil gemacht sondern verdeutlicht, dass damit eine weitere Verschlechterung der Lebensverhältnisse vor allem der Lohnabhängigen und Erwerbslosen verbunden ist. Wir sollten uns mit diesen Initiativen solidarisieren. Ein Nein zum Fiskalpakt in Irland kann r zumindest Sand in das Getriebe werfen und ein Ausgangspunkt für weitere Proteste in anderen europäischen Ländern sein.
In diesem Sinne:

Solidarität mit allen emanzipativen Kämpfen gegen Fiskalpakt und EU-Diktat!
Der Kampf im Jobcenter, den Stadtteilen, der Fabrik, dass ist unsere Antwort auf ihre Politik !
Internationale Kommunist_innen Berlin

@Wahlanalyse

Ixtoc II 08.05.2012 - 13:47
LAOS ist natürlich nicht ganz so krass wie CHRISSI AVGI und zwei von LAOS sind zuvor in ND gewechselt, u.a. der bekannte Schläger mit der selbst gebauten Axt. Das heisst dann, bei einer Minderheitsregierung von NDBASOK sitzen also doch wieder Faschisten mit im Kabinett, denn die LAOS-Stimmen gingen an ND!
CHRISSI AVGI und DIE UNABHÄNGIGEN GRIECHEN (so was wie Pro-NRW) werden dann wohl als Tolerierer auftreten.
Auch, wenn ND jetzt an SYRIZA übergibt...

Bei eurer Aufrechnung gehen natürlich die Stimmen von den ganzen Parteien, die nicht über die 3%-Hürde gekommen sind, verloren und bei über 30 Parteien ist das einiges. Interessant war der Kandidat auf Kreta, der seine Kandidatur aus finanziellen Gründen zurück gezogen hatte. Denn er konnte sich die Stimmzettel, die jede Partei selbst bezahlen muß, nicht leisten. Dagegen hatten sich BASOK und ND noch kurz zuvor über 20 Millionen aus der Staatskasse gut geschrieben. Eins der vielen, schnell durch gepeitschten Gesetze, das in der Hektik einige fast nicht mit bekommen hätten...

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