Der revolutionäre 1.Mai in Berlin | Bericht
Der 1. Mai in Berlin
25 000 Menschen auf 18-Uhr-Demonstration++Größte revolutionäre 1.Mai-Demonstration bisher++Polizei greift die Demospitze auf Höhe des jüdischen Museums mit brutaler Gewalt an und prügelt den vorderen Block auseinander+Vorher schon Spontandemo durch Myfest, Proteste gegen NPD, DGB-Demo und mehrere tausend Menschen auf der antikapitalistischen Walpurgisnacht.
Zum 25sten Jubiläum des Kreuzberger Kiezaufstandes am 1.Mai 1987 erlebte Berlin zum Leidwesen einiger „Autonomer“ und der Boulevardpresse zwar keine spektakulären Geburtstags-Strassenschlachten, dafür fand die bisher größte linksradikale 1.Mai-Demonstration mit 25 000 Teilnehmer_innen statt. Eine Zusammfassung der Ereignisse rund um den 1.Mai
25 000 Menschen auf 18-Uhr-Demonstration++Größte revolutionäre 1.Mai-Demonstration bisher++Polizei greift die Demospitze auf Höhe des jüdischen Museums mit brutaler Gewalt an und prügelt den vorderen Block auseinander+Vorher schon Spontandemo durch Myfest, Proteste gegen NPD, DGB-Demo und mehrere tausend Menschen auf der antikapitalistischen Walpurgisnacht.
Zum 25sten Jubiläum des Kreuzberger Kiezaufstandes am 1.Mai 1987 erlebte Berlin zum Leidwesen einiger „Autonomer“ und der Boulevardpresse zwar keine spektakulären Geburtstags-Strassenschlachten, dafür fand die bisher größte linksradikale 1.Mai-Demonstration mit 25 000 Teilnehmer_innen statt. Eine Zusammfassung der Ereignisse rund um den 1.Mai
Antikapitalistische Walpurgisnacht:
Der 1. Mai in Berlin beginnt traditionell am 30. April. Das war auch zum 25sten Jubiläum der Mai-Krawalle von 1987 nicht anders. Neu war, dass die antikapitalistische Walpurgisnacht erstmals im Wedding stattfand. In der Presse hat es im Vorfeld einigen Trubel über den neuen Austragungsort der Eröffnung der Maifestspiele und zu erwartende Randale gegeben. Thematisch ging es unter dem Motto "Nimm dir was dir zusteht!" gegen soziale Vertreibung und Rassismus. In der Mobilisierung und auf der Demo wurde darüber hinaus versucht an die Tradition des "Roten Wedding" als Hochburg der kommunistischen Arbeiter_innenbewegung in den 1920er Jahren anzuknüpfen. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an den "Blutmai" 1929, als der sozialdemokratische Polizeipräsident Zörgibel die Maidemonstrationen verbieten ließ und den Schusswaffeneinsatz befahl. Über 30 Tote und dreitägige Barrikadenkämpfe waren die Folge.
Die Aktion begann mit einem längeren Konzert mit verschiedenen linken und sozialkritischen Hiphop-Musiker_innen und Punkbands. Kurz nach 21 Uhr setzte sich der Demonstrationszug in Bewegung und schwoll schnell auf einige tausend Menschen an. Die Taz spricht von bis zu 4000 Teilnehmer_innen, die Veranstalter_innen von bis zu 6000. Auf jeden Fall deutlich mehr als bei ähnlichen Veranstaltungen in den letzten Jahren in den Bezirken Prenzlauer Berg und Friedrichshain. Die Demo zog überwiegend friedlich, aber entschlossen und kämpferisch durch Teile von Wedding, von umliegenden Wohnungen aus wurde häufig gegrüßt und gewunken. Schon fast zum Berliner Demoalltag gehört, dass Vermummte auf einem Hausdach ein Feuerwerk entzündeten. Am Ende kam es noch zu einigen Stein- und Flaschenwürfen auf die Polizei und vereinzelten Festnahmen. Die überwiegende Mehrheit machte sich jedoch schnell aus dem Staub um sich für den bevorstehenden 1. Mai auszuschlafen.
DGB-Demo:
An der traditionellen Demonstration der Gewerkschaften in Berlin beteiligten sich ungefähr 5000 Menschen. Auffällig ist, dass die Masse der DGB-Anhänger_innen immer mehr schrumpft und der "klassenkämpferische Block" und vor allem die zahlreich vertretenen türkischen und kurdischen kommunistischen Gruppen die größten Blöcke der Demo bilden.
Nazis:
In Hellersdorf protestierten mehrere hundert Antifaschist_innen gegen eine verlorenes Grüppchen von 50 NPD-Anhänger_innen
Spontandemo im Myfest:
Auf dem Myfest in Kreuzberg herrschte derweil die übliche Bratwurst, Bier und Punkrock-Stimmung. Auf der Bühne des "Barrio Antifascista" trat der bekannte anarchistische Liedermacher Yok (früher Querschenpaua) auf und beim Fest auf dem Mariannenplatz wurde zu kurdischer Musik getanzt. Für etwas Streit sorgten dort Israel-Fahnen und Günter Grass-Bilder, die das jeweilige Gegenüber zu verbalen Protesten provozierten.
Am Mariannenplatz war für 17 Uhr eine unangemeldete Demo gegen steigende Mieten und soziale Verdrängung in SO36 über das Gelände des Myfest angekündigt. Mit etwas Verspätung setzten sich zuerst ca. 500 Menschen in Bewegung, die jedoch schnell auf über 2000 anwachsen. Mit Parolen und Transparenten wie "Wir bleiben alle" und "wer das liest zahlt zu viel Miete" machen sie auf ihr Anliegen aufmerksam und ziehen so über das Festgelände. Überwiegend Applaus und Zustimmung bei den Feiernden. Eigentlich sollte die Demo geschlossen zum Lausitzer Platz zum Auftaktort der 18 Uhr- Demo gehen, jedoch kündigt sich die spätere eskalative Polizeistrategie schon an. Statt wie angekündigt die Demo ziehen zu lassen, solange sie friedlich bleibt, wird sie am Kottbusser Tor ohne erkennbaren Grund eingekesselt. Nur in Kleingruppen werden die Leute in Richtung Lausitzer Platz gelassen.
Revolutionäre 1. Mai - Demo
Zu Beginn der 18-Uhr-Demonstration am Lausitzer Platz hatten sich schon einige tausend Leute eingefunden, als ein kurzer Regenschauer bei strahlendem Sonnenschein sich über die Versammelten ergoss. Dort, wo vor 25 Jahren die Tradition des revolutionären 1. Mai mit einer gewaltigen Straßenschlacht ihren Ausgang nahm, lauschten nun einige tausend Leute einem Auftritt der Band "Neues Glas aus alten Scherben", die klassische Ton-Steine-Scherben-Songs neu interpretieren, und sammelten Flugblätter an diversen Infoständen ein oder trugen Fahnen und Transparente mit sich spazieren.
Zur Eröffnung der Demonstration sprach ein ehemaliger Aktivist der "autonomen und kommunistischen Gruppen", der am 1. Mai 1987 die Ereignisse rund um den Lausitzer Platz miterlebt hat, über 25 Jahre Widerstand in Kreuzberg. Im Anschluss hielt Jutta Ditfurth von der Ökologischen Linken eine Rede über die Auswirkungen der Krisenpolitik des deutschen Kapitals in Ländern wie Griechenland, Spanien und Portugal und rief dazu auf, sich am antikapitalistischen Block bei der Banken- und Börsenblockade Mitte Mai in Frankfurt am Main zu beteiligen.
Danach folgt als Zeichen der internationalen Solidarität ein kurzer Redebeitrag über den kurdischen Befreiungskampf und ein Auftritt des populären kurdischen Rappers Serhado. Die Menge, die mittlerweile nicht mehr auf den Lauseplatz passt ruft "Hoch Internationale Solidarität". Vor der Bühne stehen dutzende Kurd_innen, die Fahnen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und ihres Vorsitzenden Abdullah Öcalan schwenken und begeistert mitsingen.
Kurz nach 19 Uhr setzt sich die Demo langsam in Bewegung, während die Band auf dem vorderen Lautsprecherwagen "Macht kaputt, was euch kaputt macht!" spielt. Jedoch sind es so viele Menschen, die sich in die Demo einreihen wollen und die Skalitzer Straße und der Lausitzer Platz sind dermaßen überfüllt, dass sich der Demostart 10 Minuten hinzieht bis zumindest der vordere Teil in die Lausitzer Straße eingebogen ist. Die Menge ist schon auf gut 20 000 angewachsen. Auf einem Dach werden Pyrotechnik und Rauchbomben gezündet sowie ein Transparent mit der Aufschrift "Revolution Action" herunter gelassen.
Während sich die Menschenmenge durch die Lausitzer Straße in Richtung Reichenberger zwängt, hängen die Lautsprecherwagen noch ganz weit hinten am Lausitzer Platz im Getümmel fest. Zuerst der große Antifa-Truck, dann die Lautsprecherwagen des klassenkämpferischen Blocks, der kurdischen Vereine und erstmals auch ein Soundsystem der Ver.di-Jugend die den Kapitalismus mit mächtig Bumms zu Grabe tragen will.
Als aus der Demospitze auf der Höhe Kottbusser Tor erste militante Angriffe auf Polizist_innen und eine Sparkasse erfolgen, ist der hintere Teil noch in der Lausitzer Straße. Auf dem Lautsprecherwagen werden ein Redebeitrag über die anstehende Bankenblockade in Frankfurt und Grußadressen aus Athen, Istanbul, New York und anderen Städten vorgelesen. Anschließend tritt das antikapitalistische HipHop-Duo Drowning Dog und DJ Maltesta aus Milano auf. Im vorderen Teil hat sich ein großer schwarzer Block mit vielen Vermummten gebildet, während weiter hinten eine bunte Mischung aus Menschen unterschiedlichen Alters und Herkunft ist. Auch viele "Bürgerliche" haben sich dem Demozug angeschlossen.
Immer wieder fliegen aus dem vorderen Teil der Demo Böller auf die Polizei. Auf der Höhe des Südblocks am Kottbusser Tor führt die Polizei die ersten Festnahmen durch. Steine, Flaschen und Böller fliegen abermals.
Auf dem vorderen Lautsprecherwagen werden derweil ein Gruß an den Antifaschisten Deniz verlesen, der seit Ende April in Haft sitzt, weil er sich auf einer Demo gegen Polizeiübergriffe gewehrt haben soll. Im Anschluss tanzt die Menge zu internationalistischen Widerstandsliedern wie Roj Bas Gerilla, Bir Mayis und Bella Ciao. Von Balkonen und Fenstern aus beklatschen die Anwohner_innen die Demo und singen mit. Im vorderen Teil kommt es auf der Höhe der Shell-Tankstelle an Oranienstraße/ Ecke Lobeckstrasse erneut zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstrant_innen und der Polizei. Immer öfter greift die Polizei wahllos einzelne aus dem Demonstrationszug heraus und führt sie ab.
Die Menge ist mittlerweile weiter angewachsen. Wie viele es sind kann niemand genau sagen. Irgendwas zwischen 20 000 und 30 000. Auf jeden Fall deutlich die größte revolutionäre 1. Mai-Demonstration der letzten 25 Jahre.
Höhe Prinzenstraße wird der kurdische Lautsprecherwagen von einer Gruppe türkischer Faschisten angegriffen, eine Kurdin wird dabei verletzt. Hier schreitet die Polizei nicht ein. Währenddessen zieht die Demospitze schon am Springer-Gebäude vorbei, es fliegen Rauchbomben, die den vor dem Springer Hochhaus geparkten neuen Wawe 10 000 in Nebel hüllen. Die erwartete Konfrontation bleibt an dieser Stelle jedoch erstmal aus.
Die lässt aber nicht lange auf sich warten.An der Lindenstraße soll die Demo in die Markgrafenstraße ziehen. Die Polizei hat der Demo verboten, wie ursprünglich geplant, am Springerhaus vorbeizuziehen und sie über die Lindenstraße vorbei am Jüdischen Museum in die Markgrafenstraße geleitet. Als die Demospitze von der Lindenstraße in die Markgrafenstraße einzieht, wird - die zu diesem Zeitpunkt komplett friedliche Demospitze - von der 23. Einsatzhundertschaft von drei Seiten mit einem massiven Knüppeleinsatz angegriffen und auseinandergesprengt. Die Polizeibeamt_innen reißen das Fronttransparent nieder und leeren ihre Pfefferspraydosen über dem vorderen Block. Viele Leute aus den ersten Reihen werden verhaftet oder verletzt. Die Demospitze wird von der Polizei auseinandergetrieben. Flaschen, Steine, Böller fliegen. Bauzäune werden zu Barrikaden umfunktioniert. Ein Katz und Mausspiel begann.
Die Polizei rennt immer wieder in die Menge hinein und nimmt Leute fest oder verprügelt sie. All dies passiert vor der Baustelle Lindenstraße/Ecke Markgrafenstraße und nicht direkt vor dem Jüdischen Museum. Langsam nähert sich auch der Demo-Truck der Stelle, an der die Polizei die Demo angegriffen und aufgelöst hat. Auf dem wird gerade eine 40 Jahre alte Rede von Ulrike Meinhof zum Mordanschlag an Rudi-Dutschke und der Rolle der Springer-Presse verlesen. Dann wird die Rede abgebrochen und ein Redner verkündet, dass die Demospitze von der Polizei auseinandergeprügelt wurde, nennt nochmal die Nummer des EA und fordert die Leute auf zusammen zu bleiben. Darauf folgen erstmal einige Minuten der gespannten Ruhe. „Neues Glas aus alten Scherben“ beginnen grade wieder zu spielen, als die 23. Einsatzhundertschaft mit dutzenden Beamt_innen am Lautsprecherwagen vorbei in den hinteren Teil der Demo stürmt und dort beginnt die Leute mit Pefferspray und Schlagstöcken anzugreifen.
Das Konzert wird abgebrochen, die Situation eskaliert erneut. Jetzt werden Mülltonnen angezündet und die Auseinandersetzungen verlagern sich von der Markgrafenstraße in die Lindenstraße direkt vor dem Jüdischen Museum. Auch in den Seitenstraßen kracht es immer wieder, es kommt zu militanten Auseinandersetzungen mit der Polizei. In diesem Tumult wird leider auch das Polizeiwartehäuschen vor dem Jüdischen Museum entglast. Jedoch war nicht – wie die Springer-Presse verbreitete - der Angriff auf das Häuschen der Grund für die Polizei die Demo aufzulösen, sondern es wurde gut und gerne 20 Minuten nachdem die Polizei die Demospitze auseinander geprügelt hat entglast.
Das Motiv für den Angriff wird weniger die Feindschaft gegenüber der jüdischen Bevölkerung und ihrer Geschichte gewesen sein als die Feindschaft gegenüber der deutschen Polizei und ihrer Geschichte. Trotzdem war die Aktion natürlich ärgerlich und dumm, weil sie der Medienhetze die Munition die sie wollte lieferte und die jetzt von „Angriffen“ und „Steinen“ auf das jüdische Museum schreiben. Sowohl Vertreter_innen des Jüdischen Museums, Demo-Beobachter_innen der Piratenpartei und Sprecher_innen des Demo-Bündnisses erklärten übereinstimmend, dass das Jüdische Museum zu keinem Zeitpunkt attackiert wurde. Im Gegenteil griff die Polizei die Demonstration bewusst an dieser Stelle an, um die gewünschten Bilder zu produzieren und zu verhindern, dass die Demo in Berlin-Mitte ankommt.
Über den Lautsprecherwagen erklärte Jutta Ditfurth, dass „es kein Zufall war, dass die Demo gerade vor dem Jüdischen Museum von der Polizei derart brutal angegriffen worden ist“ und machte auf die faschistische Tradition der deutschen Sicherheitskräfte aufmerksam. Danach wird vom Lautsprecherwagen verkündet, dass nicht die Veranstalter_innen, sondern die Polizei die Demo mit Gewalt aufgelöst habe und fordert die ehemaligen Teilnehmer_innen auf, sich gemeinsam zum Myfest zurückzuziehen.
Die Polizei versuchte jedoch mit diversen Sperren und Kesseln dies zu verhindern. Das scheitert überwiegend an der schieren Masse und den vielen offenen Hinterhöfen der Wohnkomplexe um die Lindenstraße. Auf dem Weg zum Myfest erwischt es noch einige Geschäfte. Am Myfest sperrt die Polizei panisch die Zugänge und lässt selbst Tagesspiegel-Reporter, Yuppies und Touris nicht mehr zum Fest. Trotzdem schaffen es die meisten zum Barrio Antifascista und lassen dort den Abend ausklingen. Zwischen 23 und 1 Uhr kommt es in der Adalbert- und Oranienstraße noch zu kleineren Scharmützeln zwischen Festbesucher_innen und der Polizei.
Video:
http://www.youtube.com/watch?v=RoHNey3qIkc&feature=youtu.be
http://www.youtube.com/watch?v=uKGRjv_Yu0o
Gesammelte Fotos und Videos auf:
http://arab.blogsport.de
Der 1. Mai in Berlin beginnt traditionell am 30. April. Das war auch zum 25sten Jubiläum der Mai-Krawalle von 1987 nicht anders. Neu war, dass die antikapitalistische Walpurgisnacht erstmals im Wedding stattfand. In der Presse hat es im Vorfeld einigen Trubel über den neuen Austragungsort der Eröffnung der Maifestspiele und zu erwartende Randale gegeben. Thematisch ging es unter dem Motto "Nimm dir was dir zusteht!" gegen soziale Vertreibung und Rassismus. In der Mobilisierung und auf der Demo wurde darüber hinaus versucht an die Tradition des "Roten Wedding" als Hochburg der kommunistischen Arbeiter_innenbewegung in den 1920er Jahren anzuknüpfen. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an den "Blutmai" 1929, als der sozialdemokratische Polizeipräsident Zörgibel die Maidemonstrationen verbieten ließ und den Schusswaffeneinsatz befahl. Über 30 Tote und dreitägige Barrikadenkämpfe waren die Folge.
Die Aktion begann mit einem längeren Konzert mit verschiedenen linken und sozialkritischen Hiphop-Musiker_innen und Punkbands. Kurz nach 21 Uhr setzte sich der Demonstrationszug in Bewegung und schwoll schnell auf einige tausend Menschen an. Die Taz spricht von bis zu 4000 Teilnehmer_innen, die Veranstalter_innen von bis zu 6000. Auf jeden Fall deutlich mehr als bei ähnlichen Veranstaltungen in den letzten Jahren in den Bezirken Prenzlauer Berg und Friedrichshain. Die Demo zog überwiegend friedlich, aber entschlossen und kämpferisch durch Teile von Wedding, von umliegenden Wohnungen aus wurde häufig gegrüßt und gewunken. Schon fast zum Berliner Demoalltag gehört, dass Vermummte auf einem Hausdach ein Feuerwerk entzündeten. Am Ende kam es noch zu einigen Stein- und Flaschenwürfen auf die Polizei und vereinzelten Festnahmen. Die überwiegende Mehrheit machte sich jedoch schnell aus dem Staub um sich für den bevorstehenden 1. Mai auszuschlafen.
DGB-Demo:
An der traditionellen Demonstration der Gewerkschaften in Berlin beteiligten sich ungefähr 5000 Menschen. Auffällig ist, dass die Masse der DGB-Anhänger_innen immer mehr schrumpft und der "klassenkämpferische Block" und vor allem die zahlreich vertretenen türkischen und kurdischen kommunistischen Gruppen die größten Blöcke der Demo bilden.
Nazis:
In Hellersdorf protestierten mehrere hundert Antifaschist_innen gegen eine verlorenes Grüppchen von 50 NPD-Anhänger_innen
Spontandemo im Myfest:
Auf dem Myfest in Kreuzberg herrschte derweil die übliche Bratwurst, Bier und Punkrock-Stimmung. Auf der Bühne des "Barrio Antifascista" trat der bekannte anarchistische Liedermacher Yok (früher Querschenpaua) auf und beim Fest auf dem Mariannenplatz wurde zu kurdischer Musik getanzt. Für etwas Streit sorgten dort Israel-Fahnen und Günter Grass-Bilder, die das jeweilige Gegenüber zu verbalen Protesten provozierten.
Am Mariannenplatz war für 17 Uhr eine unangemeldete Demo gegen steigende Mieten und soziale Verdrängung in SO36 über das Gelände des Myfest angekündigt. Mit etwas Verspätung setzten sich zuerst ca. 500 Menschen in Bewegung, die jedoch schnell auf über 2000 anwachsen. Mit Parolen und Transparenten wie "Wir bleiben alle" und "wer das liest zahlt zu viel Miete" machen sie auf ihr Anliegen aufmerksam und ziehen so über das Festgelände. Überwiegend Applaus und Zustimmung bei den Feiernden. Eigentlich sollte die Demo geschlossen zum Lausitzer Platz zum Auftaktort der 18 Uhr- Demo gehen, jedoch kündigt sich die spätere eskalative Polizeistrategie schon an. Statt wie angekündigt die Demo ziehen zu lassen, solange sie friedlich bleibt, wird sie am Kottbusser Tor ohne erkennbaren Grund eingekesselt. Nur in Kleingruppen werden die Leute in Richtung Lausitzer Platz gelassen.
Revolutionäre 1. Mai - Demo
Zu Beginn der 18-Uhr-Demonstration am Lausitzer Platz hatten sich schon einige tausend Leute eingefunden, als ein kurzer Regenschauer bei strahlendem Sonnenschein sich über die Versammelten ergoss. Dort, wo vor 25 Jahren die Tradition des revolutionären 1. Mai mit einer gewaltigen Straßenschlacht ihren Ausgang nahm, lauschten nun einige tausend Leute einem Auftritt der Band "Neues Glas aus alten Scherben", die klassische Ton-Steine-Scherben-Songs neu interpretieren, und sammelten Flugblätter an diversen Infoständen ein oder trugen Fahnen und Transparente mit sich spazieren.
Zur Eröffnung der Demonstration sprach ein ehemaliger Aktivist der "autonomen und kommunistischen Gruppen", der am 1. Mai 1987 die Ereignisse rund um den Lausitzer Platz miterlebt hat, über 25 Jahre Widerstand in Kreuzberg. Im Anschluss hielt Jutta Ditfurth von der Ökologischen Linken eine Rede über die Auswirkungen der Krisenpolitik des deutschen Kapitals in Ländern wie Griechenland, Spanien und Portugal und rief dazu auf, sich am antikapitalistischen Block bei der Banken- und Börsenblockade Mitte Mai in Frankfurt am Main zu beteiligen.
Danach folgt als Zeichen der internationalen Solidarität ein kurzer Redebeitrag über den kurdischen Befreiungskampf und ein Auftritt des populären kurdischen Rappers Serhado. Die Menge, die mittlerweile nicht mehr auf den Lauseplatz passt ruft "Hoch Internationale Solidarität". Vor der Bühne stehen dutzende Kurd_innen, die Fahnen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und ihres Vorsitzenden Abdullah Öcalan schwenken und begeistert mitsingen.
Kurz nach 19 Uhr setzt sich die Demo langsam in Bewegung, während die Band auf dem vorderen Lautsprecherwagen "Macht kaputt, was euch kaputt macht!" spielt. Jedoch sind es so viele Menschen, die sich in die Demo einreihen wollen und die Skalitzer Straße und der Lausitzer Platz sind dermaßen überfüllt, dass sich der Demostart 10 Minuten hinzieht bis zumindest der vordere Teil in die Lausitzer Straße eingebogen ist. Die Menge ist schon auf gut 20 000 angewachsen. Auf einem Dach werden Pyrotechnik und Rauchbomben gezündet sowie ein Transparent mit der Aufschrift "Revolution Action" herunter gelassen.
Während sich die Menschenmenge durch die Lausitzer Straße in Richtung Reichenberger zwängt, hängen die Lautsprecherwagen noch ganz weit hinten am Lausitzer Platz im Getümmel fest. Zuerst der große Antifa-Truck, dann die Lautsprecherwagen des klassenkämpferischen Blocks, der kurdischen Vereine und erstmals auch ein Soundsystem der Ver.di-Jugend die den Kapitalismus mit mächtig Bumms zu Grabe tragen will.
Als aus der Demospitze auf der Höhe Kottbusser Tor erste militante Angriffe auf Polizist_innen und eine Sparkasse erfolgen, ist der hintere Teil noch in der Lausitzer Straße. Auf dem Lautsprecherwagen werden ein Redebeitrag über die anstehende Bankenblockade in Frankfurt und Grußadressen aus Athen, Istanbul, New York und anderen Städten vorgelesen. Anschließend tritt das antikapitalistische HipHop-Duo Drowning Dog und DJ Maltesta aus Milano auf. Im vorderen Teil hat sich ein großer schwarzer Block mit vielen Vermummten gebildet, während weiter hinten eine bunte Mischung aus Menschen unterschiedlichen Alters und Herkunft ist. Auch viele "Bürgerliche" haben sich dem Demozug angeschlossen.
Immer wieder fliegen aus dem vorderen Teil der Demo Böller auf die Polizei. Auf der Höhe des Südblocks am Kottbusser Tor führt die Polizei die ersten Festnahmen durch. Steine, Flaschen und Böller fliegen abermals.
Auf dem vorderen Lautsprecherwagen werden derweil ein Gruß an den Antifaschisten Deniz verlesen, der seit Ende April in Haft sitzt, weil er sich auf einer Demo gegen Polizeiübergriffe gewehrt haben soll. Im Anschluss tanzt die Menge zu internationalistischen Widerstandsliedern wie Roj Bas Gerilla, Bir Mayis und Bella Ciao. Von Balkonen und Fenstern aus beklatschen die Anwohner_innen die Demo und singen mit. Im vorderen Teil kommt es auf der Höhe der Shell-Tankstelle an Oranienstraße/ Ecke Lobeckstrasse erneut zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstrant_innen und der Polizei. Immer öfter greift die Polizei wahllos einzelne aus dem Demonstrationszug heraus und führt sie ab.
Die Menge ist mittlerweile weiter angewachsen. Wie viele es sind kann niemand genau sagen. Irgendwas zwischen 20 000 und 30 000. Auf jeden Fall deutlich die größte revolutionäre 1. Mai-Demonstration der letzten 25 Jahre.
Höhe Prinzenstraße wird der kurdische Lautsprecherwagen von einer Gruppe türkischer Faschisten angegriffen, eine Kurdin wird dabei verletzt. Hier schreitet die Polizei nicht ein. Währenddessen zieht die Demospitze schon am Springer-Gebäude vorbei, es fliegen Rauchbomben, die den vor dem Springer Hochhaus geparkten neuen Wawe 10 000 in Nebel hüllen. Die erwartete Konfrontation bleibt an dieser Stelle jedoch erstmal aus.
Die lässt aber nicht lange auf sich warten.An der Lindenstraße soll die Demo in die Markgrafenstraße ziehen. Die Polizei hat der Demo verboten, wie ursprünglich geplant, am Springerhaus vorbeizuziehen und sie über die Lindenstraße vorbei am Jüdischen Museum in die Markgrafenstraße geleitet. Als die Demospitze von der Lindenstraße in die Markgrafenstraße einzieht, wird - die zu diesem Zeitpunkt komplett friedliche Demospitze - von der 23. Einsatzhundertschaft von drei Seiten mit einem massiven Knüppeleinsatz angegriffen und auseinandergesprengt. Die Polizeibeamt_innen reißen das Fronttransparent nieder und leeren ihre Pfefferspraydosen über dem vorderen Block. Viele Leute aus den ersten Reihen werden verhaftet oder verletzt. Die Demospitze wird von der Polizei auseinandergetrieben. Flaschen, Steine, Böller fliegen. Bauzäune werden zu Barrikaden umfunktioniert. Ein Katz und Mausspiel begann.
Die Polizei rennt immer wieder in die Menge hinein und nimmt Leute fest oder verprügelt sie. All dies passiert vor der Baustelle Lindenstraße/Ecke Markgrafenstraße und nicht direkt vor dem Jüdischen Museum. Langsam nähert sich auch der Demo-Truck der Stelle, an der die Polizei die Demo angegriffen und aufgelöst hat. Auf dem wird gerade eine 40 Jahre alte Rede von Ulrike Meinhof zum Mordanschlag an Rudi-Dutschke und der Rolle der Springer-Presse verlesen. Dann wird die Rede abgebrochen und ein Redner verkündet, dass die Demospitze von der Polizei auseinandergeprügelt wurde, nennt nochmal die Nummer des EA und fordert die Leute auf zusammen zu bleiben. Darauf folgen erstmal einige Minuten der gespannten Ruhe. „Neues Glas aus alten Scherben“ beginnen grade wieder zu spielen, als die 23. Einsatzhundertschaft mit dutzenden Beamt_innen am Lautsprecherwagen vorbei in den hinteren Teil der Demo stürmt und dort beginnt die Leute mit Pefferspray und Schlagstöcken anzugreifen.
Das Konzert wird abgebrochen, die Situation eskaliert erneut. Jetzt werden Mülltonnen angezündet und die Auseinandersetzungen verlagern sich von der Markgrafenstraße in die Lindenstraße direkt vor dem Jüdischen Museum. Auch in den Seitenstraßen kracht es immer wieder, es kommt zu militanten Auseinandersetzungen mit der Polizei. In diesem Tumult wird leider auch das Polizeiwartehäuschen vor dem Jüdischen Museum entglast. Jedoch war nicht – wie die Springer-Presse verbreitete - der Angriff auf das Häuschen der Grund für die Polizei die Demo aufzulösen, sondern es wurde gut und gerne 20 Minuten nachdem die Polizei die Demospitze auseinander geprügelt hat entglast.
Das Motiv für den Angriff wird weniger die Feindschaft gegenüber der jüdischen Bevölkerung und ihrer Geschichte gewesen sein als die Feindschaft gegenüber der deutschen Polizei und ihrer Geschichte. Trotzdem war die Aktion natürlich ärgerlich und dumm, weil sie der Medienhetze die Munition die sie wollte lieferte und die jetzt von „Angriffen“ und „Steinen“ auf das jüdische Museum schreiben. Sowohl Vertreter_innen des Jüdischen Museums, Demo-Beobachter_innen der Piratenpartei und Sprecher_innen des Demo-Bündnisses erklärten übereinstimmend, dass das Jüdische Museum zu keinem Zeitpunkt attackiert wurde. Im Gegenteil griff die Polizei die Demonstration bewusst an dieser Stelle an, um die gewünschten Bilder zu produzieren und zu verhindern, dass die Demo in Berlin-Mitte ankommt.
Über den Lautsprecherwagen erklärte Jutta Ditfurth, dass „es kein Zufall war, dass die Demo gerade vor dem Jüdischen Museum von der Polizei derart brutal angegriffen worden ist“ und machte auf die faschistische Tradition der deutschen Sicherheitskräfte aufmerksam. Danach wird vom Lautsprecherwagen verkündet, dass nicht die Veranstalter_innen, sondern die Polizei die Demo mit Gewalt aufgelöst habe und fordert die ehemaligen Teilnehmer_innen auf, sich gemeinsam zum Myfest zurückzuziehen.
Die Polizei versuchte jedoch mit diversen Sperren und Kesseln dies zu verhindern. Das scheitert überwiegend an der schieren Masse und den vielen offenen Hinterhöfen der Wohnkomplexe um die Lindenstraße. Auf dem Weg zum Myfest erwischt es noch einige Geschäfte. Am Myfest sperrt die Polizei panisch die Zugänge und lässt selbst Tagesspiegel-Reporter, Yuppies und Touris nicht mehr zum Fest. Trotzdem schaffen es die meisten zum Barrio Antifascista und lassen dort den Abend ausklingen. Zwischen 23 und 1 Uhr kommt es in der Adalbert- und Oranienstraße noch zu kleineren Scharmützeln zwischen Festbesucher_innen und der Polizei.
Video:
http://www.youtube.com/watch?v=RoHNey3qIkc&feature=youtu.be
http://www.youtube.com/watch?v=uKGRjv_Yu0o
Gesammelte Fotos und Videos auf:
http://arab.blogsport.de
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(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
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Ergänzungen
Bilder!
http://www.flickr.com/photos/neukoellnbild/sets/72157629944707007
http://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/sets/72157629580958868
http://www.flickr.com/photos/pm_cheung/sets/72157629580996044
http://www.flickr.com/photos/pm_cheung/sets/72157629581316858
http://www.flickr.com/photos/rassloff/sets/72157629582720844
http://www.flickr.com/photos/konzeptautoren/sets/72157629582564930
http://www.flickr.com/photos/mikaelzellmann/sets/72157629584119264
http://www.flickr.com/photos/mikaelzellmann/sets/72157629948326487
http://www.flickr.com/photos/mikaelzellmann/sets/72157629584311306
http://www.flickr.com/photos/mikaelzellmann/sets/72157629948947731
http://www.flickr.com/photos/andreas-potzlow/sets/72157629585106462/
und noch mehr fotos
http://benjaminhiller.wordpress.com/2012/05/02/1-may-in-and-around-berlin/
Jüdisches Museum
"Das Jüdische Museum in Berlin sieht in den Ausschreitungen vor seiner Haustür am 1. Mai kein Problem."
http://www.berlin.de/aktuelles/berlin/2495563-958092-juedisches-museum-1-maikrawalle-vor-haus.html
"«Es gab keinerlei Schäden am Gebäude», sagte Sprecherin Katharina Schmidt-Narischkin der Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch."
Der Artikel in der Jüdischen Allgemeinen Zeitung hat ähnliche Töne. Wenn also in anderen Medien was anderes behauptet wird, ist das nicht mehr als bewusste Fehlinformation zur Stimmungsmache.
Gegen Kapitalismus und Antisemitismus!
Sattelschlepper-Lauti
Wie stets war der Lauti bemüht, Sprechchöre einer aktiven Demo durch dumpfes Abspielen von Musik unmöglich zu machen. Produktive Funktion des Lautis auf der Demo - Null. Die Redebeiträge am Lauseplatz hätten genauso von einer Bühne aus erfolgen können.
Ganz nervig wurde es dann am Ende der Demo. Die Demo steht, es geht nicht mehr weiter, die Menschen sehen Bullen in einiger Entfernung rennen, ab und zu knallt es. Dann kommt der LKW-Lauti ran, und was passiert? Der LKW fängt an Musik zu spielen, anstatt irgend welche Infos zu geben oder wenigsten einfach mal kurz die Fresse zu halten, wenn es schon keine Infos gibt.
In diesem Sinne: Nie wieder 1. Mai-Demo mit ALB-Lauti-Truck! Für viele kleine Lautis, die untereinander kommunizieren können, oder überhaupt endlich mal eine 18-Uhr-Demo ohne Anmeldung!
Angriff auf die Demospitze
http://www.youtube.com/watch?v=290H4DzhWdw
bilder links
http://www.flickr.com/photos/neukoellnbild/sets/72157629571682458/
http://www.flickr.com/photos/kietzmann/sets/72157629583940104/
http://www.flickr.com/photos/pm_cheung/sets/72157629936351309/
http://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/sets/72157629571786902/
http://www.flickr.com/photos/mikaelzellmann/sets/72157629584119264/
http://www.flickr.com/photos/andreas-potzlow/sets/72157629936255205/
http://www.flickr.com/photos/rassloff/sets/72157629946930449/
npd-kundebungen hellersdorf/hohenschönhausen:
http://www.flickr.com/photos/kietzmann/sets/72157629952167995/
http://www.flickr.com/photos/neukoellnbild/sets/72157629575881166/
npd-aufmarsch wittstock:
http://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/sets/72157629944564949/
http://www.flickr.com/photos/rassloff/sets/72157629582821122/
myfest-sponti:
http://www.flickr.com/photos/mikaelzellmann/sets/72157629584311306/
http://www.flickr.com/photos/neukoellnbild/sets/72157629580043854/
18-uhr-demo:
http://www.flickr.com/photos/andreas-potzlow/sets/72157629585106462/
http://www.flickr.com/photos/neukoellnbild/sets/72157629944707007/
http://www.flickr.com/photos/pm_cheung/sets/72157629580996044/
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http://www.flickr.com/photos/mikaelzellmann/sets/72157629948947731/
kurze Einschätzung von ZK
http://zk-berlin.bplaced.net/?p=1020
"Eine von mehreren dreisten Lügen der Polizei
An der diesjährigen »Revolutionären 1.-Mai-Demonstration« in Berlin haben sich bis zu 25000 Personen beteiligt. Haben Sie mit einem derartigen Erfolg gerechnet?
In diesem Ausmaß eher nicht. Wir sind jedoch höchst erfreut, daß immer mehr Menschen auf die Straße gehen und Kapitalismus und Krieg eine klare Absage erteilen. In diesem Jahr haben sich übrigens auch viele ältere Menschen der Demonstration angeschlossen. Wir haben ein breiteres Spektrum als in den Vorjahren erreicht.
Trotzdem konnten Sie Ihr Ziel, in das »politische Machtzentrum« nach Berlin-Mitte zu ziehen, nicht bis zum Ende umsetzen …
Das stimmt. Die Polizei ging in Höhe Linden-, Ecke Markgrafenstraße unweit des Jüdischen Museums mit brachialer Gewalt auf die Spitze der Demonstration los. Die Beamten deckten uns vollkommen unerwartet und grundlos mit ungeheuer viel Pfefferspray ein, um uns dann mit Schlagstöcken und Fausthieben zusammenzuschlagen.
Es kam in dieser Situation zu haarsträubenden Mißhandlungen von Demonstranten. Mehrere Personen wurden von den Polizisten zu Boden gerungen und dann gezielt mit dem Schlagstock in die Genitalien geschlagen. In der besagten Situation wurden übrigens auch Pressevertreter von den Beamten malträtiert.
In manchen Medien wird kolportiert, der Anmelder der Demonstration habe die Polizei gebeten, diese vorzeitig zu beenden, da er nicht mehr Herr der Lage sei?
Das ist eine von mehreren dreisten Lügen der Polizei! Die Demonstration wurde nach den brutalen Angriffen von den Beamten für vorzeitig beendet erklärt. Wir gehen übrigens mittlerweile davon aus, daß der Zeitpunkt und auch der Ort des Angriffs auf unsere Demo bereits vorher feststand. Dafür spricht auch, daß unser Anmelder mit Beginn der Attacke keinen polizeilichen Ansprechpartner mehr hatte und ihm ein Kontakt verweigert wurde.
Damit unterstellen Sie, die Polizei wollte von vornherein verhindern, daß die Demonstration in die Nähe der Ministerien und des Bundestages kommt …
Ja, so stellt sich das derzeit für uns dar. Es ist meines Erachtens auch kein Zufall, daß die Beamten die Situation ausgerechnet vor dem Jüdischen Museum eskalieren ließen. Jetzt können sie wieder ihre Märchenstunde abhalten, Angriffe auf das Museum herbeihalluzinieren und von antisemitischen Linken schwadronieren, die es in der Realität nirgendwo gibt. Im übrigen hat auch der Berliner Piraten-Politiker Oliver Höfinghoff der Polizei vorgeworfen, daß sie die Situation bewußt habe eskalieren lassen.
Was den Berliner Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Bodo Pfalzgraf, dazu animierte, dem Abgeordnetenhausmitglied »Wahrnehmungsstörungen« zu attestieren…
Man sollte sich nicht weiter mit den sattsam bekannten Phantasien und Pöbeleien von Herrn Pfalzgraf beschäftigen. Das ist Zeitverschwendung. Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang doch einzig, daß Pfalzgraf sich ausgerechnet gegenüber der rechten Postille Junge Freiheit geäußert hat. Aber die politischen Schnittmengen zwischen diesem Blatt und der DPolG sind ja seit Jahren bekannt.
Ich kann nur ganz klar feststellen, daß die Piratenpartei mit mehreren Funktionsträgern und Abgeordneten vor Ort war und sich sehr engagiert hat, Übergriffe der Beamten zu dokumentieren und dafür zu sorgen, daß Verletzte versorgt wurden. Die Linkspartei, die nach ihrer selbst eingebrockten Wahlschlappe 2011 bei den Abgeordnetenhauswahlen in Berlin noch großspurig angekündigt hatte, wieder auf die sozialen Bewegungen der Stadt zugehen zu wollen, glänzte hingegen durch Abwesenheit.
Quelle: junge Welt
Mit freundlicher Genehmigung zur Wiedergabe hier auf Mein Politikblog. Dankeschön!
Bilder aus Nürnberg
http://www.flickr.com/photos/wildebilder/sets/72157629963748323/
Bankenblockade Mitte Mai
Fotos: 1. Mai 2012 in Berlin
http://www.umbruch-bildarchiv.de/bildarchiv/ereignis/010512berlin.html
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
und täglich grüßt das murmeltier — viele leute kaum inhalt