Berlin: Steigende Mieten und Widerstand

anwohner 23.04.2012 20:55 Themen: Freiräume Soziale Kämpfe
Der Widerstand gegen Mieten hat in Berlin im letzten Jahr erheblich an Fahrt aufgenommen. Auch in diesem Jahr hat es schon einige Aktivitäten gegeben. Am 18./19. Juni findet nun die Jahrestagung der Immobilienwirtschaft im RitzCarlton-Hotel am Potsdamer Platz statt. Hier kündigen sich massive Proteste an.

Berlin: Steigende Mieten und Widerstand

2011 - Liebig 14 und Mietenstopp

Am 2. Februar 2011 wurde die Liebig 14 von einem Großaufgebot der Polizei geräumt. Große linksradikale Demonstrationen und massive Militanz zeigten Solidarität mit den Bewohner_innen der Liebig14 und wandten sich gegen die Verwertung der Stadt (Presseauswahl, Indymedia-Zusammenfassung).
Am 3. September 2011 demonstrierten 6000 Menschen gegen steigende Mieten. Die Demonstration war von Mieter*innen-Initiativen organisiert und sollte die Kämpfe in den Kiezen stärken. Kurz vor der Landtagswahl wurden die herrschenden Parteien scharf kritisiert und der Fokus auf Selbstorganisierung gelegt (Indymedia, Presse-Spiegel). Die Demonstration schaffte es den Diskurs zu steigenden Mieten in Berlin maßgeblich zu beeinflussen.

2012 - Es geht weiter

Auch im Jahr 2012 kündigen sich viele Aktionen gegen die kapitalistische Verwertung der Stadt an. Am 29. Februar setzten 200 Menschen eingeladene Politiker*innen bei einer Veranstaltung im Abgeordnetenhaus unter Druck. Am 25. März wurde die Bevernstraße 2 besetzt um ein Zeichen gegen steigende Mieten zu setzen. Die Kiezinitiativen setzen ihre Basisarbeit in den Kiezen fort. Die unterschiedlichen politischen Strategien können auf unterschiedlichen Ebenen ansetzen und weitere politische Erfolge, welche für eine Verstärkung der Selbstorganisation hilfreich und gegen steigende Mieten notwendig sind, ermöglichen.
Für den 22. Februar 2012 war die Räumung des Kulturprojekts Schokoladen angekündigt. Sie fand nicht statt. Die Erinnerung an die Reaktion auf die Räumung der Liebig14, eine kraftvolle Solidaritätskampagne und die gewachsene Protestbewegung führten zu einem Einlenken der Politiker*innen und des Hauseigentümers.
Der nun unter rot-schwarz regierende Bürgermeister Wowereit hat sich immer klar für steigende Mieten ausgesprochen. Nun möchte er sich für mehrere hundert Millionen Euro ein völlig sinnloses Denkmal setzen lassen: eine Zentralbibliothek. Die SPD zerfleischt sich in einem Machtkampf und bewirft sich gegenseitig mit Farbbeuteln.
Im Wahlkampf und in den Koalitionsverhandlungen waren steigende Mieten schon zum beherrschenden Thema der Berliner Landespolitik geworden. Rot-Schwarz kündigte nun den Neubau von 30.000 und die Verstaatlichung von ebenfalls 30.000 Wohnungen (Koalitionsvereinbarung) an. Der Regelsatz für HartzIV-Empfänger*innen wurde um schlappe zehn Euroerhöht. Diese lächerlichen Zugeständnisse der herrschenden Politik werden an rasant steigenden Mieten kaum etwas ändern und die Verschärfung der Armut von vielen Mieter*innen nicht stoppen können. Gleichzeitig zeigt sich, dass der Widerstand gegen steigende Mieten nicht chancenlos ist und Änderungen erreichen kann.
Nach einer gescheiterten Infoveranstaltung und dem Start einer Internetseite wurde eine Marketingveranstaltung von BMW in Zusammenarbeit mit der Guggenheim-Stiftung in Kreuzberg abgesagt. Trotz freundlichster Unterstützung der Politik war das BMW-Lab am Spreeufer nicht durchsetzbar. In der Presse wurde dieses Ereignis anschließend lebhaft diskutiert. Die anfängliche Diskreditierung der stadtpolitischen Aktivist*innen durch die regierende rot-schwarze Koalition (Innensenator Henkel: Chaoten sind Standortrisiko für Berlin) wurde anschließend teilweise durch eine Diskussion über die Schattenseiten von BMW, steigenden Mieten und der Legitimität von Sachbeschädigungen abgelöst (Presse-Auswahl).

Wenn Immobilienkonzerne sich treffen, dann ...

Am 18./19. Juni findet im Ritz-Carlton am Potsdamer Platz die Jahrestagung der Immoblienwirtschaft veranstaltet vom Handelsblatt statt. Dort tauschen sich die großen Immobilienkonzerne in illustrer Runde aus, wie die Mieten noch weiter gesteigert werden können. Wichtiges Thema der Tagung wird die energetische Sanierung von Wohnungen sein, welche massive Mietsteigerungen verursachen wird. Am 18. Juni um 16 Uhr wird eine Demonstration zum Tagungsort laufen um der Wohnungswirtschaft in die Luxussuppe zu spucken. Unterstützt wird diese Demonstration schon von 24 Kiezinitiativen und stadtpolitischen Gruppen.
Als Vorbereitung bietet sich noch ein weiteres „Lobby-Event“ an mit unserer Anwesenheit beglückt zu werden. Am 23. Mai treffen sich beim Tag der Immobilienwirtschaft im EUREF-Campus im Gasometer (Schöneberg) die immobilienwirtschaftspolitische Interessenvertretung ZIA mit Wirtschaftsminister Rösler, EU-Kommissar Oettinger, Verkehrsminister Ramsauer, Umweltminister Röttgen und dem Ex-Hausbesetzer Joschka Fischer, welcher nun ein Unternehmen ist: Joschka Fischer and Company.


Es ist an uns den Widerstand gegen steigende Mieten und die Verwertung der Stadt zu intensivieren. Erst verhindern wir die Lobbyveranstaltung der Immobilienkonzerne und dann werfen wir sie irgendwann ganz aus dieser Stadt raus ! Die Häuser, denen die sie brauchen !
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Ergänzungen

Mieter_innen organisieren sich

miteinander 24.04.2012 - 08:25
Auch in einigen "normalen" Mietshäusern, in denen die Mieter_innen von Verdrängung bedroht sind, organisieren sich die betroffenen. Lernt eure Nachbar_innen kennen! Ein Zusammenhalt und solidarisches Miteinander sind starke Waffen gegen diese weiteren Einschnitte und Bedrohungen unseres sozialen Lebens. Die (Wieder)Aneignung des alltäglichen ist Voraussetzung für eine Veränderung. Hier und Jetzt - wir lassen uns nicht vertreiben!

1. Mai - Demonstration gegen steigende Mieten

denenn die drin wohnen 24.04.2012 - 08:29
Unangemeldete 1.Mai-Demo (Berlin)

Wie bereits im letzten Jahr soll auch dieses Jahr wieder am 1. Mai eine unangemeldete Demonstration in Kreuzberg gegen steigende Mieten, Stadtumstrukturierung und die Verdrängung alternativer Projekte stattfinden.

Weiteres s. link

für die bvg oder andere sachen ^^

acab 24.04.2012 - 09:50
hier habe ich gefunden der 26 ist nicht mehr lange ^^ 1 mai bullen frei autonome gruppe

Wir bleiben alle! , 27.04.2012, Berlin

auch so 24.04.2012 - 09:59
Wir bleiben alle! , 27.04.2012, Berlin

kleine korrektur

histo-prof 24.04.2012 - 13:45
die ganze geschichte hat nicht erst letztes jahr mit L14 und der mietendemo an fahrt aufgenommen. wir haben nicht plötzlich eine neue mieter_innenbewegung sondern schon seit vielleicht 2006/7 eine stadtpolitische.

find ich wichtig, das in nem zusammenhang darzustellen.

Nachbarschaftshilfe statt Szenegeplänkel

Timur und sein Trupp 24.04.2012 - 17:49
Widerstand gegen steigende Mieten gibt es gerade in Friedrichshain seit es da Mietsteigerungen gibt, sprich seit 3.10.1990. Ob durch Weigerung der Mietzahluing, "eigenmächtige Mietreduzierung" oder Weigerungen bei Mieterhöhungen. Interessant an der Sache ist, dass es keinen Szenelinken gekratzt hat, solange es nur die "normalen" Menschen betroffen hat. Und Szenelinke schwappten ja nicht gerade wenige in den Osten, 1990. Die normalen Ostberliner Mieter leisteten zum Teil erheblichen Widerstand und riskierten selbst Zwangsräumungen am Anfang der 90er Jahre, indem sie sich weigerten die Westmietwucherverträge zu unterschreiben, die kurz nach der Einverleibung in jedem Ostberliner Briefkasten gelandet sind. Es gab etliche Menschen die Aufgrund des Westmietwuchers und der Existenzangst die wie eine Lavine über den Osten einbrach in den Selbstmord getrieben wurden. Unterstützung gab es aus der "Szene" für diese Menschen nie. Sie waren kein Flugblatt, keinen Flyer, keine Demo wert. Was es gab, war die Kampagne WBA-Wir bleiben alle, entsprungen aus den Ostberliner WohnBezirksAusschüssen(nicht zu verwechseln mit der heutigen WBA-Kampagne, welche letztlich nur eine Kopie ist), welche 1992 Mietdemos mit über 20.000 Menschen in Friedrichshain und Prenzlauer Berg organisierte. Diese Kampagne wurde zerschlagen und der Mietprotest in Ostberlin durch die stark um sich greifende Verdrängung auch. Letztlich waren und sind "die einfachen Menschen" für die "Szene" immer nur Beiwerk zur Legitimation des eigenen Gejammers. In erster Linie geht es um einen "Freiraum", ein "Projekt" oder "linke Locations" aber nie um den einfachen Nachbarn nebenan. Der ist immer nur eine Randnotiz. Der wird rausgeholt wenn es darum geht Bevölkerungsnähe vorzugaukeln um den eigenen Egoismus zu vertuschen. Wäre es anders, müssten nicht jedes Jahr Menschen Zwangsumzüge einsam und verlassen über sich ergehen lassen, wären nicht ganze Stadtteile von "Wahlberlinern" bevölkert. 90 Prozent der "Szene" im Osten stammt aus dem Westen. 95 Prozent der Bewohner der sogenannten "Freiräume" stammen nicht aus Berlin. Im Grunde wurden nicht nur die Viertel "von Ossis gereinigt" sondern zum Großteil auch die "Szene". Aber das ist ja ein Tabuthema, darüber spricht man nicht so gerne. Und konkret wollten viele Ostberliner Linke mit dem was sich da herausbildete und sich "Szene" nannte auch nicht wirklich was zu tun haben. Jeder Ostberliner, der die 90er am Anfang miterlebt hat, weiß wie auf die Ängste und Sorgen der einverleibten Ossis in der angeblich so radikalen Linken damals reagiert wurde als es von Ostseite hieß "die überrennen uns, in 5 Jahren wird man Friedrichshain oder Prenzlauer Berg nicht mehr erkennen", "ja, ja- lass den Ossi ma quatschen" gesagt und gelacht hat die (West-)"Szene". Jetzt ist sie selber dran und nun sollen all die Verdrängten zum Gefecht auflaufen damit die Zugezogenen in wie diese Wahlberliner gerne sagen "ihrem" Kiez bleiben können?

Irgendwie grotesk das Ganze. Wen wundert es da, dass die vielgepriesene Verankerung in den Kiezen eben auch seit 20 Jahren nur noch ein Wunschtraum ist. Vorm Spiegel muss sich jeder ins eigene Gesicht sehen können. Wieviele der Szenelinken können das ohne sich selbst und ihre ständig wiedergekäuten angeblich so heroischen Ideale zu verleumden? Letztlich alles Fassade.

weiter gehts

alles 26.04.2012 - 21:41

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Die Magie ist tot — Spaziergänger

Die Gentrifizierer seid Ihr — Agent Provo

@agent provo — gentrifier

Zu kurz gedacht.. — mein name

@gentrifier — Immobilienhai

Mit ein wenig... — ...Fachwissen...