FFM: Antifas intervenieren bei Grass-Soli

Menschen in Frankfurt 20.04.2012 18:47 Themen: Antifa
Rund 40 emanzipatorische Linke intervenierten heute bei einer Grass-Solidaritätsveranstaltung der trotzkistischen Gruppe "International Students for Social Equality", die unter dem Motto "Stoppt die Kriegstreiber! Verteidigt Günter Grass!" stand.
Mit Transparenten, auf denen "Kein Friede dem Antisemitismus" bzw. "Hinter dem Ruf nach Frieden verschanzen sich die Mörder" stand, und mit Flyern, machten sich 40 Leute auf, um die antisemitische Veranstaltung im Saalbau Bockenheim nicht unkommentiert zu lassen. Der Saalschutz und die wenigen Besucher_innen der Veranstaltungen reagierten mit antisemitischen Äußerungen, abfotografieren der Demonstrant_innen und versuchten diese im Gebäude die Treppen runter zu stoßen.

Die Polizei nahm von 3 Personen die Personalien auf und 4 Beamte in Zivil (Silberner Opel Kombi, F DK 148) wollten es sich nicht nehmen lassen "unauffällig" die Situation zu beobachten.

Das gleiche Spektakel soll am 23.04 in Berlin in der TU und am 24.04 in Leipzig in der Uni stattfinden - auch hier gilt es zu Intervenieren.

Keine Ruhe den Antisemit_innen!

Hier der Flyer inklusive einem Artikel von Axel Feuerherdt über die Friedensbewegung aus der Jungle World vom 14.04 :



„Hinter dem Ruf nach Frieden verschanzen sich die Mörder.“

Dieses Zitat von Paul Spiegel, ehemaliger Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, war eine Reaktion auf Günther Grass Äußerungen zu den Staatsgrenzen Israels 2002 und ist immer noch aktuell.

Wer von einer angeblichen Bedrohung durch einen atomaren Erstschlag Israels redet hat nicht nur eine äußerst kreative Phantasie, sondern vergisst oder leugnet sogar auch die reale Bedrohung Israels durch das antisemitische Mullah-Regime im Iran und macht sich damit mit den Antisemit_innen gemein.

Wenn sich dann die Trotzkist_innen der „Vierten Internationalen“ um die Gruppen „International Students for Social Equality“ ( ISSE) und Website wsws.org mit dem deutschen Literaturnobelpreisträger und Antisemiten Günther Grass solidarisieren und meinen die sogenannte „Kriegstreiberei“ stoppen zu müssen, tun sie nichts anderes als sich an die Seite der antisemitischen Feinde Israels zu stellen.

Dabei leugnen sie bewusst die historisch einzigartige Situation des Staates Israel.
Fanny Englard, Überlebende der Shoa, hat diese Situation in einem treffenden Zitat zusammengefasst: „In Deutschland heißt es nie wieder Krieg. Für uns heißt es: Niemals wieder werden wir erneute wehrlose Opfer des Judenhasses sein. Das müssen auch die Deutschen akzeptieren.“
Deshalb sollte sich eine emanzipatorische Linke entschieden gegen alle Formen von Antisemitismus - sei er offen oder in einer vermeintlichen Kritik an Israel geäußert - stellen und Israels Existenzrecht verteidigen.
Hinter der Angst vor einem atomaren Erstschlag Israels und einer „Bedrohung des Weltfriedens“ durch einen schon immer bedrohten Staat, verbirgt der einstige Waffen SSler und deutsche Literaturnobelpreisträger Günther Grass, der mit seinem scheinbar zum Frieden beitragen wollenden Gedicht „ Was gesagt werden muss“ nur seinen eigenen Antisemitismus . Grass und seine Anhänger_innen nutzen diese Aussagen als Legitimation Israel und seine Bewohner_innen anzugreifen und stellen sich quer zu akzeptieren, dass Israel sich seit seiner Gründung als Schutzraum für Jüdinnen und Juden in einer Verteidigungsposition gegenüber dem weltweiten antisemitischen Wahn befindet.

Im folgenden ein Artikel von Axel Feuerherdt über die deutsche Friedensbewegung, erschienen in der Jungle World vom 14.04:

Der ideelle Gesamtfriedensbewegte
Die deutsche Friedensbewegung verteidigt Günter Grass, attackiert Israel und nimmt den Iran in Schutz. Doch anders, als manche meinen, tut sie das nicht wider besseres Wissen, sondern weil die Parteinahme für die Feinde des jüdischen Staates fester Bestandteil ihre Ideologie ist.
Eines der ergreifendsten Komplimente für sein Gedicht »Was gesagt werden muss« hat Günter Grass aus dem Iran bekommen, wo die Presse– anders als hierzulande– noch nicht, wie Grass weiß, »gleichgeschaltet« ist und deshalb jeder ungehindert gegen Israel hetzen darf. Grass habe »die Wahrheit gesagt«, befand der stellvertretende iranische Kulturminister Jawad Shamakdari, der hofft, dass die Zeilen des Literaturnobelpreisträgers »das eingeschlafene Gewissen des Westens« aufwecken werden. Weiter lobte er: »Ich habe Ihr warnendes Gedicht gelesen, das auf so großartige Weise Ihre Menschlichkeit und Ihr Verantwortungsbewusstsein zum Ausdruck bringt. Mit ihrer Feder allein können Schriftsteller Tragödien eher verhindern als Armeen.«
Derselben Ansicht ist man bei der deutschen Friedensbewegung, die am Wochenende wieder ihre Ostermärsche veranstaltete und sich im Zuge dessen zu Grass’ Verteidigung aufschwang. Auf Plakaten und Transparenten auf den rund 80 Kundgebungen an den Ostertagen war unter anderem zu lesen: »Grass hat Recht!«, »Was gesagt werden muss!«, »Bleiben Sie stark, Herr Grass!« und »Ich lasse mich gerne als Antisemit beschimpfen, wenn es dem Frieden dient.« Grass-Portraits wurden mitgeführt, auch zahlreiche Redner auf den verschiedenen Kundgebungen sprangen dem Schriftsteller bei.
Das Netzwerk Friedenskooperative in Bonn, eine Art Dachorganisation, verkündete in einer Pressemitteilung: »Die Intervention durch Günter Grass im Irankonflikt hat trotz und vielleicht wegen der Kontroversen um das Gedicht die realen Gefahren bei einem Militärschlag gegen iranische Atomanlagen nochmals in den Fokus gerückt. Dafür ist ihm zu danken.« Der Sprecher der Frankfurter Informationsstelle Ostermarsch, Willi van Ooyen, ergänzte: »Was Grass angestoßen hat, kann nicht als antisemitisch unter den Teppich gekehrt werden. Es war ein richtiges Wort von ihm.« Und Kurt Bender, der Sprecher des Düsseldorfer Friedensforums, fragte auf einer Kundgebung in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt gar mit geradezu bestechender Logik, ob nicht diejenigen, die Israel mit Waffen beliefern, »die wahren Antisemiten« seien.
Andreas Buro vom Netzwerk Friedenskooperative, einer der Mitbegründer der Ostermärsche, sprang Grass gleich mit einem eigenen »Gedicht« zur Seite. »Günter Grass hat vor Krieg gewarnt, Israel als eine Gefahr für den Weltfrieden bezeichnet«, textete Buro, um fortzufahren: »Wir hätten auch die USA, die Erfinderin der Achse des Bösen, genannt, aber auch die vielen arabischen und islamischen Staaten, die mit der Kalaschnikow spielen und aktuelle Konflikte anheizen.« Während der erste Teil des Satzes Grass’ antiisraelische Tiraden also noch um den Antiamerikanismus ergänzt, ist dem letzten Halbsatz deutlich anzumerken, wie sehr ihn sein Verfasser als lästige Pflichterfüllung empfunden haben muss.
Vor allem aber ist es eine groteske Verharmlosung, die gegen den jüdischen Staat gerichteten Pläne zur atomaren Bewaffnung des Iran, die fast täglichen Raketenangriffe auf Israel und die Schlächtereien des Assad-Regimes in Syrien zu einem »Spiel mit der Kalaschnikow« und einem bloßen »Anheizen aktueller Konflikte« zu verniedlichen. Doch Buro geht es ohnehin um etwas ganz anderes: »Schlammschlachten zur Abwehr der Lyrik von Günter Grass, über seine SS-Zugehörigkeit als 16jähriger Jugendlicher, sein angeblich gestörtes Verhältnis zu Israel oder gar zu dem Versmaß seines Gedichtes sollen von seiner Botschaft ablenken: Keine Politik, die zu einem Krieg im Iran-Konflikt führen kann!«, behauptet er – so, als wäre es nicht genau umgekehrt, als hätte nicht Grass selbst seine vermeintliche Sorge um den Weltfrieden bloß vorgeschoben, um seine antisemitische Suada gegen Israel moralisch zu salvieren.
Derlei Statements sind allerdings nicht verwunderlich, gehört Buro doch zu den Initiatoren einer Erklärung der Friedensbewegung mit dem Titel »Friedens- statt Kriegspolitik im Irankonflikt! Sanktionen und Kriegsdrohungen sofort beenden!«, die kurz vor Ostern als bezahlte Anzeige im Freitag und in der Süddeutschen Zeitung erschien und bislang von fast 2 000 Personen und Organisationen unterzeichnet wurde. In ihr wird der Stopp jeglicher Sanktionen gegen den Iran gefordert, das iranische Atomprogramm als bloße Reaktion auf die angebliche Kriegstreiberei Israels und der USA dargestellt und das Schweigen der iranischen Opposition nicht etwa auf die brutale Repression durch das Regime zurückgeführt, sondern vielmehr auf die vermeintliche Doppelmoral des Westens. Wörtlich heißt es in dem Aufruf: »Israels Atomarsenal und die militärische Einkreisung Irans durch die USA, die inzwischen in nahezu allen seinen Nachbarländern Militärbasen errichtet haben, sind wichtige Ursachen für die Rüstungsanstrengungen Irans. Mit der Tolerierung von Israels Atomwaffenarsenal bei gleichzeitiger Bekämpfung des iranischen Atomprogramms tragen USA und EU die Hauptverantwortung dafür, dass kaum ein Oppositionspolitiker im Iran es wagt, die Atompolitik der Islamischen Republik in Frage zu stellen.«
Micha Brumlik bezeichnete den Appell in der Taz zu Recht als »beschämenden Ausdruck von Geschichtsvergessenheit und politischer Dummheit«. Dass sich die Nachbarländer des Iran »durch die revolutionäre Außenpolitik der Islamischen Republik bedroht fühlen, erwägt die ›Erklärung‹ ebenso wenig, wie sie den einzigen Grund für die israelische Atomwaffen, die Verweigerung der Anerkennung durch einige seiner Nachbarn, auch nur andeutet«, kritisierte der Publizist und Erziehungswissenschaftler, der seinerseits »gegen einen von den USA geduldeten, von Israel ausgeführten Luftangriff auf die im Bau befindlichen iranischen Atomanlagen« ist. Auch der Publizist Detlef zum Winkel, der früher selbst der Friedensbewegung angehörte, kritisierte den Aufruf scharf. Früher hätten die Antimilitaristen in Deutschland den »Atomtod« bekämpft, schrieb er in einem offenen Brief an Andreas Buro. »Bekämpfen wir es jetzt nicht mehr, wenn Israel vom Atomtod bedroht wird?«
Zum Winkel hat Buro gebeten, seine Unterschrift zurückzuziehen, Brumlik hat diese Forderung gleich an alle Unterzeichner der Erklärung gerichtet. Doch so löblich diese Aufrufe zur Distanzierung auf den ersten Blick sein mögen, so naiv ist die dahinter stehende Annahme, die Initiatoren und Unterstützer der Erklärung könnten hier etwas wider besseres Wissen oder gegen die eigene Überzeugung getan haben. Die Friedensbewegung war immer, wenn es um den Nahost-Konflikt ging, antiisraelisch. Sie hat sich nie auf die Seite des jüdischen Staates geschlagen, wenn dieser wieder einmal von Selbstmordattentätern oder Raketenangriffen heimgesucht wurde, sondern die Terrorattacken im Gegenteil stets Israel selbst angelastet. Und das ist kein Versehen, sondern vielmehr die Konsequenz aus der ideologischen Grundlage namens Antisemitismus.
Nichts könnte das besser deutlich machen als das Pamphlet von Günter Grass, dem ideellen Gesamtfriedensbewegten. »Hinter dem Ruf nach Frieden verschanzen sich die Mörder«, sagte Paul Spiegel, der damalige Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, im Jahr 2002 anlässlich antiisraelischer und antiamerikanischer Demonstrationen hierzulande. Ein Satz, der heute immer noch stimmt.
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Ergänzungen

Logik der Linken

mausgrün 20.04.2012 - 20:33
Das gibts auch nur bei der Deutschen Linken:
Einerseits auf dem Iran herumreiten (völlig zu recht, die Vernichtungsphantasien sind tatsächlich geäußert worden), andererseits aber nukleare Erstschlagsphantasien mit "Die bedrohen uns aber" einfach wegzudiskutieren.

Ganz großes Tennis. Anstatt sich auf die reformistischen Bewegungen in Israel und im Iran zu stützen (beide haben sehr aktive linke Studentenverbindungen), wird hier lieber die israelische Regierung unterstützt.

Die Kritik von Grass war zu kurz gegriffen, aber die Antisemitismuskeule rausholen, weil man sagt, dass das israelische Kabinett ein Haufen rückständiger Nationalisten mit nuklearer Bewaffnung sind - ehrlich?

Die Bekloppten im Iran rechtfertigen doch keinen nuklearen Holo... Na ihr wisst schon.

Gegen die Regime Israel und Iran, für eine neue, grenzüberschreitende Freundschaft, unabhängig von Herkunft oder Religion!

Die Kriegsvorbereitung gegen den Iran

wsws 20.04.2012 - 22:31
Die Kriegsvorbereitung gegen den Iran und die Angriffe auf Günter Grass
Von Ulrich Rippert
20. April 2012

Der Autor der „Blechtrommel“ hatte der israelischen Regierung in dem politischen Gedicht „Was gesagt werden muss“ vorgeworfen, einen Angriffskrieg gegen den Iran vorzubereiten und damit den Weltfrieden zu gefährden. Er machte in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass Israel Atomwaffen besitzt, diese aber verheimlicht und weder den Atomwaffensperrvertrag unterschrieben hat noch Waffeninspektionen zulässt. Dem Iran werde dagegen der Bau von Atomwaffen vorgeworfen, obwohl keinerlei Beweise dafür existieren und die Regierung in Teheran den Atomwaffensperrvertrag unterschrieben hat.
 http://www.wsws.org/de/2012/apr2012/gras-a20.shtml

Deutscher Großdichter als Weltgewissen

gegenstandpunkt 20.04.2012 - 22:53
Freerk Huisken über das Gedicht von Günter Grass
Veröffentlicht am 8. April 2012 in Israel, Krieg, Nahost und USA. 31 Kommentare Tags: Freerk Huisken, Gedicht, Günter Grass, Iran.

Deutscher Großdichter als Weltgewissen - national abgewatscht

1. Die Sache

G. Grass hat in dem Gedicht, das seit Tagen für Wirbel sorgt, darauf verwiesen, dass die Atommacht Israel den „ohnehin brüchigen Weltfrieden“ mit der Androhung eines atomaren Erstschlags gegen den Iran gefährdet. Zugleich greift er die deutsche Regierung an, die sich mit der Billigung von U-Boot-Verkäufen an Israel zum „Zulieferer eines Verbrechens“ machen könnte. „Internationale Instanzen“ fordert er abschließend auf, die Atomanlagen bzw. atomaren Potentiale beider Staaten einer permanenten Kontrolle zu unterziehen.

G. Grass - Ein deutscher Dichter

Natürlich hat Grass mit dem politischen Gedicht etwas getroffen. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass sich Israel auf einen Militärschlag gegen den Iran vorbereitet und deutsche U-Boote Instrumente der militaristischen Außenpolitik dieses Staates sind. Aber das pfeifen ohnehin die Spatzen von den Dächern. Die allgemeine Verurteilung, die sein Standpunkt erfährt, bezieht sich denn auch auf die Behauptung, dass es der Staat Israel ist, der als Kriegstreiber eine Gefahr für den Weltfrieden darstellt.

Um Grass jene Ehrenrettung widerfahren zu lassen, die die politische Sache verdient, die er angesprochen hat, sollte man mit seiner Kritik nicht zurückhalten. Die Lage im Nahen Osten kennzeichnet er nämlich nicht genau: Denn das mächtige und die Lage in Middle-East damit bestimmende Subjekt der Feindschaftserklärung an den Iran ist nicht der Staat Israel, sondern sind die USA. Denen passen weder die eigenständigen, von Russland und China gedeckten außenpolitischen Ambitionen des Mullahstaates noch die Verwendung von Einnahmen aus Ölverkäufen für die dafür nötige militärische Ausstattung und schon gar nicht eine Etablierung als Atommacht, mit der sich der Iran als Souverän eine gewisse Unangreifbarkeit in der Region schaffen könnte, in ihre Pläne für den Nahen Osten. Erst daraus ergibt sich die Rolle Israels im aktuellen „Konflikt“: Dieser Staat entdeckt in den US-amerikanischen Absichten, den geostrategisch und wegen der Rohstoffvorkommen bedeutsamen Nahen Osten vollständig unter Kontrolle zu bekommen, die Gelegenheit, sich zugleich damit seiner eigenen regionalen Feinde zu entledigen. Nur zu gern würde der Staat Israel deswegen unter dem Schutz der USA die Vorhut einer militärischen Operation bilden, mit der dem iranischen Staat unter Inkaufnahme von massenhaftem Tod und Zerstörung westliche Lebensart verpasst werden soll. Doch noch bremst Obama seinen „Kettenhund“ Netanjahu, weil er darauf setzt, mit „friedlichen“ Mittel – als da sind: der Ausschluss der iranischen Wirtschaft vom Weltmarkt, inklusive der Verpflichtung der Verbündeten, sich diesen Maßnahmen anzuschließen, das Einfrieren aller auswärtig deponierten Finanzmittel, die Liquidierung von iranischen Atomphysikern, die Anstachelung einer inneren Opposition, die Einreiseverbote von Diplomaten in westliche Staaten, Drohungen an die Adresse von Verbündeten des Iran usw. – dasselbe Ziel erreichen zu können. Und gegenwärtig scheint der Friedensnobelpreisträger aus dem Weißen Haus eine gute Chance zu sehen, mit dieser Sorte Angriff auf die Lebensgrundlagen des iranischen Staates das Mullahregime kippen zu können; natürlich ohne dabei auf die militärische Option mit ihren weltweit unkalkulierbaren Auswirkungen zu verzichten. Umgekehrt: Deren ständige Erneuerung nebst der nur verhaltenen Kritik an den israelischen Plänen – Obama untersagt seinem treuesten Verbündeten nichts, sondern bremst ihn nur – untermauern die Wirkkraft jener diplomatischen, ökonomischen, terroristischen und geheimdienstlichen Angriffe, die weltöffentlich nur deshalb unter „Friedensmaßnahmen“ laufen können, weil sie immer an der für westlich gepolte Hirne geradezu apokalyptischen Vorstellung gemessen werden, die Mullahs im Iran könnten dereinst über Atombomben verfügen und damit glatt dem Westen den Zugriff auf die gesamte Region erschweren.

Das ist die Lage. Und in der gibt der – nicht unbegründete – Verdacht, der Iran könnte Atombomben bauen, einen Grund und den zentralen Anlass für ein imperialistisches Interesse der USA nebst seiner Nato-Verbündeten ab. Deswegen passt auch eine Atommacht Israel den USA ins Konzept und deswegen würde dieselbe militärische Ausstattung des Iran für sie einen nicht zu duldender Kontrollverlust über eine Weltgegend darstellen, auf die der „freie Westen“ sich ein Zugriffsrecht zurechnet.

Grass reduziert – wenigstens in seinem Gedicht – die Gefahrenlage in der Region auf einen Atomschlag Israels, verharmlost damit erstens jenes Arsenal an Drohungs-, Erpressungs- und Eingriffsinstrumentarien, über das die führenden Imperialisten nun einmal verfügen und mit dem sie unterhalb des militärischen Zuschlagens identische Ergebnisse zu erreichen versuchen. Zweitens unterschätzt er die Abhängigkeit der Außenpolitik des Staates Israel von den USA. So ernst es der israelischen Führung auch ist, diesen Feind militärisch kleinkriegen zu wollen - ohne Zustimmung und vor allem ohne Unterstützung durch das militärische Arsenal der USA wird dieser Staat nicht losschlagen. Weswegen es drittens auch von einer gewissen Blauäugigkeit zeugt, ausgerechnet „internationale Instanzen“, die ohne eine in ihnen festgezurrte Führungsrolle der USA nur Papiertiger sind, mit der Domestizierung jenes doch gerade von der Weltmacht Nr.1 eingeplanten und aufgerüsteten israelischen Militarismus beauftragen zu wollen. Schließlich erweckt Grass den Anschein, als ginge es Deutschland bei der Lieferung von U-Booten an Israel nur ums Geschäft. Dem ist nicht so. An keinen Staat der Welt liefert der Rüstungsexporteur Deutschland militärisches Gerät von diesem Kaliber, wenn er nicht die Zwecke teilt, für die sie eingekauft werden. Deutschland betätigt sich vielmehr an führender Stelle als ein Verbündeter der Nah-Ost-imperialistischen Absichten der USA.

Soweit zu den politischen Einlassungen von Grass, zu den zutreffenden Urteilen und zu ihren Mängeln.

2. Das Gedicht

Grass, den Dichter, treibt aber leider noch mehr um. Er ist ganz deutscher Dichter und als solcher von einer ihn recht widersprüchlich umtreibenden Gewissensnot gepeinigt. Auf der einen Seite antizipiert er, dass er sich mit der Kritik am Staate Israel und seiner Führung bei jenen Deutschen den Antisemitismusvorwurf zuzieht, die zwischen rassistischem Antisemitismus und einer theoretischen Befassung mit der Außenpolitik dieses Staates nicht unterscheiden können bzw. dies gar nicht wollen. Grass weiß also um die polit-moralische Funktion dieser Gleichsetzung, weiß um die Heuchelei, die damit betrieben wird, und weiß folglich, dass deutsche Israel-Politik nichts mit „Wiedergutmachung“ zu tun hat, sondern unter diesem Titel jene anti-arabischen Übergriffe des Staates Israels im Nahen Osten billigt und sowohl finanziell als auch materiell stützt, die für die USA das zentrale imperialistische Einfallstor in den Nahen Osten waren und sind. Auf der anderen Seite jedoch entblödet sich der Dichter nicht, seine Israel-Schelte als Zugeständnis in diese national-moralische Heuchelei einzuwickeln. So heißt das Gedicht nicht etwa: „Israel gefährdet den Weltfrieden“, sondern: „Was gesagt werden muss“. Ein ums andere Mal ist ihm das demonstrative Vorführen seines schlechten Gewissens bei der Israel-Schelte fast wichtiger als diese selbst. Immer wieder – insgesamt fünfmal – hebt er mit der Vorführung seiner Seelenqual neu an: „Warum schweige ich…“, „warum untersage ich es mir, dieses Land beim Namen zu nennen…“, „das allgemeine Verschweigen…, dem sich mein Schweigen untergeordnet hat…“, „sage ich, was gesagt werden muss…“, „warum sage ich jetzt erst…“ Der Mann ist also zugleich selbst durch und durch infiziert von jener deutschen Nachkriegsmoral, derzufolge sich Kritik von Deutschen an der Politik Israels nicht gehört; natürlich „wegen unserer Vergangenheit!“ Grass bekennt sich also zu dieser Direktive, die bei der Beurteilung von Krieg und Frieden im Nahen Osten immer nur ein Opfer kennt, den Staat Israel, und diesen ausschließlich von Täterstaaten umzingelt weiß, die ihm das „Existenzrecht“ rauben wollen – wenngleich ein Blick auf die jüngere Geschichte und die aktuelle Landkarte der Region das Gegenteil zeigt.

Es fragt sich da schon, was den Dichter eigentlich im Letzten umtreibt. Die Sorge um den Weltfrieden – was er im SZ-Interview vom 7.4. unterstreicht – oder die literarisch aufgemotzte Demonstration, dass er als Deutscher natürlich den Staat Israel nie ohne schlechtes Gewissen kritisiert. Aber wahrscheinlich passt letztlich beides gut zusammen: Wo sich dieser deutsche Großdichter schon so quält, seine Schelte zu Papier zu bringen, und diese Seelenqual immer wieder kalkuliert ins Gedicht selbst einbringt, da muss doch jedem Leser deutlich werden, von welchem Gewicht seine Anklage ist. Hätte sie für ihn leichter gewogen, wäre sie doch weder zu Papier gebracht noch zeitgleich in vier der größten Zeitungen der Welt untergebracht worden. Ärgerlich ist diese Tour schon: Als ob mit der Schmerzhaftigkeit von Geburtswehen bereits die Güte des hervorgebrachten Produkt feststehen würde!

Da äußert sich ein Dichter von Rang als Weltgewissen kritisch gegen die Politik des Staates Israel, und legt als deutscher Literat zugleich Wert auf die Feststellung, dass er sich dem hierzulande gebotenen Philosemitismus verpflichtet weiß: „..dem Land Israel, dem ich verbunden bin und bleiben will“. Was denn nun, Herr Grass?

3. Die Folgen

Doch hat dieses kalkulierte Wirrwarr von heftiger politischer Kritik und Offenbarung innerster Seelenpein dem Grass gar nichts genützt. Wer als Deutscher Israel kritisiert ist Antisemit. Punkt. So der Aufschrei nach der Publikation aus Politik, Kultur- und Geistesleben. Und wenn die Kanzlerin vermelden lässt, dass sie zu Grass nichts weiter zu vermelden hat, dann weiß man, was sie damit vermelden möchte. Dasselbe nämlich, was von der Jüdischen Gemeinde, vom offiziellen Botschafter des Staates Israels und von all seinen inoffiziellen Botschaftshelfern sofort vermeldet wird: Grass ist ein Nestbeschmutzer und noch vieles mehr. Das Gedicht sei ein „Anschlag auf Israels Existenz“ verkündet R.Giordano, der nicht zwischen etwas Druckerschwärze und einem Militärschlag unterscheiden will; ähnlich H.M.Broder, der dem Gedicht allen Ernstes Absicht und Wirkkraft unterstellt, den „Verursacher der erkennbaren Gefahr zu entwaffnen“. Welch abenteuerliches Verhältnis von Geist und Macht spukt in diesen Köpfen herum! Nur weil sie als schreibende Knechte der Macht so geschätzt sind und hofiert werden, fingieren sie sich und die Zunft der Schreiberlinge gleich selbst als Teil der Macht.

Festzuhalten ist jedoch, dass diese inzwischen auch von Literaturpapst Reich-Ranicki – „ekelhaftes Gedicht“ – abgesegnete Philippika nicht das zwangsläufige Resultat des literarischen Erzeugnisses des Nobelpreisträgers ist. Da muss man den Grass in Schutz nehmen. Es ist vielmehr das zwangsläufige Ergebnis der gekonnten politischen Instrumentalisierung der Nachkriegsattitüde von Schuld und Scham im Dienste neuer, „raumgreifender“ deutscher Außenpolitik. Das begann mit Ex-Außenminister J.Fischer, der die deutsche Beteiligung am Krieg gegen Serbien mit der „Verantwortung“ begründete, die „wir Deutschen gegenüber den Diktatoren der Welt“ hätten. Und das setzt sich jetzt fort, wenn die imperialistische Sicherung des gesamten Nahen Ostens als geostrategischer Raum gen Osten, als strategische Rohstoffreserve und als Absicherung der „Freiheit der Meere“ für das weltweite Geschäft des Großkapitals nur als Schutz des Existenzrechts Israels vor dem Vernichtungswahn der iranischen Führung vorgestellt wird, dem „wir Deutsche“ verpflichtet zu sein haben.

So kommt es denn wie es kommen musste: Alle wichtigen Fragen, die neue politische Ausrichtung der USA unter Obama den Nahen Osten betreffend, geraten zur Nebensache oder werden gleich erledigt mit dem Schwall der Empörung über den vermeintlichen antisemitischen Skandal. Es werden mit der Berufung auf deutsche Schuld folglich ganz modern gleich zwei Fliegen mit einer Klappe erledigt: Erstens ist die deutsche Beteiligung an der imperialistischen Offensive gegen den Iran eine moralische Pflicht Deutschlands und nicht etwa der Beleg für das nationale Interesse, auch im Nahen Osten hegemoniale Ansprüche zu etablieren; und zweitens ist jeder, der das zu kritisieren wagt, nicht etwa Feind jedweder imperialistischen Friedens- und Kriegspolitik, sondern ein Antisemit.

PS: Grass hat seinem ersten moralischen Verbrechen in Interviews ein zweites hinzugefügt. Von „Gleichschaltung“ der öffentlichen Kritik hat er im Land der Meinungsfreiheit zu sprechen gewagt. Das konnten deren Hüter nicht auf sich sitzen lassen. Heftigste Zurückweisung erfolgte – gleichgeschaltet.

FREERK HUISKEN Jahrgang 1941, Pädagogikstudium in Oldenburg, Tätigkeit als Lehrer bis 1967, dann zweites Studium Pädagogik, Politik und Psychologie in Erlangen-Nürnberg, 1971 Promotion. Seit 1971 Professur an der Universität Bremen: Politische Ökonomie des Ausbildungssektors. Ab März 2006 im Ruhestand.

Grass - ein Unterstützer Israels

upset 20.04.2012 - 23:22
Ein Beispiel dafür, dass Günter Grass bereits vor 45 Jahren sich sehr aktiv FÜR Israel einsetzte, was die hämischen Hasspredigten gegen ihn Lügen straft, bietet die Webseite der Deutsch-Israelischen Gesellschaft:

 http://www.deutsch-israelische-gesellschaft.de/dig_information/der_schwierige_begin.htm

Zitat:

Unterbrochen wurde das sich anbahnende etwas müde Vereinsleben durch den Ausbruch des "Sechstagekrieges" am 05. Juni 1967. Wir in Europa hatten über mehrere Tage hinweg keinerlei Nachricht über das Geschehen. War Israel schon überrollt? Seine Armeen vernichtet? Der Pressereferent vom Dienst in der Senatskanzlei sprach Sylten an, ob er etwas zur Realisierung der an ihn von Günther Grass herangetragenen Idee einer großen Geldsammlung zugunsten von Israel tun könne. Ganz unabhängig davon, welches Schicksal die Juden in Israel zur Zeit durchmachen, anschließend werde mit Sicherheit Geld benötigt. Sylten griff diese Idee auf, traf sich anschließend gleich mit Grass in dessen Wohnung und beide flogen am nächsten Tag nach Bonn, zu der schon seit längerer Zeit anberaumten Präsidiumssitzung. In dieser Sitzung wurde die Idee aufgegriffen und der Aufruf "Hilfe für Israel" von Grass und der DIG wurde ein großer Erfolg: Die Städte und Gemeinden und alle irgendwie mit Israel sympathisierenden Vereine griffen die nun von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft getragene und organisierte Idee auf: wenigstens etwas, was man tun konnte in einer sonst ohnmächtigen Situation. Die Sammlung wurde ein großer Erfolg - und als schöner Nebenerfolg machte sie den Namen unserer Gesellschaft im ganzen Land bekannt.

Angriff auf PSG-Versammlung zur Verteidigung

K.Nesan 22.04.2012 - 23:48
 http://www.wsws.org/de/2012/apr2012/gras-a23.shtml
A
ngriff auf PSG-Versammlung zur Verteidigung von Günter Grass
Von unseren Korrespondenten
23. April 2012

Eine Gruppe rechter, pro-israelischer Provokateure hat am Samstag erfolglos versucht, eine Veranstaltung der International Students for Social Equality (ISSE) und der Partei für Soziale Gleichheit (PSG) zur Verteidigung des Schriftstellers Günter Grass zu verhindern.
Die Versammlung in Frankfurt-Bockenheim stand unter dem Titel „Stoppt die Kriegstreiber! Verteidigt Günter Grass!“ und setzte sich mit den Kriegsvorbereitungen der USA und Israels gegen Iran auseinander, die auch von der deutschen Bundesregierung unterstützt werden.
In der Einladung zu der Versammlung hieß es: „Die zentralen Aussagen, die Günter Grass in seinem Gedicht ‚Was gesagt werden muss‘ gemacht hat, sind berechtigt und korrekt: Die israelische Regierung bereitet einen Angriffskrieg auf den Iran vor, der tatsächlich das Potential zu einem dritten Weltkrieg hat.“
Etwa eine halbe Stunde vor Beginn der Versammlung kam eine Gruppe von etwa 30 bis 40 Leuten aus einem nahegelegenen Park zum Veranstaltungsort, dem Bockenheimer Saalbau. Sie trugen israelische und amerikanische Flaggen sowie einen überdimensionierten Plastikhammer mit aufgedrucktem Davidstern. Sie machten Lärm und rissen ein Veranstaltungsplakat vom Fenster.

Die Störer blockieren das Treppenhaus
Die Ordner der PSG entschieden, die Störer nicht in den Veranstaltungsraum zu lassen, da sie offensichtlich die Absicht hatten, das Treffen zu sprengen. Darauf blockierten sie die Treppe, verkündeten, sie würden die Veranstaltung verhindern und pöbelten Veranstaltungsbesucher an.
Eine iranische Frau, die zur Veranstaltung kam, wurde umzingelt und bedroht. Einem Ordner der PSG, der der Frau zu Hilfe eilte, wurde die Kamera gestohlen. Einem Mann, dem es gelungen war, die Sperre zu durchbrechen, wurde die Tasche entwendet.

Bisschen genauer

Leser 23.04.2012 - 07:14
Grass' Text richtet sich gegen den Export eines atomwaffentauglichen deutschen U-Boots an Israel. Müsste nicht sein (genausowenig wie die Panzer für Saudi-Arabien). Dass Grass meint, mit diesem U-Boot würde der angedrohte Angriff auf die iranischen Atomanlagen durchgeführt, ist meiner Ansicht nach Paranoia.

Das größere Problem ist eigentlich, dass man in Deutschland keine sinnvolle Kritik an irgendwelchen politischen Vorgängen in Zusammenhang mit Israel äußern kann, ohne dass gleich die ganzen AntisemitInnen gesprungen kommen und anfangen Hurra zu schreien, selbst wenn in dem Text (wie bei Grass) ausgiebig von deutscher Schuld und Schande im Zusammenhang mit dem Holocaust die Rede ist.

Hände weg von der PSG

wsws 25.04.2012 - 22:34
Hände weg von der Partei für Soziale Gleichheit
Von Peter Schwarz
26. April 2012
Die Attacken auf drei Versammlungen der Partei für Soziale Gleichheit zur Verteidigung von Günter Grass stellen eine enorme Verschärfung der Angriffe auf demokratische Grundrechte dar. Sie müssen abgelehnt und zurückgewiesen werden.

Die PSG hat die Versammlungen organisiert, um den beispiellosen Angriffen auf Günter Grass entgegenzutreten. Seit der 84-jährige Literaturnobelpreisträger in dem Gedicht „Was gesagt werden muss“ auf die unbestreitbare Tatsache hinwies, dass die Atommacht Israel einen Krieg gegen den Iran vorbereitet, ist eine unflätige Hetzkampagne gegen ihn entbrannt. Seine Aussagen werden verzerrt, seine Biografie verfälscht. Keine Anschuldigung ist zu unerhört, keine Beschimpfung zu übel, um gegen ihn erhoben zu werden.

Rechte, pro-israelische Provokateure haben in enger Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen und Universitätsbehörden versucht, die Versammlungen der PSG zu verhindern. Ihre Angriffe wurden dabei von Mal zu Mal heftiger.
 http://www.wsws.org/de/2012/apr2012/pers-a26.shtml

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Briefträger — Rasumichin

Leninisten halt — B. Cole

an der — TU BERLIN

ich auch! — ich auch!

Üble Sache — Paulia