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Seit 35 Jahren: Martin-Niemöller-Stiftung

Dietmar Buttler 29.02.2012 02:16
Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Kommunist. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen,ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie die Sozialisten einsperrten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Sozialist. Als sie die Juden einsperrten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Jude. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der der protestieren konnte.
Wenige Zitate haben in den Jahren nach 1945 eine solch weltweite Resonanz erzielt wie diese Aussage von Martin Niemöller. Es gibt Dutzende von Varianten dieses Zitats und immer wieder taucht die Frage auf: wann und wo wurde es ausgesprochen, gibt es einen „Orginaltext“ und wo ist der niedergelegt?

Geschäftsführerin Claudia Sievers von der Martin Niemöller Stiftung: "Es handelt sich nach persönlichen Aussagen Niemöllers um eine mündliche – von ihm auch immer wieder variierte – Äußerung. Eine schriftlich niedergelegte Urfassung gibt es leider nicht. Es ist und bleibt aber ein zeitloser Appell – gespeist inbesondere aus den Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus:"

Solidarität, Bereitschaft zum Dialog, Mut zur Versöhnung - die Martin-Niemöller-Stiftung pflegt das friedenspolitische Engagement ihres Namensgebers seit nunmehr 35 Jahren. Die Stiftung konstituierte sich am 15. Januar 1977 in Wiesbaden. dem 85. Geburtstag von Martin Niemöller (1892-1984). Die treibenden Kräfte zur Gründung der Stiftung waren Niemöllers Weggefährten -der Oberkirchenrat Heinz Kloppenburg (1903-1986) und der Professor für Politikwissenschaft Eugen Kogon (1903-1987). Beide waren der Überzeugung, dass angesichts der atomwaffengestützten Blockkonfrontation, im Sinne Niemöllers der Gesprächsfaden zwischen Ost und West nicht abreißen durfte. Dem Kuratorium gehörten in den laufenden Jahren unter anderen an: Wolfgang Abendroth, Heinrich Albertz, Egon Bahr, Helmut Gollwitzer, Walter Jens, Horst Eberhard Richter und Kurt Scharf.

Die Mitglieder der Stiftung - von denen sich nicht wenige schon nach 1945 gegen die Wiederbewaffnung und Notstandsgesetze einsetzt hatten - traten gegen nukleare Hochrüstung und den Wahnsinn des Kalten Krieges an und wurden zeitweise als "fünfte Kolonne" Moskaus" diffamiert.

Nach Kloppenburg (ab 1980), Kogon (ab 1986), Walter Jens (ab 1990) und Martin Stöhr (ab 1995) führt seit Juni 2010 der frühere Propst für Nordnassau der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Michael Karg, den Vorsitz.

Eine neues Betätigungsfeld eröffnete sich 1995 durch die Reise von Niemöller-Sohn Jan und Pastor Stefan Müller vom Diakonischen Werk Thüringen in die Ukraine. Dort entdeckten sie in Peremoha, 50 Kilometer östlich von Kiew, eines jener «vergessenen Dörfer», das im Zweiten Weltkrieg von deutschen Wehrmachtssoldaten fast vollständig dem Erdboden gleichgemacht worden war. Wer nicht fliehen konnte, wurde zur Zwangsarbeit verschleppt oder erschossen. Am 27. August 1943 wurden mehr als 1300 Bewohner aus Peremoha nach Deutschland deportiert, vor allem Frauen, Jugendliche und Kinder. Per Güterwaggon kamen die Menschen nach Frankfurt (Oder), wurden für wenig Geld in der Landwirtschaft angeboten. Allein 150 Zwangsarbeiter kamen so nach Alt Madlitz. Zwei Frauen und ein 13-jähriger Junge starben im Winter 1943 im Lager bei Alt Madlitz, ein weiterer Junge 1945 auf dem Weg im Zug. Verscharrt wurden sie auf dem Friedhof in Alt Madlitz. Die Stiftung half den Dorfbewohnern beim Wiederaufbau und bei der Einrichtung einer internationalen Begegnungsstätte. Zur Verständigung trugen auch die seit 1999 veranstalteten Jugendcamps bei.

Im Oktober 2010 wurde im brandenburgischen Alt Madlitz ein Gedenkstein eingeweiht.

Seit dem Jahr 2000 vergibt die Stiftung den Julius-Rumpf-Preis. Die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung erfolgt in unregelmäßigen Abständen und erinnert an den Wiesbadener Pfarrer Julius Rumpf (1874-1948), der von 1936 bis 1938 die Bekennende Kirche in Nassau-Hessen leitete. Mit dem Preis werden Persönlichkeiten und Initiativen geehrt, die sich gegen Intoleranz, gewaltfreie Konfliktlösungen und Fremdenfeindlichkeit einsetzen.

Das linksalternative Neuruppiner Jugendwohnprojekt »MittenDrin« erhält den Julius-Rumpf-Preis 2012 der Martin-Niemöller-Stiftung. Die mit 10 000 Euro dotierte Auszeichnung werde am 9. Juni in Neuruppin verliehen, so Stiftungsgeschäftsführerin Claudia Sievers. »MittenDrin« hat sich in knapp 20 Jahren von einem alternativen Wohnprojekt zu einem selbstverwalteten Jugendzentrum entwickelt. Einen Schwerpunkt der Arbeit bildet das Engagement für Demokratie und gegen Rechtsextremismus. Die Laudatio wird laut Claudia Sievers die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung - Anetta Kahane - halten.

Aus finanziellen Gründen konnte in 2011 leider kein Preis vergeben werden, so Sievers.

Die Aktion "Ferien vom Krieg" des Komitees für Grundrechte und Demokratie in Köln erhielt den Julius-Rumpf-Preis 2010 Seit 1995 habe "Ferien vom Krieg" mehr als 20 000 Kindern und Jugendlichen vom Balkan und aus dem Nahen Osten die Möglichkeit gegeben, sich fernab von verfeindeten Verhältnissen bei Spielen und Ausflügen, Workshops und Dialogseminaren kennenzulernen, lobte die Stiftung. Darüber hinaus seien in den vergangenen neun Jahren 1200 junge Menschen aus Israel und Palästina nach Deutschland gekommen, um sich auszutauschen. Die Erfahrungen der jungen Menschen, dass ein Zusammenleben zwar schwierig, aber möglich sei, wirke nachhaltiger für die Entwicklung friedlicher Verhältnisse als militärische Präsenz.

Die Initiative Connection e.V. / Internationale Arbeit für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure in Offenbach bekam 2009 den Förderpreis. Der seit 1993 bestehende Verein Connection tritt auf internationaler Ebene für ein umfassendes Recht auf Kriegsdienstverweigerung ein. In vielen Ländern werden Menschen für den Krieg zwangsweise rekrutiert; Verweigerer werden diskriminiert und verfolgt. Die prekäre Situation im Herkunftsland zwingt viele Kriegsdienstverweigerer zur Flucht. Die Verweigerung wird jedoch zumeist nicht als Asylgrund anerkannt. Connection e.V. fordert Asyl für Kriegsdienstverweigerer aus Kriegsgebieten und bietet Flüchtlingen Beratung und Information an. Er setzt sich für die Selbstorganisation von Flüchtlingen ein und arbeitet mit Gruppen zusammen, die sich gegen Krieg, Militär und Wehrpflicht engagieren.

Künftig will die Stiftung das Gedenken an ihren Namensgeber, den vom deutschnationalen U-Boot-Kommandanten zum Pfarrer und Friedensaktivisten gewandelten Martin Niemöller, wieder stärker betonen. So will die Stiftung dazu beitragen, das ehemalige Pfarrhaus Niemöllers in Berlin-Dahlem zu einem Lern- und Erinnerungsort auszubauen. Außerdem solle die Erinnerungsarbeit in den etwa sechs bis sieben Martin-Niemöller-Schulen in Deutschland intensiviert werden.

Abschiebehaft rechtswidrig!
Abschiebungshäftlinge werden in Deutschland oft wie Strafgefangene behandelt. Dies geht aus einer Dokumentation der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl und der Martin-Niemöller-Stiftung hervor, die am 15. Februar 2012 in Frankfurt am Main veröffentlicht wurde. Danach findet in elf von 15 untersuchten Einrichtungen ein gemeinsamer Vollzug von Abschiebungshaft und Strafhaft statt. Die Betroffenen haben oft nur zwei Stunden am Tag Hofgang, dürfen kaum Besuch empfangen, haben einen sehr eingeschränkten Zugang zu Telefonen und unabhängiger Beratung und müssen teilweise Gefangenenkleidung tragen.
Anlass für die Dokumentation war das Inkrafttreten der sogenannten Rückführungsrichtlinie der Europäischen Union am 24. Dezember 2010, wonach sich die Abschiebungshaft deutlich von der Strafhaft unterscheiden soll. Die Informationen über die Haftbedingungen in Berlin, Büren, Chemnitz, Dresden, Eisenhüttenstadt, Frankfurt am Main, Hamburg, Ingelheim, Leipzig, Mannheim, München, Neuss, Nürnberg, Rendsburg und Suhl wurden von ehren- und hauptamtlichen Beratern und Unterstützern von Abschiebungsgefangenen zusammengetragen. Erhebungszeitraum war Mitte 2011 bis Januar dieses Jahres.

Entsprechend der Rückführungsrichtlinie seien Straf- und Abschiebungshaft zu trennen, forderten Pro Asyl und Niemöller-Stiftung. In der Haft müsse weitestgehend selbstbestimmtes Leben mit entsprechenden Kommunikations- und Freizeitangeboten möglich sein. Auch müsse den Inhaftierten eine unabhängige, staatlich finanzierte Rechtsberatung zur Verfügung stehen. Analog zu Untersuchungshäftlingen sollte mittellosen Abschiebungsgefangenen ein Pflichtanwalt zur Seite gestellt werden.

Der Vollzug von Abschiebungshaft ist in Deutschland Ländersache. Dies führt dazu, dass die rechtlichen Grundlagen und die Haftbedingungen sehr unterschiedlich sind. So liegen den Rückmeldungen zufolge in den 15 untersuchten Einrichtungen die Einschlusszeiten zwischen 15 Minuten am Tag im Polizeigewahrsam in Berlin und 22 Stunden in der Justizvollzugsanstalt in Suhl. Auch die Besuchszeiten sind zum Teil sehr restriktiv geregelt: In Hamburg können die Inhaftierten zum Beispiel nur alle 14 Tage für eine Stunde Angehörige oder Freunde empfangen.

Stichworte zur Biographie Martin Niemöllers (1892 - 1984): Deutschnational orientiertes Elternhaus, Vater Pfarrer; U-Boot-Kommandant im Ersten Weltkrieg; 1920 Freikorps-Kommandant; 1924 Ordination zum Pfarrer; 1933/34 Mitbegründer der „Bekennenden Kirche“; 1937 Verhaftung; 1938 Einlieferung ins KZ Sachsenhausen, später ins KZ Dachau; 1945 Befreiung in Dachau; Oktober 1945 Mitunterzeichner des „Stuttgarter Schuldbekenntnisses“ der ev. Kirche; 1947 Kirchenpräsident von Hessen-Nassau; 1954 Präsident der „Deutschen Friedensgesellschaft“; in der gesamten Nachkriegszeit Exponent der Friedensbewegung gegen Wiederbewaffnung und Atomrüstung.
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