Solid mit Aufstand in Griechenland in Berlin

teilnehmender beobachter_innen 19.02.2012 17:04 Themen: Soziale Kämpfe Weltweit
Ca. 80 Menschen beteiligten sich am Samstag-Nachmittag auf dem Berliner Wittenbergplatz an der Solidaritätskundgebung mit den Menschen, die in Griechenland gegen das deutsche Sparmodell kämpfen, dass als EU-Diktat den Menschen aufoktroyiert werden soll.
Zu der Kundgebung wurde von der Initiative Real Democracy Now Berlin/GR vor allem über Internet aufgerufen. Zahlreiche Menschen, die Verwandte und Freund_innen in Griechenland haben, berichteten in kurzen Redebeiträgen über die Folgen der EU-Sparpolitik in dem Land. Der Hunger nimmt, Menschen gehen nicht mehr zu ärztlichen Untersuchungen, weil sie sich das nicht mehr leisten können, waren nur einige Ausschnitte. Diese Folgen hatten schon die aktuellen Spardiktate. Die neuen Zumutungen würden die Lage noch mal verschärfen. Viele der Freund_innen und Genoss_innen mit Kontakten nach Griechenland stellten berechtigt implizit oder direkt die Frage: Seht her, dass sind die Folgen einer Politik, die von der deutschen Regierung wesentlich mit vorangetrieben wird. Was aber macht die Bevölkerung dagegen? Die war tatsächlich am Samstag größtenteils eher auf dem Weg zu den Shoppingmails am Kurfürstendamm. Ein Teil zumindest begann sich für die Problematik zu interessieren, als sie hörten, dass es um die Solidarität mit der Protestbewegung in Griechenland ging. Bei einigen war Interesse und sogar ein Nachdenken zu merken, direkte sozialchauvinistische Sprüche a la „Pleitegriechen“ waren am Samstagnachmittag zumindest nicht zu hören. Dass sagt noch wenig, aber immerhin, dass es sich immer noch und immer wieder auch lohnt, den Zusammenhang herzustellen, zwischen (noch) schwachen Kämpfen in Deutschland und den inspirierenden Aktionen in Griechenland.

Beispiel - Wasserprivatisierung
Eine Aktivistin des Berliner Wassertisches nannte ein konkretes Beispiel, wie solche gemeinsamen Kämpfe aussehen können. Im Zuge des EU-Spardiktats sollen in Griechenland sämtliche Unternehmen der Daseinsvorsorge, Wasser, Strom, etc. privatisiert werden. Es gibt weltweit einige wenige Konzerne, die finanziell überhaupt in der Lage sind, sie zu kaufen. Daher wird in einer kurzschlüssigen Propaganda schnell von einen Ausverkauf an auswärtige Konzerne gesprochen und somit eine nationale Schlagseite in eine solche Argumentation gebracht. Für Genoss_innen, die nicht genug Leidensfähigkeit aufbringen, um Ausbeutung Unterdrückung besser zu ertragen, wenn sie von „einheimischen“ Kapital auf den Weg gebracht, sollte die ganze Angelegenheit auf die kapitalistische Verwertungslogik heruntergebrochen werden. In Ländern, wie zurzeit in Griechenland, wo inländisches Kapital nicht liquide genug ist, um sich am Ausverkauf mitzubeteiligen, gehen diese Unternehmen tatsächlich an ausländische Kapitalist_innen. Im Falle der Wasserwerke an Veolia, die auch als Käufer der Berliner Wasserwerkes bekannt wurden. Bekannt wurden sie auch mit den Versuchen, einen kritischen Film über die Wasserprivatisierung
Dass ist für einen emanzipatorischen Antikapitalismus allerdings keinen Grund, darüber zu lamentieren dass das die Werke an „ausländisches“ Kapital gingen, sondern dass sie überhaupt kapitalisiert wurden. Dagegen kämpfen Initiativen weltweit, in Berlin sind sie im Berliner Wassertisch zusammengeschlossen, die im letzten Jahr mit einem erfolgreichen Referendum gezeigt haben, dass es zumindest auf dieser Ebene auch in Deutschland noch Bereitschaft zum Widerspruch gibt. In den nächsten Wochen wird es die Aufgabe sein, diesen Widerspruch auch über Referenten hinaus sichtbar zu machen.


Der 31 März – Tag des Widerstand
Der Widerstand gegen diese Privatisierung eines Wasserwerks in Thessaloniki war einer der Ausgangspunkte für den antikapitalistischen Aktionstag am 31.März. Unterstützt wurde daher die Protestaktion in Berlin von Genoss_innen aus dm Berliner M31-Bündnis, das für den europaweiten antikapitalistischen Aktionstag am 31.März nach Frankfurt/Main mobilisiert. Aktivist_innen des M31-Bündnis, das mit Flyern und einen Transparent auf der Kundgebung vertreten waren, betonten in ihrer Mobilisierung, dass die Kämpfe in Griechenland Inspiration in vielen Ländern Europas sein können, die nicht derart im Fokus des Medieninteresses stehen wie Griechenland, wo aber ein Großteil der Menschen, die gezwungen sind, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, genauso betroffen sind von den Krisenfolgen.
Als Beispiel wurde Irland genannt. Ein Aktivist des M31-Bündnisses ging auf die besondere Rolle Deutschlands bei der Durchsetzung des EU-Spardiktats ein. Einerseits sorgte die Ideologie der historisch bedingten Standortnationalismus, der mit Sozialchauvinismus gepaart ist, in Deutschland dafür, dass die Proteste gegen die Sozialschweinereien besonders schwach sind. Daher ist in Deutschland der Niedriglohnsektor in vielen Bereichen besonders weit durchgesetzt. Stichworte sind das Hartz IV-Regime und der Niedriglohnsektor im Arbeitsbereich. Andererseits reagieren die Menschen, die selber scheinbar freiwillig für den Standort Deutschland Verzicht üben, mit Ressentiments auf Menschen, die sich nicht so freiwillig, Kapital und Nation beugen. Daher die Kampagne von Boulevard und Elite gegen die Pleitegriech_innen. Der deutsche Standortnationalismus ist durchaus nicht nur in der radikalen Linken Europas als Problem erkannt worden. Dabei soll nur beispielhaft an die von belgischen christlichen Gewerkschaften initiierte Kampagne „Helft Heinrich“ erinnert werden, der den kampfschwachen Kolleg_innen in Deutschland helfen soll, besser für Interessen einzustehen und so auch zu verhindert, dass das deutsche Niedriglohnmodell sich in Europa immer weiter ausbreitet. Mehr dazu:  http://www.ak-gewerkschafter.de/2011/07/15/interview-mit-manni-engelhardt-zu-helft-heinrich/
Der M31-Aktionstag soll auch eine Möglichkeit bieten, den Menschen in Deutschland, die ebenfalls nicht bereit sind, gegen die kapitalistischen Zumutungen leisten, zu aktivieren. Es soll nach Frankfurt/Main zur EZB-Zentrale mobilisiert werden.
Als Vorbereitung wird es sicher noch weitere Aktionen, wie am 18.2. in Berlin geben, an denen sich hoffentlich auch mehr Menschen beteiligen könnten. 80 Menschen in Berlin sind wahrlich kein Highlight. Wenn sich mehr Menschen daran beteiligt hätten, wäre vielleicht auch eine Spontandemo Richtung Potsdamer Platz möglich gewesen, die von einigen Aktivist_innen vorgeschlagen wurden. Versuche, bei der Polizei eine Spontandemo anzumelden wurden abschlägig beschieden. Sofort baute sich die vorher im Hintergrund gebliebene Polizei auf und machte deutlich, dass die eine sich formierende Demo nicht vom Wittenbergplatz loslaufen lassen würde. Bei der geringen Teilnehmer_innenzahl war dann nur die Auflösung der Kundgebung möglich und die Hoffnung, dass beim nächsten Mal sich die Teilnehmer_innenzahl mehr als verdoppelt.
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Ergänzungen

Bilder von der Kundgebung

red 19.02.2012 - 22:18
Hier noch ein paar Bilder...

Veranstaltung am 24.2.

l 19.02.2012 - 23:46
Veranstaltung von *andere zustände ermöglichen zur Eurokrise und zum europäischen Aktionstag (M31)

Freitag 24.2. im Projektraum H48/Neukölln, 19 Vokü, 20 Beginn


"Why so serious? Ain't it just another capitalist crisis?" "Am 31. März wird der "European day of action against capitalism" ein Zeichen antikapitalistischer Solidarität setzen - gegen das Krisenregime! In verschiedensten Städten Europas wird es Proteste geben. In Deutschland wird nach Frankfurt, Sitz der EZB und eines der Zentren der Krisenbearbeitung, mobilisiert. Wir informieren über die geplante Aktion und Demo in Frankfurt am Main und geben einen Überblick über Verlauf und Gründe der Krise im Euroraum.

 http://aze.blogsport.de
 http://m31berlin.blogsport.de/

gewerkschaftliche Griechenlandsoli?

leser 20.02.2012 - 14:42
Linke Solidaritätsaktionen für Griechenland sind bisher keine Massenveranstaltungen – das soll sich ändern
Während in der Eurokrise der Ton zwischen den Politikern rauer wird, bereiten auch linke Initiativen Protestaktionen vor

 http://www.neues-deutschland.de/artikel/218759.nur-zaghaft-seit-an-seit.html

Redebeitrag aus dem Berliner M31-Bündnis

keinbockaufdeutschesspardiktat 20.02.2012 - 15:36


Redebeitrag von Genoss_nnen aus dem Berliner M31-Bündnis für die Griechenland-Kundgebung am 18.2.2012:

In den letzten Tagen spitzt sich der Konflikt zwischen der EU-Troika und dem Großteil der Menschen, die in Griechenland leben zu. Die EU-Verantwortlichen üben sich in immer neuen Diktaten und Anweisungen an die griechische Politik. Dabei tun sich Politiker_innen aus Deutschland besonders hervor. Während die politische Elite Griechenlands über die Beleidigung ihres Landes schwadroniert, kämpfen in Griechenland Lohnabhängige, Erwerbslose, Schüler_innen und Studierende gegen die massiven Einschnitte in ihre Lebensbedingungen, die mit dem Spardiktat verbunden sind.
Doch davon sind auch andere europäische Länder wie Irland betroffen. In einem Zeitungsbericht über dieses kaum im Fokus der EU-Krise stehenden Land heißt es:

„Die irische Regierung hat im Dezember 2011 den siebten Sparhaushalt seit 2008 vorgelegt. Die Mehrwertsteuer ist von 21 auf 23 Prozent gestiegen, die Staatsausgaben wurden weiter gekürzt, die Löhne im öffentlichen Sektor sind bereits um rund 20 Prozent gesunken. Und auch bei der Sozialhilfe und den Zuschüssen für alleinerziehende Eltern wurde gekürzt. In der Tabelle der sozialen Ungleichheiten in den entwickelten Ländern steht Irland mittlerweile an vierter Stelle. Die Zahl der Obdachlosen steigt . Die Sparmaßnahmen haben auch gesundheitliche Folgen. Wer nicht über 65 Jahre alt oder Sozialhilfeempfänger ist, muss die Arztkosten - rund 60 Euro pro Besuch - sowie die Kosten für die Medikamente bis zu 120 Euro pro Monat selbst tragen. Die unabhängige Expertenkommission TASC erklärt in einem Bericht, dass die "regressiven Haushaltsmaßnahmen der vergangenen drei Jahre überproportionale Auswirkungen auf die unteren Einkommensschichten" hatte. Das führe nicht nur zu verstärkter Armut, sondern auch zu Ungleichheiten im Gesundheitszustand. "Es gibt viele, die den Besuch beim Hausarzt aufschieben, weil sie die Gebühr nicht zahlen können", heißt es in dem Bericht.
Ähnliche Verschlechterungen der Lebensbedingungen vieler Menschen bewirkt die Sparpolitik in Spanien und Portugal.
Die Kämpfe in Griechenland gegen das Spardiktat sind beispielgebend für andere Länder in Europa, Durch die Staatsfixiertheit und den Standortnationalismus, der in Deutschland auch bei großen Teilen der Lohnabhängigen virulent ist, wurde hierzulande das Sparmodell ohne großen Widerstand durchgesetzt. Es ist verbunden mit einen rigiden Hartz IV-Regime, mit Lohnarbeitsverhältnissen, von denen viele Menschen nicht mehr leben können. Viele Menschen reagieren mit einem Sozialchauvinismus auf Menschen, die sich eben nicht einfach unter die Logik von Staat und Kapital zwingen. Lassen wollen.
Die beste Solidarität mit den Aufstand in den Aufständen in Griechenland ist der Kampf gegen das deutsche Sparmodell hierzulande.
Mit dem europaweiten Aktionstag am 31.Märzs soll in ganz Europa auch in Deutschland ein Zeichen gesetzt werden. Wir werden an diesem Tag zur bundesweiten antikapitalistischen Demonstration in Frankfurt am Main zur Baustelle des neuen EZB-Gebäudes fahren. Aber erst, wenn wir die Kämpfe in unseren Alltag tragen, wenn wir uns am Arbeitsplatz, an der Uni, der Schule, dem Jobcenter der Verzichtslogik verweigern, wenn wir uns gegen kapitalistische Zumutungen wehren, dann tragen wir unseren Teil bei zur Sabotage des deutschen Sparmodells hier und in Europa bei.

Solidarität mit dem Aufständen in Griechenland!
Marktkonferenz und Profitlogik überwinden!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 3 Kommentare

Hier ist z.b. inländisches Kapital

Dr. No 19.02.2012 - 21:28
 http://www.grreporter.info/en/midst_crisis_greeks_are_buying_extremely_expensive_properties_abroad/6124
Auch in anderen Ländern wird "investiert", Schätzungen von im Ausland geparkten Kapital auf Cayman, Zypern, Schwiz, etc. 200-500 Milliarden, Verdoppelung durch eventuelle Währungsreform. Veolia kann ja dann wohl auch die Gleise kaufen, wird danach dann eh enteignet:
Kann kein Englisch, aber hier hört es sich nach "Ausländer" an und nicht nach im hellenischen raum lebende Menschen.
Da Theodorakis ja nun weltbekannt ist und auch bekannt dafür, öfter mal vorbeizuschiessen, kann man sich ausrechnen, daß Schaueble und seine geschickt verdrehende Hetzpresse, das miteinkalkulieren.
 http://www.athensnews.gr/portal/4194/53430
Die Frage stellt sich ja auch, ob Leserhetze in registrierungsfreien "Foren" sich aus der virtuellen Wirklichkeit in die Realität umsetzt. Merkel in Nazikluft hat offensichtlich auch einer ganzen Menge "Ausländern", die eigentlich nicht immer so griechenfreundlich sind, ganz gut gefallen. Eventuell hat NSU und Schaeuble etwas zusammen geschweißt. Eventuell macht es deshalb Sinn Soli im ehemaligen "Gastarbeiter"-Milieu zu mobilisieren. Schliesslich betreffen Sparmaßnahmen und ein eventuell auf "Orthodoxie" und Nationalismus basierender wachsender Einfluss Rußlands auch griechische Nachbarländer, Neben der "abgeknallten" Idee, Griechenland in die pro Forma weiter existierende GUS aufzunehmen, sind z.b. viele der "reichen Russen" auf Zypern Pontosgriechen der Diaspora.

verblüffend

ant 19.02.2012 - 21:33

......Standortnationalismus, der mit Sozialchauvinismus gepaart ist, in Deutschland dafür, dass die Proteste gegen die Sozialschweinereien besonders schwach sind......

der eindruck drängt sich mir auch immer mehr auf
allesdings scheint die grundversorgung auch besser zu sein als in italien, spanien ,griechenland

es gibt soziale bewegung in D. gegen atomkraft , Antifa ,für ein freies internet
sind in den drei oben genannter ländern ehr schwach und italien als erdbebengebiet naja.





die kraft

re 19.02.2012 - 22:08
naja wir wahren mit der L14 und dem schokoladen beschaftigt ausserdem habe ich mich gerade verliebt.