Großangriff auf Klimaschutz und Erneuerbare

Udo Schuldt 17.02.2012 13:07 Themen: Ökologie
Zunächst machte Wirtschaftsminister Rösler Schlagzeilen. Sein Plan: Weitere Einsparungen bei der Förderung der Solarenergie und Bau neuer Kohlekraftwerke. Nun folgt das Buch der RWE-Vertreter Vahrenholt und Lüning "Die kalte Sonne", in dem die Folgen der Erderwärmung verniedlicht werden. In dem Medienrummel ging eine kleine Meldung, die von der Nachrichtenagentur indymedia verbreitet wurde, weitgehend unter. Sie besagte, dass RWE weitere Braunkohlekraftwerke bauen will.
Passt doch: Rösler macht die RWE-Konkurrenz Solarenergie platt und Vahrenholt und Lüning liefern die Argumentationsgrundlagen für eine breit gefächerte Kampagne gegen Klimaschutz und erneuerbare Energien.


Bemerkenswert ist, dass Blätter wie BILD, Spiegel und auch der österreichische Standard wohlwollend über die unwissenschaftlichen Hypothesen der RWE-Gehaltsempfänger berichten oder ihnen Platz für Interviews einräumen.

Dies erinnert stark an die Situation in den USA. Zwar finden sich in wissenschaftlichen Fachzeitschriften wie Science und Nature keine klimaskeptischen Artikel, wie eine Studie herausfand, dafür ist aber jeder zweite Artikel in der allgemeinen Tagespresse, der USA, klimaskeptisch. Zwar sind 97% aller Klimawissenschaftler der Meinung, dass die Erderwärmung vom Menschen verursacht wird, dennoch besteht in den USA keine Chance ein Klimaschutzgesetz zu beschließen, weil die republikanische Kongressmehrheit von der rechtsextemen Tea-Party beherrscht wird.

Von solchen Verhältnissen träumen die Klimawissenschaftsleugner auch in Deutschland. Gegenwärtig ist aber immer noch eine parteiübergreifende Mehrheit der Abgeordneten im Deutschen Bundestag und auch im Europäischen Parlament für Klimaschutzmaßnahmen. Aber das kann sich ändern. Schaut man sich die Kommentarseiten der Internetausgaben der Zeitungen an, so stellt man fest, dass hier bereits die Leugnerkommentare überwiegen. Offensichtlich haben es sich die Verteidiger des Klimaschutzes und die Befürworter der Erneuerbaren Energien bequem gemacht. Vielleicht in dem Bewusstsein, dass eine Energiewende weg von der Atomenergie beschlossen wurde oder in der Annahme, dass die Leugnerszene eine Minderheit ist und keine Aussicht auf Erfolg hat. 

Diese Zurückhaltung kann aber schwerwiegende Folgen haben, wie das Beispiel USA zeigt. Diese sind dabei kein Einzelfall. Abwehrhaltungen gegenüber dem Klimaschutz haben außerdem auch viele Staaten die stark vom Verkauf fossiler Energien profitieren, wie Kanada mit seinem Öl aus Teersanden, wie Saudi-Arabien oder wie Russland. 

Mittlerweile verfangen in der Öffentlichkeit selbst die dümmsten Argumente, z.B. dass CO2 kein Treibhausgas wäre. Ganz so plump ist das Buch von Vahrenholt und Lüning nicht. Die Autoren bestreiten nicht, dass es Treibhausgase gibt, wohl aber die Folgen. Hier soll auch gar nicht weiter auf den Inhalt des Buches eingegangen werden, dass haben andere schon sehr viel kompetenter getan, als wir es könnten, vielmehr soll deutlich gemacht werden, dass RWE ein Interesse daran hat den Aufschwung der erneuerbaren Energien zu stoppen und den Widerstand gegen Kohlekraftwerke zu schwächen.

Eigentlich hätte RWE bei einem Anteil von nur etwas mehr als 3% regenerativer Energien an der Stromerzeugung - bei einem bundesweiten Durchschnitt von über 16% - richtig was aufzuholen. Darum hat die Abkürzung RWE bei Greenpeace auch die Bedeutung "Richtig Wenig Erneuerbare". RWE baut dennoch lieber neue Kohlekraftwerke. BoA plus nennt der Konzern seine neuen Kohle-Drecksschleudern. "Betrieb mit optimierter Anlagentechnik". Und plus steht für noch optimierterer. Die werden dann noch grün angestrichen. CO2 erzeugen sie aber weiterhin und viel davon. 2011 war RWE das Einzelunternehmen mit dem größten CO2-Ausstoß in der Europäischen Union.

Aber wenn es keine klimapolitische Notwendigkeit gäbe CO2 zu begrenzen, was das Buch von Vahrenholt und Lüning ja nahelegt, dann wäre Röslers Engagement gegen die Erneuerbaren Energien eher zu verkaufen, dann wird auch der Bau von KoKW eher akzeptabel. Sollte sich diese Ansicht in der Öffentlichkeit durchsetzen, wird der Klimaschutz um Jahre zurückgeworfen, denn ein Kohlekraftwerk, was heute gebaut wird, hat eine Lebensdauer bis zum Jahr 2050 und darüber hinaus. In der Mitte des Jahrhunderts soll aber der CO2 Ausstoß der menschlichen Aktivitäten um 80% kleiner sein als heute. So hat es die Weltgemeinschaft beim Klimagipfel in Cancún (Mexiko) beschlossen. Das wäre dann nicht mehr zu halten. RWE setzt auf volles Risiko angesichts zunehmender Klimakatastrophen - für seinen Profit. Das Risiko trägt die ganze Menschheit - der Gewinn geht an die Anteilseigner von RWE. 

Widerstand gegen diesen RWE-Kurs ist nötig. Es ist an der Zeit die RWE-Kunden zum Stromwechsel zu ermuntern. Die Kampagne "Tschüß Vattenfall" sollte um "Tschau RWE" ergänzt werden.

 

Der Klima-Lügendetektor zum Vahrenholt Buch 

und zur Bild-"Zeitungs"-Lüge über die CO2-Lüge 

Das Vahrenplug-Wiki: Dieses Wiki stellt eine Plattform bereit um das Buch "Die kalte Sonne" von Fritz Vahrenholt und Sebastian Lüning auf Faktentreue zu untersuchen 

 

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Ergänzungen

Nicht nur Strom wechseln

ausgeCO2hlt 17.02.2012 - 14:55
RWE betreibt mit den Tagebauen und Kraftwerken im Rheinischen Braunkohlerevier die großte CO2 Quelle Europas. Kein Wunder, dass sie nicht an einem Ausbau der erneuerbaren Energien interessiert sind. Doch es gibt Energiekämpfe für eine Vergesellschaftung der großen Energiekonzerne und einer Energieversorgung in Bürger_innen Hand - dezentral, demokratisch und sozial.
Am 19. April findet die nächste Jahreshauptversammlung von RWE statt, wo es auch im letzten Jahr schon erfolgreiche Proteste von Anti-Atom und Anti-Kohle Aktivist_innen gab. In diesem Jahr sind wieder Aktionen geplant, um dem Energieriesen den Stecker zu ziehen.

Wer sich an den Vorbereitungen beteiligen will, das erste Vernetzungstreffen findet am Sonntag den 04.03.2012 um 13:00 Uhr im Raum 6 des Bahnhof Langendreer, Wallbaumweg 108, Bochum statt.

Mehr Infos unter: www.ausgeCO2hlt.de