Dresden, 13. Februar 2012: Ihr Scheitern setzt sich fort...

Kombinat Fortschritt 14.02.2012 23:51 Themen: Antifa
Rund 24 Stunden waren wir mit zwei Bussen unterwegs. Doch es hat sich gelohnt. Während die Nazis in einschlägigen Foren begonnen haben, sich ihre Wunden zu lecken und mit gegenseitigen Vorwürfen zu belegen, können alle anderen Beteiligten zufrieden sein. In der sächsischen Landeshauptstadt atmet man hingegen auf. Die von Teilen der Medien und nicht zuletzt der Polizei geschürten Befürchtungen, dass es zu ähnlichen Ausschreitungen wie am 19. Februar 2011 stellten sich als haltlos heraus. Doch dies war keine Überraschung und erst Recht nicht das Ergebnis einer aufgrund der Ereignissen im Vorjahr veränderten Polizeistrategie.
In diesem Jahr ist viel über die sogenannte "sächsische Demokratie" geschrieben und gesprochen worden. Was den Unterschied zum Rest der Republik (vielleicht mit Ausnahme von Bayern) ausmacht, konnten die Antifaschisten aus MV bereits im Radio hören. Der Deutschlandfunk und NDR-Info haben schon früh in den Morgenstunden über die kommenden Ereignisse berichtet. Das Bündnis "Dresden Nazifrei", hätte zu einer Menschenkette aufgerufen hieß es offenbar in Rückgriff auf Agenturmeldungen. Nur ein Tag vorher hatte der Deutschlandfunk sich ausführlich dem Thema Dresden, Gedenken, Nazis gewidmet. Und nun diese Fehler in den Nachrichten, denn schließlich kritisiert das Bündnis die Symbolpolitik der Stadt zur Imagepflege bereits seit dessen Bestehen. Allerdings wurde "Dresden Nazifrei" als Player bei den alljährlichen Dresdener Festspielen wenigstens benannt. Im Empfangsbereich des MDR sah die Angelegenheit deutlich anders aus. Groß und breit wurde über die Menschenkette berichtet und behauptet, die Dresdner würden auch mit einem Rundgang durch die Stadt an die Bombardierung des Februars 1945 erinnern. (Am Abend wurde gar suggeriert, die Menschenkette hätte die Nazis aufgehalten) Der Rundgang „Täterspuren“, der von dem mit keinem Wort erwähnten Bündnis "Dresden Nazifrei" organisierte wurde, sollte gerade nicht der Bombardierung gedenken. Die Antifaschisten erinnerten an die Verwicklungen der Stadt und ihrer Bevölkerung im Nationalsozialismus. Folgerichtig wurden Orte besucht, die diesen Zusammenhang ins Gedächtnis riefen, eben, dass die Bombardierung eine Vorgeschichte hatte. Erinnert wurde auch an diejenigen für die der 13. Februar 1945 ein Tag der Befreiung war, weil der „Judenstern“ abgerissen werden und man im allgemeinen Chaos untertauchen konnte. So ist es nur konsequent die Geschichte ernstzunehmen und sich den Antisemiten und Rassisten von heute in den Weg zu stellen. Prompt spaltete sich der Rundgang auf Höhe der Schießgasse auf. Rund 800 Teilnehmer zogen über die Wildsdruffer Straße über den Postplatz, zum World-Trade-Center. Dort trafen sie auf eine vorbereitete Polizeiabsperrung.

Großes Polizeiaufgebot



Die Polizei war mit einem Großaufgebot in Dresden präsent. Gleichzeitig wurde betont, anders als am 19. Februar 2011 wolle man wesentlich stärker auf Kommunikation und Deeskalation setzen. Doch der Samstag im vergangenen Jahr ist der falsche Referenzrahmen. Der 13. Februar ist das entscheidende Datum und hier wird deutlich: Die Polizei hat ihr Einsatzkonzept auch im Jahr 2012 konsequent fortgeschrieben. Wie auch im letzten Jahr am 13., waren die Sicherheitskräfte mit einer enormen Menge an Personal und Material vor Ort. Eine zweistellige Zahl an Wasserwerfern, dazu zahlreiche Räumpanzer und mehr als 6000 Beamte waren im Einsatz. Gerade weil sich die Veranstaltung in diesem Jahr in einem noch kleineren Areal abspielte, hätte wohl auch die Hälfte der Kräfte (und der Kosten) gereicht, um zum gleichen Ergebnis zu gelangen. Doch anders als an Wochenenden, wo in der Regel zahlreiche Großveranstaltungen im gesamten Bundesgebiet abzusichern sind, kann man unter der Woche in Dresden richtig klotzen. Und so wurden weder Kosten noch Mühen gescheut um Dresden in einen riesigen Trainingsparcours für die Polizei zu verwandeln. Protest in Hör- und Sichtweite war dabei bewusst einkalkuliert und entsprechend abgesichert worden. Dies war am 19. Februar letzten Jahres nicht der Fall, wohl aber wenige Tage zuvor am 13.. Auch damals verfingen sich mutmaßliche Blockierer an den weiträumigen Absperrungen. Und auch in diesem Jahr nahm die Polizei diese Blockaden zum Anlass die Route der Nazis zu beschneiden. Dabei war selbst die angemeldete Wegstrecke ein Witz.

Schlechte Laune bei den Dickköppen aus MV



Nicht ganz zu Unrecht monieren besonders Nazis aus M-V diesen Umstand. Als gebrannte Kinder befürchteten sie beim Anblick der für sie aufgebauten Absperrungen, dass der Tag in einen Kessel enden könnte. Aus diesem Grund weigerte sich der Trupp aus M-V zunächst und es dauerte Ewigkeiten bis sie schließlich überzeugt werden konnten sich dem Rest anzuschließen. Denn die Nazis aus dem Norden wollten sich ihre Handlungsfähigkeit nicht nehmen lassen. Worin eine solche denn bei diesem aufgefahrenen Polizeiaufgebot bestehen soll, wissen sie vermutlich selbst nicht so genau. Das hält sie natürlich nicht davon ab kluge Ratschläge zu verteilen. Schon im letzten Jahr geizte man nicht mit Kritik und meldete mit dem Ausspruch, dass in M-V Veranstaltungen effektiv vor- und nachbereitet werden und nicht zuletzt erfolgreich marschiert wird, einen offensiven Geltungsanspruch für ihre Vorgehen an. Antifaschisten vor Ort teilen diese selbstbewusste Einschätzung nicht. Zwar ist man bei den Wahlen zum Landtag nocheinmal mit einem blauen Auge davon gekommen, doch im Kampf um die Strasse sind die Nazis in den letzten Jahren nicht vorangekommen - im Gegenteil: Die Teilnehmerzahl bei Nazidemonstrationen ist deutlich zurückgegangen. Nur 450 Kameraden waren am ersten Mai in Greifswald aufmarschiert und mussten auch zügig wieder kehrt machen. Schon im Jahr zuvor erzwangen Blockaden in Rostock eine Alternativroute für die NPD-Demonstration. Eine erfolgreiche Demonstration ist also schon längst keine Selbstverständlichkeit in Mecklenburg-Vorpommern mehr. Insofern wäre etwas mehr Bescheidenheit angebracht, zumal in Dresden gegen bundesweit agierende antifaschistischen Strukturen und von Jahr zu Jahr gegen mehr aktive Zivilgesellschaft angetreten werden muss.

Lieber Markus Ulbig: Antifaschismus ist die Lösung!



Gerade in dem Mehr an Zivilgesellschaft liegt der eigentliche Erfolg des 13. Februar. Für einige tausend Gegendemonstranten war die Menschenkette wohl eher ein Vehikel, um zu den Protesten direkt an der Naziroute zu gelangen. Soviel Beteiligung an zivilem Ungehorsam von Dresdner Bürgern gab es an einem 13. Februar noch nie. Natürlich ist dies immer noch zu wenig und demgegenüber stehen auch weiterhin noch diejenigen, die auf einem „stillen Gedenken“ beharren. Aber der Anteil derjenigen, denen die Menschenkette allein nicht mehr ausreicht, und die auch bereit sind sich durch die Wohngebiete zu schlagen und mit sich mit der Polizei ein Katz- und Mausspiel zu liefern, steigt. Und so verfiel die Polizei als Tausende versuchten die Absperrungen zu umgehen in hektische Betriebssamkeit. Dabei gelang es den Beamten jedoch stets, dass Kerngebiet der Demonstration von Gegendemonstranten weitgehend freizuhalten, auch wenn Anwohner vereinzelt Gruppen von Blockierern durch Hauseingänge und ähnliches durch die Absperrungen lotsten.

„Dresden wird auch künftig [...] die Zerreißprobe bleiben“ -MupInfo

Aber der Februar in Dresden ist noch nicht gelaufen. Noch ist nicht klar, ob sich Neonazis sich nicht vielleicht doch noch am Samstag nach Dresden verlaufen. Aber selbst wenn nicht. Allein wegen der sächsischen Zustände lohnt sich eine bundesweite Demonstration, gegen das regionale Verständnis der FdGO allemal. Am 18.Februar werden sich wieder viele aus MV auf den Weg nach Dresden machen. Und weil es ein Wochenende ist und der kommende Termin mindestens genauso wichtig sein wird wie der letzte Montag, werden es wohl deutlich mehr werden.

Video zum 13. Februar von den Filmpiraten hier anschauen ...!

Kommentar zum 13. Februar von addn.me
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Ergänzungen

Bilder von Pro und Contra

boeseraltermann 15.02.2012 - 13:56

Selbstverständlichkeit...

mhm 15.02.2012 - 16:44
Erstens gibt es in MV ja nicht so viele Demonstrationen. Und die die es gab, ist zunehmend Protest festzustellen. Ab und zu reicht es sogar aus, dass den Nazis eine andere Route aufgezwungen und sie nach einer kurzen Strecke umdrehen. Wenn es für die Nazis überall in MV selbstverständlich wäre erfolgreiche, also unter anderem auch störungsfreie Demonstrationen zu machen, hätte es den Erfolg von Greifswald und in Rostock (vielleicht mit Abstrichen, weil ihre Ausweichroute recht gut war) nicht geben dürfen.

Niemand hat behauptet, dass in MV jeder Naziaufmarsch verhindert wird, deswegen ist aber das Gegenteil auch nicht (mehr) richtig.

24.03. | Frankfurt/Oder | Nazis stoppen!

Alfred 15.02.2012 - 16:57
### Naziaufmarsch am 24.03. in Frankfurt/Oder verhindern!###

achtet auf weitere Ankündigungen: www.kein-ort-fuer-nazis.de

Bilder

rudi 15.02.2012 - 17:40

Video's inside naziblock (dutch tv)

nn 20.02.2012 - 02:00
Dutch tv made a tvshow about woman inside german neonazi movement. They got permission to interview a NPD woman and film inside the nazi block in the dresden demo.
Maybe interesting for someone?

- the whole report (voiceovers in dutch)  http://brandpunt.kro.nl/seizoenen/seizoen_2012/afleveringen/19-02-2012/fragmenten/mama_is_een_neonazi
- raw footage from interview with NPD woman in their office:  http://brandpunt.kro.nl/seizoenen/seizoen_2012/afleveringen/19-02-2012/fragmenten/mama_is_een_neonazi/extras/trots_op_de_nazi-tijd_in_duitsland
- raw footage from within nazi block:  http://brandpunt.kro.nl/seizoenen/seizoen_2012/afleveringen/19-02-2012/fragmenten/mama_is_een_neonazi/extras/treurmars_van_neonazis_in_dresden

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Thema des Artikels

ist ausgefüllt 15.02.2012 - 10:25
@@Kombinat Fortschritt 14.02.2012 23:51


"Lieber Markus Ulbig: Antifaschismus ist die Lösung!"
?????

also er ist notwendig ja aber die lösung hä......

was habt ihr für drogen genommen?

Drogen?

Straight Edge 15.02.2012 - 12:48
Die Zwischenüberschrift bezieht sich auf das berüchtigte Video von Markus Ulbig, wo er versucht zu erklären, dass Antifaschismus keine Antwort sein kann gegen Nazis.

bitte was mv?

15.02.2012 - 15:12
also in mv entwickelt sich zur zeit einiges. z.b. mit der demo letzten dezember. das steht außer frage.

aber den satz: "Eine erfolgreiche Demonstration ist also schon längst keine Selbstverständlichkeit in Mecklenburg-Vorpommern mehr. " stimmt definitiv nicht.
wenn die in hro 1.mai 2010 einfach ne demo in nem anderen stadtteil abziehen können, wird das die faschos wohl kaum jucken.
und in dass in greifswald durch blockaden die route halbiert wird ist, ist schön.
aber mal ernsthaft wo außer hro und greifswald könnte eine nazidemo denn noch ernsthaft aufgehalten oder verkürzt werden.