Mumia im Normalvollzug

Free Mumia Bündnis Deutschland 04.02.2012 12:18 Themen: Antirassismus Blogwire Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Am 27. Februar wurde Mumia Abu-Jamal nun endlich in den Normalvollzug verlegt. Nach 30 Jahren der Isolation im Todestrakt des SCI Greene und nach Wochen der Einzelhaft im Gefängnis SCI Mahanoy , wohin er am 10. Dezember verlegt worden war, kann er endlich Besuch ohne die sterile Plexiglastrennscheibe empfangen.
Seine langjährige Unterstützerin Johanna Fernandez war vergangenen Freitag bei ihm zu Besuch. Hier ist ihr Bericht.
GenossInnen, Brüder und Schwestern,

Heidi Boghosian und ich sind gerade von einem sehr bewegenden Besuch bei Mumia zurück gekommen. Gestern, am 2. Februar besuchten wir ihn. Nachdem er am Freitag, den 27. Januar in den Normalvollzug verlegt worden war, war das Mumias zweiter Kontaktbesuch seit über 30 Jahren. Den ersten Kontaktbesuch hatte er von seiner Frau Wadiya am Montag den 30. Januar.

Im Gegensatz zu unseren vorherigen Besuchen im Todestrakt im SCI Greene und in Einzelhaft im SCI Mahanoy fand unser Besuch gestern in einem großen Besuchsraum statt, wo um uns herum andere Familien und Ehepaare andere Häftlinge besuchten. Verglichen mit den intensiven und konzentrierten Gesprächen, die wir mit Mumia in einer kleinen, isolierten Besuchszelle im Todestrakt hinter sterilem Plexiglas geführt hatten, war diese Unterhaltung etwas entspannter, ungezwungener und bezog unvorhersehbarerweise auch die Leute um uns herum mit ein … es war menschlicher. Es gab so viele rührende Momente um uns herum. Kinder hüpften ihren Vätern auf den Schoß und zerrten an ihnen, ganze Familien saßen um kleine Tische versammelt und führten vertrauliche Gespräche, Paare saßen still da und hielten einander fest, Freundinnen und Ehefrauen küssten heimlich die Männer, die sie besuchten (Küsse sind nur am Anfang und am Ende eines Besuchs erlaubt). Diese Szenen waren ergreifend und wunderbar und unterschieden sich deutlich von den Bildern von Häftlingen, die uns von den Mächtigen gezeigt werden. Unsere gemeinsame Arbeit konnte von diesen menschlichen, innigen Eindrücken profitieren.

Als wir ankamen, sahen wir Mumia gleich am anderen Ende des Raumes stehen. Wir gingen aufeinander zu und er umarmte uns meide gleichzeitig. Wir waren beide überrascht, dass er uns nach so vielen Jahren in Isolation so herzlich umarmte und seinen persönlichen Raum so großzügig teilte.

Er sah jung aus und das sagten wir ihm auch. Er antwortete: „Schwarze lassen sich nicht brechen!” Wir lachten.

Er erzählte uns davon, wie neu alles für ihn war, nachdem er vor einer Woche in den Normalvollzug verlegt worden war. Vieles, was für uns im Alltag selbstverständlich ist, ist für ihn neu. Von der Mikrowelle im Besuchsraum bis zum Zittern, das er nach 30 Jahren zum ersten Mal fühlte, als er seine Frau küsste. Wie er selbst sagte: „Das einzige, was noch jetzt noch drastisch anders sein könnte, wäre Freiheit.“ Er bemerkte auch, dass ihn jeder im Raum beobachtete.

Die Erfahrung, dass wir mit unserem Freund und Genossen das Brot brechen konnten, war rührend. Es war wunderbar, dass wir reden und gemeinsam Käsetoast, Apfeltaschen und Kekse essen und heiße Schokolade aus den Automaten im Besuchsraum trinken konnten.

Ein Highlight des Besuchs war es, ein Foto machen zu können. Das war nach Jahrzehnten zum ersten Mal möglich und wir hatten Spaß! Haare stylen, sicher gehen, dass uns keine Essensreste zwischen den Zähnen hängen und sich aufgeregt auf diesen großen Moment vorbereiten ein Foto zu machen war ein Riesenspaß. Und Mumia hat sich zu jeder Sekunde köstlich amüsiert.

Als es Zeit war, sich zu verabschieden, umarmten wir uns und wurden dann promt dazu aufgefordert uns an der Wand in einer Reihe aufzustellen und mit den anderen BesucherInnen hinaus zu gehen. Als wir das Gefängnis verließen, nahm uns eine Schwester zur Seite und erzählte uns, dass sie unaufhörlich die Passage aus Kelly Clarksons Lied singen müsse: „Some people wait a lifetime for a moment like this.“ (Manche Menschen müssen ein Leben lang auf einen Moment wie diesen warten). Sie erzählte uns, dass sie und ihre Eltern Mumias Fall seit 1981 verfolgten und dass sie überglücklich darüber sei, dass Mumia trotz der blutdürstigen Verfolgung seiner Todesstrafe durch die Behörden in Pennsylvania noch lebte und nun im Normalvollzug sei. Wir sagten ihr, dass wir am 24. April den Kampf aufnehmen und Mumias Freilassung erzielen werden. An diesem Tag werden wir das Justizministerium in Washington D.C. besetzen. Sie erzählte uns, dass sie erst vor kurzem ihren Krebs bekämpft hätte und dass sie jetzt daran glaube, dass man etwas schaffen kann. Und da Mumia nun im Normalvollzug sei, sähe sie die Möglichkeit, ihn zu befreien. Sie verabschiedete sich mit einer Textzeile aus dem Titellied der Serie „Laverne and Shirley” – „never heard the word impossible!" (das Wort unmöglich kennen wir nicht) – gab uns ihre Telefonnummer und bat uns, ihr Bescheid zu geben, wenn der Kampf beginnt.

Wir nehmen das alles auf. Die Reise war demütigend und humanisierend und wir sind reaktiviert und beflügelt!!

Mit den Worten Greg Ruggieros, Redakteur beim Verlag City Lights:

„Langfristiges Ziel: Masseninhaftierung abschaffen. Kurzfristiges Ziel: Mumia Abu-Jamal befreien!"
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Schreibt

Mumia 04.02.2012 - 12:29
Nach wie vor ist es wichtig, den Behörden zu zeigen, dass das Interesse an der Person und dem Fall Mumia weiterhin internationales Interesse besteht. Zeigt eure Solidarität und schreibt Mumia.

Mumia Abu-Jamal
#AM8335
SCI Mahanoy
301 Morea Road
Frackville
PA 17932, USA

Gemeinsam gegen Todesstrafe und Repression aller Art. Für die Freiheit aller politischen Gefangenen - weltweit!

Termine

. 04.02.2012 - 20:01
Mumia muss jetzt endgültig freigelassen werden. Hierfür werden bis zu seinem 30. Geburtstag im Knast (24.4.), an dem das Justice Department belagert werden wird, zahlreiche Veranstaltungen, Kundgebungen und Demos weltweit stattfinden.

Was in unserem Lands geplant ist, steht in www.freiheit-fuer-mumia/termine und auf www.18maerz.de:

Höhepunkt wird eine Demo in Berlin am 21.4. um 16 h am Rosa-Luxemburg-Platz zur US-Botschaft.

Leute, macht jetzt Druck! Wir haben jetzt einen lebenden Mumia, aber wir wollen ihn ganz.

Freiheit für alle politischen Gefangenen!

Hoch die internationale Solidarität!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 2 Kommentare an

dreißig Jahre — ant