Globalisierung am Beispiel der IT-Branche

Karsten Schiller 04.02.2012 04:46 Themen: Bildung Globalisierung Weltweit
Der universitäre Aufsatz behandelt die Globalisierung am Beispiel der weltweiten Computer-Industrie. Neben einer allgemeinen Einführung in die Thematik, werden spezifische Beispiele für industrielle, kommerzielle und private Auswirkungen der Globalisierung geliefert. Abschließend werden die politischen Voraussetzungen für die Effekte der Globalisierung der IT-Branche erläutert und politische Zusammenhänge auf nationaler und internationaler Ebene verdeutlicht.
Die Globalisierung beschreibt die massive Zunahme der weltweiten Verflechtung auf allen Gebieten. Der Begriff tauchte in den 1960er Jahren auf und wurde in den 1980er Jahren populär. Gefördert durch politische Entscheidungen und begünstigt durch rapide Fortschritte im Bereiche der Informations-, Kommunikations- und Transporttechnologie hat sich die Globalisierung zum weltwirtschaftlichen Paradigma entwickelt. Sie ist zum Schlüsselbegriff geworden, der den Zustand der Weltwirtschaft zu Beginn des 21. Jahrhunderts umschreibt. Im Ergebnis ist sie die Konsequenz einer strikt angebotsorientierten Wirtschaftspolitik, die auf neoliberalen Wirtschaftstheorien basiert und in der Kostensenkung das Allheilmittel zur Erzielung wirtschaftlicher Prosperität und gesamtwirtschaftlichen Wohlergehens sieht. Die Produktion von Gütern und Dienstleistungen wird dabei ausschließlich als Kostenfaktor in der Wertschöpfungskette betrachtet und nicht mehr als schöpferischer Akt zum Wohle der Gesellschaft. Weil die Möglichkeiten des technischen Fortschritts zur Kostensenkung in der Produktion weitgehend ausgereizt waren, verblieb als Kostensenkungspotenzial allein die menschliche Arbeitskraft. In der Logik der Globalisierungsbefürworter bedeutete das, dass sich Kostenvorteile nur noch erzielen lassen, indem die Kosten für die menschliche Arbeit gesenkt werden. Die Auswirkungen bekamen vor allem Beschäftigte mit geringen Qualifikationen zu spüren, da deren Arbeitsplätze verstärkt in Länder verlagert wurden, wo gering qualifizierte Arbeiten noch niedriger entlohnt wurden, als am aktuellen Produktionsstandort. Dieser Prozess zog sich durch fast alle Industriebranchen hindurch.

Produktionsverlagerung fördert Deindustrialisierung

Seit den 1980er Jahren begannen immer mehr Unternehmen, die Produktion aus Kostengründen verstärkt in südeuropäische Länder auszulagern, da dort die Arbeitskräfte wesentlich billiger zu haben waren. Vor allem die Schuh- und Bekleidungsindustrie spielte hier die Vorreiterrolle. In den 1990er Jahren wurde das mit dem Schlagwort "Standortvorteil" begründet. Einige Jahre später wurden viele Produktionsstandorte in Südeuropa mit derselben Begründung wieder aufgegeben und die Produktion in asiatische Länder weiterverlagert, da dort die Arbeitskräfte noch billiger gekauft werden konnten. Umbrüche historischen Ausmaßes wie der "Mauerfall" begünstigten seit den 1990er Jahren überdies die Produktionsverlagerung im Maschinenbau und der Automobilindustrie in osteuropäische Länder. Die Konzerne profitierten hier gleich dreifach. Zum einen durch die staatlichen Förderprogramme zum wirtschaftlichen Aufbau dieser Länder, durch Steuervorteile und besonders durch die niedrigen Stundenlöhne. In dieser Zeit holten auch die asiatischen Länder bei der Industrialisierung mächtig auf. Vor allem die Produktion elektronischer Geräte wurde von westlichen Unternehmen sukzessive in die Länder Südostasiens verlagert. (vgl. Verband Deutscher Ingenieure / VDI) Während einige Firmen zunächst nur bestimmte Bauteile in Billiglohnländern produzieren ließen, haben andere die komplette Produktion in diese Länder ausgelagert. Die Hersteller aus allen westlichen Industrieländern haben diesen Weg mehr oder weniger stark beschritten. In den USA gibt es führende Firmen bei den Halbleiterproduzenten, die über keine eigenen Fertigungsstätten mehr verfügen, sondern die gesamte Produktion ihres Produktportfolios von sogenannten Auftragsfertigern beziehen. "Fabless" nennen sich diese Hersteller im Fachjargon, also Firmen ohne eigene Produktion. Deindustrialisierung in den westlichen Industrieländern ist somit eine direkte Folge der Globalisierung.

Die Politik sorgte für die Weichenstellungen

Eine der wichtigsten Prämissen der Globalisierung ist der freie Verkehr von Arbeitskraft und Kapital. Dies erzwingt den Abbau von gesetzlichen Beschränkungen um Produktionsverlagerungen zu erleichtern. Die Regierungen aller großen westlichen Industrieländer in Europa und Nordamerika haben seit den 1980er Jahren massiv darauf hingewirkt, dass "Hemmnisse" dieser Art abgebaut werden. Besonders forciert wurde diese Politik in den angelsächsischen Ländern Großbritannien unter Thatcher und in den USA unter Reagan. Infolge dieser Deregulierungspolitik wurden die sozialen Rechte von Beschäftigten weiter eingeschränkt mit der Konsequenz, dass die Position der Unternehmerseite gestärkt und die der abhängig Beschäftigten geschwächt wurde. Ein weiteres Schlagwort, das sich zur Globalisierung hinzugesellte, war Flexibilisierung der Arbeit. Insbesondere in Deutschland führte dies seit 2005 zu einem massiven Anstieg bei unsicheren prekären Beschäftigungsverhältnissen, deren Zahl gegenwärtig historische Ausmaße erreicht hat. Für die Notwendigkeit einer solchen Politik wurden stets Wettbewerbsgründe und der Druck durch die Globalisierung ins Feld geführt.

Nomadisierendes Unternehmertum als unmittelbare Folge von Globalisierung

Die Unternehmenskultur der westlichen Industrieländer wandelte sich infolge der Globalisierung zu einer nomadisierenden Produktionskultur. Temporäre Vorteile sind in Zwänge umgeschlagen, die weder den Beschäftigten noch den Produzenten wirklich nutzen. Was am Beispiel der Textil- und Lederindustrie, die erst nach Südeuropa und dann weiter in asiatische Länder zog, angedeutet wurde, lässt sich auch in der Computerindustrie bzw. der gesamten IT-Branche beobachten. Ein nicht ganz unbekannter europäischer Hersteller von Mobilfunkgeräten verlagerte große Teile seine Produktion vor wenigen Jahren von Deutschland nach Rumänien, um seine Kosten zu senken. Inzwischen ist er aus denselben Gründen weiter nach Asien gezogen und hat die Produktion am rumänischen Standort komplett geschlossen. Der Hersteller versuchte auf diese Weise Verluste aufzufangen. Die Ursachen waren jedoch hausgemacht. Weniger die angeblich zu hohen Produktionskosten brachten den Hersteller in die Schieflage, sondern vielmehr waren fehlende Innovationen und Managementfehler hierfür verantwortlich. Ein besonders interessantes Beispiel ist auch die Festplattenindustrie. Ein Großteil der führenden Hersteller von Festplatten betreibt Produktionsstätten in den USA, Südamerika und Osteuropa. Seit Jahren ziehen viele dieser Unternehmen aber nach Thailand oder in andere asiatische Ballungsräume. (vgl. "Festplatten Fakten"; PDF-Datei) Die Flutkatastrophe 2011 führte durch überschwemmte thailändische Festplattenfabriken und dem damit verbundenen Produktionsausfall zu einem rasanten Anstieg der Festplattenpreise auf dem Weltmarkt, viele Festplattenregale in heimischen Supermärkten waren wie leer gefegt.

Die globale Durchdringung der IT-Branche

Die Hardwareproduktion im IT-Bereich findet heute hauptsächlich in asiatischen Ländern statt. Nicht nur in Thailand, Japan, Südkorea und Taiwan, sondern vor allem auch in China, wo gigantische Konzerne für die Produktion von Komponenten bis hin zu fertigen Geräten entstanden sind. Ihren Ausgang nahm diese Entwicklung in Prozessen, die als Offshoring oder Nearshoring zu Beginn des neuen 21. Jahrhunderts forciert wurden. Generell bedeutet Offshoring die Verlagerung der Produktion ins Ausland. Nearshoring ist eine Sonderform für die Verlagerung ins nahe gelegene Ausland, also etwa für Mitteleuropa die Verlagerung nach Osteuropa oder für Nordamerika in Länder auf dem südamerikanischen Kontinent. Die Produktion wurde in Länder verlegt, deren Durchschnittslöhne niedriger waren als in den Ländern, in denen die Konzerne ihren Sitz hatten. Diese neuen Standorte werden häufig auch als verlängerte Werkbänke umschrieben. Stetig komplexere Aufgaben in der Hard- und Softwareentwicklung werden von diesen neuen Standorten übernommen und die Konzerne betrachten sie als Teil Ihrer global integrierten Strategien. Dabei produzieren global operierende Produzenten für einen globalen Markt. Mehr als jede andere Industrie wird die IT-Branche durch globale Wertschöpfungsketten geprägt. Alle namhaften IT-Konzerne folgten dem Paradigma der global vernetzten Ökonomie und agierten entsprechend. Dies hatte auch Auswirkungen auf kleine und mittelständische Firmen, die gezwungen waren, sich an den Großunternehmen zu orientieren und auf diese neuen Vernetzungsstrukturen einzustellen. Die Globalisierung in der IT-Branche hat vor allem zwei Dinge hervorgebracht. Massenkonsum von elektrotechnischen Produkten aller Art und prekäre Arbeitsverhältnisse an den Produktionsstandorten. Ebenso wie in der gesamten elektronischen Industrie ist in fast allen Teilbereichen der IT-Branche ein erbitterter Kampf um Marktanteile und Wettbewerbsvorteile entstanden. Sei es bei PCs, Mobilfunkgeräten, Speicherprodukten oder anderem Computerzubehör. Der stetige Preisverfall förderte zudem die Wegwerfmentalität und belastet dadurch auch die Umwelt durch Verschwendung von Ressourcen.

Soziale Missstände an Produktionsstandorten

In den westlichen Gesellschaften ist wenig bekannt über kulturelle Befindlichkeiten und gesellschaftliche Zusammenhänge in den Produktionsländern. Gerade dort hatte die Globalisierung erhebliche Auswirkungen. Namhafte Markenkonzerne von Weltruf lassen hier zum Teil unter menschenunwürdigen Bedingungen zu Niedriglöhnen produzieren. Eine bekannte Tatsache, die den betreffenden Unternehmen viel Kritik einbrachte, die Konsumenten jedoch nicht davon abhielt die hochpreisigen Markenprodukte dieser Produzenten weiterhin zu kaufen, wenngleich sich einige Verbraucher auch kritisch mit diesen Unternehmen über die Social Media Kanäle auseinandersetzen. Während die Verbraucher im Hinblick auf andere Branchen wie die Textilbranche inzwischen durchaus sensibilisiert sind für die Nöte in den Erzeugerländern und vermehrt auf sozialverträgliche Produktionsbedingungen beim Kauf von Produkten achten, ist dies bei Produkten der Elektronik- und High-Tech-Branche noch kaum der Fall. Als jüngst über Selbstmorde von schlecht bezahlten Angestellten in einer chinesischen Fabrik einer der weltweit größten Elektronik- und Computerteilhersteller medienwirksam berichtet wurde, schien die Fachwelt erstmals aufzuhorchen. Vor allem aus dem Grund, weil dieses Hersteller Auftragsfertiger für namhafte Unternehmen der Computer- und Spielkonsolenindustrie war.

Verlagerung von Arbeitsplätzen in der Softwareindustrie

Nicht nur die Hardwarebranche wurde von der Globalisierung erfasst, sondern auch die Softwareindustrie, die zunehmend in Schwellenländer ausgelagert wird. Indien hat sich in diesem Zusammenhang zu einem der führenden Standorte der Softwareindustrie entwickelt. Sowohl internationale IT-Konzerne als auch Unternehmen anderer Branchen lassen einen Großteil ihrer Software in Indien produzieren. Mitunter werden von westlichen Firmen ganze Projekte dorthin ausgelagert. Die gut ausgebildete Fachkräfte verlangen hier einen erheblich niedrigeren Stundenlohn, weil die Spezialisierung in neuen Branchen für viele eine der wenigen Möglichkeiten darstellt, in der dortigen Kastenhierarchie aufzusteigen. Die Verlagerung der Arbeit erfolgt somit aus denselben Gründen wie bei der Produktion elektronischer Komponenten. Auch hier geben die erheblich niedrigeren Stundensätze der indischen IT-Spezialisten den Ausschlag. Das hat zur Folge, dass in den westlichen Ländern auch die Arbeitsplätze von IT-Spezialisten abgebaut wurden bzw. erst gar nicht entstanden sind. Die ausschließliche Fixierung auf die Arbeitskosten verschärfte das Konkurrenzdenken unter den IT-Fachkräften, drückte auf die Löhne und löste auch Migrationsbewegungen aus. Der von Globalisierungsbefürwortern häufig beklagte Fachkräftemangel hat seine Ursache somit auch in den Auswirkungen, welche durch die Globalisierung erst ausgelöst wurden. Wenn es ihn überhaupt in dem beklagten Umfang gibt, ist der Mangel an Fachkräften in der IT-Branche in erster Linie auf die mangelnde Bereitschaft qualifizierter IT-Fachleute zu Niedriglöhnen zu arbeiten, zurückzuführen.

Technischer Fortschritt und Globalisierung

Die Globalisierung wurde im Wesentlichen durch zwei Entwicklungen begünstigt. Zum einen waren es die rasanten Fortschritte bei der Entwicklung der Computertechnologie seit den 1980er Jahren. Die PC-Revolution erfasste alle Unternehmen und den privaten Bereich. Die globale Vernetzung durch das Internet schuf schließlich Strukturen, die den weltweiten Austausch von Daten und Informationen innerhalb von Sekunden ermöglicht. Zum anderen wurden Transportsysteme zunehmend effizienter und leistungsfähiger. Die Kapazitäten von Containerschiffen vervielfachten sich und erlaubten den Transport großer Gütermengen über weite Distanzen hinweg zu immer niedrigeren Kosten. Im Zusammenhang mit der Globalisierung machte in Bezug auf die Möglichkeiten des Internets der Begriff vom "Globalen Dorf " die Runde. In dem Maße wie Distanzen zu schrumpfen schienen, sanken auch die Kosten für Transport und Telekommunikation. Diese Voraussetzungen schufen erst die Anreize zur Verlagerung der Produktion in entfernt gelegene Regionen. So konnten die Verwaltungen der Konzernzentralen weiterhin in den Ursprungsländern verbleiben und von dort die Produktion an fernab gelegenen Standorten steuern. Auch die Entwicklung verblieb zunächst an den Ursprungsstandorten, obgleich viele Firmen im Laufe der Zeit auch hier Teile davon an die Produktionsstandorte verlagerten.

Verlängerte "Werkbänke" der IT-Industrie

Viele neu entstandene Unternehmen der jungen IT-Branche konzentrierten sich bereits seit den späten 1970er Jahren an bestimmten Orten wie dem "Silicon Valley" in Kalifornien. Mit zunehmender Größe lagerten viele diese Firmen ihre Produktion schon frühzeitig aus oder bezogen Komponenten von Auftragsherstellern. In dem Maße, wie die eigene Produktion ausgedünnt wurde, wuchsen zeitgleich Unternehmen in Ostasien heran, welche diese Lücken zu füllen begannen. Zunächst boomte Japan ohne Ende und brachte Unternehmen im Bereich des Automobilbaus, der Unterhaltungselektronik und in der Computerindustrie hervor, die später zu Weltmarktführern aufsteigen sollten. Das seinerzeit viel gepriesene japanische Konsensmodell, das auf strikten Hierarchien innerhalb der Unternehmen beruhte, taugte weder für Europa noch für Nordamerika. Fakt ist, dass es japanischen Unternehmen gelang mit konkurrenzfähigen Produkten die Märkte im Westen zu überschwemmen. Im Schatten dieses Booms reiften Unternehmen in Taiwan und Südkorea, die namhafte Hersteller mit Bauteilen belieferten und selbst komplette PCs bauten, die dann mit entsprechendem Label versehen zunächst noch als Produkt der westlichen Hersteller wahrgenommen wurden. Später entstanden in diesen Ländern eigene Marken, die heute fast jeder kennt. Auch der Aufstieg Chinas begann in dieser Zeit. Heute lassen viele Konzerne der IT-Branche in chinesischen Fabriken produzieren. Dadurch sind Abhängigkeiten entstanden und eine Denkweise in Bezug auf die globale Arbeitsteilung, welche Ostasien nur noch als verlängerte Werkbank westlicher Konzerne betrachtet.

Niedriglöhne als Folge der Globalisierung

Die Globalisierung löste einen permanenten Preisdruck in allen Sparten der Unterhaltungs- und Informationstechnologie aus. Der drohende Preisverfall ließ sich nur durch innovative Weiterentwicklungen aufhalten, die in der Tat in den zurückliegenden beiden Dekaden rasant waren. Infolgedessen wurden nicht nur die Märkte im Westen, sondern weltweit mit elektronischen Produkten zu Niedrigpreisen regelrecht überschwemmt. Neben der IT boomte auch der Mobilfunkmarkt, der technisch immer stärker mit der Informationstechnik verschmelzen sollte. Die niedrigen Preise waren nur deshalb realisierbar, weil in den Produktionsländern zu Dumpinglöhnen produziert wurde. Doch auch höhere Preise allein sagen nichts über das Lohnniveau an den Produktionsstandorten aus, denn auch Kultmarken westlicher Unternehmen bei Smartphones, Tablet-PCs oder MP3-Playern werden fast ausschließlich in den ostasiatischen Ländern unter größtenteils schlecht bezahlten Arbeitsbedingungen produziert. Die Wertschöpfung verbleibt beim Konzern und beim Handel – die Arbeiter in chinesischen und anderen Fabriken profitierten kaum davon. Die niedrige Entlohnung in den asiatischen Erzeugerländern hat auch indirekte Auswirkungen auf die Sozialpolitik in den westlichen Ländern. Besonders in den angelsächsischen Ländern als auch in Deutschland hat diese den Boden zur Durchsetzung einer historisch beispiellosen Politik des Abbaus sozialer Errungenschaften bereitet. Niedriglöhne wurden schließlich auch hier salonfähig und ließen sich einseitig zulasten der Beschäftigten leichter durchsetzen. Begründet wurde dies immer mit Wettbewerbsargumenten. Ebenso ermöglichte die Globalisierung den Aufbau einer glaubwürdigen Drohkulisse in Bezug auf Abbau und Verlagerung von Arbeitsplätzen in den Industrieländern an andere Standorte mit besseren Rahmenbedingungen, was nichts anderes meinte als an Standorte, wo niedrigere Löhne gezahlt werden. Unter der Globalisierung haben somit nicht nur Beschäftigten in den Erzeugerländern zu leiden, sondern auch in den Industrieländern.

Massive Zunahme von Umweltbelastungen

Eine weitere Folge der Globalisierung und der Massenproduktion elektronischer Geräte aller Art ist der immense Rohstoffverbrauch. Viele dieser Rohstoffe sind seltene Metalle und Erden, die oft in Ländern der Dritten Welt in Afrika und Asien gefördert werden und dort oft unter Bedingungen abgebaut werden, welche internationale Sozial- und Umweltstandards verletzen. Ebenso wie bei der Produktion belasten bei Abbau und Förderung von Rohstoffen Schwermetalle und Chemikalien die Beschäftigten und die Umwelt. Durch stetige Zunahme der Massenproduktion und Verkürzung von Produktzyklen (vgl. Fraunhofer Institut) wächst auch der Anteil an ausrangierten Geräten. Das führt zu immer mehr Elektronikschrott, da es bislang noch keine ausgereiften Recyclingkonzepte gibt. Viele weggeworfene Computer und IT-Komponenten werden meistens illegal wieder in die Herstellerländer oder in afrikanischen Entwicklungsländern wie Ghana exportiert, wo sie unter höchst fragwürdigen Umständen recycelt oder endgelagert werden. Das schafft weitere Probleme für die dortige Natur, denn die Giftstoffe in den Geräten stellen eine tickende Zeitbombe dar, welche nicht nur die ohnehin spärlichen Grundwasservorkommen in diesen Ländern belasten. (vgl. Econitor)

Die Politik zementiert den Status Quo

Die Regierungen der westlichen Staaten neigen dazu die Augen vor den negativen Folgen der Globalisierung zu verschließen. Sie tendieren vielmehr dazu hier neue Chancen der Zusammenarbeit zwischen den westlichen Industrieländern und den aufstrebenden Schwellenländern zu sehen, die ihrer Meinung nach genutzt werden müssen. In der Konsequenz hat dies dazu geführt, dass die Beseitigung sozialer Missstände erst gar nicht thematisiert wird. Initiativen zum Schutze der Umwelt und der Reduzierung des CO2-Ausstoßes wie die Klimaschutzprotokolle, welche auf internationaler Ebene vorangetrieben werden, haben hier allenfalls den Charakter von Feigenblättern. Denn die aufstrebenden Schwellenländer (vgl. Bundeszentrale für Politische Bildung) sind von den Standards westlicher Industrieländer hinsichtlich der Grenzwerte noch meilenweit entfernt. Wirklich sinnvoll sind solche Beschlüsse aber nur, wenn sie weltweit durchsetzbar sind. Danach sieht es derzeit eher nicht aus.

Die Eigendynamik der Globalisierung

Am Beispiel der weltweiten Computerindustrie lässt sich sehr gut aufzeigen, dass es nicht der technische Fortschritt allein ist, der die Globalisierung vorantreibt, sondern vor allem manifeste wirtschaftliche Interessen von Unternehmen dahinter stehen, die auf diese Weise ihre variablen Kosten senken möchten, damit höhere Gewinne entstehen können. Dies führt zu einem Teufelskreis, der den Wettbewerb unter den Unternehmen stetig verschärft und gut bezahlte Arbeitsplätze in den Industrieländern vernichtet. Den Schwellenländern profitieren von dieser globalen Arbeitsteilung auch nur dann wirklich, wenn es gelingt, in diesen Ländern Sozialstandards einzuführen, die den Massen der Beschäftigten auch Nutzen bringen. Das beginnt bei der Altersversorgung, geht über die Bildungsmöglichkeiten bis hin zur medizinischen Versorgung. Um die negativen Auswirkungen der Globalisierung aufzufangen, bedürfte es entschiedener Anstrengungen seitens der Regierungen sowohl in den Industrieländern als auch in den Schwellenländern. Hier sind jedoch kaum ernsthafte Ansätze zu erkennen, am Status quo etwas verändern zu wollen. Diese Impulse können letztendlich nur von den Beschäftigten selbst oder von den Verbrauchern kommen. Ob das globalisierungskritische Bewusstsein inzwischen ausreicht, um hier mittelfristig Veränderungen herbeizuführen, ist nicht absehbar. Nach derzeitigem Erkenntnisstand dürften sich infolge der Globalisierung immer mehr Prozesse von den westlichen Industrieländern in die Schwellenländer verlagern mit der Folge, dass weiterhin gut bezahlte Arbeitsplätze durch Deindustrialisierung hierzulande vernichtet werden. Die Finanzkrise der Jahre 2008/2009 hatte deutlich gezeigt, wie fragil die Strukturen der globalen Finanzmärkte sind und Kettenreaktionen nur noch mithilfe massiver Staatsinterventionen per Bankenrettung verhindert werden können, damit nicht die gesamte Realwirtschaft mit in den Abgrund gerissen wird. Andernfalls wären fast alle Wertschöpfungsketten zum Erliegen gekommen, da die Abhängigkeiten zwischen den Unternehmen und der Zuliefererindustrie und deren Verflechtung mit global operierenden Finanzakteuren auf der anderen Seite derartige Ausmaße angenommen haben, dass infolge der Insolvenz einer Investmentbank in New York bereits ganze Industrien kurzzeitig lahmgelegt wurden.

Verwendete Literatur / Quellen:

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