[K] ProKöln in Kalk - Bericht und Fazit

Autonome aus Köln-Kalk 29.01.2012 18:29 Themen: Antifa Antirassismus Repression
90 RassistInnen auf Pro-Köln Demo durch Köln-Kalk +++ massives Polizeiaufgebot und großräumige Absperrung +++ Auseinandersetzungen zwischen Antifas und Polizei +++ Ganz Kalk hasst Pro Köln und die Polizei +++ Perspektive: Für die Organisierungsdebatte!

Bericht: Pro-Köln Demo unter massiven Polizeiaufgebot durchgesetzt

Am gestrigen Samstag, den 28.01.2011 marschierte das RassistInnen-Pack von Pro-Köln mit ca. 90 Menschen durch das als Links- und Alternativviertel geltende Köln-Kalk. Wie bereits im vergangenen November, beim letzten massiv gestörten Pro-Besuch in Kalk, riefen zahlreiche antifaschistische Gruppen/Initiativen sowie Kalker Stadtteilorganisationen zur Verhinderung des Aufmarsches auf.

Doch im Gegensatz zum letzen Besuch betrieben Kölner Politik und Presse diesmal Appeasement-Politik mit Pro Köln. Pro Köln – einst ein Vorzeigeprojekt des neuen Rechtspopulismus in Deutschland – ist mittlerweile so verkommen, dass selbst in Zeiten von Krise und permanenter Unzufriedenheit, dem Nährboden anderer europäischer Rechtsruck-Initiativen, ihr Politikansatz völlig fruchtlos beibt; ihre größte Kampagne beschränkt sich auf den lokalen Kampf gegen das Autonome Zentrum und „Linksextreme“. Diese Thematik beackern sie aber äußert penibel; nachdem vergangenen Monat durch antifaschistische Intervention die Pros nur eine peinliche Runde um die Kalker Post laufen durften, kündigten sie an, solange in Kalk Demos anzumelden, bis sie ihre gewünschte Route laufen. Dieser Bitte wurde nachgekommen, frei nach dem Motto: Lieber einmal laufen lassen und dann Ruhe als einmal im Monat Großeinsatz für 50 RassistInnen.

So kam es dann auch, dass die vor allem im Samstagsgeschäfte belebte und pulsierende Kalker Hauptstraße von einem landesweiten Großaufgebot der Polizei weiträumig abgesperrt wurde; Fahrzeuge wurden komplett umgeleitet, die Bürgersteige wurden durch Hamburger Gitter von der Straße getrennt. Dazu standen an sämtlichen Ecken 20er-30er Trupps HundertschaftspolizistInnen, es patroullierten Pferde- und Hundeführereinheiten, Hubschrauber kreisten über Kalk. In der Nähe des Autonomen Zentrums standen Wasserwerfer bereit. Der Stadtteil schien ausgestorben, nahezu alles was sich bewegte trug irgendwo die in Köln-Kalk nicht sonderlich beliebte Aufschrift „Polizei“. Einzelne AnwohnerInnen berichteten uns, dass Beamte sogar Türen zu Häusern, wo AntifaschistInnen vermutet wurden, bewachten und die Leute faktisch ohne Begründung unter Hausarrest stellten. Dazu wurde in Wohnungen hinein gefilmt.

An mehreren Stellen in Kalk gab es Protestkundgebungen. Die Anreise der Pro Köln-Busse wurde stellenweise durch kleinere Blockaden verzögert. Mehrere Kleingruppen durchbrachen teilweise lose Polizeiketten und setzten sich an wichtigen Knotenpunkten auf die Strasse, um die Demoroute einzunehmen. Doch das Polizeiaufgebot ging diesmal nicht zögerlich oder zimperlich vor, die Befehle waren klar: Blockierende wurden nach relativ kurzer Zeit, teilweise sehr brutal, weggetragen. Verusche, gegen die Absperrungen vorzugehen, wurden sofort geahndet. In diesem Zusammenhang wurde eine Person in Gewahrsam genommen. Etwas verzögert ging der Pro-Marsch, mit teilweise sehr billig zusammengezimmerten Schildern und den obligatorischen Deutschland-Fahnen, dann los. An vereinzelten Stellen gaben GegendemonstrantInnen ihrem Unmut Ausdruck, doch selbst am Hamburger Gitter und damit hinter den Absperrungen wurden die Leute von der Polizei teilweise wüst angegangen. Mit strahlenden Gesichtern erreichten die Pros dann die Kreuzung unmittelbar in der Nähe des Autonomen Zentrums und hielten ihre Abschlusskundgebung ab. Bei ihrem Antreffen in die Straße des AZs suchten einige Antifas, die sich in einer Stärke von ca. 200 am AZ versammelt haben, die direkte Konfrontation. Die Polizeikette wurde beworfen und angegriffen, was sofort mit Pfeffersprayschwaden und Schlägen beantwortet wurde. Danach beruhigte sich die Lage wieder und sichtlich erfreut verzogen sich die RassistInnen in ihre Busse zur Abreise. In Deutz, dem Abreisepunkt von Pro Köln, waren GegendemonstrantInnen vor Ort, doch auch hier hielt die Polizei ihre schützende Hand über den Pros.

Bilder: http://www.flickr.com/photos/strassenstriche/sets/72157629081081805/
Video: http://www.ksta.de/portal/videos/index.php?bcpid=14193513001&bclid=16601883001&bctid=1420145096001


Politisches Fazit

An diesem Tag war Köln-Kalk unter den gängigen Methoden des zivilen Ungehorsam nicht dicht zu machen, wie eine größere antifaschistische Kamapagne dieses sowie letztes Mal beworben hat. Die Polizei machte hatte den klaren Befehl, die Pros laufen zu lassen, um auf einen weiteren Einsatz in Kalk verzichten zu können. Völlig niedergeschlagen sind wir deshalb nicht, zumal wieder mehrere Hundert Antifas teilweise aus NRW anreisten und ein Großteil der AnwohnerInnen sich den Protesten anschloss. Es bleibt zu hoffen, so hören wir von Kalker AktivistInnen, dass Pro Köln sich tatsächlich etwas zurückzieht und wir unsere Ruhe von denen haben.

Dagegen haben wir natürlich nichts. Aber wie zuverlässig ist ein Versprechen von Pro Köln, und vor allem sind das Bedingungen, die wir als Antifa bzw. Linke & Autonome aus Köln und Kalk nirgends mitbestimmen. Wir befinden uns in einer reagierenden Position; auch wenn das letzte Auftauchen von Pro Köln und der Protest dagegen als Erfolg verbucht werden kann, sehen wir am vergangenen Samstag, dass wir auf bestimmte Handlungsräume von Politik und Polizei angewiesen sind. Mit anderen Worten: Blockaden und andere Protestaktionen gelingen, wenn gewisse Obrigkeiten uns gewisse Möglichkeiten auch lassen. Gestern war der Befehl klar und die Umstände andere; darauf fanden wir keine Antwort, sondern nur einzelne Aktionen bzw. diffuses Rumrennen, in Schwarz oder Bunt.

Perspektive: Aufruf zur Organisierungsdebatte

Das Problem sehen wir in Köln-Kalk etwas allgemeiner und nicht nur auf Pro Köln-Märsche bezogen. In diesem Stadtteil liegt eine Menge Potential. Das AZ ist ein maßgeblicher Faktor dafür, dass verschiedenste (meist junge) Menschen angesprochen und angezogen werden, sich kennenlernen, teilweise radikalisieren und sich in Bezugsgruppen organisieren. Das ist eine wichtige Basis, nicht zuletzt für die ganze Szene in Köln, allerdings in der Organisierungsfrage eben nicht zu Ende gedacht. Das AZ in Köln ist eben keine Organisation. Vieles an linksradikaler bzw. autonomer Praxis in Kalk, das zeigen die vergangenen Pro- bzw. Naziaufmärsche hier, geschieht vereinzelt, nebeneinander, für uns selbst teilweise überraschend und wenig bis gar nicht koordiniert. Fährt die Polizei dann mal so auf wie gestern, dann scheinen wir gelähmt, und (fast) niemand traut sich zur direkten Aktion, wenn sie mal nötig wird. Es finden nach solchen, lokalen Events keinerlei Auswertungs- oder Reflexionstreffen auf größeren, Bezugsgruppen übergreifendes Niveau statt – selbst wenn vereinzelt von Leuten einberufen, kommen meist nicht mal eine Handvoll.

Es wird Zeit, den großen Brei an Potential hier mal zu etwas Füllhaltigeres, Handlungsfähigeres zu verarbeiten. Wir fordern keine Einheitsfront, aber etwas Koordination. Wir wollen keine Partei, aber eine Vernetzung untereinander, einen Austausch und gemeinsame, strategische Diskussionen über den Status Quo hier. Vor allem wollen wir keinen Sumpf, sondern einen gemeinsamen Versuch, Verbindungen in den Stadtteil aufzubauen. Wir brauchen – mal wieder – den Klassiker: die Organisationsdebatte. Wo stehen wir? Was wollen wir? Wie können wir das erreichen?

Wir hoffen mit unserem Beitrag sehr, dass der xte Bericht zu irgendeiner Pro Köln-Scheiss mitsamt einem Fazit diesmal etwas mehr in Bewegung setzt, als bloßes Kopfschütteln. Wir hoffen, mit möglichst Vielen in die Diskussion einsteigen zu können, um die Handlungsmöglichkeiten in Kalk und ganz Köln steigern zu können.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Zusammen mehr erreichen...

...auch in Köln! 29.01.2012 - 20:43

Quatsch

Kalker 29.01.2012 - 21:26
Das das AZ ein signifikanter Faktor eines Politisierungsprozesses in Kalk sein könnte (oder war) sind doch reine Hirngespinste. Das AZ und viele Kalker Unterstützerinnen leben in einer Parallelwelt und wollen auch mit "Bürgern" (unabhängig ob als Beschäftigte, Erwerbslose oder Kiosbesitzer) Nichts zu tun haben. Das die Autorin zu diesem Paralleluniversum gehört läßt sich an ihrer/seiner Idee erkennen mensch könne in einem popeligen Stadtteil eine imaginierte millitante Linke gegen 2000(!) Bullen, Wasserwerfer, Räumfahrzeuge Hunde- und Pferdestaffeln in Auseinandersetzungen bringen. Es geht jetzt vielmehr darum die ungerichtete Wut im Stadtteil gegen die "millitärische Besetzung" in eine Wut gegen die Verantwortlichen zu richten. Die Kölner Polizeiführung und die (Kölner)Kalker Sozialdemokratie sind verantwortlich dafür, das den Faschisten von pro Köln "Rosen auf den Weg" gestreut wurde.
Bei Aufklärung und Propaganda können die von der Autorin gescholtenen Antifagruppen sicherlich Hilfe brauchen. Dazu wäre es aber notwendig sich aus der Parallelwelt in die Alltagswelt der Kalkerinnen zu begeben...

Verbalradikalität und Militanz

fff 30.01.2012 - 17:40

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige den folgenden Kommentar an

ja eben — auch Kalker