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Organisation und Programm

kamue 19.01.2012 16:53
Seit einigen Monaten diskutieren sozialrevolutionäre Kräfte aus verschiedenen Spektren in verschiedenen Städten sowohl in öffentlichen Veranstaltungen wie auch im Internet strömungsübergreifend Programm- und Organisationsfragen.
Fast täglich finden Warnstreiks und Protestumzüge von Belegschaften für den Erhalt von Arbeitsplätzen, für Lohnerhöhungen und „faire“ Entlohnungsbedingungen statt. Kurzum: Der zum normalen Geschäftsbetrieb des Kapitalismus gehörende immanente Kampf um den Preis der Ware Arbeitskraft und ihre Verwertungsbedingungen nimmt infolge der jüngsten Weltwirtschaftskrise augenscheinlich zu. Auffallend zudem noch: Es kämpfen zunehmend häufiger KollegInnen aus neuen Dienstleistungsberufen und dem Handel.

Innerhalb der von Lohnarbeit ausgeschlossenen Millionenmassen bildeten sich seit „Hartz IV“ zahllose lokale Zusammenschlüsse von Erwerbslosen und Prekarisierten, die bis hin zu breiten Bündnisaktion auf vielfältige Weise für ihre Wiederaufnahme ins Lohnarbeitsverhältnis kämpfen, ohne dabei das Lohnsystem selber in Frage zu stellen.

Daneben beschäftigen sich viele linke Gruppen bundesweit kontinuierlich mit der Antifa-Arbeit, mit Gender- und Ökologiefragen, wodurch es permanent zu öffentlichkeitswirksamen Interventionen kommt.

Unabhängig davon hat sich unter dem Label „Occupy“ ab September 2011 eine weltweite Bewegung herausgebildet, die sich gegen das Finanzkapital und ihr politisches Personal richtet. Seit dem kam es auch in der BRD unter diesem Label in Frankfurt, Berlin, Köln, Düsseldorf und anderen Städten zu Manifestationen, an denen zwischen 7.500 und 10.000 Menschen teilnahmen.

Die Occupy-Bewegung zieht ganz klassenunspezifisch viele Menschen an, denen die kapitalistischen Lebensverhältnisse schlichtweg zum Hals raushängen. Insofern wirkt diese Bewegung durch ihre Heterogenität anziehend auf die in bundesdeutschen Großstädten sich organisierende Basisbewegung gegen den kapitalistischen Stadtumbau. Auch die sozialen Träger der künftigen Proteste im Bildungs-, Schul- und Hochschulbereich, die sich wieder sporadisch gegen materielle Verschlechterungen, Leistungsdruck und die Lernorganisation wenden werden, gehören zu den sozialen Milieus, deren klassenmäßige Einordnung nicht mehr greift und die daher in der Occupy-Bewegung ein Vorbild sehen werden.

Diesen Bewegungen und den entlang der Lohnarbeit organisierten Kämpfen fehlt jedoch eine gemeinsame antikapitalistische Orientierung, die ihre Zersplitterung aufhebt und sie zu einer kontinuierlichen mit einander verbundenen Selbstorganisation zusammenschließt, die die notwendigen Tageskämpfe in der Perspektive der Aufhebung des Kapitalismus führt.

Ausgehend von dieser politischen Aufgabenstellung diskutieren seit einigen Monaten sozialrevolutionäre Kräften aus verschiedenen Spektren in verschiedenen Städten sowohl in öffentlichen Veranstaltungen wie auch im Internet strömungsübergreifend Programm- und Organisationsfragen. Hier stehen sich in der Frage von Organisation und Programm zwei Hauptlinien gegenüber, die folgendermaßen skizziert werden können:

a) Die eine Richtung will zunächst das linksradikale Zirkelwesen überwinden, um auf dieser Grundlage dann eine Politik der Einheit der Klassenlinken zu entfalten.
b) Die andere Richtung will sich direkt an diese sozialen Bewegungen wenden, um sie auf der Grundlage eines Aktionsprogramms zusammenzuschließen.

Beide Richtungen verfügen über eine Internetpräsenz:

a)  http://arschhoch.blogsport.de (Stichwort: neue antikapitalistische Organisation )
b)  http://marx-forum.de/diskussion/forum.php (Stichwort: Bochumer Programm)

Unter dem Titel: Das „Bochumer Programm“ – ein Vorschlag oder mehr? Werden zwei Programm-AutorInnen in Berlin am 22. 1. 2012 um 17 Uhr im Café Commune, Reichenberger Str. 157 darüber sprechen, wie sie den Zusammenhang von Programm und Organisation verstehen und welchen Stellenwert sie dabei ihrem Programm beimessen.

Wodurch sich beide Richtungen gegenüber den herkömmlichen linken Polit-Richtungen auszeichnen, ist zweifellos ihr distanziertes Verhältnis zu hierarchischen Strukturen und klassischen Avantgardeansprüchen. Im Grunde genommen geht es nicht nur um "Organisation und Programm" im engeren Sinne sondern auch um eine neue linke politische Kultur, die ihre Inhalte und Konturen aus den gegenwärtigen Verhältnissen ableitet.
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Ergänzungen

"Antihierarchisch"???

lachenderverlierer 20.01.2012 - 02:55
Die Diskutierenden zeichnen sich, so der Text, durch "ihr distanziertes Verhältnis zu hierarchischen Strukturen und klassischen Avantgardeansprüchen"?

Mir fiel bei der Lektüre der zentralen Diskussionsbeiträge auf, dass die meisten Diskutierenden deutliche leninistische oder trotzkistische Bezüge haben - einige sprechen es dankenswerter Weise offen aus, andere lassen sich durch ihre Geschichte klar zuordnen. Es handelt sich hier also keineswegs um undogmatische NeomarxistInnen mit starken antiautoritären Bezügen. Die ganze Debatte scheint einerseits von trotzkistisch/leninistischen Gruppierungen betrieben zu werden, die sich im Gegensatz zu ihren GenossInnen von der "Radikalen Linken" und deren gekaperten Parteiblatt "radikal" nicht zu einer klandestinen, sondern einer offenen Organisation zusammenfinden wollen. Andererseits ist es der Versuch trotzkistischer/leninistischer Gruppen, sich den "Postautonomen" BewegungsmanagerInnen von Avanti und IL zum Stelldichein anzudienen. Da letztere aber bisher zumindest publizistisch wenig Neigung zeigen, auf den Flirt einzugehen, wird es wohl eher bei einem rein trotzkistisch-leninistischen Organisationsversuch bleiben.

Das allein macht die Diskussion an sich nun für außenstehende nicht auf anhieb uninteressant, von "antihierarchisch" aber kann bei den verschiedenen leninistischen Strömungen (zu denen auch der Trotzkismus zu zählen ist) keine Rede sein. Dem Leninismus ist in seiner historischen Praxis wie seiner organisatorischen Struktur die Selbstbestimmung der Menschen (auch der RevolutionärInnen), ein Dorn im Auge, sobald sie nicht mit der Parteilinie kompatibel ist. Dann ist da noch die unrühmlichen Neigung (sie nennen es Taktik) insbesondere trotzkistischer Gruppen und Organisationen, sich der Täuschung und der Manipulation zu bedienen, um Andersdenkende zu beeinflussen und sie so für die eigenen, nicht offen und ehrlich dargstellten Ziele und Zusammenhänge zu gewinnen.

Angesichts dessen lässt eine Zusammenfassung wie diese, die den wahren Hintergrund der meisten Personen und Gruppen verschweigt, die sich bisher zu Wort gemeldet haben, wenig Gutes erahnen. Es wirkt eher, als hätten hier welche etwas zu verbergen. Nun gibt es zwar auch AktivistInnen, die sich vom Trotzkismus zugunsten emanzipatorischer Ansätzen ernsthaft losgesagt haben, allerdings war dies immer mit einer sichtbaren Kritik der autoritären Ideologien oder mit einer klaren Beschreibung emanzipatorischer Grundsätze, Strukturen, Organisationsmodelle, Taktiken und Strategien verbunden. Ein Merkmal, das allen in dieser Debatte beschriebenen Beiträgen abgeht ...

Ob die AutorInnen dieses Beitrags wohl kichern mussten, als sie jenen Satz schrieben? "Ey, guck mal, was ich geschrieben habe: Antihierarch-hihihi....."

P.S.: Ich kann leider nicht alle Beiträge aus der Debatte, die diese Einschätzung belegen, im Nachhinein zusammenstellen. Stattdessen begnüge ich mich mit einer kleinen Auswahl - wer die Muße hat, sich in die Debatte einzulesen, wird schnell feststellen, dass sie nicht tendenziös ist: Da ist z.B der Ausgangstext der Debatte, in dem sich die AutorInnen selbst als "linkssozialistisch/trotzkistisch sozialisiert" beschreiben und sich zum Organisationskonzept des "demokratischen Zentralismus", also dem von Lenin erarbeiteten und Trotzki leicht abgemilderten Entwurf hierarchischer Organisierung bekennen (was im übrigen in kaum einem Text dieser Debatte kritisiert wird); eine erste Antwort argumentiert bevorzugt mit Lenin; und die Stellungnahme des RSB kommt nicht von der Royal Bank of Scotland, sondern von einer trotzkistischen Minipartei. Zur Abwechslung - das erfrischt - mag mensch dem Stelldichein zwischen Linkspartei, Attac und IL/Avanti, genannt Thomas Seibert, zustimmen. Der schrieb zu dieser Organisationsdebatte: "'Bisher ist es immer mehr oder weniger in die Hose gegangen. Warum also sollte es 2011/2012 anders laufen?' fragt das 'na endlich'-Papier. Nach Durchsicht des versuchten 'Brückenschlags' von mehr-oder-minder-Trotzkismus und Bewegungslinker fällt die Antwort leicht: Ja, warum? Da sitzen die, die immer da sitzen. Lasst sie sitzen."

P.S.²: Nebenbei bemerkt wundert mich nicht wirklich, dass bei der Partnersuche gerade um Avanti geworben wird. Abgesehen davon, dass es sich momentan unbestritten um den wohl vielversprechendsten Ansatz einer "linksradikalen Massenorganisation" handelt, stehen sich die langjährig treibenden Kräfte bei Avanti (nennen wir sie um der Klarheit willen Kader) und die trotzkistischen Kleinstzirkel auch inhaltlich nah. Für diejenigen, die es noch nicht wussten oder schon vergessen haben: Avanti, das ist der - übrigens geschlossene - Organisationsversuch, der Ende der 80er/Anfang der 90er aus einer Kritik an der Organisationsfeindlichkeit der autonomen Bewegung den messerscharfen Schluss zog, dass aus organisationsfeindlich=antiautoritär nur folgen kann Organisation=autoritär. Konsequent haben die selbsternannten "Postautonomen" das leninistische Kaderkonzept wiederbelebt. Daran hat sich auch bis heute faktisch nichts geändert, nur der Name wurde sanft postmodernisiert: Im Jahre 2006 wurde die bisherige "überörtliche Leitung" von Avanti in "Strategiekomitee" umbenannt (nachzulesen in Avantis Grundsatzpapier). Vom ZK zur Leitung zum Strategiekomitee - Avantis Ausformung des Gremiums ist zwischen den jährlichen Vollversammlungen u.a. zuständig für ortsgruppenübergreifende taktische und strategische Grundsätze, die Koordination (postmodern für Organisation) der überregionalen Aktivitäten und die Vertretung der Organisation nach Aussen, in überregionalen Bündnissen, mit anderen Organisationen etc. Ein imperatives Mandat gibt es nicht, Delegierte sind faktisch Repräsentanten, nur klingt das postmodern schöner: "Alle Fragen sollen in erster Linie von denjenigen Genos-
sInnen entschieden werden, die mit der praktischen Umsetzung betraut sind" heisst es dazu in Avantis Grundsatzpapier. Es gäbe noch mehr Gemeinsamkeiten zu beschreiben, aber inzwischen lesen ja eh nur noch Avanti-Kader und TrotzkistInnen, also gönnen wir ihnen nun Ruhe ...

P.S.³: Die Reaktion "der Szene"?
ZISCH.
- War was?
- Noee, hier is alles ruhig.
...
BUMM.

Trotzkisten retten den Staat

doppel-a 20.01.2012 - 08:21
Die Zerschlagung der Montagsdemobewegung durch Linksruck und MLPD (Maos) dürfte den meisten noch in Erinnerung sein. Die Zerschlagung des Argentinischen Aufstandes durch Trotzkisten ist vielleicht nicht mehr so gegenwärtig. Es gab mal einen schönen Ausspruch von Trotzkisten: "was du nicht übernehmen kannst, zerstöre". Daraus wurde dann irgendwann "versuche eine Regierungspartei zu dominieren und zerstöre alle ausserparlamentarischen Bewegungen". Der Entrismus ist dabei nachwievor die Lieblingsstrategie.

Was will das Bochumer Programm?

Wal Buchenberg 20.01.2012 - 08:54
Immer noch herrschen Kapitalisten über ihre Unternehmen wie Könige. In Politik und Staat sorgen neben Lobbyarbeit und Bestechung die „ökonomischen Notwendigkeiten“ dafür, dass die Interessen der Kapitaleigner an erster Stelle stehen.
Im 20. Jahrhundert glaubten Sozialdemokraten und Kommunisten den Vertretungs-Staat für die Interessen der Mehrheit dienstbar machen zu können. Alle Hoffnung, die wir in diese sozialdemokratischen und kommunistischen „Interessenvertreter“ gesetzt hatten, wurde enttäuscht. Egal ob kapitalistische Manager, sozialdemokratische oder kommunistische Funktionäre „im Namen der Gesellschaft“ Entscheidungen trafen, immer wurde die Mehrheit von diesen Machthabern verplant und bevormundet.
Hier und heute steht nicht mehr zur Debatte, welche spezielle Minderheit für und über die Mehrheit plant und entscheidet. Hier und heute sind Schritte zur Emanzipation nur dort zu erreichen, wo Alle gemeinsam und direkt planen und entscheiden.

Unsere wichtigsten politischen Forderungen sind deshalb:
- Kommunalisierung und Demokratisierung von Energieversorgung, Lebensmittelversorgung und Transportwesen;
- Kommunalisierung und Demokratisierung des Bildungswesens. Einheitliche Ausbildung in Theorie und Praxis für Alle bis zum 18. Lebensjahr;

Durch Kommunalisierung wird die Verwaltung, Produktion und Verteilung möglichst vieler gesellschaftlicher Aufgaben auf lokaler Ebene organisiert. Durch Demokratisierung übernehmen alle Gesellschaftsmitglieder die unmittelbare Verantwortung und direkte Kontrolle über Gemeinschaftsaufgaben. Kommunalisierung und Demokratisierung gehören zusammen.

Außerdem fordern wir:
- Freiheit der Information, der Rede, der Versammlung und der Organisation;
- Abschaffung des Beamtentums;
- Trennung von Staat und Kirche. Abschaffung der Kirchensteuer;
- Abzug aller deutschen Soldaten aus dem Ausland.

Abschaffung der Lohnarbeit mittels Selbstverwaltung der Unternehmen durch die Werktätigen ist unser wichtigstes Ziel. Bis dahin treten wir unbedingt auch für Reformen ein, die zwar nur die Folgen der Lohnarbeit lindern, aber körperlichen und psychischen Ruin verhindern und uns und allen anderen die Zeit und die Fähigkeit geben, die Bedingungen unseres Lebens und unserer Arbeit zunehmend selbst zu gestalten.

Unsere wichtigsten gewerkschaftlichen Forderungen sind daher:
- Volle Selbstverwaltung der Sozialversicherungen durch die Versicherten;
- Informationsfreiheit. Zugang zu allen betrieblichen Daten für Unternehmensangehörige;
- Rede-, Organisations- und Streikfreiheit;
- Normalarbeitszeit 6 Stunden an 5 Wochentagen;
- Gleicher Lohn für gleiche Arbeit;
- Mindestlohn in Höhe von 50% des Durchschnittslohns (derzeit 21,42 Euro);
- Beschränkung der Nacht- und Schichtarbeit auf Betriebe, in denen sie aus technischen oder sozialen Gründen zwingend erforderlich ist. Über alle Abweichungen vom Normalarbeitstag entscheidet die Belegschaftsversammlung;
- Abschaffung der Hartz-Gesetze. Arbeitslosengeld für die Dauer der Arbeitslosigkeit;
- Rente mit 60;

September 2011.
Bernd, Don, Irmi, Jens, Kim, Martin, Peter, Robert, Seldon, Wal, Wat.

Siehe auch:  http://marx-forum.de/diskussion/forum_entry.php?id=6067

Gruß Wal

ad lachenderverlierer

skeptisch 20.01.2012 - 11:21
Am Ende des Artikels heißt es: "Wodurch sich beide Richtungen gegenüber den herkömmlichen linken Polit-Richtungen auszeichnen, ist zweifellos ihr distanziertes Verhältnis zu hierarchischen Strukturen und klassischen Avantgardeansprüchen. Im Grunde genommen geht es nicht nur um 'Organisation und Programm' im engeren Sinne sondern auch um eine neue linke politische Kultur, die ihre Inhalte und Konturen aus den gegenwärtigen Verhältnissen ableitet."

Der lachendeverlierer wendet dagegen ein: "Es handelt sich hier also keineswegs um undogmatische NeomarxistInnen mit starken antiautoritären Bezügen."


++ In der Debatte hat sich niemand (!) für "hierarchische Strukturen" ausgesprochen! Strittig ist der Grad der Verbindlickeit, der für notwendig angesehen wird, und die Frage, wie das Verhältnis zwischen (sicherlich wechselnden) Mehrheiten und Minderheiten in einer Organisation geregelt werden soll:
 http://arschhoch.blogsport.de/2011/11/13/k-7-e-org-charakter-innerorganisatorische-demokratie/
und
 http://arschhoch.blogsport.de/2011/12/14/nao-essentials/

Klar sollte meiner Meinung aber sein, daß ein "distanziertes Verhältnis zu hierarchischen Strukturen" nicht dasselbe ist, wie die "antiautoritäre" Ideologie großer Teile der StudentInnenbewegung von 1968 im Jahre 2012 wieder hervorzukramen.


++ Auch der Ausdruck "klassische Avantgardeansprüche" hat eine gewisse Unschärfe. Jedenfalls bildet sich in der Debatte keiner ein, daß allein dadurch, dass sich Leute "Avantgarde" NENNEN, sie es auch schon sind.
In der Tat strittig ist in der bisherigen Debatte, ob es ausreicht, einfach mit sozialen Bewegungen mitzuschwimmen, und ob diese irgendwann automatisch in eine Revolution münden, oder ob Revolutionen vielmehr eine organisierte theoretische und politische Arbeit und das Einbringen der dabei entwickelten Ideen in soziale Bewegungen erfordern.
Vgl. dazu die Kontroverse:
 http://arschhoch.blogsport.de/2011/11/21/was-spricht-eigentlich-gegen-lenins-parteitheorie/
vs.
 http://arschhoch.blogsport.de/2011/11/23/eine-kurze-kritik-am-leninschen-parteikonzept/

++ Lachenderverlierer, was meinst Du denn "undogmatische NeomarxistInnen". Magst Du vielleicht ein paar Beispiele nennen? Was unterscheidet denn Deiner Meinung nach "NeomarxistInnen" von "MarxistInnen"? Und sind Deiner Meinung nach alle "MarxistInnen" "dogmatisch" und alle "NeomarxistInnen" "undogmatisch"?


Das wirklich Problem der Debatte ist meiner Überzeugung nach dem letzten Satz des obigen Artikels angesprochen:

"Im Grunde genommen geht es nicht nur um 'Organisation und Programm' im engeren Sinne sondern auch um eine neue linke politische Kultur, die ihre Inhalte und Konturen aus den gegenwärtigen Verhältnissen ableitet."

Denn über eine Konkretisierung dieses Postulats wurde in der Debatte bisher kaum gesprochen, obwohl schon ziemlich zu Anfang dieser Debatte geschrieben wurde:

"Was m.E. eher dargelegt werden müßte, ist, was denn – bei aller kommunistischen Kritik und autonomen Selbstkritik – an Szene- und Bewegungs-Strukturen richtig bleibt. Es müßte m.E. also glaubhaft gezeigt werden, daß es bei dem vorgeschlagenen Projekt – anders als es jedenfalls faktisch bei den meisten K-Gruppen der 70er Jahre (mit teilweiser Ausnahme des KB und vielleicht auch der GIM) der Fall war – NICHT um ein ZURÜCK hinter ’68, SONDERN um ein über ’68 und auch über die sog. Neuen Sozialen Bewegungen der 80er und auch über die eher theoretischen als politischen Innovationen der 90er Jahre in Sachen De-Konstruktivismus (vgl. 1 und 2) usw. HINAUS geht."

"Erfolgreiche Politik benötigt auch ein entsprechendes lebensweltliches Umfeld. Und genau daran fehlte es den K-Gruppen der 70er Jahre weitgehend, während es SPD und KPD bis zum NS in Form von Arbeiter(Innen)bildungs- und Sportbewegung sowie später Spontis der 70er sowie Autonome und Grüne der 80er Jahre in Form des Alternativ-Mileu und der Projekte-Szene hatten.
Daraus ergibt sich die zentrale Frage: Was heißt das für die neoliberalen Bedingungen, wo es
- weder mehr die starke kulturelle Polarität Bourgeoisie – Proletariat, sondern sowohl eine Globalisierung/Universalisierung kultureller Stile als auch deren gleichzeitige massive Pluralisierung/Ausdifferenzierung gibt,
- noch mehr das sozialstaatliche Rückgrat 'Staatsknete' der 70er und 80er Jahre?"
( http://www.trend.infopartisan.net/trd0611/t030611.html)


PS.:
Zur Kritik des Bochumer Programm-Entwurfes:
 http://arschhoch.blogsport.de/2011/10/21/fuer-organisierung-mit-revolutionaerer-perspektive/
und
 http://arschhoch.blogsport.de/2011/11/21/fuer-eine-neue-internationale-arbeiterassoziation-oder-fuer-einen-bund-der-revolutionaerinnen/

20 Kontroverse in der bisherigen Debatte:
 http://arschhoch.blogsport.de/about/20-kontroversen/

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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ballaballa-blabla

red 20.01.2012 - 00:26
all we need is an ice axe.

TROTZKISTEN?

FISTEN! 20.01.2012 - 00:27
... mit Hammer, Sichel und Gewehr!

Orgastrucktur Utopie

Bäuerle 22.01.2012 - 18:21
Eine revolutionäre Organisationsstrucktur sollte die herrschende kapitalistische an Transparenz, Demokratie und Effezienz übertreffen.
Meine Ideen hierzu:

-Montags tagt der Betriebsrat und der Kommunalrat, debattiert Vorschläge die aus "übergeordnten" Räten eingebracht wurden und stimmt demoktatisch mehrheitlich oder im Konsens (je nach Selbstverständnis und unter der Wahrung der kommunalen Autonomie) ab.
Die Ja- und Neinstimmen und Themen welche über den kommunalen Ramen hinausgehen (Handelsabkommen, gemeinsame Gesetzesabkommen etc.) werden von jeweils eina Delegierta für die Ja- und Neinstimmen, bzw. Thema, an den nächst übergeordneten Rat weitergetragen.

-Diestags tagt der Regionalrat. Dieser stimmt über regionale Angelegenheiten ab und entsendet die delegierten in den

-Mitwochs tagenden Landrat. Dieser entsendet in den
-Donnerstäglichen National bzw. Bundesrat.
-Freitag: Kontinentalrat
-Samstag: Interkontinentalrat
-Sonntag: Frei

Sinnvoll ist es in der darauffolgenden Woche von hinten anzufangen, sprich: Montags Interkontinentalrat, Dienstags Kontinentalrat, Mittwochs Nationalrat, Donnerstags Landrat, Freitags Regionalrat, Samstags Kommunalrat.
Dies gewährleistet das die Infos nie länger als zwei Wochen brauchen um zwischenmenschlich (medienunabhängig) unter den Räten zu kursieren.