[HB] Protest gegen Exzellenzinitiative

Nikita Imba 18.01.2012 21:45 Themen: Bildung Globalisierung Soziale Kämpfe
In Begleitung einer Samba-Band, mit Luftschlangen, Tröten und Konfetti, gelang es etwa 50 Studierende die Vorstellung des Zukunftskonzeptes der Unileitung im Rahmen der Exzellenzinitiative am Dienstag den 17.01 zu stören.
Die Uni Bremen hat sich für die Exzellenzinitiative, einem bundesweiten Wettbewerb zur Förderung universitärer Forschung, beworben und steht nun in der Endrunde. Um sich von dem elitären Zukunftskonzept der Uni zu überzeugen, traf eine Delegation mit teilweise Dekan_innen von international hochrenommierten Universitäten, am Abend des 16.01 auf dem Campus der Uni Bremen ein.

In Begleitung einer Samba-Band, mit Luftschlangen, Tröten und Konfetti, gelang es etwa 50 Studierende die Vorstellung des Zukunftskonzeptes der Unileitung am Dienstag den 17.01 zu stören. Neben der gemeinsamen Kommission von Wissenschaftsrat und Deutscher Forschungsgemeinschaft (DFG) war auch die Bremer Wissenschaftssenatorin Jürgens-Pieper anwesend.

Da der Haupteingang des Gebäudes von zwei, für die Exzellenzbegehung extra engagierten Wachleuten versperrt war, nahmen die Studierenden einen der Hintereingänge und gelangten so ohne weitere Probleme zum Konferenzsaal. Mit Sprechchören wie „Elite-Uni, ha ha ha! Bildung ist für alle da!“ und Trommelschlägen unterbrachen sie die auf zwanzig Minuten angelegte Präsentation für mindestens 15 Minuten. Der Aufforderung Jürgens-Pieper, doch mit dem Krach aufzuhören und mit ihr zu verhandeln, folgten die Studierenden nicht. Stattdessen taten sie unter anderem durch einen kurzen Redebeitrag kund, was sie von der Exzellenzinitiative halten. Sie kritisierten die Konzentration der Universitäten auf Forschung und die gleichzeitige qualitative Vernachlässigung der Lehre sowie die Privatisierung der Bildungs- und Wissenschaftslandschaft „Wir sind gekommen um gegen den Bau von Forschungsleuchtürmen in einer Bildungswüste zu protestieren! Sie ist neben dem Bologna-Prozess und der Einführung von Bachelor und Master, sowie der zunehmenden Drittmitteleinwerbung Teil der neoliberalen Umstrukturierung des Bildungswesens. Die Exzellenzinitiative mit ihren Eliteuniversitäten ist dabei nur Ausdruck der kapitalistischen Verwertungslogik - Bildung und Forschung als Standortfaktor verkommen zunehmend zu käuflicher und verkaufbarer Ware. Das betreiben kritische und unabhängiger Wissenschaft ist in einem Rahmen, in dem es ausschließlich um Reputation des Forschungsinstituts und der Zusammenarbeit mit Drittmittelgeber_innen aus Industrie und Wirtschaft geht, nicht mehr möglich. Wir fordern nicht nur ein Umdenken in der Bildungs- und Wissenschaftspolitik, sondern eine ganz andere Gesellschaft! Eine Gesellschaft, in der nicht Streben nach Profit und Leistung im Vordergrund steht, sondern eine, in der jede_r nach seinen Bedürfnissen leben kann. Für eine solidarische Gesellschaft! Alles für alle!“

Die Gäste und Teilnehmer_innen der universitären Präsentation begegneten dem Protest mit Unverständnis, Empörung und Wut. Rufe wie „ „Es geht hier um 50 Millionen, gehen Sie weg“ , „Wegen ihrer Aktion verlieren ihre Kommilitonen Studienplätze“ und „Wie sollen wir das nur rechtfertigen?“ wurden den Protestierenden entgegen gehalten.Die zwei vom Haupteingang herbeigeeilten Wachleute verhinderten der Samba-Band letztendlich den Zutritt zum Konferenzsaal, erteilten Hausverbote und wurden handgreiflich. Darüber hinaus forderten sie bei der Polizei Verstärkung an. Diese traf allerdings erst ein, nachdem die Protestaktion beendet war und die Studierenden das Gebäude wieder verlassen hatten.

Doch nicht nur Studierenden wurde die Teilnahme an der uni-öffentlichen Präsentation der Unileitung verweigert. Dem Fotografen von der taz wurde mit der Begründung „Die sind gerade richtig sauer. Da drinnen ist gerade eine scheiß Stimmung“ zuerst der Zugang verwehrt, später durfte er aber in Begleitung des Konrektors für Forschung für ca. eine Minute den Raum erneut betreten.

Nachdem abgestatteten Besuch, verteilten die Protestierenden noch ihre letzten Flugblätter vor der Mensa und informierten über die gegenwärtige Exzellenzbegehung. Alles in allem, eine sehr gelungene Protestaktion.
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Ergänzungen

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anton 20.01.2012 - 10:10
Wie ich hörte, habt ihr den Redebeitrag auf deutsch gehalten. Das war bei einer international besetzten Gruppe von Gutachterinnen und Gutachtern sicherlich nicht die klügste Entscheidung. So war es nämlich jemandem von der Uni-Leitung vergönnt, den teilnehmenden Personen zu erklären, was ihr eigentlich wolltet. Wer also die berechtigte Kritik an diesem Exzellenzzirkus vorträgt, sollte sich besser vorbereiten.

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Coole Aktion :D

b. w. gung 18.01.2012 - 23:15
"Wir fordern nicht nur ein Umdenken in der Bildungs- und Wissenschaftspolitik, sondern eine ganz andere Gesellschaft! Eine Gesellschaft, in der nicht Streben nach Profit und Leistung im Vordergrund steht, sondern eine, in der jede_r nach seinen Bedürfnissen leben kann."

Schön, dass es mal jemand ausspricht. Solche radikalen Positionen werden auf Bildungsprotesten viel zu selten aufgemacht. Und wenn, dann hängen sie meist ziemlich unvermittelt in der Luft herum.
Das ist leider auch hier ein wenig der Fall. Wohl, weil oft die Zeit oder die Geduld fehlt, die oben angerissene radikale Position weiter zu entwickeln und zu erläutern: Wie erklären wir uns die gegenwärtigen Entwicklungen? Was passt uns konkret nicht an Lehre und Forschung? Wie stellen wir uns die ideale Universität vor? Wie können bzw wollen wir unsere Ziele erreichen?

Fette props und macht weiter!

solidarische grüße, b.