Occupy - Kritik und Perspektive

lesender arbeiter 09.12.2011 17:20 Themen: Antirassismus Globalisierung Soziale Kämpfe Weltweit
Ist die Occupy-Bewegung wirklich der Beginn einer neuen sozialen Bewegung, wie auch manche in der außerparlamentarischen Linken hoffen? Diese Frage wurde im Berliner Stadtteilladen Zielona Gora auf Einladung der Internationalen Kommunist_innen kontrovers diskutiert.
Zu Beginn formulierte ein Vertreter der einladenden Gruppe einige Thesen zur Occupy-Bewegung. Er analysierte sie als Protestform der durch die aktuellen Regulationsphasen des Kapitalismus vereinzelten Menschen. Wie am Arbeitsplatz, im Jobcenter, in den Unis und im Alltag würde auch beim Protest statt kollektiver Widerstand die Haltung der Ich-AG geprobt. Das zeige sich daran, dass jede/r nur für sich selber sprechen soll. Nicht nur, was verständlich ist, Mitglieder von Parteien und großen Verbänden, sondern auch von selbstbestimmten Kollektiven, wie Erwerbslosengruppen etc. dürfen nur in eigener Person sprechen. Damit aber würden kollektive Organisierungsprozesse verhindert. Am Beispiel der Zeitgeist-Bewegung, die zeitweise in Teile der Occupy-Bewegung intervenierte zeigte der Referent der Internationalen Kommunist_innen auf, dass solche Ablehnung kollektiver Organisierungs- und Lernprozesse auch Bewegungen anlockt, die Bankenkritik mit Verschwörungstheorien zum Anschlag vom 11.09. in den USA verbinden. Der Referent machte aber auch deutlich, dass es falsch ist, die Aktivist_innen als von Zeitgeist und ähnlichen Bewegungen gesteuert hinzustellen. Die fehlenden oder mangelhaft entwickelten sozialen Bewegungen machen es einer Occupy-Bewegung schwer, an konkreten Kämpfen anzuknüpfen. Es gibt wenige Ausnahmen, wie die Kooperation von Occupy-Berlin mit den Streikenden von CFM-Charite, die die Bewegung mit sozialen Themen konfrontieren. Der Referent betonte, dass Streiks natürlich auch immer für begrenzte Ziele geführt würden. Dort aber würden konkrete Organisierungsprozesse erreicht und die Aktivist_innen machen dadurch Erfahrungen über Staat, Kapital und Nation.
Eine ähnliche Kritik formulierte der Referent von Theorie, Organisation, Praxis (TOP-Berlin). Er kritisierte vor allem den Occupy-Slogan von den 99 % als Zeichen einer fehlenden Staats- und Kapitalismusanalyse. Ein Staat, in dem 1 % über 99 % könnte nicht lange bestehen, so seine Einschätzung. Allerdings sah er in der Occupy-Bewegung die Funktion eines Türöffners für eine neue Kapitalismuskritik. Allerdings müsse die Kritik auch die Occupy-Bewegung selber mit einbeziehen.

Feministischer Widerstand in Italien gegen Berlusconi und Co


Anna von der Interventionistischen Linken (IL) und der Journalist Ralf Hutter berichteten über die sozialen Proteste in zwei europäischen Ländern, in denen die sozialen Kämpfe wesentlich ausgeprägter als in Deutschland sind. Anna ging auf die Protestbewegung in Italien ein, an der sich Migrant_innen und Feministinnen besonders beteiligten. Sie skizzierte das Gesellschafts- und Frauenbild des rechten Blocks um Berlusconi, das die Familie in den Mittelpunkt stelle. Dagegen hatten sich Frauen in einen eigenen Bündnis seit mehr als einen Jahr zunehmend organisiert. Anders als die gemischten Bündnisse blieb das Frauenbündnis auch von Spaltungen verschont, wie sie nach den teilweise militanten Protesten im Sommer in Rom zu verzeichnen waren. Der 13.Februar 2011 war der Beginn dieser feministischen Mobilisierung, die auch nach den Rücktritt von Berlusconi ihre Fortsetzung findet. Für den 11. Dezember sind bereits erneut italienweite Proteste geplant.


Verbindung mit der Bewegung gegen Häuserräumungen

Ralf Hutter hatte sich längere Zeit bei der sozialen Bewegung in Spanien aufgehalten, die von der Presse schnell mit den Namen „Empörte“ gelabelt wurde. Die Bewegung habe sich in der Regel nicht so genannt, genau so sei auch der Begriff „Occupy“ vor allem eine Medienzuschreibung, erklärte Hutter. Dieser These wurde aber von Aktivist_innen von Occupy-Berlin widersprochen. Allerdings musste schließlich offen bleiben, wann von einer Bewegung gesprochen werden kann, Bei 100, 300 oder 2000 Menschen? In Spanien zumindest haben die Empörten nach der Räumung der Zeltstätten gezeigt, dass sie eine gewisse Verankerung haben. Sie haben sich mit der Bewegung gegen Wohnungs- und Häuserräumung verbündet. Die gibt es in Spanien schon lange und einige ihrer Vertreter_innen hatten am Roten Abend am 3.10. 2007 im Rahmen der Internationalen Kampagne für das Wohnen gegen Zwangsräumung gemeinsam mit der Bewegung gegen Zwangsumzüge nach Hartz IV im Zielona Gora über ihre Arbeit berichtet ( http://interkomm.so36.net/archiv/archivbis2009.php).
Im Zuge der aktuellen Wirtschaftskrise hat sich das Problem der Wohnungsräumungen und auch der Protest in dagegen in Spanien enorm aktualisiert. Da in Spanien ein Großteil der Bevölkerung in eigenen kreditfinanzierten Wohnungen lebt, droht schnell der Rauswurf, wenn sie wegen Erwerbslosigkeit die Kredite nicht mehr bedienen können. Trotzdem müssen die Geräumten die Hypotheken weiterbezahlen und bleiben so als Obdachlose auf einen Schuldenberg sitzen. Dass sorgt für Empörung und hat die Occupy-Bewegung und der Bewegung gegen Häuserräumungen enormen Zulauf. Allerdings nimmt auch die Repression zu, täglich werden besetzte Gebäude geräumt.
Kritik und Zustimmung
Im Anschluss an die Referate gab es eine lebhafte Diskussion mit dem zahlreich erschienenen Publikum. Dabei wurde auch von Aktivist_innen von Occupy-Berlin zuerkannt, dass einige der Kritikpunkte stimmen, allerdings auch manche Verzerrungen gerügt. Es gab auch den Vorwurf, dass die Referent_innen sich nicht in der Occuppy-Bewegung einbringen. Das stimmt allerdings nur teilweise. Außerdem ist eine gewisse Distanz für eine Kritik der Bewegung sogar förderlich. Am Ende macht ein Mitglied der Internationalen Kommunist_innen auf ein verbreitetes Missverständnis aufmerksam. Kritik ist selber ein Teil der theoretischen Praxis und ist keineswegs negativ. Im Gegenteil, ist eine linke Kritik an Bewegungen das beste was sie zu bieten hat. In diesen Sinn war die Veranstaltung auch als Beitrag für eine Kritik an Kapital, Staat und Nation gedacht, die auch eine Menge praktischer Praxis bedürfen. Dazu könnte schon in den nächsten Monaten eine geplante bundesweite Demonstration in Frankfurt/Main dienen, die auch die Rolle der EZB und der deutschen Politik in den Mittelpunkt stellt.










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