(HH) Arroganz der Macht - SPD & Wagenplätze

Schreiber 26.11.2011 17:48 Themen: Freiräume Kultur Soziale Kämpfe
Die „Freie und Hansestadt Hamburg“ zu Wagenplätzen und alternativen Lebensformen. Über den Wagenplatz Zomia und den einjährigen Konflikt um die Akzeptanz anderer Wohnvorstellungen.
Der Wagenplatz Zomia hat zugesagt unter der Vorrausetzung, dass gemeinsam diskutierte Bedingungen eingehalten werden, innerhalb einer Woche einen Umzug an den Holstenkamp abgeschlossen zu haben. Diese Bedingungen umfassen unter anderem die Nutzung von Räumen und Sanitäranlagen im Haus 4 am Holstenkamp, die wohlwollende Prüfung und Suche von längerfristigen alternativen Standorten analog des Konzeptes der Wagengruppe seitens des Bezirksamtes, sowie die Beteiligung einer Vertrauensperson in den Prozess der Flächensuche.
Die Fläche am Holstenkamp eignet sich aus verschiedenen Gründen nicht für eine dauerhafte Lösung: Unter anderem ist sie zu klein und im nächsten Jahr werden dort mindestens zwei neue Gebäude entstehen.

Freitag, 25.11. 2011: Showdown im Altonaer Rathaus:
Der Senat(SPD) meldete sich endlich und zwar als „Die Freie und Hansestadt Hamburg“ zu Wort. Diese ließ gestern ihre Ansage verlesen: Zomia muss sich unverzüglich bis sofort am Holstenkamp einfinden, sonst würde in ganz Hamburg keine Fläche mehr geprüft und kein Gespräch mit der Wagengruppe mehr geführt werden. Der politisch konstruierte Druck durch die in Wilhelmsburg von Markus Schreiber (SPD) bereits operational vorbereitete Räumung wurde in den letzten Wochen passend unterstützt durch immer neue Ultimaten aus dem Bezirk Altona (SPD-GAL). Dies obwohl auch von seiten dieses Bezirks bislang keine geeignete Lösung gefunden wurde. Würde die Altonaer Landesgrenze nicht innerhalb des verhängten Ultimatums überfahren, stünde Altona nicht mehr für Gespräche bereit. Dass ein Zusammenhang oder gar gewisse wechselseitige Beziehungen der in der Hauptsache SPD-regierten Bezirke und dem SPD-Senat bestehen, wurde bis zum Schluss verneint.

Ein in den letzten Tagen verfolgter Kompromiss, wenn schon eine Übergangsfläche, dann wenigstens ein anderes Umzugsziel statt des Holstenkamps zu finden, wurde so kategorisch abgewürgt. Mindestens fünf konkrete Flächen werden gerade von einzelnen Personen des öffentlichen Lebens und der Politik konkret in Gesprächen abgetastet. Erste positive Signale liegen auch der Altonaer Politik vor. Dennoch wurde ein Vorschlag Zomias, wenigstens bis kommenden Montag die Ergebnisse der in Altona endlich angestoßenen Gespräche abzuwarten bevor ein Umzug begonnen würde, abgelehnt. Und das obgleich Zomia einwilligte, lägen am Montag keine Ergebnisse vor, an den Holstenkamp zu gehen. Stattdessen stellte Zomia heute fest, dass sogar vorher gemachte Zusagen für den Holstenkamp nicht der Wahrheit entsprechen:

Zugesagt? Dann ist uns jetzt alles egal...? Nicht mal ein Klo...
Nachdem die Wagengruppe dieses Angebot für einen sechsten Wagenplatz in Hamburg angenommen hatte, wurden auch im Vorfeld gemachte Zusagen für diesen Standort zurückgezogen: Unter anderem soll ein leerstehendes Haus inklusive seiner sanitären Anlagen nun doch nicht zur Verfügung obwohl dies von Mark Classen (SPD-Altona)im Vorfeld zugesichert wurde. Das diese und andere Versprechungen jeglicher Grundlage entbehren stellte Kersten Albers (stellv. Bezirksamtsleiter Altona) heute klar: Aus technischen Gründen sei die sofortige Benutzung des Hauses gar nicht möglich.

Langfristige Lösungen...
Auf dieser Grundlage stellen wir in Frage, wie die an einer echten Lösung in Altona interessierten Menschen Erfolg haben können. Die Suche von öffentlichen als auch privaten Flächen kann durch politischen Einfluss sowie behördliche Zustimmung forciert, erleichtert oder auch behindert werden. Obwohl für die Transparenz der Suche nach einer längerfristigen Lösung im Gespräch vereinbart wurde, nicht nur eine Vertrauensperson (Antje Möller, GAL) in die Flächensuchen zu integrieren, sondern auch einen fraktionsübergreifenden regelmäßigen Runden Tisch zu installieren, scheint sich dies heute schon wieder geändert zu haben: „Die BSU“ würde die Flächensuche nun übernehmen“, hieß es heute morgen nach einer Information aus einem anderen Bezirk. Uns jedoch wurde davon nichts mitgeteilt. Die Suche nach einem Wagenplatz ist eine Ermessenssache. Es ist fraglich, wie unter den genannten Vorzeichen eine längerfristige Lösung gefunden werden soll.

Was bleibt:

Ein sechster Wagenplatz in Hamburg!
Dies schien vor einem Jahr und nach den Wagenplatzräumungen der 2000er Jahre unmöglich.
Hierfür war über ein Jahr politische Arbeit, viele Demonstrationen, die Unterstützung und Solidarität von zahllosen Menschen notwendig. Wir fordern nach wie vor, dass Wagengesetz abzuschaffen und/oder den vorhandenen Ermessensspielraum einen Wagenplatz auf Antrag einfach zu genehmigen in Hamburg zu nutzen. Dafür ist ein politischer Wille notwendig, Wagenleben als EINE legitime Lebensform in Hamburg zu akzeptieren und auch als Teil einer lebenswerten Stadt zu begreifen. Wagenleben steht scheinbar eine generelle Haltung entgegen. Auch in der ökonomischen Verwertungskonkurrenz kann ein Wagenplatz nicht mithalten. Was kann das für einen siebten Wagenplatz in Hamburg bedeuten?

Keine Räumung für Markus Schreiber ...
Von Anfang an wild darauf war Markus Schreiber, seine persönliche Haltung gegen Wagenplätze ohne Kompromisse mit einer Räumung auszuleben. Jedes Wagenleben in „seinem“ Bezirk mit Vollstreckungsgewalt auszumerzen, ob auf Plätzen oder am Straßenrand sei kategorisch, seine Haltung gegenüber Wagenleben, so Schreiber gegenüber Zomia. Scheinbar
kann (oder will?) weder ein Olaf Scholz noch eine weltoffene „Freie und Hansestadt Hamburg“ ihn stoppen. Zumindest eine Wagenplatzräumung bekommt Schreiber nicht.

...und eine leere Brachfläche
Während es in Altona auch bei wohlwollender Suche tatsächlich schwierig ist eine Fläche zu finden, die nicht bereits verplant ist, wird Zomias aktueller Standort in den kommenden Jahren nicht verplant oder genutzt werden. Auch andere Flächen in Wilhelmsburg wurden nicht mal in Erwägung gezogen. Was dort bleibt: eine leere Brachfläche, ohne direkte
Nachbarschaft, von einem Gebüsch abgeschirmt, von der BSU mehrfach als geeignet geprüft - in einem Viertel, das durch Kontakte, Nachbar_innen, Freund_innen und gemeinsam gelebte Geschichte Lebensmittelpunkt der Zomianer_innen ist.

 http://zomia.blogsport.eu
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Ergänzungen

frage

ott 28.11.2011 - 19:39
Aber man sollte doch eines sehen. Diese Fläche war für ein Obdachlosenheim reserviert. Jetzt locken die Verantwortlichen der Stadt Zomia auf diese Fläche. Das hat aber einen Hintergrund, nämlich. Wagenplätze sind ähnlich wie die Obdachlosnen. Was ist wenn keine andere Fläche gefunden wird? Kann dann das Obdochlosenheim trotzdem dort gebaut werden?

Ich finde es unanständig, wenn eine kleine Gruppe, den Wächsten auch noch so ein Heim wegnehmen. Der Schreiber gehört an den Pranger, weil er den Bürokratie höher stellt, als den Menschen.

Natürlich gibt es das persönlich Schicksal der Zomia Leute. Aber wieviel Leute in Hamburg werden in die letzten Ecken geschoben, um nicht obdachlos zu werden. Solange Zomia keine antikapitalistische Haltung formuliert, sind das meiner Meinung auch nur isolierte Kämpfe, die nichts mit allen Hamburgern zu tun haben. Entweder einer für alle und alle für einen. Oder jeder für sich!

Noch ist Zeit Forderungen zu stellen. Diese sollten sein:

1.) Definitiv nur eine temporäre Lösung am Holstenkamp annehmen.
2.) Das Obdachlosenheim muss weiter geplant werden.
3.) Das Gesetz zur Vernichtung selbstbestimmter Wohnformen muss als Demo angegangen werden, indem sich alle Gruppen solidarisieren

Wenn es nur um Zomia geht, dann habt ihr verloren!

Druck auf der Straße?

Uh-Ah-Altona! 30.11.2011 - 15:40
Schließe mich den Ansichten von Ott weitestgehend an.
Neben dem Aktionstag im 17.12. wäre es auch mehr als sinnvoll, weiter Druck auf der Straße zu erzeugen. Was ist z. B. mit Kundgebungen und Demos in Altona? Z.B. vorm Altonaer Rathaus und der SPD Zentrale in der Max-Brauer-Allee, bzw. dem Sitz der GRÜNEN in Altona?
Gerade das Verhalten der SPD, allen voran von Typen wie Classen, muss thematisiert werden. Gerade auch, wie sie (erfolgreich?) versuchen, Schreiber aus der Schusslinie zu nehmen...

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Eigentor? — skeptisch

@skeptisch — egal

Erst einknicken dann jammern... — muss mal gesagt sein

@m — schwach

@muß mal gesagt werden — zeitwahrnehmung

@plänk — ---

@plänk — norderstedter

So, oder so? — Bea L.

wagenplätze — in hamburg

frage — Lisa

Hunderwasserhaus — hundert