Ratzeburg (SH) Kundgebung gegen Polizeigewalt

UnterstützerInnen 14.11.2011 11:17 Themen: Antifa Freiräume Repression
Am Samstag, dem 12.11.2011, fanden sich um 11 Uhr ca. 30 Menschen am Ratzeburger Marktplatz zusammen, um gemeinsam ein entschiedenes Zeichen gegen Polizeigewalt zu setzen.
Vorangegangen war ein Vorfall, bei dem ein 16-Jähriger brutal von der Polizei sowohl psychisch als auch physisch misshandelt wurde (s. Indymedia-Artikel  http://de.indymedia.org/2011/11/319443.shtml). Dies wurde von den lokalen Medien heruntergespielt, was natürlich ganz im Sinne der Polizei liegen dürfte. Für uns als emanzipatorische Menschen ist es jedoch selbstverständlich, dass dieser Vorfall weder ignoriert noch vergessen werden darf und dass es nicht sein kann, dass die Polizei agiert, wie sie will, ohne jegliche Konsequenzen zu spüren. Menschenverachtendes, brutales und schikanöses Verhalten kann nicht geduldet werden, nur weil die TäterInnen im Schutze der „Staatsmacht“ scheinbar jeglicher Kritik entzogen sind. Im Folgenden dokumentieren wir den Verlauf der Kundgebung.
Bereits nach einer halben Stunde erschien der erste Streifenwagen. Die Ansprechversuche der beiden Beamten wurden zunächst komplett ignoriert, was für einen der beiden Grund genug war, einen mündlichen Platzverweis zu erteilen, da die Teilnehmer sich in seinen Augen aufgrund der überwiegend schwarzen Kleidung vorsätzlich zusammengefunden hätten. Leider, so der Polizist, könne er jedoch nicht einschätzen, ob dies eine linke oder rechte Versammlung sei. Hiernach entfernten sich die Polizisten zu ihrem Wagen und begannen von dort, sowohl die TeilnehmerInnen als auch die durch Presseausweise deutlich zu erkennenden Journalisten abzufotografieren. Um der polizeilichen Repressalie zu entgehen und um doch noch die Öffentlichkeit erreichen zu können und somit das Ziel dieser Kundgebung zu verfolgen, fand sich schlussendlich ein Anmelder. Die Beamten reagierten hierauf jedoch zuerst ablehnend. In ihrer Argumentation könne diese Versammlung nicht als spontan angesehen werden, da sowohl die Transparente als auch die „einheitliche“ Kleidung für eine geplante Aktion sprächen. Als Beispiel wurde hierbei nun von einem Polizisten ein besonders vergleichbares Szenario entgegengestellt: Spontan sei eine Kundgebung dann, wenn beispielsweise in einer 30er-Zone ein Kind überfahren würde und sich daraufhin empörte BürgerInnen dort versammeln würden. Man darf sich fragen, welch weitere solch kruder Gedankengänge sich noch in diesem Kopfe abspielen.
Zuletzt wurde die Anmeldung jedoch erlaubt, um eine in den Augen der Polizei deeskalierende Strategie zu verfolgen. Es wurde den TeilnehmerInnen „gestattet“, sich auf dem Marktplatz als Kundgebung erkenntlich zumachen, Flyer zu verteilen sowie Redebeiträge zu halten. Um 14 Uhr sollten sich die TeilnehmerInnen dann „eigenständig“ entfernen.
Die Versammelten begannen nun, den Kontakt mit der Öffentlichkeit sowohl durch Redebeiträge als auch durch Flyer zu suchen, wobei es durchaus auch „positive“ Resonanz gab. Mehrere PassantInnen hörten interessiert zu oder äußerten Verständnis. Und die Polizei? Die hatte einerseits Verstärkung angefordert (5 weitere Beamte) und suchte andererseits nun auch den Kontakt zu den BürgerInnen, um ihr Image durch Handschlag und Plauderei mit diesen zu wahren. Begleitet wurde diese Farce von mindestens einem Zivilpolizisten, welcher während der gesamten Kundgebung in lächerlichster Manier um den Marktplatz herumstreunerte und sich nicht zu schade war, zur besseren Tarnung mal mit und mal ohne Hund zu erscheinen.
Um 14 Uhr wurde die Veranstaltung dann „form- und fristgerecht“ vom Anmelder beendet.
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Ergänzungen

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---...--- 14.11.2011 - 11:46
Leider hat der Bulle mit seiner Argumentation recht. Ein Spontanversammlung liegt immer dann vor, wenn sich spontan (wie der Name schon sagt) nach einem ereigniss zeitnah, heißt sofort, versammelt wird. Leider war das Ereignis nicht unmittelbar vor der Versammlung, so dass keine Spontanversammlung vorliegt.

In diesem Fall kommt eine Eilversammlung in Betracht. Grds. muss eine Versammlung 48 Stunden vor Bekanntgabe der Versammlung angemeldet werden. Wohlgemerkt nur angemeldet. Dieses ist kein Genehmigungsverfahren, da die Genehmgung bereits durch Art. 8 GG ergangen ist. Eine gesetzesimanente Schranke liegt im Art. 8 darin, dass das Grundrecht auf Versammlung durch ein Gesetz, hier das Versammlungsgesetz, eingeschränkt werden darf. Allerdings darf der Wesensgehalt des Art. 8 GG nicht beeinträchtigt sein.

Kann also diese 48-Stunden Regelung, welche ein Ausfluss aus dem Versammlungsgesetz ist, nicht eingehalten werden, liegt eine Eilversammlung vor.

Im §14 Versammlungsgesetz steht drin, dass eine nicht angemeldete Versammlung aufzulösen ist. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht aber festgestellt, dass nur eine Nichtanmeldung kein Auflösungsgrund ist. Somit ist es kein Problem, beim Erscheinen der Stattsmacht, eine Eilversammlung anzumelden. Diese kann gemäß der Entscheidung des Bundesverfassunsgerichtes nicht aufgelöst werden und genießt jeglichen Schutz aus Art. 8.

Die Polizei als zuständige Ordnungsbehörde hat leider teilweise richtig gehandelt. Allerdings hätten die Bullen vor Ort die Anmeldung entgegenehmen müssen. Dann wäre es eine "richtige" Versammlung. Der Hinweis auf eine Eilversammlung wirkt oftmals wunder......

Nichtsdestotrotz ist es notwendig, gegen Bullengewal zu demonstrieren.

Wichtige Teilforderung: Kennzeichnungspflicht

Kennzeichnungspflicht 14.11.2011 - 12:08
Eine sehr wichtige Teilforderung gegen Polizeigewalt die Dauerdebatte ist und zum Teil auch schon umgesetzt wurde (Sachsen-Anhalt) ist die Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamtinnen.
Zur Aufklärung polizeilicher Straftaten und Gewaltverbrechen ist eine Kennzeichnungspflicht dringend erforderlich. Seit Jahrzehnten werden politisch motivierte Übergriffe und Gewaltanwendungen sowie Tötungen von anonymen Einsatzkräften durchgeführt. Der anonymisierte Terror muss ein Ende haben.

Für eine bundesweite Kennzeichnungspflicht und die Einführung unabhängiger Ermittlungsstellen !