[B] Bericht Veranstaltung autonome Vernetzung

VVler_innen 01.11.2011 22:32 Themen: Antirassismus Atom Freiräume Militarismus Repression Soziale Kämpfe

Bericht der Veranstaltung am 13.10.11 im Mehringhof: Brauchen wir eine spektrenübergreifende autonome, anarchistische, linksradikale Vernetzung in Berlin? Falls ja, wofür? Und wie könnte diese aussehen?

Nach einem kurzen Input der Einladenden zur (Kurz-)Geschichte der AVV war der erste Teil die Wunsch-Sammlung: Wofür könnte eine solche Vernetzung - Vernetzung im weitesten Sinne eines wie auch immer gestalteten Austausches - sinnvoll sein?

Folgende Punkte wurden genannt und an der Wand festgehalten:

- Möglichkeit als Anknüpfungspunkt für Leute die neu dazukommen
- Austausch von Infos, spektrenübergreifend
- Schnelle, koordinierte Reaktion auf aktuelle Geschehnisse
- Diskussion von Ideen (Kampagnen...)
- Strategische Diskussionen
- nett
- konkrete Sachen planen (soweit das öffentlich diskutiert werden kann)
- Auswertung von Aktionen
- Reflexion auf Geschichte
- Kontinuität
- Unterstützung von (autonomen) Strukturen (z.B. Interim)
- spektrenübergreifende Vernetzung
- mehr werden
- soziale Aspekte, Alltagsorganisierung, gegenseitige Unterstützung
- Antirepression
- Skill Sharing (Austausch von Kenntnissen und Fertigkeiten)
- langfristige Pläne schmieden

Die Frage, ob eine Berliner Vernetzung überhaupt sinnvoll ist, hatte sich anhand der Fülle an Punkten, wegen derer das sinnvoll erscheint, eigentlich erledigt und wurde nicht weiter diskutiert.

Versuch einer Zusammenfassung der gesammelten Punkte:
Wichtig scheint die Verknüpfung von konkreten, aktuellen Sachen (geschehen oder geplant) mit der Diskussion um allgemeine Zielsetzungen, Strategien etc.; ohne eine solche Verknüpfung drohen langatmige, abstrakte Debatten. Die Diskussion sollte immer auch einen Bezug zur Praxis haben. Es besteht der Wunsch, sowohl Raum für spezifische Themen und Ereignisse zu geben, als auch auf das (tagespolitisch) aktuelle Geschehen zu reagieren.

Risiken

Im Anschluss an die Sammlung der "Warum"-Punkte gab es einen Austausch über die möglichen Risiken einer solchen Vernetzung. Hier wurde u.a. genannt:

- mit der Anwesenheit von Bullen und Spitzeln aller Arten muß gerechnet werden
- Bullen und Spitzel könnten leichter Zugang zu linksradikalen/ autonomen Strukturen kriegen
- Bullen und Spitzel könnten viel mitkriegen, was gerade so diskutiert wird und wie die Stimmung ist
- Bullen und Spitzel könnten Einblick in taktische Überlegungen erhalten
- bestimmte Leute werden die AVV nicht aufsuchen wollen, weil hier Bullen-Präsenz zu erwarten ist (auf der AVV selbst bzw. vor dem Eingang)

Bezüglich der Punkte von Bullen-Präsenz muss bei öffentlichen Treffen immer davon ausgegangen werden, dass Bullen oder Spitzel dabeisitzen, und jede_r muss sich entsprechend überlegen, was hier Platz haben kann und was nicht.

Bezüglich der Beteiligung/ Nichtbeteiligung von Leuten wäre wichtig, dass die Autonome/ Linksradikale Vernetzung nicht isoliert bleibt, sondern zum einen die hier stattfindenen Diskussionsprozesse transparent macht, zum anderen sich auch auf andere, anonym stattfindende Diskussionsprozesse - z.B. in der Interim - bezieht.

Vernetzung ja, aber wie?

Der zweite Block ging dann um die Frage, wie eine solche Vernetzung, ein solcher Austausch in Berlin aussehen könnte. Obwohl dies nicht impliziert war, wurde in diesem Block fast ausschließlich über die Weiterführung einer Art von Autonomer Vollversammlung - AVV - diskutiert, andere Formen des Austausches (etwa ein neuer Kongress...) blieben sehr am Rande.

Klar war bei der Diskussion, dass eine autonome, öffentliche Vernetzung immer nur ein Stein einer größeren Struktur sein kann. Die Stärkung von nicht-öffentlichen Strukturen bleibt weiterhin zentral (Bezugsgruppen, Aktionsgruppen, Interim...). Neben der Weiterführung der AVV gab es folgende Vorschläge:

- ein jährliches Treffen für "Neue" zur Einführung?
- ein Kongress nächstes Jahr, vielleicht auch in Berlin (nicht als Bundes-Kongress gedacht)?
- vielfältige Diskussionen in Kleingruppen, kommuniziert z.B. über die Interim

Relativ am Beginn der Diskussion gab es eine längere Unter-Debatte darüber, wie wir das Kind "regelmäßiges Treffen" denn nennen wollen. Es gab Vorbehalte gegen den Begriff "Autonome Vollversammlung", weil die Einschätzung bestand, dass der Begriff "Autonom" im Moment nur einen Teil des Spektrums abbildet, mit dem wir gerne diskutieren und zusammenarbeiten wollen. So war in der Einladung zum Treffen ja auch nicht zufällig die Formulierung "autonome, anarchistische, linksradikale spektrenübergreifende Vernetzung in Berlin" gewählt worden.

Bei anderen Teilnehmer_innen gab es wiederum starke Vorbehalte gegen eine solche Erweiterung, u.a. wurde der Begriff "linksradikal" als deutlich zu offen kritisiert. Die Diskussion wurde dann mit der Feststellung beendet, das Ding bis auf weiteres "Vollversammlung" zu nennen und davon auszugehen, daß die Menschen schon wissen werden, worum es geht, bzw. es dem jeweiligen Einladungs-Text zu überlassen, das näher zu bezeichnen. Der Vorschlag, daß eine jeweilige Vorbereitungsgruppe sich ggf. ein passendes Attribut zur "Vollversammlung" überlegt, wurde nicht so gut gefunden, weil das zu Konfusion führen könnte und auch noch nicht feststeht, ob es denn überhaupt Vorbereitungsgruppen oder eine Vorbereitungsgruppe geben soll.

Konsens war, dass wir eine Fortführung der AVV - jetzt VV - wollen, über einzelne Punkte wurde wie folgt diskutiert:

Termin/ Rythmus: ein vier-wöchiger Rythmus wurde von den meisten gut gefunden, der Vorschlag, sich alle zwei Wochen zu treffen, stieß eher auf Ablehnung. Am 13. jeden Monats festzuhalten, wurde für gut befunden.

Ort: ein wechselnder Ort könnte mehr Dynamik reinbringen, allerdings vermutlich auf Kosten der Koninuität. Ein fester Ort wird insgesamt bevorzugt. Verschiedene Orte werden angefragt in Bezug auf die Möglichkeiten, bis auf weiteres wird die NEWYORCK IM BETHANIEN der Ort sein, wo wir uns jeden 13. des Monats treffen.

E-Mail/ Webseite: wurde nur andiskutiert. Zumindest eine E-Mail-Adresse scheint nach den Erfahrungen der letzten Monate eher undemokratische, von Einzelnen abhängige Strukturen zu befördern und wird nicht als notwendig erachtet. Zu der Frage Webseite ja oder nein gabs noch keine Entscheidung, bis auf weiteres werden Einladungen und Protokolle in der Interim und auf Indymedia und Indymedia linksunten veröffentlicht.

Plenumsstruktur: die Möglichkeit, bei Bedarf nicht nur im Groß-Plenum, sondern auch in Kleingruppen zu diskutieren, sollte räumlich gegeben sein und je nach Thema und Bedarf genutzt werden.

Teilnehmer_innen: Zum einen wäre es wichtig, dass sich auch Menschen, die in anderen Strukturen aktiv sind, beteiligen. Zum anderen wäre schön, wenn es auch um wirklichen Austausch ginge, und es nicht ein reines Deli-Treffen wäre. (Diese Frage wurde nicht zu Ende diskutiert, ungefähr so habe ich den letzten Stand verstanden - die Protokollierende.)

Frage der Vorbereitung

In Bezug auf die Frage, ob die VV jeweils technisch und/ oder inhaltlich vorbereitet werden sollte, gab es unterschiedliche Einschätzungen. Er sorgte für viel Diskussion und es war nicht mehr genug Zeit, diesen "zu Ende" zu diskutieren.

Für die technische Vorbereitung spricht, dass dann Einladung, Moderation und Protokoll feststehen. Dagegen spricht, dass die Gefahr größer sein könnte, dass dann immer die Selben diese Aufgaben übernehmen.

Für die inhaltliche Vorbereitung spricht, dass dann Themen feststehen und Leute sich konkret anhand der Themen überlegen können, ob sie kommen wollen oder nicht, und gewährleistet ist, dass es Menschen gibt, die fundiert über diese Themen reden können.
Gegen die inhaltliche Vorbereitung spricht, dass hier die Möglichkeit eingeschränkt wird, spontan auf Anlässe zu reagieren, spontan als Versammlung gemeinsam zu entscheiden, was wir diskutieren wollen, eher auf Expert_innen-Wissen als auf unsere eigenen Erfahrungen zurückgegriffen wird, und Leute ggf. nicht kommen, weil sie ein bestimmtes Thema nicht interessiert.

Sowohl bei der technischen als auch der inhaltlichen Vorbereitung besteht das Risiko, dass sich ein "innerer Zirkel" bildet, der die VV-Struktur aufrechterhält. Das ist zum einen mit Repressions-Gefahr für die betreffenden Leute verbunden, kann eine Konsum-Haltung bei den sonstigen Teilnehmenden verstärken und birgt die Gefahr, dass, wenn sich einzelne Leute zurückziehen, die Struktur insgesamt zusammenbricht.

Bei bestimmten Inhalten sollte die Möglichkeit genutzt werden, lieber eine Extra-Veranstaltung zu einem bestimmten Thema zu machen, als eine AVV auf ein bestimmtes Thema zu sehr festzulegen.

Wie weiter?

Die nächste Vollversammlung findet am Sonntag, den 13.11. um 19.30 in der NewYorck im Bethanien statt.
Dort soll sowohl Platz für aktuelle Themen sein, als auch die Struktur-Diskussion weitergeführt werden. Bei letzterer wären folgende Punkte noch wichtig:

- welcher Ort für die Vollversammlung?
- Mobilisierung?
- technische und/oder inhaltliche Vorbereitung der Treffen?
- Vernetzungs- und Austauschstrukturen jenseits der Vollversammlung?

Es gibt eine Vorbereitungsgruppe für das nächste Treffen, die eventuell noch Inhalte vorschlagen wird - achtet auf die Ankündigung im Stressi!

(Wir hoffen, dass das Protokoll das Treffen im Wesentlichen wiedergibt, und entschuldigen uns schon mal für alles, was wir vergessen oder ungenau oder falsch dargestellt haben - die Protokollierende und die Korrektur-Lesenden)

Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Input-Korrektur

VVler_in 01.11.2011 - 23:07
Um Missverständnisse vorzubeugen/auszuräumen:
Mit (Kurz-)Geschichte der AVV soll nicht gemeint sein, dass die AVV eine kurze Geschichte hat, sondern dass es einen kurzen Abriss über die Geschichte der AVV gab.
Außerdem war dies auch nicht das einzige Thema des Inputs, sondern es wurde auch kurz vom Kongress für autonome Politik in Köln berichtet, der (und die AVV) Anlass für diese Veranstaltung waren.

AVV Berlin - Neue VV

R.o.l.a.n.d. B.i.a.l.k.e. 02.11.2011 - 03:37
Ich bin mir sicher, dass über die Geschichte der Autonomen Vollversammlung in Berlin (AVV Berlin) auf der dortigen Veranstaltung niemand Auskunft geben konnte - zumindest nicht im Grossen und Ganzen!

Das jetzt anders zu nennen, kann einerseits an der Kritik liegen, dass eine "Autonome Vollersammlung" ein Widerspruch in sich ist, oder daran, dass einige denken, mit dem Wort "autonom" würde - im Widerspruch zur Radikalität - nur eine exklusive Gruppe angesprochen werden und andere abgeschreckt. Eine andere Erklärung ist jedoch, dass einige Etablierte ihren Machtverlust fürchten und fürchteten, geziehlt die damalige Berliner AVV sabotierten bzw. ihnen eine "operative Zersetzung" des Staatsschutzes gerade recht kam.

Als die Autonome Vollversammlung Berlin im Sommer / Herbst 2009 von radikalen Kräften unterstützt und weitergeführt wurde, verloren systemimmamente Leute dort ihren Einfluss. Die gleichen Leute, die grösstenteils vor Verlogenheit strotzen und nicht wahrhaben wollen, dass sie mit Infiltration ein Problem haben, systemimmament sind und, wenn überhaupt, pseudoklandestin handeln.

Die Idee der "Autonomen Vollversammlung", die in den 1980er Jahren an Bedeutung gewannen ist eigentlich gut. Aber diese Versammlungen können nur so gut sein, wie die Menschen die an ihnen teilnehmen. Ich kann sagen, dass ein zu grosser Teil der an der Berliner AVV teilnehmenden Menschen, zumindest zwischen 2007 und 2011, schlecht sind - unreflektiert, inkonsistent und nicht radikal. Der andere Teil, der die Reflektion liebt, konstistent und radikal handelt, gefällt mir schon besser. Durch sie wurde und werde ich belohnt, hat und hatte es einen Sinn, dass ich in den letzten Jahren an der Organisierung der AVV Berlin beteiligt war.

Ihr seht die gewalttätigen Kommentare hier auf Indymedia. Ihr werdet lernen müssen, dass in Euren Versammlungen auch solche Leute sitzen. Sie lächeln Euch lang und reden wohlklingende Worte. Von hinten werden sie Euch zu zerfleischen suchen. Aber der Weg ist das Ziel. Ihr müsst aufpassen, dass Ihr nicht genauso werdet!

Zum Thema "Esoterik" in der Linken halte ich mich vorerst zurück,. denn ich müsste viel zu BüSo und Esoterikschulen in den etablierten Strukturen schreiben. Mir sowas vorzuwerfen bzw. die AVV als Sekte zu bezeichnen zeugt nur davon wie wenig hier einige die anderen kennen. Wo bleibt eigentlich die Reflektion zu den britischen Spitzel in den Berliner Strukturen aus dem Jahr 2007/2008? Oder die Infiltration des Mehringhofes? Solche Sachen wollt Ihr totschweigen? Aus Eurer Sicht muss es echt gut sein, dass ich gerade eine andere Aufgabe habe.

Die Behauptung ich sei ein Spitzel ist eine billige Rufschädigung...

Wider die Beliebigkeiten

a 02.11.2011 - 12:19
Mensch wünscht den Berliner_innen Glück, dass das was wird. Die Namensänderung ist aber quatsch. Der AVV Begriff war wenigstens eine kleine Klammer. Jegliche Politische Zuordnung zu entsorgen stärkt doch nur die Beliebigkeit. Den Begriff linksradikal ist ebenfalls eher abzulehnen. Was soll den das genau genommen überhaupt sein? Ist doch nur ne Projektionsfläche auf staatliche Hufeisentheorien, dann lieber themenbezogene, anarchistische, kommunistische oder autonome Vernetzungen. Da steckt wenigstens jeweils Inhalt drin. Weshalb letzteres dabei ein Widerspruch sein soll verstehe ich nicht. Autonom heißt doch nicht unorganisiert, sondern undogmatisch und loose organisiert. Oder wie das eine Genossin auf dem Autonomie Kongress 1995 formuliert hat "Autonomie ist selbstbestimmte Abhängigkeit".

Sagt alles:

xy 02.11.2011 - 15:44

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 11 Kommentare an

B-a-a-l — xy

okkupiert? — leser

Wie viele waren da — Antifa

so — what

@leser — Intermorgen

Geschenkt — f

dreizehn — tea

k.o. — ann'e