Todesstrafe gegen Mumia bald vom Tisch?

Mumia-Hörbuchgruppe 19.10.2011 23:45 Themen: Antirassismus Blogwire Repression Weltweit
Am 11. Oktober lehnte das höchste Gericht der USA, der US Supreme Court, einen Antrag der Staatsanwaltschaft von Philadelphia auf Wiedereinsetzung der Todesstrafe gegen den Journalisten Mumia Abu-Jamal ab. Abu-Jamal, ehemaliger Pressesprecher der Black Panther Party in Philadelphia wurde 1982 in einem politisch motivierten Verfahren voller Manipulation zum Tode verurteilt. Er sitzt bereits 30 Jahre für den angeblichen Mord an einem weißen Polizisten, den er nicht begangen hat. Mit dieser Entscheidung bleibt dem Staat jedoch nur noch ein sehr schmaler Weg, den politischen Aktivisten umzubringen. Verteidigung und Unterstützer_innen fordern nach 30 Jahren Haft endlich die Freilassung des politischen Gefangenen.
Das Gericht folgte mit seiner Entscheidung der Ansicht des 3. Bundesberufungsgerichtes, das bereits zweimal zuvor (1) festgestellt hatte, dass Abu-Jamals Jury fehlerhaft vom Gericht belehrt worden war, als sie die Todesstrafe gegen ihn aussprach.

Zwar besteht durchaus noch die Möglichkeit einer Hinrichtung. Allerdings müsste sich die Staatsanwaltschaft dazu trauen, eine neue Verhandlung gegen Mumia mit seiner Verteidigung unter öffentlicher Prozessbeobachtung vor einer Jury zu beantragen. Rechtlich haben sie ein halbes Jahr Zeit, diesen Antrag einzureichen. Aber derzeit deutet vieles darauf hin, dass sie das nicht wagen werden.

In so einem Verfahren könnte der Angeklagte zwar nicht freigesprochen werden, weil es nur um eine Urteilsfindung zwischen Lebenslänglich oder Hinrichtung ginge. Aber es müsste eine Jury gewählt werden, und Mumia hätte die Möglichkeit, Zeugen aufzurufen, Beweisanträge zu stellen und viele der seit Jahrzehnten unterdrückten Fakten zu präsentieren. Kommentator_innen sind sich darin einig, dass am Ende eines solchen Verfahrens höchstwahrscheinlich fest stünde, dass er nicht nur nicht hingerichtet werden darf, sondern auch, dass er den ihm vorgeworfenen Mord nicht begangen hat. Formal würde er dafür Lebenslänglich ohne Möglichkeit der Entlassung erhalten. Auch der Staatsanwaltschaft ist vermutlich klar, dass eine Freilassung von Mumia Abu-Jamal dann nur noch eine Frage der Zeit wäre.

Die bürgerliche Presse Philadelphias überschlug sich dann auch in Kommentaren, um die Weichen für lebenslange Inhaftierung Mumias zu stellen (siehe us-amerikanische Artikelsammlung in der beigefügten PDF). So wird überall die Polizistenwitwe Maureen Faulkner zitiert, die sich angeblich Sorgen um die Kosten eines solchen Verfahrens mache - nachdem sie beinahe 30 Jahre behauptet hatte, ohne eine Hinrichtung von Mumia keinen Seelenfrieden finden zu können. Von einer Sprecherin der Staatsanwaltschaft war zu vernehmen, dass ein weiteres Hinausziehen des Falles der "Witwe" nicht zuzumuten sei. Allerdings ging dieses Bild nicht völlig widerspruchslos durch die marktbeherrschenden Medien, denn es wurde häufig auf den rassistischen Charakter des ursprünglichen Verfahrens verwiesen.

Mumias Verteidigung vom NAACP Legal Defense Fund (LDF - siehe Pressemitteilung in der zweiten beigefügten PDF) hob hervor, dass dies nun bereits das vierte Mal ist, dass ein föderales Gericht feststellt, dass Abu-Jamals verurteilende Jury damals falsch über die Rechtslage informiert wurde.

Auf der juristischen Ebene bemüht sich die Verteidigung derzeit aber nicht nur um die Verhinderung der Hinrichtung, sondern auch um die Eröffnung eines komplett neuen Verfahrens, um den Schuldspruch zu kippen und letztendlich die Freilassung von Mumia zu erreichen. Ein aktueller Spendenaufruf soll ihr dabei helfen, spezialisierte Rechtsexpert_innen und Gutachten bezahlen zu können (  http://freiheit-fuer-mumia.de/spenden.htm ).

Die weltweit vernetzte Bewegung für die Freilassung von Mumia Abu-Jamal war zunächst sehr erfreut, nach Jahrzehnten endlich die permanente Hinrichtungsbedrohung überwunden zu haben. In zahlreichen Stellungnahmen wurde herausgestellt, dass die kontinuierliche Solidaritätsarbeit Mumias Leben retten kann. Aber allen ist klar, dass die aktuelle Gerichtsentscheidung nur ein Etappensieg ist, wenn auch ein sehr wichtiger. Unter den Slogans "Honor Troy Davis - Free Mumia!" und "No To Life in Prison - Free Mumia Now!" bereiten zahlreiche Gruppen und Organisationen eine große Veranstaltung für den 9. Dezember 2011 in Philadelphia vor. In Philadelphias geschichtsträchtigem Constitution Center wird an Mumias 30. Haftjahrestag unmissverständlich klargestellt werden, dass es nun ums Ganze geht. Die Justiz hat am 11. Oktober nach Jahrzehnten in höchster Instanz zugegeben, dass das Verfahren gegen Mumia "fehlerhaft" war. Auch in anderen Ländern hat eine Freilassungskampagne begonnen.

In Frankfurt a.M. versammelten sich am vergangenen Wochenende Aktivist_innen, die vor der Buchmesse mit einer Theateraktion auf den institutionellen Rassismus, die moderne Gefängnissklaverei, die Todesstrafe sowie das Schicksal der politischen Langzeitgefangenen in den USA aufmerksam machten. In orangen Gefängnisoveralls mit der Aufschrift "Free Mumia" und einem über 20 Meter langem Transparent ließen sie stellvertretend Gefangene selbst zu Wort kommen, wie z.B. Kevin Cooper (2) oder Mumia Abu-Jamal. Auch auf die für den 9. November angesetzte absurde Hinrichtung von Hank Skinner (3) wurde hingewiesen, der vom Staat ermordet werden soll, obwohl parallel Untersuchungen laufen, ob er überhaupt der ihm vorgeworfenen Verbrechen schuldig ist. Auch innerhalb der Buchmesse forderten Schilder an vielen Verlagsständen nach beinahe 30 Jahren Haft endlich die Freilassung des Autors und Kollegen Mumia Abu-Jamal.




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(1) im April 2009 und im April 2011

(2) Free Kevin Cooper!
 http://savekevincooper.org/

(3) Hank Skinner - Erst Hinrichtung, dann DNA-Tests
 http://de.indymedia.org/2011/10/318194.shtml

Hintergrundinformationen auf Indymedia zur Person von Mumia Abu-Jamal und dem politischen Prozess, der ihn seit 1981 gefangen hält:
Mumia Abu-Jamal - 26 Jahre Kampf um Freiheit (25.11.2007)
 http://de.indymedia.org/2007/11/200552.shtml

Hintergrundinformationen und Einschätzungen zum Verhalten der Staatsanwaltschaft in einem Artikel von Dave Lindorff:
No New Penalty Trial Likely: US Supreme Court Confirms 3rd Circuit Ruling Lifting Mumia Abu-Jamal’s Death Penalty  http://www.thiscantbehappening.net/node/827
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Ergänzungen

die Todesstrafe ist (fast) abgewendet -

lasst uns Mumia jetzt endlich rausholen! 20.10.2011 - 00:03
Sammelt Spenden für Mumias Verteidigung auf das Konto der Roten Hilfe e.V.
Rote Hilfe e.V.
Konto-Nr: 19 11 00 462
BLZ: 440 100 46
Postbank Dortmund
Stichwort: Mumia

Bestellt die neue Plakatserie und hängt die Plakate überall auf
 http://freiheit-fuer-mumia.de/material.htm

Beteiligt euch an der Freilassungskampagne
 http://freiheit-fuer-mumia.de/termine.htm

December 9: All Out For Mumia!

Free Mumia Coalition 20.10.2011 - 02:13
December 9: All Out For Mumia at Philly Constitution Center


Honor Troy Davis - Free Mumia Abu-Jamal!

December 9, 2011
7:30-10:30 pm
CONSTITUTION CENTER, PHILADELPHIA

SPEAKERS:
Cornel West
Michelle Alexander (by video)
Ramona Africa
Michael Coard
Vijay Prashad
Louisa Hanoune
Mark Lamont Hill
Immortal Technique
And more

INVITED GUEST:
Arundhati Roy

• No to the racist death penalty!
• Stop the massive incarceration of the poor and oppressed!
• End torture and police terrorism!
• Free all political
prisoners!
• Free Mumia!

PERFORMERS:
IMPACT Youth Repertory Theatre, African Dance Ensemble, others T.B.A.

www.freemumia.com
www.emajonline

Infos und Film über Mumia im AJZ Bielefeld

am Montag 21.10.2011 - 02:01

Montag, 24. Oktober 2011 - 19:00

Film "Justice On Trial" (USA 2010, OmU) & aktuelle Informationen über Mumia Abu-Jamal

AJZ Bielefeld
Heeper Str. 123
33607 Bielefeld

Frankreich - A sad love song

Soli-CD; Text und Musik von Mumia Abu-Jamal 30.10.2011 - 23:06
Frankreich - A sad love song: die Soli-CD; Text und Musik von Mumia Abu-Jamal

Die Geschichte eines Liedes...

Dazu sollte man sich versuchen vorzustellen, was eine solche Komposition bedeutet. Mumia hat keine Ausbildung in Musiktheorie (z.B. Notenschrift) und seine Anfänge konnten durch die Unterstützung einer Professorin, die ihn besucht hatte, durch dreifaches Sicherheitsglas, ohne Instrument und ohne Partitur, weitergegeben werden.

Die weitere Bearbeitung übernahm der Pianist und Komponist Alain Jean-Marie, welcher auch die Instrumentation ausführte. Er wurde von der Sängerin Morena Fattorini und vier weiteren Musikern begleitet. Alle stimmten überein, auf Ihre Rechte zugunsten von Mumia's Verteidigung zu verzichten.

Mumia hat diese Ballade seiner Ehefrau Wadiya gewidmet, aber sie richtet sich außerdem an alle, die für eine Welt ohne Todesstrafe, ohne Gefängnisse; einer Welt der Gerechtigkeit, der Liebe und der Schönheit kämpfen.

Ein großes Dankeschön an Jaques Lederer, einem Aktivisten der zum Kern des französischen Kollektivs zur Unterstützung Mumias gehört. Ohne ihn wäre dieses schöne Projekt, geboren aus seiner Begegnung mit Mumia im Todestrakt im Jahr 2009, nicht Wahrheit geworden.

Ausschnitte des Liedes können in der Sendung „France-Culture“ gehört werden:
 http://www.franceculture.fr/emission-le-choix-de-la-redaction-a-sad-love-song-30-ans-de-prison-pour-mumia-abu-jamal-2011-10-05.h

Wer möchte, kann die CD per Brief und Check über 7€ (5€ pro Exemplar plus Versandkosten) pro Stück bei folgender Adresse bestellen:

«MRAP solidarité MUMIA »
43 boulevard de Magenta
75010 Paris
Frankreich

Bitte den Bestellschein ausdrucken und ausfüllen:
 http://www.mumiabujamal.com/site/uploads/pdf/actu-pdf/Bondecommande-cd-mumia.pdf

Der Erlös wird uneingeschränkt an Mumia's Verteidigung überwiesen. - Jeden Mittwoch, seit mittlerweile 15 Jahren, treffen sich Todesstrafengegner, gegen Ende des Tages am 'Place de la Concorde' in Paris um die Todesstrafe in den USA anzuprangern und um Mumia Abu-Jamal zu unterstützen. - Mumia wird in einigen Wochen sein trauriges Jubiläum von 30 Jahren im Todestrakt begehen.

Interview mit Mumia über seinen Fall

von Block Report 31.10.2011 - 17:39
Mumia Abu-Jamal hat vor kurzem seine juristische Situation selbst in einem Radio Interview erklärt. Neben seiner Situation redet er dort auch über die Justiz im allgemeinen, die Anti-Todesstrafenbewegung oder den Gefangenenhungerstreik in Kalifornien. (  http://www.prisonradio.org/10-23-11InterviewJR.html ).

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eine Sache der Könige¿ — Ursprung (Ur)