Varnsdorf: Antiziganistische Demonstration

Libertarian Activist 25.09.2011 02:31 Themen: Antifa Antirassismus Soziale Kämpfe
Jeden Samstag finden in Varnsdorf (Tschechien) Demonstrationen gegen die dort angesiedelten Roma statt. Mehrfach wurden die Häuser der Roma gewaltsam attackiert. Die Bewegung setzt sich aus Stadtbevölkerung und Neonazis der DSSS zusammen. Zu Gegenprotesten kam es bis jetzt nicht.
Der Bericht beschreibt die Ereignisse vom Samstag, den 24. September.
Diesen Samstag fand erneut wie angekündigt in Varnsdorf ein Hassmarsch gegen die Roma statt. Dieses Mal bemühte sich die lokale Initiative "Hass ist keine Lösung" das erste Mal um eine Gegenöffentlichkeit. Wie wir (EinzelaktivistInnen Libertäres Netzwerk Dresden) bereits ankündigten, plante die Initiative zunächst eine friedliche Demonstration gegen den antiziganistischen Mob. Diese wurde jedoch aufgrund der angespannten Sicherheitslage nicht genehmigt. Daraufhin versuchte man zwei Kundgebungen vor den gefährdeten Wohnheimen anzumelden, was ebenfalls abgelehnt wurde. Somit verblieben lediglich Aktivitäten auf dem Gelände der Häuser selbst. Eines der Häuser(T.G.M.), welches im unmittelbaren Stadtzentrum gelegen ist, gehört der Stadt. Martin Louka, der städtische Verantwortliche, verbot hier jegliche Aktivitäten, sei es Protest, sei es eine Veranstaltung für die Roma. Im anderen Objekt (Hotel Sport) erklärte sich der private Besitzer zu einem "Kinderfest" bereit. Protest durfte jedoch auch hier nicht sichtbar werden.
Das "Kinderfest" gestaltete sich dann auch sehr fröhlich und ausgelassen. Obwohl es nach außen keine Wirkung entfaltete, konnte es doch augenscheinlich den Roma einigen lange vermissten Rückhalt geben. Insbesondere den Kindern blieb die ängstliche, angespannte Stimmung erspart. Antifaschistische AktivistInnen aus Tschechien sorgten für eine tanzbare Beschallung. Aus gemeinsamen Mitteln versorgten wir die Veranstaltung mit Essen und Getränken. Die Kinder malten oder break-danceten.
Die rassistische Demonstration verlief etwas anders als zuvor. Zum einen führte die Route zunächst zum Haus des Vize-Bürgermeisters, der die Courage gezeigt hatte die Märsche zu kritisieren. Dort wurde eine Zwischenkundgebung abgehalten. Zum Anderen nahm dieses Wochenende aufgrund eines kollidierenden Termines die rechtsradikale Partei DSSS nicht am Marsch teil. Dieser Fakt bewirkte ein Ausbleiben von organisierten, gewaltbereiten Nazis auf der Versammlung und nicht alle TeilnehmerInnen zogen vor das Wohnheim der Roma, was die Polizeikräfte diesmal zuließen. Während der Mob am Wohnheim vorbei zog, verbot der Eigentümer die Musik laufen zu lassen oder Parolen zu rufen. Die Menschen mussten sich ins Gebäude zurückziehen. Ohne das Zutun der straßenkampferprobten Kameraden wagten die lokalen Demonstranten keine tätlichen Angriffe auf das Haus und mussten ihren Hass rein verbal bekunden. An der rassistischen Demonstration nahmen erneut einige hundert Menschen teil. Am Teilstück zum Vizebürgermeister beteiligten sich besonders viele. Dies ist aufgrund des diesmaligen Ausbleibens der organisierten Nazis eine negative Entwicklung. Genaue Zahlen liegen uns nicht vor.
Zum ersten Mal protestierten ein halbes Dutzend AktivistInnen der Initiative "Hass ist keine Lösung" gegen die Märsche. Sie erwarteten den Mob mit einem Transparent mit gleich lautendem Aufdruck. Die auf kritiklose Volksgemeinschaft eingestellten Rassisten betrachteten das Transparent zunächst erstaunt, begannen jedoch schnell die AktivistInnen sehr aggressiv zu bedrängen. Es wurde am Transparent gezogen und "Volksverräter" u.a. gepöpelt. Schlussendlich zwang die Polizei das Transparent zu entfernen.

Im Fazit betrachten wir die Situation in Varnsdorf weiterhin als untragbar. Zwar wird den betroffenen Roma nach und nach Unterstützung zu Teil, jedoch immer noch in einem unzureichendem Maße und Protest unterbleibt fast vollständig. Möglichkeiten einer nachhaltigen Unterstützung der Roma bedürfen einer längeren Diskussion. Sicher ist jedoch, dass der rechte Konsens von Varnsdorf nur mit sichtbaren Protest gebrochen werden kann. In Varnsdorf zu wirken erscheint als eine besonders große Herausforderung für die antifaschistische Bewegung, die bis jetzt viel zu wenige annehmen. Hier wird weder mit Antifa-Lifestyle noch mit Standartparolen viel erreicht. Im Gegenteil, wenn man die Situation eskaliert, stehen Existenzen und Menschenleben auf dem Spiel.

Solidarität muss praktisch werden!
Den rechten Konsens brechen!

(Bilder folgen.)
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Ergänzungen

Einige Bilder

Libertarian Activist 25.09.2011 - 11:57
Einige Photos vom Kinderfest und dem Mob am Haus.

... noch mehr Bilder

Libertarian Activist 25.09.2011 - 12:04
und so weiter und so fort. Vielleicht mag wer noch mehr Bilder vom Marsch veröffentlichen.

... und noch ein paar

Libertarian Activist 25.09.2011 - 12:07
Viele schöne Bilder vom Kinderfest sind leider zu persönlich für eine Veröffentlichung.

Rassistische Abenteuer-Wochenenden

Welt-Online 03.10.2011 - 15:20

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 6 Kommentare an

AUFWACHEN! — riotgirl

Antifa — Antifaschist

fr — otto

ihr habt ja recht — und dann?

@ "und dann?" — riotgirl

@ riotgirl — ... und dann?