Greifswald: Schlagkräftiger Hausverweis

Antifaschist_innen aus Greifswald 18.09.2011 20:00 Themen: Antifa
Hausverbot für Antifas' prophezeite das rechte Portal "MuPInfo" im Vorfeld einer Musikveranstaltung im Greifswalder Jugendzentrum Klex, welches in der Vergangenheit immer wieder in die Kritik geriet. Der Vorwurf: Im ehemals linksradikalen Zentrum würden immer häufiger so genannte "unpolitische", bishin zu eindeutig rechten Bands spielen. Kritik entzündete sich auch an der besagten Veranstaltung an diesem Wochenende. Aufgrund der Querelen schwadronierte das NPD-nahe Portal schon fast von nationalen Zonen im alternativen Greifswald. Und dennoch kam es dann irgendwie ganz anders...
Am Freitag Abend fand im Klex der Auftakt des „BalticSeaStore – Indoor Fest“ - ein Hardcore-Festival - statt. Bereits in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag wurden an die Fassade des Hauses und an Häuserwände in der Umgebung neonazistische Parolen geschmiert. Inhalt der Sprühereien waren bespielsweise „NS lebt“ oder „NSHC“ (National Socialist Hardcore). Am Folgetag ließ ein Neonazi im Internet verlauten, dass das Klex für sie keine Bedrohung darstelle, sie agieren lediglich gegen die Unterwanderung des Jugendzentrums von „antideutschen Kreaturen“. Außerdem fänden sie das „BalticSeaStore - Indoor Fest“ nach eigenem Bekunden „klasse“, unterschrieben wurde der Kommentar mit dem Kürzel „ANG“ (Autonome Nationalisten Greifswald). Tatsächlich tummelten sich auf dem Hardcore-Fest bereits im letzten Jahr zahlreiche bekannte Neonazis. Das die Veranstaltung einen Anreiz für sie bietet kommt jedoch nicht von ungefähr; durch Teile des Veranstaltungskreises wird seit geraumer Zeit gegen eine angebliche Unterwanderung der vermeintlich unpolitischen Hardcore-Szene durch Linke gewettert und eine „Unity“ beschworen, die statt der Abgrenzung gegenüber menschenverachtenden Einstellungen den vorbehaltslosen Eintritt für die „Hardcorefamily“ propagiert, egal wer zu dieser so gehört. Ganz der Extremismustheorie folgend werden die angeblichen politischen Extreme „Links“ und „Rechts“ gleichgesetzt und unter der Formel des unpolitischen unterschiedslos als „Bullshit“ bezeichnet. In Ermangelung von Subkulturen abseits der in die Jahre gekommenen und an Attraktivitätsverlust leidenden Sauf- und Rechtsrockszene, versuchen die Neonazis da Fuß zu fassen, wo man es vermeidet sich klar gegen ihre menschenverachtende Ideologie zu positionieren und ihnen stattdessen Anknüpfungspunkte bietet. An die Hardcoreszene mit ihrem klischeebeladenen Rollenbildern und der Verherrlichung von Kampf und Körper fällt den Neonazis das Anknüpfen leicht. So erklärt sich auch, dass sich die im Vorfeld des Hardcore-Festivals laut gewordene Vermutungen, dass unter den Konzertbesucher_Innen nicht nur unpolitische Hardcore-Fans sein könnten, bewahrheitete. Am Freitagabend fanden sich neben den Greifswalder Neonazis Markus Gutsche und Nicole Breitsprecher auch der rechte Kampfsportler Siegfried Hille aus Rostock und Reik Pudszuhn aus Teterow ein. Ganz selbstverständlich besuchten sie einige Acts und hielten sich auf dem Hof des Jugendzentrums auf. Um so länger waren dann aber ihre Gesichter, als sie sich unfreiwillg vor der Tür des Jugenzentrums wiederfanden. Nachdem der Veranstalter auf die rechten Gäste hingewiesen wurde, schmiss er sie kurzer Hand raus. Siegfried Hille musste die Veranstaltung als erster verlassen. Einige Hardcorefans jedoch wollten sich mit dem bloßen Rausschmiss nicht begnügen. Nach ein paar Schellen, bei denen der Kickboxer Hille die Deckung sträflich vernachlässigte, nahm er die Beine in die Hand und ergriff die Flucht. Kurz nach seinem wenig tapferen Abgang folgten auch seine Kameraden, die sich jedoch flugs in ein eilig vorgefahrenes Fahrzeug flüchteten, um dem Zorn der Hardcorefreund_Innen zu entgehen.
Die deutliche Reaktion des Veranstalters, die Neonazis diskussionslos vom Festival zu verweisen, ist als positives Zeichen zu werten. Offensichtlich ist mittlerweile die Einsicht gewachsen, dass Neonazis eben doch nicht zur „Family“ gehören. Von einem angeblichen „Hausverbot für die Antifa“ war im Juz Klex am Freitag nichts zu spüren. Die Einzigen, die das Festival wegen ihrer politischen Einstellung verlassen mussten, waren die Kameraden der "MuPInfo"-Redaktion und so bleibt das Jugendzentrum auch in Zukunft von „antideutschen Kreaturen" unterwandert.
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Ergänzungen

Ergänzung

AAG 18.09.2011 - 20:35
Auf dem Foto oben links sind Nicole Breitsprecher mit dem weißen Bandana und Markus Gutsche kurz bevor sie rausgeworfen wurden zu sehen.

Unsinn

HC-Anarcho 19.09.2011 - 04:52
"An die Hardcoreszene mit ihrem klischeebeladenen Rollenbildern und der Verherrlichung von Kampf und Körper fällt den Neonazis das Anknüpfen leicht."

Was für ein Bullshit, bevor du so undifferenzierten Mist von dir gibst solltest du dir lieber eingestehen von HC keine Ahnung zu haben und die Klappe halten!

Keine Toleranz

youthcrew 19.09.2011 - 10:18
Gegenüber diesen Typen ist Zurückhaltung nun wirklich nicht das Gebot der Stunde. Die sind entweder fest in Greifswalder Strukturen organisiert oder einschlägig als Teterower Nazischläger bekannt. Von denen wird niemand ins Zweifeln über seine Ideologie geraten, weil er oder sie verschont wird. Wenn dem so wäre, dann hätten so einige Nazis, die im letzten Jahr beim selben Festival nicht rausgeflogen sind ja das Nazisein an den Nagel gehängt.

Also Mitdenken und auch mal Kommentare bei Indy schreiben ist ja gut und schön. Jetzt beginnt allerdings die nächste 5 jährige Legislaturperiode und zwar wieder mit der NPD und daher heißt es nun eben Zupacken und den Spielraum des politischen Gegners im größtmöglichen Ausmaß verengen. Schlimm genug dass dies in einem ehemaligen Linken Jugendzentrum beginnen muss, denn es zeigt nur wie weit ein falsches tolerieren den Nazis beim Ausbreiten entgegengekommen ist.

Also versteht die Kritik an euch nicht falsch! Danke, dass ihr mitdenkt und euch Sorgen macht! Aber hier liegt jetzt ne Menge Arbeit vor uns und die muss gemacht werden.

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