Demonstration in Hoyerswerda zur Erinnerung an die rassistischen Pogrome vor 20 Jahren
Am gestrigen Tag demonstrierten etwa 300 Menschen, um an den Beginn der rassistischen Pogrome von Hoyerswerda vor 20 Jahren zu erinnern. Erneut nutzten mehrere dutzend regionale Nazis die Gelegenheit, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der antirassistischen Demonstration zu bepöbeln und mit dem Hitlergruß zu provozieren. Die erneute Untätigkeit der sächsischen Polizei zeigt einmal mehr, dass sich an der Situation zu damals kaum etwas verbessert hat und kritische Stimmen aus der Politik als bloße Lippenbekenntnisse zu verstehen sind. Schon vor fünf Jahren hatte sich der Polizeieinsatz vor allem gegen die aus den umliegenden Städten angereisten Antifaschistinnen und Antifaschisten gerichtet.
Mit einer Demonstration erinnerten am Samstag 300 Menschen an den Beginn der rassistischen Pogrome im September 1991 in Hoyerswerda. Während der rassistischen Krawalle vor genau 20 Jahren waren in der nordostsächsischen Stadt insgesamt 32 Menschen verletzt worden. Dem "ersten Pogrom nach 1945" (Joschka Fischer) sollten ein Jahr darauf die weltweit bekannt gewordenen Übergriffe auf ein von vietnamesischen Vertragsarbeitern bewohntes Haus im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen folgen. Während der Ausschreitungen im Sommer 1992 hatten mehrere hundert Randalierer unter den Augen tausender Menschen tagelang die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber in Mecklenburg-Vorpommern mit Steinen und Brandsätzen attackiert.
Wie sich Hoyerswerda innerhalb von 20 Jahren gewandelt hat, erlebten drei Betroffene des rassistischen Pogroms von 1991 am eigenem Leib. Mit einem Kamerateam und der Initiative "Pogrom 91" besuchten die ehemaligen Vertragsarbeiter ihr damaliges Wohnheim in der Albert-Schweitzer-Straße. Es dauerte keine 10 Minuten bis BewohnerInnen des Hauses vor die Tür kamen und die drei Betroffenen auf das übelste rassistisch beleidigten und bepöbelten. Über 20 Minuten beschimpften die Hausbewohner die Männer aus Mosambik und Ghana mit Worten wie "Bimbo", "Neger" und imitierten Affenlaute. Die alamierte Polizei forderte nach ihrem Eintreffen erst das Kamerateam auf, ihre Aufnahmen zu beenden, bevor sie tätig wurde.
Bereits im Vorfeld der Demonstration war es zu mehreren Unzumutbarkeiten gekommen. Der 17. September 2011 wurde zum "Tag der Heimat" erklärt, einer jährlichen Veranstaltung des revanchistischen "Bundes der Vertriebenen" (BdV). Hierbei treffen sich jährlich die sogenannte Erlebnisgeneration, wie auch selbsternannte Historiker und andere Menschen, die die Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten nach dem Zweiten Weltkrieg mit Verbrechen der Nazis relativieren. Dabei ist ihnen prominente Unterstützung garantiert, so sprach sich Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU im Sachsenspiegel (17.09.11) dafür aus, der "Erlebnisgeneration Respekt zu zollen". Wegen der Veranstaltung des BdV sollte laut Ordnungsamt die Demonstration nicht am Lausitzer Platz in Hoyerswerda vorbeilaufen. Dagegen klagte der Versammlungsleiter Jens Thöricht und bekam Recht. "Die 700 Euro Prozesskosten wären eine tolle Anfangsspende für das geforderte Mahnmal an die rassistischen Pogrome gewesen.", so Thöricht gegenüber addn.me.
Eine Schweigeminute für Mike Zerna und Waltraud Scheffler, die Anfang der 90er Jahre in der Region von Nazis ermordet wurden, störten mehrere dutzend Nazis die Gedenkminute mit Parolen wie "Frei, Sozial und National“, zeigten den Hitlergruß und versuchten, die demonstrierenden Menschen anzugreifen. Auch nach dem Ende der Demonstration wurden die angereisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer immer wieder von Nazis bedroht. Bereits im Vorfeld hatten Nazis über Facebook zu Störaktionen aufgerufen. Ein Sprecher der Kampagne bezeichnete das Verhalten der anwesenden Polizei als "skandalös". Während die eingesetzten Beamtinnen und Beamten, DemonstrationsteilnehmerInnen "mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln[...] schikanierte", seien die "Nazis nicht davon abgehalten [worden], eine Gedenkminute für Ermordete rechter Gewalt mit Parolen und Hitlergrüßen zu stören".
Die mehrtägigen Ausschreitungen in Hoyerswerda hatten am 17. September 1991 mit Angriffen von Nazis auf vietnamesische Straßenhändler begonnen. In den folgenden Tagen wurde erst ein Wohnheim für Vertragsarbeiter angegriffen, indem die Fensterscheiben des Plattenbaus in der Albert-Schweitzer-Straße eingeworfen wurden. Am letzten Abend der rassistisch motivierten Krawalle zogen Nazis gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern der Stadt vor die Wohnungen der Asylsuchenden in der Thomas-Müntzer-Straße und warfen Molotow-Cocktails in das vor allem von mosambikanischen und vietnamesischen Vertragsarbeitern bewohnte Gebäude. Als Konsequenz aus den rassistischen Pogromen wurden in den darauffolgenden Tage alle verbliebenen 230 Vertragsarbeiter und Asylsuchenden aus der Stadt evakuiert. Ende 1991 wurde der Begriff "ausländerfrei" von der Gesellschaft für deutsche Sprache zum ersten Unwort des Jahres und damit zum Synonym für Hoyerswerda gewählt.
Weitere Artikel:
Interview mit dem Uwe-Karsten Heye: Als aus Parolen Brandsätze wurden
Interview mit zwei Asylbewerbern von 1991: "Viele habe ich erkannt"
Wie sich Hoyerswerda innerhalb von 20 Jahren gewandelt hat, erlebten drei Betroffene des rassistischen Pogroms von 1991 am eigenem Leib. Mit einem Kamerateam und der Initiative "Pogrom 91" besuchten die ehemaligen Vertragsarbeiter ihr damaliges Wohnheim in der Albert-Schweitzer-Straße. Es dauerte keine 10 Minuten bis BewohnerInnen des Hauses vor die Tür kamen und die drei Betroffenen auf das übelste rassistisch beleidigten und bepöbelten. Über 20 Minuten beschimpften die Hausbewohner die Männer aus Mosambik und Ghana mit Worten wie "Bimbo", "Neger" und imitierten Affenlaute. Die alamierte Polizei forderte nach ihrem Eintreffen erst das Kamerateam auf, ihre Aufnahmen zu beenden, bevor sie tätig wurde.
Bereits im Vorfeld der Demonstration war es zu mehreren Unzumutbarkeiten gekommen. Der 17. September 2011 wurde zum "Tag der Heimat" erklärt, einer jährlichen Veranstaltung des revanchistischen "Bundes der Vertriebenen" (BdV). Hierbei treffen sich jährlich die sogenannte Erlebnisgeneration, wie auch selbsternannte Historiker und andere Menschen, die die Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten nach dem Zweiten Weltkrieg mit Verbrechen der Nazis relativieren. Dabei ist ihnen prominente Unterstützung garantiert, so sprach sich Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU im Sachsenspiegel (17.09.11) dafür aus, der "Erlebnisgeneration Respekt zu zollen". Wegen der Veranstaltung des BdV sollte laut Ordnungsamt die Demonstration nicht am Lausitzer Platz in Hoyerswerda vorbeilaufen. Dagegen klagte der Versammlungsleiter Jens Thöricht und bekam Recht. "Die 700 Euro Prozesskosten wären eine tolle Anfangsspende für das geforderte Mahnmal an die rassistischen Pogrome gewesen.", so Thöricht gegenüber addn.me.
Eine Schweigeminute für Mike Zerna und Waltraud Scheffler, die Anfang der 90er Jahre in der Region von Nazis ermordet wurden, störten mehrere dutzend Nazis die Gedenkminute mit Parolen wie "Frei, Sozial und National“, zeigten den Hitlergruß und versuchten, die demonstrierenden Menschen anzugreifen. Auch nach dem Ende der Demonstration wurden die angereisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer immer wieder von Nazis bedroht. Bereits im Vorfeld hatten Nazis über Facebook zu Störaktionen aufgerufen. Ein Sprecher der Kampagne bezeichnete das Verhalten der anwesenden Polizei als "skandalös". Während die eingesetzten Beamtinnen und Beamten, DemonstrationsteilnehmerInnen "mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln[...] schikanierte", seien die "Nazis nicht davon abgehalten [worden], eine Gedenkminute für Ermordete rechter Gewalt mit Parolen und Hitlergrüßen zu stören".
Die mehrtägigen Ausschreitungen in Hoyerswerda hatten am 17. September 1991 mit Angriffen von Nazis auf vietnamesische Straßenhändler begonnen. In den folgenden Tagen wurde erst ein Wohnheim für Vertragsarbeiter angegriffen, indem die Fensterscheiben des Plattenbaus in der Albert-Schweitzer-Straße eingeworfen wurden. Am letzten Abend der rassistisch motivierten Krawalle zogen Nazis gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern der Stadt vor die Wohnungen der Asylsuchenden in der Thomas-Müntzer-Straße und warfen Molotow-Cocktails in das vor allem von mosambikanischen und vietnamesischen Vertragsarbeitern bewohnte Gebäude. Als Konsequenz aus den rassistischen Pogromen wurden in den darauffolgenden Tage alle verbliebenen 230 Vertragsarbeiter und Asylsuchenden aus der Stadt evakuiert. Ende 1991 wurde der Begriff "ausländerfrei" von der Gesellschaft für deutsche Sprache zum ersten Unwort des Jahres und damit zum Synonym für Hoyerswerda gewählt.
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Ergänzungen
demo
als demonstartionsteilnehmerin war ich aber nicht nur von der schikanösen behandlung der polizei, der ignoranz und stumpfheit der anwohner_innen, der verdrängung seitens der politik und der brutalität der störenden nazis entsetzt sondern auch von der eklatanten nicht-präsenz der örtlichen und überregionalen antifa-gruppen. trotz wochenlanger mobilisierung und überall bekundetem schrecken und der empörung über die verhältnisse in der stadt haben nur wenige leute den weg nach hoyerswerda angetreten und damit letztenendes denen das wort geredet, die immer wieder betonen, dass eine aufarbeitung der pogrome nach 20 jahren nicht mehr nötig ist.
mit einer großen teilnehmer_innenzahl hätte die demonstration einiges mehr an aufmerksamkeit erzielt und den menschen solidarität bewiesen, die in der region immer noch tagtäglich mit den zuständen konfrontiert sind.
die opfer und betroffenen der damaligen und aktuellen übergriffe haben es außerdem verdient, nicht mit dieser deutschen scheiße allein gelassen sondern unterstützt zu werden.
hoyerswerda geht alle an!
also das nächste mal gefälligst den arsch hoch kriegen und da antifa-präsenz zeigen wo sie nötig ist.
deutsche Realitäten
Hoyerswerda - Das Pogrom und die Folgen
http://bea.blogsport.de/2011/09/17/20-jahre-pogrom-von-hoyerswerda/
Bürgermeister tritt nach......
Das Fest von dem dieser Mensch redet, nennt sich übrigens "Feuerfest" und wurde mit dementsprechenden Plakaten auch in der gesamten Stadt beworben, als Maskottchen dient ein kleines Feuermännlein.
Das vom Ort seiner Trauerstunde Nazis von der Polizei verjagd wurden die sich daraufhin am historischen Ort sammelten, erwähnt er auch nicht....
interview mit
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
@Moralist
noch zu erwähnen
aber zum text:
Offener Brief an die „Initiative Pogrom91"
wir möchten den Redebeitrag zurücknehmen, da wir die Aktion inhaltlich nicht mehr tragen können. Wir sind der Illusion verfallen, daß da und dort – z.B. bei einer solchen Aktion -, Ausnahmen im deutschen lande geben könnten. Leider ist dies nicht der Fall. Was hier veranstaltet wird, ist eine Rehabilitierung von Hoyerswerda. Dies ist uns leider erst spät, durch den ausführlichen und dankenswerterweise eindeutigen Beitrag „wie aus den TäterInnen Opfer werden…“, der auf eure Homepage am 12. Sept. erschien, deutlich geworden. Wir hatten uns nämlich abgewöhnt, linksdeutsche Werdegänge zeitnah zu verfolgen. Das nächste Mal werden wir besser aufpassen müssen.
Ihr wollt einen "breiten Widerspruch" unter eure Bevölkerung erzeugen. Ihr knüpft genau dort an, wo die autonome Demo vor 20 Jahren aufgehört hat: "Um eines klar zu machen, uns liegt es fern, allen Hoyerswerdaer Bürgern eine Kollektivschuld an dem rassistischen Pogrom und seiner fehlenden Aufarbeitung zu zuschreiben" (aus „wie aus den TäterInnen Opfer werden…“). Die „Brüche“ von damals sind nun bei euch zu „fehlende Aufarbeitung“ geworden. Geht’s noch? Ihr relativiert das Geschehene und die Verantwortung der Beteiligten, um sich mit der Bevölkerung nicht zu verscherzen.
Wir meinen, dass solange ihr mit euren Brüdern und Schwestern Diskurse führen wollt, sie oft als HoyerswerdaerInnen, BürgerInnen und Senioren, teils als Nazis und Rassisten zu differenzieren wißt, haben sie sich nicht und werden sich nicht, die Zustände in Hoyerswerda und anderswo in Deutschland, ändern. Nein, sie werden weiterhin das bleiben, was sie seit 20 Jahren sind. Erst wenn ihr bereit seid, eure innere Bande mit denen zu brechen, mit denen ihr vorgebt, nicht zu tun zu haben, aber in euren Erklärungen vorauseilend hofiert und nicht verschrecken wollt, erst dann wird sich womöglich der Verlauf der Zukunft zu unseren Gunsten ändern: wenn der gemeine Deutsche vor anderen gemeinen Deutschen Angst haben muss, weil er sich seiner Blutsbande nicht länger sicher sein kann. Solange ihr untereinander und voreinander diese Angst nicht habt, werden sich Menschen vor euch zu schützen wissen müssen. Wir, Nicht-Deutsche, müssen immer auf der Hut sein und zu jeder Zeit uns beeilen zu erkennen, in welchen Konstellationen ihr euch wann eventuell zusammenrottet und diese Konstellationen, Kollektive, Initiativen oder Pogromansammlungen eventuell für uns eine Gefahr darstellen. Diese Zustände mögen für euch, wie ihr es euphemistisch ausdrückt, untragbar sein, für eure Opfer enden sie mitunter tödlich.
Um uns nicht durch unsere Beteiligung (sei es auch nur durch einen Rede-Beitrag) der funktionale Komplizenschaft auszusetzen, nehmen wir den Beitrag zurück. Wir sind sicher, daß eure Aufforderung an die Bürger nach Beteiligung am öffentlichen Diskurs und darüber hinaus (!), mit Erfolg gekrönt wird, wie ihr es hofft: „Wir hoffen, daß wir mit unserer Arbeit einen kleinen Gegenpol zu diesen für uns untragbaren Zuständen setzen können und möchten noch einmal alle, die jenem Umgang mit den damaligen Ereignissen widersprechen, auffordern, sich am öffentlichen Diskurs in Hoyerswerda und darüber hinaus zu beteiligen.“ Eure Bürgernähe bekommt allerdings einen gruseligen Beigeschmack, wenn ihr ein paar Seiten weiter von den erneuten rassistischen Angriffen auf die ehemaligen Vertragsarbeiter, die kürzlich zu Besuch in Hoyerswerda waren berichtet. Es sind halt je nach Standpunkt zwei entgegengesetzte Konsequenzen die man daraus zieht.
Auch nach 120 Jahren: kein Vergeben, kein Vergessen!
Grüsse
Café Morgenland, 13. Sept. 2011
http://www.cafemorgenland.net/archiv/2011/201_09_14_offener_brief.htm
Es wäre mehr drin gewesen