Bildbericht: InnoPlanta-Forum und Aktionen

Aufklären statt Angst schüren! 08.09.2011 16:57 Themen: Biopolitik Ökologie

Am 5. und 6.9.2011 trafen sich die deutschen Gentechnik-Seilschaften beim wichtigsten Jahrestreffen, dem sogenannten InnoPlanta-Forum. Tagungsort war das Hofgut Üplingen, dass bis 2008 mit EU-Regionalförderungsmitteln als UN-Nachhaltigkeitsprojekt renoviert und dann von den Gentechnik-LobbyistInnen übernommen wurde. Auf dem Gelände entstand ein Schaugarten mit vielen gv-Pflanzen, die als Forschungsfelder vorgetäuscht und genehmigt wurden. Die Stiftung Braunschweiger Kulturbesitz (SBK), ein Konglomerat aus Stadt Braunschweig, Land Niedersachsen, Kirche und mehr stellte die Flächen zur Verfügung und baute nun auch das Tagungszentrum für die Seilschaftentreffen. Mit bunten Aktionen wehrten sich vor allem unabhängige AktistInnen und LandwirtInnen aus allen Teilen der Republik gegen das Treiben, während die Umweltverbände und meisten Teile grüner und anderen Parteien wie üblich durch Abwesenheit glänzten, wenn es um deutsche Gentechnik geht.

Der Ort des Geschehens wurde in diesem Jahr in einer spektakulären Nachtaktion von Unbekannten in einer offenbar beeindruckend strategischen Aktion von etlichen gv-Pflanzen, darunter einigen kompletten "Versuchs"feldern befreit - zwei Tage nach einer fast identischen Aktion am zweiten Viele-Felder-Zentrum nahe Rostock. Immer deutlicher wird sichtbar, wie tiefe Spuren diese direkten Aktionen hinterlassen. Die Verunsicherung in der nach Profiten gierenden Branche wächst, offenbar sehen sich die ProtagonistInnen mit dem Rücken zu Wand. Alltäglich sind Rückgriffe in triefenden Fundamentalismus bis hin zu Selbstvergleichen mit der Lage der Juden im Dritten Reich, dem Vorwurf des Faschismus an die KritikerInnen oder des inflationären Gebrauch von Terrorismusvorwürfen. erklären lassen. Das Ganze gehörte zum Vorspiel des InnoPlanta-Forum, denn dort sollte Klaus Ammann, der sich in bemerkenswertem Selbstmitleid und Geschichtsfälschung als "Genjude" bezeichnete, als einer der Hauptreder auftreten. Schwätzer von Terrorismus und Nazivergleichen erhielten die InnoPlanta-Preise.

Draußen vor dem Tor baute sich Protest auf. Die Fotos zeigen die verschiedenen Aktionen, die von unabhängigen GentechnikgegnerInnen getragen wurden - von KletteraktivistInnen bis zu bayrischen BäuerInnen. Die Vielfalt wehte wenigstens einen Hauch von Widerständigkeit durch die (wenigen) Üplinger Straßen, während sich die steuermillionen-vollgestopften Agrogentechnik-AnwenderInnen, ihre GeldgeberInnen, GönnerInnen und GenehmigungsdurchwinkerInnen im Hofgut versammelten. Statt eines umfangreichen Textes mögen die Fotos für sich sprechen.

Erstmals überhaupt dabei waren einige wenige FunktionärInnen der Grünen - eine bessere Kooperation ist vereinbart (mensch wird sehen ...). Die Umweltverbände zeigten erneut demonstrativ, dass deutsche Gentechnik für sie einfach kein Thema ist. Die vom Antiamerikanismus getriebene Reduzierung auf einen Monsantohass nützt halt den Spendenkonten mehr als ein Rangeln mit BASF, Bayer und KWS sowie den deutschen Parteien, Behörden und den Ministerien, von denen halt auch die Verbände erhebliche Fördersummen beziehen.

Spannend waren Reaktionen drumherum: Erstmals zeigten sich AnwohnerInnen deutlich kritisch gegenüber dem Millionengrab "Schaugarten" - und sogar Wachschützer, die auf die BioTechFarm aufpassten, äußerten sich lauthals über das "kranke System", dass jedes Jahr Millionen in eine Anlage stopft, die keinen Sinn ergäbe. Das macht Hoffnung, dass den SpielerInnen mit Natur, Gesundheit und Steuergeldern die Luft ausgeht.

Ein verwaltungsrechtliches Nachspiel wird eine Demonstration haben, die die GentechnikbefürworterInnen rund um den Zugang zum Tagungsgelände angemeldet hatten. Diesmal stellten sie (wie schon mal praktiziert) keine bezahlten Schilderhalter dorthin, sondern die Fläche blieb meist ganz leer - manchmal stand eine Person dort. Offenbar diente die Demo nur dazu, den Protest auf Distanz zu halten. Das aber ist versammlungsrechtlich nicht zulässig. Als GentechnikkritikerInnen die Fläche daher übernehmen wollten, behauptete die Versammlungsbehörden-Vertreterin, dass auch Demos ohne Personen zulässig und staatliche zu schützen seien. Schon Sekunden später schlugen und traten oberarmorientierte Uniformierte zu - ein zerbrochenes Megafon und eine Armverletzung knapp am Bruch vorbei waren die Folge.

Mehr Berichte

 

Vorträge zur Gentechnikkritik

  • Donnerstag, 29.9. um 19.30 Uhr in der WERKSTATT Mainz-Mombach, Strunkgasse 11: Ton-Bilder-Schau "Monsanto auf Deutsch - Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen"
    Kennen Sie Filme oder Bücher über Monsanto? Immer wieder wird einen intensiver Filz zwischen Konzern und Aufsichtsbehörden aufgedeckt. Doch St. Louis, der Firmensitz des Round-up- und Agent-Orange-Herstellers, ist weit weg. Wie aber sieht es in Deutschland aus? Warum werden hier Jahr für Jahr immer neue Felder angelegt, obwohl 80 Prozent der Menschen keine Gentechnik im Essen wollen? Warum fließen Steuergelder auch dieser 80 Prozent fast nur noch in die Gentechnik, wenn es um landwirtschaftliche Forschung geht? Der Blick hinter die Kulissen der Gentechnik mit ihren mafiosen Strukturen und skandalösen Zustände bei Genehmigungen und Geldvergabe bietet eine erschütternde Erklärung, warum die überwältigende Ablehnung und der gesetzlich eigentlich vorhandene Schutz gentechnikfreier Landwirtschaft (einschließlich Imkerei) gegenüber der grünen Gentechnik so wenig Wirkung hat. Denn: In den vergangenen Jahrzehnten sind alle relevanten Posten in Genehmigungsbehörden, Bundesfachanstalten und geldvergebenden Ministerien mit GentechnikbefürworterInnen besetzt worden. Die meisten von ihnen sind direkt in die Gentechnikkonzerne eingebunden. Mafiose Geflechte von Kleinstunternehmen und seltsamen Biotechnologieparks names Biotechfarm oder Agrobiotechnikum sind entstanden, zwischen denen Aufträge und Gelder erst veruntreut und dann hin- und hergeschoben werden, bis sich ihre Spur auf den Konten der Beteiligten verliert. Es wird Zeit für einen Widerstand an den Orten der Seilschaften.
    In der Veranstaltung werden minutiös die Seilschaften zwischen Behörden, staatlicher und privater Forschung, Konzernen und Lobbyorganisationen durchleuchtet. Jeweils eine Firma (BioOK), eine Behörde (BVL = Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit), das wichtigste Forschungszentrum AgroBioTechnikum (nahe Rostock) und der Lobbyverband InnoPlanta mit den jeweiligen Firmengeflechten werden vorgestellt. Am Beispiel eines kleinen Versuchsfeldes zeigt sich: Deutsche Genfelder sind nichts als Fördermittelbetrug, Schlamperei und der Wille, die Auskreuzung aktiv herbeizuführen.
    Um die Wut zu Entschlossenheit statt zur Ohnmacht zu wenden, bildet ein Ausblick auf Möglichkeiten des Widerstandes den Abschluss: "Wer nach mehr Forschung ruft oder sich auf staatliche Stellen verlässt, ist verlassen. Gentechnikfreiheit gibt es nur dann, wenn die 80 Prozent Ablehnung sich auch zeigen!".
    Der Referent, Jörg Bergstedt, ist Aktivist und Autor des Buches "Monsanto auf Deutsch", in dem die Gentechnik-Seilschaften beschrieben werden.
  • Donnerstag, 6.10., 11.30 Uhr im Verwaltungsgericht Braunschweig (Sitzungssaal 1): Mündliche Verhandlung zum Demonstrationsverbot auf dem Gelände des vTI an der Bundesallee. Geklagt hat der Demoanmelder (Jörg Bergstedt). Er will, dass das bundeseigene Gelände für Demonstrationen betreten werden darf - sonst könnten sich ja wichtige Bundesbehörden sowie z.B. Genversuchsfelder einem öffentlichen Protest entziehen.
  • 26.10. ab 9 Uhr in München: Demonstration von VerbraucherInnen zusammen mit Landwirten und Züchtern öffentlich vor dem Europäischen Patentamt in München (Erhardtstr. 27). Bitte besuchen Sie auch die öffentliche Anhörung am am 8. November 2011 am EPA.
  • Donnerstag, 3.11., 19 Uhr in Osnabrück (Kulturzentrum Lagerhalle): Ton-Bilder-Schau "Monsanto auf Deutsch - Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen"
  • Freitag, 4.11. in Wuppertal (Näheres folgt): Ton-Bilder-Schau "Monsanto auf Deutsch - Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen"
  • Samstag, 5.11. in Düsseldorf Jahrestagung 2011der Coordination gegen Bayer-Gefahren unter dem Motto "Gentech-Mafia: Die Seilschaften von BAYER, MONSANTO und Co."
    Umweltzentrum Düsseldorf, Merowinger Straße 88, Düsseldorf-Bilk
    ab 9.30 Uhr Anmeldung
    10.00 Uhr Begrüßung: Uwe Friedrich, Stadtplaner, Coordination gegen BAYER-Gefahren
    10.10 Uhr Ton-Bilder-Schau „Monsanto auf Deutsch - Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen“: Jörg Bergstedt, Ökoaktivist, Feldbefreier und Buchautor, Projektwerkstatt Saasen
    12.00 Uhr Nachfragen und Diskussion
    12.30 Uhr Mittagspause
    14.30 Uhr LibertyLink, Patente und Auskreuzungen: Gentechnik bei BAYER: Philipp Mimkes, Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.
    15.00 Uhr Nachfragen und Diskussion
    15.30 Uhr Pause
    15.45 Uhr Konzernkritik in Gefahr: Finanzkrise der CBG: Axel Köhler-Schnura, Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.
    16. 30 Abschlussdiskussion ++ Ende gegen 17 Uhr
    ANMELDUNG und weitere INFOS: Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): CBGnetwork@aol.com, Tel 0211 - 33 39-11, Fax -40
    Eintritt frei (Spende erbeten)
  • Sonntag, 6.11. in Düren (Näheres folgt): Ton-Bilder-Schau "Monsanto auf Deutsch - Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen" (Veranstalter: BUND)
  • Montag, 7.11. um 19.30 Uhr in Köln (Ateliergemeinschaft "Irgendwas mit Kunst", Leyendeckerstr. 16, 50825 Köln ++ U-Bahnlinien 3+4 Haltestelle Leyendeckerstr.): Ton-Bilder-Schau "Monsanto auf Deutsch - Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen"

In Planung sind zudem Veranstaltungen "Monsanto auf Deutsch" Ende Oktober in Freiburg und in der Schweiz sowie Ende November/Anfang Dezember in Bayern.

 

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Ergänzungen

Verfassungsklage der Gentechnikbefürworter

Bio-Okay 08.09.2011 - 17:09

Wer nun dachte, das Verfahren in Saarbrücken würde mehr Ruhe bringen, sah sich getäuscht. Ganz im Gegenteil - zum einen ließen Rehberger, Schrader und Schmidt nicht locker und reichten Verfassungsklage ein. Tenor: Meinungsfreiheit dürfte nicht wichtiger sein als die Ehre eines Landtagsabgeordneten! Der Beklagte Autor und Referent der Ton-Bilder-Schau "Monsanto auf Deutsch" erwiderte ...

Längerer Textbericht

Horst Ammann 10.09.2011 - 00:42