Wahlanfechtung 2009 Gefangene klagen

Thomas Meyer-Falk 31.08.2011 11:33 Themen: Blogwire Repression
Am 26.08.2011 wurde beim Bundesverfassungsgericht ( http://www.bverfg.de/) eine Wahlprüfungsbeschwerde gegen die Gültigkeit der Wahlen zum Bundestag im Jahre 2009 eingereicht. Bis zum 26.08. hatten schon 142 Bürgerinnen und Bürger durch „Beitritt zur Wahlprüfungsbeschwerde“ die Einreichung durch Unterschrift unterstützt; neben vielen Gefangenen vor allem auch Menschen außerhalb von Haftanstalten.
Zur Vorgeschichte


Auch Gefangene dürfen in Deutschland wählen. Nachdem jedoch die Teilnahme an Wahlen nur kostenpflichtig ermöglicht wurde, darüber hinaus entgegen § 8 Bundeswahlordnung in keiner einzigen Justizvollzugsanstalt ein „beweglicher Wahlvorstand“ eingerichtet wurde (dabei würde für wenige Stunden eine Art Wahllokal in einem Raum der jeweiligen Haftanstalt eingerichtet), legte ich 2009 Einspruch gegen die Gültigkeit der Bundestagswahlen ein.


Beschluss des Bundestages


Am 07.07.2011 (Drucksache 17/6300, Anlage 3; abrufbar unter  http://www.bundestag.de/) wurde seitens des Bundestages der Einspruch zurückgewiesen. Weder der Wahlprüfungsausschuss noch das Plenum des Bundestages wollten in oben erwähnten Punkten Wahlfehler erkennen.


Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht


Die Entscheidung des Bundestages kann mit Beschwerde (vgl. § 48 Bundesverfassungsgerichtsgesetz) angefochten werden. Wobei die Beschwerde nur zulässig ist, wenn ihr mindestens 100 Wahlberechtigte beitreten, d.h. die Beschwerde durch Unterschrift unter eine gesonderte Beitrittserklärung unterstützen.
Dieses Quorum wurde übertroffen. Bis zum 26.08.2011 haben 142 WählerInnen die Beschwerde unterstützt.

Anwaltlich wird die Beschwerde vertreten und betreut durch den Berliner Rechtsanwalt Dr. Jan Oelbermann ( http://www.heischel-oelbermann.de/), der erst kürzlich bei Professor Dr. Feest (http:/www.strafvollzugsarchiv.de/) an der Universität Tübingen seine Dissertation erfolgreich verteidigte. Sein Promotionsthema beschäftigte sich mit dem Wahlrecht von Inhaftierten.

Herr Professor Dr. Feest zählt im Übrigen zu jenen Wahlberechtigten, die die Beschwerde durch Unterzeichnung des Beitritts unterstützen.

Gerügt werden in der am 26.08.2011 eingereichten Beschwerde die Verletzung von elementaren Wahlrechtsgrundsetzen, namentlich des Grundsatzes der freien Wahl, sowie der Gleichheit der Wahl.

Noch kurz vor der Bundestagswahl 2009 hatte die LINKE im Bundestag, vertreten durch MdB Ulla Jelpke, in einer Pressemitteilung exemplarisch die Justizvollzugsanstalt Bruchsal aufgefordert, die Inhaftierten bei der Ausübung ihres Wahlrechts zu unterstützen und nicht zu behindern. Der Aufruf stieß auf keinerlei Reaktion seitens der Anstalt.

Nun bleibt abzuwarten, wie das Bundesverfassungsgericht das Wahlrecht von Gefangenen gewichten wird.



Thomas Meyer-Falk, z.Zt. JVA – Z. 3113
Schönbornstr. 32
76646 Bruchsal
 http://www.freedom-for-thomas.de
 http://freedomforthomas.wordpress.com


vgl. zu o.g. Thema auch meinen Beitrag unter
 http://de.indymedia.org/2011/08/313762.shtml
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Ergänzungen

Korrektur

zum Artikel 02.09.2011 - 11:37
Unter der Zwischenüberschrift "Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht" hat sich ein Fehler eingeschlichen:
Herr Dr. Oelbermann hat seine Dissertation nicht in Tübingen, sondern in Bremen verteidigt.