[B] Mieter/innen geben Gysi Widerspruch

Karl A. 10.08.2011 19:51 Themen: Freiräume Soziale Kämpfe
DIE LINKE macht Wahlkampf mit Gregor Gysi im Alt-Treptower Kunger-Kiez, gekommen sind aber nicht nur Gysi-Fans und Partei-Nasen, sondern auch wütende Mieter/innen aus dem Kiez. Gysi kontert mit absurden Argumentationen, warum DIE LINKE nicht die Politik macht, die sie immer im Wahlkampf ankündigt.
Keine Berliner Partei nervt im Berliner Wahlkampf so sehr mit ihrer vorgeblich mieterfreundlichen Politik wie DIE LINKE. Seit neun Jahren an der Regierung, an Privatisierungen, der Verarschung von Sozialmieter/innen und allgemein neoliberaler Wohnungspolitik beteiligt, gibt sie sich auf Plakaten wie eine Oppositionspartei, die mit allem bisher nichts zu tun hatte. ("Mieter vor Wildwest schützen" usw.)

Das durften auch die Besucher/innen einer Wahlkampfveranstaltung der LINKEN am Mittwoch abend in Alt-Treptow erleben. Die eher farblose LINKEN-Sozialstadträtin Ines Feierabend hatte sich extra Gregor Gysi geangelt, um von seiner Popularität was abgefärbt zu bekommen. Doch auch die lokale Kiez-Initiative "Karla Pappel Initiative gegen Mietpreiserhöhungen und Verdrängung Alt-Treptow" hatte ins Café Provinz geladen, und so waren nicht nur LINKEN-Mitglieder und Gysi-Fans, sondern auch 20 bis 25 besorgte und erzürnte Mieter/innen erschienen, durch deren Spalier die Parteileute gehen mussten, um ins Café zu gelangen.

Drinnen durfte zunächst Ines Feierabend den anwesenden Rentner/innen Honig ums Maul schmieren und sich Selbstlob für ihre eigene Arbeit erteilen, bevor Gysi eine gefühlte Stunde lang auf die "Frage" antwortete, warum mensch nun DIE LINKE wählen sollte. Er gab zu verstehen, dass die Berliner Partei sich in ihrer Regierungszeit nicht gerade mit Ruhm bekleckert hätte, nun aber in der nächsten Legislaturperiode alles besser machen wollen. (Ja. Sicher.)

Einziges verbliebenes Argument Gysis für DIE LINKE war, dass sie wenigstens authentisch links sei. Deswegen gab er auch recht abenteuerliche Argumentationen zum Besten, als er aus dem Publikum zu den Themen Privatisierung der städtischen Wohnungsunternehmen und der Berliner Wasserbetriebe zur Rede gestellt wurde. Kaum zu glauben aber wahr: An allen Schandtaten der rot-roten Koalition seien in Wirklichkeit die Oppositionsparteien CDU, FDP und Grüne schuld gewesen, die den Senat so sehr vor sich her getrieben und vor keine andere Wahl gestellt hätten als zu privatisieren.

Wenn sich DIE LINKE also bereits im Wahlkampf als Pseudo-Oppositionspartei geriert, und Gysi nun nahe legt, aus der Opposition lasse sich ohnehin viel wirksamer regieren...

Aber kommen wir zum Fazit des Abends: Der LINKEN ist es nicht gelungen, ihre Selbstbeweihräucherungsshow durchzuziehen, sie musste sich immer wieder für soziale Verbrechen ihrer Regierungszeit verantworten, die aus dem Publikum heraus benannt wurden. Ein gewandter Redner wie Gysi (Ines Feierabend blieb nach ihren ersten Worten stumm) lässt sich allerdings auch nicht in die Ecke drängen, zumal wenn er das Mikrofon in der Hand hat.

Nun wollen die Mieter/innen ja auch nicht Gysi überzeugen, sondern dem absurden Wahlkampf Sand ins Getriebe streuen und statt auf Parteien zu vertrauen selbst aktiv werden. Die LINKEN-Veranstaltung in Alt-Treptow war daher nur ein Auftakt für weitere Aktionen im Wahlspektakel, die ihren Höhepunkt (aber sicherlich nicht ihr Ende) in der großen Mietenstopp-Demonstration am 3. September finden werden.

Links:
Bericht auf dem Blog von Karla Pappel
Presseerklärung des Mietenstopp-Bündnisses
Infos zur Mietenstopp-Demonstration

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Ergänzungen