[ru] DPNI endgültig verboten

vmeste protiv fashizma! 10.08.2011 12:48 Themen: Antifa Weltweit
Am gestrigen 9. August wurde das Verbot der xenophoben Organisation und Sammlungsbewegung Dvizhenie Protiv nelegal'noi Immigrazii (Bewegung gegen nichtlegale Immigration, DPNI) durch das Moskauer Landgerichts aus dem April diesen Jahres [1] vom Obersten Gericht der Russischen Föderation endgültig bestätigt. Nach dem Verbot der militanten Naziorganisation Slavjanskij Sojuz [2] mit dem Großmaul Dmitrij Demushkin an der Spitze, die als Slavjanskaja Sila neugegründet wurde, wurde mit der DPNI die größte und aktivste nationalistische Organisation und Sammlungsbewegung als „extremistisch“ verboten, die das gesamte nationalistische Spektrum von Monarchist_innen über klerikale Fundamentalist_innen bis zu militanten Nazis integrieren konnte. Somit tritt das Verbot in Kraft und verbietet jede Betätigung der Mitglieder_innen der DPNI und ihrer Symphatisant_innen innerhalb der Organisationsstrukturen.
Nach der Entscheidung des Obersten Gerichts erklärte laut Interfax [3] Vladimir Ermolaev, einer der Führer der Organisation, das Ende der DPNI. Außerdem rief er dazu auf, daß „neue Kräfte, neue Ideen neue Projekte und Organisationen“ initiiert werden sollen. Auf der Seite der Organisation werden die Pläne konkretisiert. In einem Artikel wird eine „innernationale Konsolidierung“ gefordert. Aus diesem Grund sollen „regionale Gruppen, Klubs und Organisationen“ gegründet werden. Außerdem wird empfohlen sich vermehrt finanziell und kulturell in der russischen Zivilgesellschaft zu engagieren. Das Ziel wird wie folgt umrissen:

„Unsere Aufgabe ist es eine reale Macht auf der Straße zu werden, unmittelbarer am Russischen Volk zu sein. Unsere Aufgabe ist Einigkeit zu zeigen und eine Alternative anzubieten! Die russische Alternative!“

Trotz der Anwesenheit von Unterstützer_innen der DPNI, die zu einer Soli-Kundgebung vor das Gericht gekommen waren, und der Beteiligung anderer nationalistischer Organisationen äußerten sich offizielle DPNI Füher_innen nicht öffentlich zu neuen Plänen. Von einem vereinigten Bündnis der nationalen Kräfte war bis auf Erklärungen von Demushkin nicht die Rede. So scheiterte das Bemühen des neugegründeten Bündnis „Russkie“ (Russen) [4] des ehemaligen DPNI-Führer Aleksandr Belov (Potkin) und Demushkin für eine nationale Einheitsbewegung erneut.

Aleksandr Baranovskij von der Nazi-Gefangenenorganisation „Russkij Verdikt“ (RV), der bei fast allen Prozessen unter Beteiligung von Nazis anwesend ist, brachte die Entscheidung laut Interfax in einer Pressekonferenz mit den fremdenfeindlichen Pogromen im Dezember 2010 auf dem Moskauer Manegeplatz und in anderen russischen Städten sowie der Verurteilungen im Mordprozess um die Tötung von Stanislav Markelov und Anastasja Baburova [5] in Zusammenhang. Die Beschuldigten Nikita Tichonov, ein militanter Nazi, langjähriger Redakteur des nationalistischen Magazins „Ruskij Obraz“, Gründungsmitglied der gleichnamigen Organisation und in den russischen Blood & Honour Strukturen vernetzt, sowie die vermeintliche „Menschenrechtlerin“ Evegenija Chasis wurden trotz einer massiven und aufwendigen Kampagne von RV zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Außerdem führten die Ereignisse auf dem Manegeplatz nicht zu einer differenzierten Auseinandersetzung mit xenophoben Tendenzen in der russischen Gesellschaft, sondern zu einer verstärkten Propagierung eines staatsbürgerlichen Nationalismus durch die regierenden politischen Akteure, der an eine „nationale Einheit“ jenseits ethnischer Ausgrenzungen appelliert, wobei Menschen aus den Kaukasischen Regionen weiter als „unrussisch“ und „nichtslawisch“ ausgeschlossen werden.

Mit dem Verbot ist das spektrenübergreifendes Projekt DPNI endgültig gestorben. Es ist allerdings zu befürchten, daß die Protagonist_innen und Strukturen regional weiter existieren werden. Die Gefahr, die von nationalistischen und (neo-) nationalsozialistischen Gruppen ausgeht, ist durch das Verbot nicht geschmälert worden. Militante Nazis prügeln und töten weiter. Terroristische Zellen agieren unabhängig von legalen Strukturen, sind aber zumindest finanziell von Symphatisant_innen auch in der DPNI abhängig und deshalb womöglich trotzdem eingeschränkt. Nicht vergessen werden darf aber, daß schon nach dem Verbot der größten Nazi-Organisation Russkoje Nazional'noe Edinstvo (RNE) mit paramilitarischen und zum Teil terroristischen Gruppen zwar die Bewegung zerplitterte sich jedoch in neuen Organisationen wie dem Slavjanskij Sojuz von Demushkin und der DPNI schnell wieder sammeln konnte.

Die DPNI darf mit dieser Entscheidung nicht mehr öffentlich auftreten. Offizielle Anmeldungen von Kundgebungen und Demonstrationen sind nicht mehr möglich. Damit könnte die Durchführung des sogenannten landesweiten „Russischen Marsches“, an dessen Organisation die DPNI und der Slavjanskij Sojuz maßgeblich beteiligt sind und waren, am 4. November massiv gefährdet sein und womöglich erstmals seit 2005 nicht stattfinden. Oder die Bewegung „Russkij Obraz“ und ihre Verbindungen sowohl zu Autonomen Nationalist_innen, Freien Nazis, klerikalen Nationalist_innen und zu kremlnahen Organisationen übernimmt die Organisation. Sehr viel wahrscheinlicher ist aber, daß die staatsloyalen Jugendorganisationen nun konkurrenzlos staatlich geförderte „Russische Märsche“ veranstalten können.

[1] siehe  http://de.indymedia.org/2011/04/304584.shtml
[2] siehe  http://de.indymedia.org/2011/02/300577.shtml
[3] siehe  http://www.interfax.ru/politics/txt.asp?id=202828
[4] siehe  http://de.indymedia.org/2011/04/305254.shtml
[5] zum Mord an Markelov und den Täter_innen siehe  http://aka.blogsport.de/2009/11/27/die-moerder-von-markelov-und-baburova
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Ergänzungen

@Juri

ich 13.08.2011 - 08:20
Ist richtig, diese alberne Kommi-Hakenkreuzfahne (also rot mit weißem Loch und halt statt Swastika Hammer und Sichel mittendrin) ist das offizielle Parteiemblem. Nur dass die Partei ja schon längst verboten ist. Und deswegen kriegst Du das in Russland auf der Straße praktisch nicht mehr zu sehen. Auf den Flyern, die die Nazbols so verteilen, hab ich immer nur diese schwarz-gelb-weiße Fahne gesehen (oder schwarz-grau-weiß, wenn's für farbige Flyer nicht reicht), sie schwenken solche Fahnen und verwenden diese Farben sogar als Hintergrund für ihre Transpis.

Aber dass Du die Naschi für ne antifaschistische Organisation hältst, spricht echt Bände. Das ist einfach die Putin-Jugend, immer zur Stelle, wenn der Staat irgendwelche hilfreichen Dödel braucht. Wenn Oma Sergejewna ne Mahnwache für die Menschenrechte abhalten will, ist der Platz, wo sie's anmeldet, plötzlich von irgendner Naschi-Veranstaltung belegt (und wenn's bloß zum Schneemannbauen ist). Bei der letzten Wahl haben die Naschi Busse organisiert und ihre Leute von einem Wahllokal zum anderen kutschiert, um mehrfach abstimmen zu können. So diese Liga ist das. Die russische Antifa ist was komplett anderes als dieser Verein!

Fakten, Fakten, Fakten

Juri 13.08.2011 - 17:51
@ vmeste protiv fashizma!

So wie immer sind deine Beiträge nicht ganz bei der Wahrheit!


vmeste protiv fashizma!: "DPNI die größte und aktivste nationalistische Organisation und Sammlungsbewegung als „extremistisch“ verboten, die das gesamte nationalistische Spektrum von Monarchist_innen über klerikale Fundamentalist_innen bis zu militanten Nazis integrieren konnte."

Die DPNI gilt bei russischen Neonazis als verpönt, weil dort auch Tataren mitmachen. Es ist eine Russländische Organisation und somit offen für alle Russländer, unabhängig von der Ethnie. Diese Differenzierung sollte man im Auge behalten. Bei Front National sind ja auch Migranten auf Afrika dabei, weswegen Front National keine Neonazi-Vereinigung sein kann.


vmeste protiv fashizma!: "Außerdem führten die Ereignisse auf dem Manegeplatz nicht zu einer differenzierten Auseinandersetzung mit xenophoben Tendenzen in der russischen Gesellschaft, sondern zu einer verstärkten Propagierung eines staatsbürgerlichen Nationalismus durch die regierenden politischen Akteure, der an eine „nationale Einheit“ jenseits ethnischer Ausgrenzungen appelliert, wobei Menschen aus den Kaukasischen Regionen weiter als „unrussisch“ und „nichtslawisch“ ausgeschlossen werden."

Kann ich bitte mal eine Quelle haben, wo staatlicherseits der Russländische Patriotismus die Kaukasier als unrussisch ausschließt. Ich will keine Polemik von einzelnen Idioten sehen, die wegen ihren Äußerungen gefeuert wurden, sondern Aussagen, die in deinen Augen die Staatsräson sind. Ich wette drauf, dass du so eine Quelle nicht hast. Aber totzdem ein Lob an dich, weil deine Texte früher deutlich mehr anti-russische Propaganda beinhaltet haben.


vmeste protiv fashizma!: "Mit dem Verbot ist das spektrenübergreifendes Projekt DPNI endgültig gestorben. Es ist allerdings zu befürchten, daß die Protagonist_innen und Strukturen regional weiter existieren werden. Die Gefahr, die von nationalistischen und (neo-) nationalsozialistischen Gruppen ausgeht, ist durch das Verbot nicht geschmälert worden. Militante Nazis prügeln und töten weiter."

Es ist immer zu begrüßen, wenn die Russische Föderation etwas gegen rechte Strukturen macht. Was soll Russland denn noch alles machen, deiner Meinung nach? Ich würde mich eher fragen, warum die Antifa-Szene dort so wenig auf die Reihe kriegt. Und deine Analyse lässt wie immer zu Wünschen übrig. Die Neonazis in Russland wollen ihren Kampf vemehrt gegen den Staat führen. Allein schon deswegen würden ein paar mehr Migranten und Antifas mit dem Leben davon kommen.


vmeste protiv fashizma!: "Sehr viel wahrscheinlicher ist aber, daß die staatsloyalen Jugendorganisationen nun konkurrenzlos staatlich geförderte „Russische Märsche“ veranstalten können."

Und was soll daran so schlimm sein? Die staatsloyalen Naschi sind eh anti-faschistisch. Wäre es dir etwa lieber, wenn es nicht so wäre? Folgendes Video ist vom russischen Marsch. Die Naschi sind die mit der roten Fahne und dem weißen Andreaskreuz. Die Nazis sind die mit der schwarzgelbweißen Trikolore, die für das alte Russische Imperium steht.

 http://www.youtube.com/watch?v=c8aMsUZO5Uw

@ Juri

Archivar 14.08.2011 - 13:59
Na OK, dann muss ich das wohl selber machen. Aber was ich Dir direkt sagen kann, Juri, ist, dass das Video, dass Du da verlinkst, ein Reklamevideo der "Naschi" ist und mit der Realität entsprechend wenig zu tun hat. Es ist schön, dass deren Führung es offenbar für wichtig hält (oder zu einem bestimmten Anlass einmal für wichtig gehalten hat), sich als explizit antirassistisch darzustellen, aber mehr kannst Du daraus nicht ableiten. Schon wenn Du Dich durch die Videos über die "Naschi" klickst, die auf der youtube-Seite empfohlen werden, wenn Du dieses Reklameteil aufrufst, bietet sich ein anderes Bild (sogar bei den Sachen, die von den Naschi selber reingestellt wurden): Teils plattester Nationalismus, wenn auch oft antifaschistisch verbrämt, indem einfach sämtliche innen- und außenpolitischen GegnerInnen der russischen Regierung als Nazis dargestellt werden (ohne das irgendwie inhaltlich zu begründen).

So, und nun die Kritik von Chernjak und Paul:

@ juri
chernjak 11.08.2011 - 00:58
Bist Du naiv oder staatlich beauftragt?

Juri: Die DPNI gilt bei russischen Neonazis als verpönt, weil dort auch Tataren mitmachen. Es ist eine Russländische Organisation und somit offen für alle Russländer, unabhängig von der Ethnie. Diese Differenzierung sollte man im Auge behalten. Bei Front National sind ja auch Migranten auf Afrika dabei, weswegen Front National keine Neonazi-Vereinigung sein kann.

Hitler hatte auch eine Rumänenarmee. Entscheidend ist nicht, wer (theoretisch) mitmachen darf, sondern die Ziele, Vorgehensweise und Feindbilder einer Organisation. Die NPD in Deutschland hat auch Typen wie Batic (ganz zu schweigen von unseren "volksdeutschen" Miteinwanderern) und ist trotzdem ganz klar eine fremdenfeindliche neonazistische Partei.

Juri: Kann ich bitte mal eine Quelle haben, wo staatlicherseits der Russländische Patriotismus die Kaukasier als unrussisch ausschließt. Ich will keine Polemik von einzelnen Idioten sehen, die wegen ihren Äußerungen gefeuert wurden, sondern Aussagen, die in deinen Augen die Staatsräson sind. Ich wette drauf, dass du so eine Quelle nicht hast. Aber totzdem ein Lob an dich, weil deine Texte früher deutlich mehr anti-russische Propaganda beinhaltet haben.

Russlands Politiker sind nicht dumm. Sie erzeugen oder nähren ohne es klar auszusprechen ebendiesen Kaukasierhass. Für ein kleines Beispiel musste ich nicht lange recherchieren:

 http://www.youtube.com/watch?v=HJ5Ry5jRZpY (russ.)

Juri: Es ist immer zu begrüßen, wenn die Russische Föderation etwas gegen rechte Strukturen macht. Was soll Russland denn noch alles machen, deiner Meinung nach? Ich würde mich eher fragen, warum die Antifa-Szene dort so wenig auf die Reihe kriegt.

Die Russische Föderation hat meines Erachtens nach eigene "rechte Strukturen" geschaffen. Wer diese angreift wird verfolgt, ganz gleich ob er nun Nazi, Linker, Künstler, Journalist, Oligarch, Terrorist oder sonst was ist. Und die Antifa-Szene wird staatlicherseits gedrückt (z. B. durch zahlreiche Übergriffe der Miliz auf alternativ Aussehende) und hat nicht im entferntesten so viel Spielraum wie in Deutschland. Noch dazu sind die Neonazis besser aufgestellt und verfügen über enormen Rückhalt in der patriotisch aufgeputschten Bevölkerung.

Juri: Die Neonazis in Russland wollen ihren Kampf vemehrt gegen den Staat führen. Allein schon deswegen würden ein paar mehr Migranten und Antifas mit dem Leben davon kommen.

Wie das aussieht, haben wir jüngst in Schweden gesehen.

Juri: Die staatsloyalen Naschi sind eh anti-faschistisch. Wäre es dir etwa lieber, wenn es nicht so wäre? Folgendes Video ist vom russischen Marsch.

Was bitte ist an den Nashisten nicht faschistisch? Antifaschismus besteht nicht eben darin, sich mit einem schwarzen Rapper zu schmücken. Straff in Abteilungen organisiert und immer im Einheitslook sorgen sie mal mit Schlägern für Ordnung auf der Straße, mal werden in den Sommerlagern Oppositionspolitiker verunglimpft. (Belege kannst Du selber googeln.) Während die "Gruppenführer" gesellschaftliche Privilegien genießen, bleiben für das "Fußvolk" nur patriotische Parolen und organisierte Aufläufe.

Dein Video war bisschen kurz, ich empfehle das hier:
 http://www.youtube.com/watch?v=x2v6IjBkaVM (russ.)


Ach Juri...
Paul 11.08.2011 - 02:49
Ist Dir schon mal aufgefallen, dass Du in Russland auch mit russischem Pass zum "Illegalen" werden kannst - weil Du Dich nicht einfach so an einem anderen Wohnort anmelden kannst? Menschen aus Tschetschenien haben vielleicht russische Pässe, aber deswegen können sie sich noch lange nicht in Moskau oder St. Petersburg registrieren lassen. Und genau deswegen gehen die kleinen grauen Schmiergeldsammler in der Metro immer gezielt auf Menschen zu, die irgendwie "kaukasisch" ausschauen... Propiska? Haben Sie nicht? Da haben Sie ein Problem... aber wir sind keine Unmenschen (falls Sie zahlen können)... Ich bin in der Metro noch nie nach meinem Ausweis gefragt worden, obwohl ich jetzt nicht gerade unauffällig aussehe. Anderen Leuten passiert das ständig. Komisch, gelle.

Und der gemeine Haudraufstumpffascho fragt sowieso nicht danach, ob der "Chatsch" vor seiner Keule aus Tadschikistan oder aus Tschetschenien kommt, wahrscheinlich kennt er den Unterschied nicht mal.

Und die Naschi sind eine dämliche, aggressive Schafherde, die nix anderes gelten lässt als ihren Führer Putin, den duchowny lider nazii.

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