Die Mun – Sekte in Berlin 1987

Automat 05.08.2011 13:55 Themen: Antifa Freiräume Medien Repression
Vor 24 Jahren, am 8.August 1987, demonstrierten 1000 Mitglieder der Mun – Sekte in Kreuzberg gegen den Kommunismus und die Mauer. Daraus folgte ein Bruch zwischen TAZ und autonomer Szene, den der damalige TAZ Schreiber Gerd Nowakowski provozierte.
Zu der Demonstration hatte die CARP aufgerufen, eine Studentenorganisation der sogenannten "Vereinigungskirche", die auch als Mun-Sekte oder Moon-Sekte bekannt ist. CARP stehet hier für: C.A.R.P. Collegiate Association for the Research of Principles. Ihre Ausrichtung ist faschistisch und so zogen am 8.August 1987 ca. 1000 ihrer Mitglieder durch Kreuzberg zum Checkpoint Charlie. Diese kamen überwiegend aus Südkorea, Japan und USA.
Gegen den Aufzug protestierten 400 Antifas, Migranten und Autonome. Am Checkpoint Charlie griffen die Mun Leute und die erstmals eingesetzte EBLT der Berliner Polizei die Gegendemonstranten an, es gab viele Verletzte. Um den Eisenstangen der Faschisten zu entgehen flüchteten einige Menschen direkt vor die Mauer, dieser Streifen gehörte schon zur DDR. Von dort wurden sie schließlich von VOPOs vertrieben.

Am nächsten Tag erschien in der TAZ ein Artikel von Gerd Nowakowski, in welchem er behauptete die Autonomen hätten mit den DDR Grenztruppen zusammengearbeitet und müssten deshalb eigentlich von der Mun – Sekte eine Belohnung erhalten, weil sie damit für deren Propagandaerfolg gesorgt hätten. Diese völlige Verdrehung der Tatsachen war eine unglaubliche Verhöhnung der Opfer ( ein älterer Antifaschist lag mit 14fachem Beinbruch ein Jahr im Krankenhaus) und auch ein eklatanter Bruch der TAZ mit der ausserparlamentarischen Opposition, aus der sie stammte.

Der Artikel löste eine Leserbriefflut aus und einige Papiere aus dem linksradikalen Spektrum, von denen die TAZ aber nur Beiträge veröffentlichte, die die Autonomen als durchgeknallte Spinner darstellten. Gerd Nowakowski hatte sich also sehr unbeliebt gemacht, als er kurz darauf zu einer Häuserräumung in der Waldemar Straße auftauchte. Er wurde erkannt und verjagt, sein Auto mit Steinen beworfen. Kurz darauf brannte der Keller unter Nowakowskis Wohnung in Kreuzberg. Er behauptete sofort das Autonome ihn mit diesem Anschlag zum Schweigen bringen wollten und in der TAZ erschienen Artikel und Leserbriefe, die zur Verteidigung der Pressefreiheit gegenüber den Autonomen aufriefen.
Die Autonomen bekannten sich zu den Steinwürfen auf Nowakowskis Auto, bestritten aber jede Beteiligung an dem Brand seines Kellers. Selbst als ein Pyromane verhaftet wurde, der auch diesen Brand eingestand behauptete Nowakowski weiterhin, das Feuer sei von Autonomen gelegt worden; dass tut er bis heute übrigens.

Kreuzberg durchlebte Ende der 80er Jahre die erste Aufwertungswelle, gegen die sich Proteste formierten. Unter anderem wurde ein Luxusrestaurant in der Oranienstraße mit Kübeln voller Fäkalien zur Aufgabe gezwungen. Anläßlich dieser Kübelaktion entbrannte eine Diskussion über den Einsatz von Gewalt und die autonome Szene allgemein. Die TAZ und Nowakowski starteten eine Kampagne, in der die Autonomen als SA ähnliche Miliz dargestellt wurden, die Kreuzberg terrorisieren. Andere Medien sprangen auf.
Der Konflikt verschärfte sich, die TAZ heizte mit weiteren Falschmeldungen den Ruf nach Bürgerwehren an und es wurden Namen von angeblichen Aktivisten der autonomen Bewegung lanciert.
Gerd Nowakowski ging zur Polizei und beschuldigte namentlich Menschen mit militanten Aktionen in Verbindung zu stehen. Als diese Aussage bekannt wurde, geriet die TAZ in eine Krise, denn Denunziation bei der Polizei wurde weder von ihren MitarbeiterInnen noch den LeserInnen unterstützt. Nach einigem hin und her verließ Nowakowski die TAZ, inzwischen ist er beim Tagesspiegel gelandet.

Hier sind einige seiner Artikel beim Tagesspiegel:

 http://www.tagesspiegel.de/meinung/ein-ritual-wird-geschichte/4125248.html
 http://www.tagesspiegel.de/berlin/erstermai/ritual-und-geplapper/4122362.html
 http://www.tagesspiegel.de/meinung/kein-recht-auf-die-mitte/3946660.html
 http://www.tagesspiegel.de/berlin/stern-statt-sterni/3796282.html
 http://www.tagesspiegel.de/meinung/solidaritaet-mit-suffkoeppen/3788860.html
 http://www.tagesspiegel.de/meinung/alt-jung-frei-so-wird-die-justiz-zur-lachnummer/3695336.html
 http://www.tagesspiegel.de/meinung/geschlossenes-heim-in-berlin-/3678520.html
 http://www.tagesspiegel.de/meinung/berlin-braucht-geschlossene-heime-fuer-straffaellige-jugendliche/3623282.html
 http://www.tagesspiegel.de/meinung/liebe-migranten/1898898.html
 http://www.tagesspiegel.de/meinung/geschlossene-heime-mit-gebotener-ungeduld/1895526.html
 http://www.tagesspiegel.de/berlin/berlin-wird-dealer-familien-nicht-los/1889206.html
 http://www.tagesspiegel.de/meinung/mehr-haerte-wagen/1810064.html
 http://www.tagesspiegel.de/meinung/kommentare/die-pruegelknaben/1645104.html

Auch beim Fernsehsender TV Berlin hat Nowakowski eine eigene Sendung, so sieht das aus:
 http://www.tvbvideo.de/search/?q=gerd+nowakowski

Die Lieblingsthemen von Gerd Nowakowski sind offenbar: kriminelle Kinder, kriminelle Migranten, geschlossene Heime, 1.Mai, Autonome, Chaoten und Polizei. Dabei vertritt er eine Meinung, die jedenfalls sehr weit rechts erscheint und sich zufällig mit den Ansichten der Gewerkschaft der Polizei deckt. Der Wahrheitsgehalt seiner Beiträge ist sehr gering, typisch sind die Verdrehungen und Verzerrungen, die sich seit dem Artikel in der TAZ über die Demo der Mun – Sekte durch seine Werke ziehen.
Nun ist ja nicht nur das Informieren Auftrag einer freien Presse, auch die Meinungsbildung gehört dazu. Dabei ist die Frage, ob die Arbeit von Nowakowski nur polemisch ist oder bereits als „Staatsschutzjournalismus“ bezeichnet werden kann, zu stellen?
Der Tagesspiegel hat von den Berliner Zeitungen neben der TAZ die ausgedehnteste Kommentarfunktion und eine hohe Einschaltquote bzw. Auflage. Artikel im Tagesspiegel über die autonome Szene haben innerhalb kürzester Zeit Unmengen von Kommentaren. Diese stützen zu 95% die Meinung des jeweiligen Artikels. Sowohl Körting als auch Polizeipräsidenten und Verfassungsschützer zitieren in ihren Analysen und Interviews sowohl aus Nowakowskis Artikeln als auch den entsprechenden Kommentaren. Diese Zitate wiederum verarbeitet Nowakowski in seinen Texten. Wenn „Staatsschutzjournalismus“ als sich ständig gegenseitiges Bestätigen von Sicherheitsbehörden und Presse definiert wird, dann ist Gerd Nowakowski ein Staatsschutzjournalist.

Doch warum ist Nowakowski diesen Weg gegangen? Bis Anfang der 90er Jahre saß er sogar im
 http://www.netzwerk-selbsthilfe.de/ , eine Einrichtung die emanzipatorische Projekte fördert.
Aufklären lässt sich das wohl nicht mehr aber vielleicht müsste der Presse mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, wenn sie über linksradikale Politik berichtet.

Die Demonstration der Mun - Sekte war damit ein bestimmendes Element in der Entwicklung der Beziehungen zwischen TAZ und sozialen Bewegungen und wirkt in der Kontinuität der Arbeit von Nowakowski bis heute nach.
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Ergänzungen

taz artikel 2005

x 14.09.2011 - 15:54
Im Jahr 2005 gab Gerd Nowakowski ein Statement unter der Überschrift "Erst Realo, dann Radikalo" in der er eine kurzen Überblick zu seiner Geschichte mit der taz schreibt. Wunderlich ist, warum der Artikel in der taz erschienen ist, da er sie teils selber kritisiert. Im Artikel geht Gerd auf die "Angriffe" gegen ihn ein und behauptet achtzehn Jahre nach dem Vorfall: "Ich bekam Prügel, es gab einen Brandanschlag auf meine Wohnung, einmal bekam ich als "Warnung" scharfe Munition geschickt." Anscheinend leidet der Mann unter Gedächtnisverlust, anders kann man sich das gar nicht erklären.

Brigitte Fehrle

Name 14.09.2011 - 16:52
Im Film wird von einer taz-Mitarbeiterin gesprochen, namens Brigitte Fehrle, die sich in mehreren Artikeln gegen die damalige Autonome Szene äußerte und sie denunzierte. Nach sechs Jahren verließ sie die taz und ging 1990 zur Berliner Zeitung. Im Jahr 2006 hatte sie einen Kurzauftritt bei der Frankfurter Rundschau (SPD-nah, heute DuMont-Gruppe). Von da aus schaffte sie, 2007, den Sprung zu der liberalen Akademikerzeitung "Die Zeit". Nachdem der DuMont-Clan aus Köln die Mehrheit bei der Berliner Zeitung übernommen hatte, bekam sie eine Stelle als Chefredakteurin, die sie noch immer inne hat.
Das sie schon 1987/88 nicht wirklich journalistisches Wissen hatte, sondern aus Gerüchten, Tatsachen machte, passiert ihr anscheinend noch immer. In einem Zeit-Artikel beweißt sie dies auf ein neues. Ein Blogger nimmt dies zum Anlass sich über ihr journalistisches Wissen zu empören. [Quelle:  http://www.fixmbr.de/brigitte-fehrle-die-zeit-und-warum-lord-voldemort-in-form-von-oskar-lafontaine-wieder-auferstanden-ist/]
Allein ihre Biographie zeigt, was damals die meisten schon gesehen haben, das einfach ein gewisser Teil selber im politischen Machtgefüge mitspielen will und dies mit der damaligen Entsolidarisierung zwischen Teilen der taz und der autonomen Szene ihren beginn hatte.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 8 Kommentare

Filmabend zur Sache

Name 05.08.2011 - 14:08
Wir zeigen die Filme "Faustrecht in Kreuzberg" (BRD 1990) und "Lügen haben lange Beine" (BRD 1988). Beide Filme thematisieren die Hetze der Medien gegen die autonome Bewegung Ende der 80er Jahre.

Montag, 8.August, 21:00, Kadterschmiede, Rigaer 94, F-hain

.......

...... 05.08.2011 - 17:53
"Die Lieblingsthemen von Gerd Nowakowski sind offenbar: kriminelle Kinder, kriminelle Migranten, geschlossene Heime, 1.Mai, Autonome, Chaoten und Polizei."

...und die Hetze gegen die DDR.

Danke

Tim 05.08.2011 - 20:06
Vielen Dank für diesen informativen Artikel!

Lange ist es her

xxx 06.08.2011 - 10:53
trotzdem danke für den Artikel.

Top

Nicht-Berliner 06.08.2011 - 23:03
Das hab ich immer an der West-Berliner Szene hoch geschätzt, ihr Geschichtsbewusstsein. Danke!

Beinahe vergessen

Nicht-Berliner 06.08.2011 - 23:06
Beide Filme sind der Burner, besonders der "Lügen haben kurze Beine" von 1988. Das ist eine Gegendarstellung zu einem Monitor Bericht (glaub ich).

Unbedingt gucken, besonders die jüngeren Leute.

warum warum

fragesteller 12.08.2011 - 06:32
Ihr fragt: "Doch warum ist Nowakowski diesen Weg gegangen?"
Ja, warum nur ist er und tausende andere so einen Weg gegangen? Das wäre doch mal spannend. denn im grunde liefert ihr ausser aktuellen fakten nur den politisch-analytischen Stand der auch schon in dem Lügen-Film dargestellt wird.
Sagt doch mal was zur Erschöfung vieler, zum frustrierten Abgang und Ausstieg vieler... lest "Die kalte haut der Stadt" von Michael Wildenhain... etc.

Frage nicht beantwortet

Nicht-Berliner 13.08.2011 - 21:54
Du hast recht mit dem erschöpft- und frustriertsein. Michael Wildenhain hat dies in dem von dir beschriebenen Buch auch thematisiert, wie z.B. die Ritualisierung in der Szene. Aber das erklärt noch lange nicht, warum ein Ex-Linker zum "aufrechten" Rechten wird.