Razzia beim “Anführer” der nordsächs. NPD

Freundeskreis Gamma 25.07.2011 16:38 Themen: Antifa Blogwire



Genau 144 Nazis haben sich am 14. Mai 2011 an einem Naziaufmarsch in Berlin-Kreuzberg beteiligt, bedrohten dabei MigrantInnen und prügelten auf AntifaschistInnen ein. Auf die möglicherweise geplante Eskalation folgten am 6. Juli zwölf Hausdurchsuchungen, davon eine in Chemnitz und zwei im nordsächsischen Eilenburg. Wie nun bestätigt wurde, richtete sich eine der Polizeirazzien gegen Paul Rzehaczek.
Der 21-Jährige mit Wohnsitz in der Eilenburger Windmühlenstraße ist “Stützpunktleiter” der “Jungen Nationaldemokraten” (JN) Nordsachsen, Vorstandsmitglied des NPD-Kreisverbandes sowie Aktivist des “Freien Netzes” und des von Maik Scheffler geleiteten “Aktionsbüro Nordsachsen”. Er arbeitet mit beim “Nordsachsen-Versand” seines Vaters Kai Rzehaczek, der für die NPD im Eilenburger Stadtrat sitzt und Mitbetreiber der “Anti-Antifa”-Website “Recherche Mitte” ist.

GegendemonstrantInnen zusammengeschlagen

Mehrere Fotografien des Kreuzberg-Aufmarsches, die der GAMMA-Redaktion vorliegen, zeigen Rzehaczek junior in einer eindeutigen Situation: Kurz nachdem die versammelten Nazis durch einen Tunnel die Straßenseite gewechselt hatten, attackierten sie dort unter den Augen der überforderten Polizei durch Tritte und Hiebe mit Fahnenstangen vier Jugendliche, die sich als Gegenprotest auf die Straße gesetzt hatten. Mitten in der Angreifergruppe: Paul Rzehaczek.

Ebenfalls an dem Gewaltausbruch beteiligt war Rzehaczeks Kamerad und Nachbar Jens Heller, der auch der NPD-Jugendorganisation “JN” angehört. Weitere Bilder zeigen, wie der Gärtnerlehrling Heller einer am Boden liegenden Person in den Rücken tritt. Die Polizei ging erst nach einer Weile dazwischen. Festnahmen: keine.

Bei den Hausdurchsuchungen sei laut Polizei dennoch “zahlreiches Beweismaterial” – darunter Waffen – sichergestellt worden, Rzehaczek musste sich zudem einer “erkennungsdienstlichen Behandlung” unterziehen. Bekannt ist außerdem, dass weitere Nazis aus der Region am Aufmarsch teilgenommen haben, etwa die “Freies Netz”-Aktivisten Robert Böttger und Sebastian Oehme aus Borna, Rico Graulich aus Geithain und Felix Tonn aus Eilenburg. Unterstützung bekamen sie auch aus Leipzig: Von hier reisten Kevin Glöckner, Marco und Andreas Seydewitz sowie Marcel Wittig (“Heimattreues Leipzig”) an. Mit von der Partie war auch der wegen Körperverletzung vorbestrafte NPD-Landtagsmitarbeiter und Leipziger JN-Aktivist Istvan “Chemo” Repaczki.

Selbsteinschätzung: “Jungs in Schwarz mit dem doppelten Blitz”

Über den Twitter-Account des “Freien Netzes” wurde über den Aufmarsch sogar “live” berichtet (siehe Screenshot eins und zwei). “Ausländer raus”, hieß es dort, “Aktivisten überrennen linke Blockade” und “Leipzigs Widerstand unterstützt Demo”. Resümee der hiesigen Nazis vom Tag: “Nationale Sozialisten haben heute in Kreuzberg Ausländern, Gegendemonstranten und Staatsmacht die Leviten gelesen”.

Bei der Gelegenheit wurde auch ein Lied der Neonazi-Band “Stahlgewitter” (“Eine Division nach Kreuzberg”) zitiert, in dem es heißt:

“Meint Ihr nicht auch, dass es langsam reicht, / macht ganz Kreuzberg dem Erdboden gleich! / Eine Division nach Kreuzberg, eine Division in Schwarz. / Keine Gnade mehr für Kreuzberg, keine Gnade, / eine Division, und das war’s. […] Wir brauchen sie wieder, das ist kein Witz, / die Jungs in Schwarz mit dem doppelten Blitz.” [Gemeint ist das Signet der SS, eine doppelte Sig-Rune.]

In einem Bericht des “Aktionsbündnis Leipzig”, vermutlich aus der Feder Repaczkis, heißt es:

“Um auch in der deutschen Hauptstadt Berlin gegen Überfremdung und Ausländerkriminalität anzukämpfen und verloren geglaubte Stadtteile nicht ganz den orientaliden Horden zu überlassen, fuhren vergangenen Sonnabend volkstreue Aktivisten aus Leipzig nach Berlin, um die Widerstandsbewegung vor Ort bei ihrem Vorhaben zu unterstützen, im Rahmen der „Ausländer raus“ Kampagne eine Demonstration in den Brennpunkten Neukölln und Kreuzberg durchzuführen.” (siehe Screenshot)

In einem weiteren “Aktionsbericht” der Kameradschaft “Nationaler Widerstand (NW) Berlin”, die von Aufmarsch-Anmelder Sebastian Schmidtke angeführt wird, werden die gewalttätigen Übergriffe mit einer angeblichen “Notwehrlage” gerechtfertigt. – Die Ermittlungen dazu, die sich auch gegen Schmidtke richten, dauern noch an, gehen allerdings nicht von “Notwehr” aus. Ungeachtet dessen wird Schmidtke für die NPD-Kundgebung am 20. August vor dem Leipziger Völkerschlachtdenkmal als Redner angekündigt.

“Junge Nationaldemokraten”: eine kriminelle Vereinigung

Auch auf der Website der “Jungen Nationaldemokraten” wird für die Leipzig-Kundgebung, die wie der Kreuzberg-Aufmarsch den gewalttätigen Kern der NS-Szene ansprechen soll, geworben. In Sachsen sind die JN-Gruppen in der Hand des “radikalen” NPD-Flügels und weisen deutliche Überschneidungen mit der Kameradschafts-Szene auf, deren Anhänger unumwunden den Nationalsozialismus propagieren.

Erst Anfang Juni hatten sich die JN-”Stützpunkte” Delitzsch/Eilenburg, Torgau und Oschatz zum JN-Verband Nordsachsen zusammengeschlossen. Paul Rzehaczek, der bisher den JN-Verband Delitzsch/Eilenburg leitete, übernahm dessen Führung. In einem Parteibericht hieß es, Rzehaczek habe sich auf seinem Posten “die Pflege von Heimat-, Kultur- und Traditionsbewußtsein […] besonders auf die Fahne geschrieben.”

Was das bedeuten soll, demonstrierten Rzehaczek und seine Kumpanen unter anderem in Kreuzberg. Ein weiterer Kumpane – der Oschatzer JN-Sympathisant Ronny Schleider – sitzt derweil in Untersuchungshaft, weil er Ende Mai einen Obdachlosen im nordsächsischen Oschatz so schwer misshandelt hat, dass er wenige Tage darauf verstarb. Eben solche Vorfälle belegen, dass es sich bei den “Jungen Nationaldemokraten” nicht nur um einen faschistischen Verein mit ausgewachsenen Gewaltphantasien handelt – sondern um eine kriminelle Vereinigung.


Über den Kreuzberg-Aufmarsch berichteten der Blog “Berlin rechtsaußen” mit weiteren Fotos, außerdem hat das apabiz einer ausführliche Dokumentation (PDF) erstellt. Viele der beteiligten Nazis konnten zudem namentlich identifiziert werden, auch die Angriffe wurden dokumentiert.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Chemo-Repaczki

Carlotta 25.07.2011 - 20:43
Das Repaczki Drogenabhängig ist und dabei in erster Linie auf chemische Drogen abgeht, ist zwar ein weiterer lustiger Widerspruch in der Leipziger Naziszene, allerdings hat das trotzdem nichts mit seinem braunen Engagement zu tun. Die halbe Naziszene nimmt doch mittlerweile Drogen (vielleicht mal angesehen von Marihuana) und das ist für die selber mittlerweile auch kein Widerspruch mehr.

Also was sind die Gründe dafür, dass die Autoren dies hier ausbreiten? Verstehe ich nicht.

@Carlotta

BesserWessi 25.07.2011 - 22:34
Leider muss ich deine halbwisserische Pöbelei berichtigen: "Chemo" ist Repaczkis Spitzname, auf den er auch in der rechten Szene hört. Erklärt sich eher nicht über Drogen, sondern seine frühe Vergangenheit beim FC Sachsen Leipzig ("Chemie"); dass er in derselben Szene als "Emo" verschrien ist; und dass er rumrennt wie eine rostige Leiche.

Glaubwürdigkeit

Mein Name 25.07.2011 - 22:37
Optisch vierzehnjährige Drogenabhängige mit polnischem Migrationshintergrund werden "Führer" von hinterwäldlerischen Abteilungen der NPD? Wusste garnicht, wie weit die NPD am Boden ist. Aber es erinnert doch sehr an den sog. "Volkssturm", bei dem ja auch bekanntlich Kinder als letzte Reserve eingesetzt wurden. Man, man, man, was für ein Sauhaufen. Wenn das der Führer wüsste! scnr :)

Hausdurchsuchungen auch in Thüringen

AGIL [Antifaschistische Gruppe Ilmenau] 26.07.2011 - 08:08
Ilmenau/Kreuzberg: Hausdurchsuchung gegen Nazis in Ilmenau und Wolfsberg

Aufgrund der faschistischen Gewaltausbrüche vom 14. Juni 2011 in Berlin (AGIL berichtete) kam es am Morgen des am 6. Juni 2011 bundesweit zu zwölf Hausdurchsuchungen. Neben den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt, Berlin und Brandenburg kam es auch in Thüringen zu zwei Razzien. Genau genommen in der südthüringischen Stadt Ilmenau sowie der benachbarten Dorfgemeinde Wolfsberg.

Da sich aus Ilmenau und Umgebung neben Marcel Bender und Patrick Voigt niemand weiter auf der Nazidemo befand, ist davon auszugehen, dass es sich um diese beiden handelt, bei denen es zur Hausdurchsuchung kam. Von der Polizei wurde ihre gemeinsame WG in Ilmenau, sowie das Elternhaus Voigts in Wolfsberg durchsucht. Hierbei sei angemerkt, dass sowohl seine Stiefmutter, als auch sein Vater selber bei der Polizei tätig sind. Den beiden Nazis wird neben gefährlicher Körperverletzung auch Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorgeworfen. Doch nicht nur in Berlin versuchen sie ihre geistige Umnachtung durch stumpfe Aggression wettzumachen. So beispielsweise auch zum Stadtfest in Ilmenau. Am Abend des 4. Juni liefen ca. 15 Nazis, unter ihnen auch Marcel Bender, Richtung Wetzlarer Platz, wo sich einige Linke, Alternative und Punks aufhielten. Hierbei skandierten sie Parolen wie "nationaler Sozialismus jetzt". Als sich ein paar Menschen vom Wetzlarer Platz Richtung Nazis bewegten, setzte sich auch die Staatsmacht in Bewegung und stellte sich zwischen beiden Gruppen. Da die Faschisten damit nicht einverstanden schienen, versuchten durch die Polizeikette durchzubrechen, was einigen auch gelang. Die Polizei setzte Pfefferspray gegen die angreifenden Faschisten ein und nahm hierbei eine Person fest. Bereits 2001 kam es beim Ilmenauer Stadtfest zu zweistündigen Ausschreitungen zwischen Linken und Nazis.

 http://agst.afaction.info/v36.php?menu=news&aid=480

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 6 Kommentare an

auf gehts — name

Blubber — Blubb

Die Brd ist ein Irrenhaus! — aus der Gosse

Boar is der hässlich — angeekelter