"Wenn die BRD feiert, werden wir dabei sein!"

APK 11.07.2011 23:12 Themen: Antifa
Am verlängerten Wochenende des 30. September bis zum 3. Oktober wird wieder einmal der „Tag der deutschen Einheit“ als Feier der Nation zelebriert. Dieses Jahr wurde entschieden, die Feierlichkeiten in der Bundesstadt Bonn stattfinden zu lassen. Aus diesem Anlass wird nicht nur Deutschland gefeiert, sondern es sollen auch die „NRW-Tage“ an diesem Wochenende in Bonn Platz finden. Aus diesen Gründen hat sich ein antinationales Bündnis gegründet welches, unter dem Titel „Friede, Freude, Eierkuchen?“ zu Protesten aufruft.
Das Bündnis hat nun einen ersten gemeinsame Teaser (Kurzaufruf), eine Kampagnen-Website, sowie gedrucktes Material zu ihrer gemeinsamen Kampagne veröffentlicht. Wir vom Alternativen Pressekollektiv (APK) haben mit Anna Müller, der Pressesprecherin des Bündnis, gesprochen, um mehr über die geplanten Gegenaktivitäten zu erfahren.

APK: Hallo Anna. Erzähl uns doch zunächst einmal was das Ziel eures Bündnisses ist und wer sich in diesem befindet.

Der 3. Oktober hat ja inzwischen eine gewisse Tradition, seit den 90er Jahren, erlangt. Sowohl in der Inszenierung der Nation in den diversen (Groß)Städten, als auch durch mal mehr mal weniger Protest aus der linken bis linksradikalen Ecke. Als bekannt wurde, dass dieses Jahr das Deutschlandfest verbunden mit den NRW-Tagen in Bonn, unter dem Motto „Freiheit, Einheit, Freude“, stattfinden wird, war für diverse Gruppen selbstverständlich, dass es einer kritischen Begleitung durch uns bedarf, damit klar wird, dass absolut nicht alle die Inszenierung des Burgfriedens von Staat, Nation und Volk begrüßen. Dabei war uns vor allem wichtig ein breites Bündnis auf die Beine zu stellen, in dem sich alle Gegner*innen der Nation versammeln unabhängig von den verschiedenen politischen Ausprägungen. Trotzdem legen wir Wert darauf, dass die unterschiedlichen Gruppen zusätzlich zu den grundsätzlich gehaltenen Bündnisaufrufen auch ihre eigenen inhaltlichen Positionen entwickeln und nach außen tragen. Es finden sich deshalb sowohl diverse Gruppen die einen bestimmten Themenbereich besondere Beachtung schenken (Antimil, Antira, Antifa, etc.), als auch Gruppen die eine generelle Nationen und Kapitalismuskritik formulieren wollen.

APK: Was hat es mit dem Motto auf sich?

Jedes Jahr erfinden die Veranstalter ein neues, noch abstruseres Motto als im Vorjahr. Doch dieses Jahr setzt das Motto dem ganzen die Krone auf: „Freiheit, Einheit, Freude“ lautet es. Der deutsche Mob soll sich freuen… über Deutschland, darüber ,dass wir Krisengewinnler sind und natürlich auch und vor allem über die falsche Freiheit. Weiter verwunderlich ist das nicht, denn Deutschland hat ja schon häufiger auf die „Kraft durch Freude“ gesetzt. Wir alle wissen jedoch, dass es in der bitteren Realität überhaupt nichts zu feiern gibt und genau deshalb wollen wir uns, auf unsere ganz eigene Weise, an dem Fest beteiligen. Dazu haben wir den Titel gewählt, der passend das Motto der diesjährigen Feiern hinterfragt: „Friede, Freude, Eierkuchen?“

APK: Was ist denn an dem Wochenende geplant?

karteAlso, es ist ja noch etwas Zeit bis zum Wochenende des 3. Oktober, insofern ist natürlich noch nicht alles fertig geplant, aber ich versuch mal einen groben Einblick zu geben. Also vom Deutschlandfest aus wird die gesamte Bonner Innenstadt, inklusive einem Streifen parallel zum Rhein (bis zur Museumsmeile) [Bild unten], voll gepackt werden mit Musikbühnen, Theater, Themenständen, Kinderbespaßung, usw. Außerdem werden im Rahmen der diversen Museen und an den „geschichtsträchtigen Plätzen der Bonner Republik“ verschiedene mehr oder weniger verblendete „historische Rückblicke“ auf die alten Zeiten gewagt. Als Krone der deutschen Inszenierung wird dann eine Fahnenparade abgehalten. Die Mottofrage scheint bei den Veranstaltern noch nicht so wirklich geklärt zu sein, aber beide sind bezeichnend. Einmal wird auf der Internetseite der Titel „Typisch Deutschland“ und einmal „Freu dich Deutschland“ gehandelt. Bonn selber bietet uns also quasi unzählige Möglichkeiten, während des Festes unsere Kritik auf die Straße und unter die Deutschlandfans zu tragen, dazu werden noch Demonstrationen geplant und es wird sich im Vorfeld mit diversen Themen inhaltlich auseinander gesetzt. Alles in allem sollte sich der deutsche Michel also warm anziehen, wenn er die eh schon widerliche Nationen-Feierei so auf die Spitze treibt. Wenn die BRD feiert, werden wir dabei sein!

AKP: Danke für das Interview… wir sehen uns in Bonn!

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Ergänzungen

Teaser (Kurzaufruf) des Bündnisses

_ 11.07.2011 - 23:22

Der folgende Teaseraufruf (Kurzaufruf) entstand durch Diskussionen im Bündnis gegen die Einheitsfeierlichkeiten in Bonn. Er ist die inhaltliche Basis unseres Bündnisses, auf die sich verschiedene Gruppen aus NRW geeinigt haben. Wir bitten drum ihn weiter zu verbreiten und zur Mobilisierung gegen die Einheitsfeierlichkeiten 2011 zu nutzen. Friede, Freude, Eierkuchen? Nicht mit uns!

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Friede.Freude.Eierkuchen?

Vom 1. bis 3. Oktober feiern sich die deutsche Nation und das Bundesland NRW in Bonn. Drei Tage lang soll beim „Deutschlandfest“ Friede.Freude.Eierkuchen (das original Motto lautet: „Freiheit, Einheit, Freude“) zelebriert werden. Auf der „prächtigen Festparade“ „Freue Dich Deutschland!“ wird wieder mal, aber in zunehmend grotesker Form, die jährliche Inszenierung des Burgfriedens von Staat, Nation und Volk aufgeführt. Klar, bei dieser Reihe an schönen Veranstaltungen dürfen auch wir nicht fehlen, um unsere Meinung zu Deutschland lautstark zu formulieren. Wir stellen eins klar: Ihr könnt uns mal mit eurer Standortpolitik. Wir machen für Deutschland keinen Finger krumm!

Freude? – Don’t dance to this shit!

Die Einheitsfeier, so spannend Paraden, Bootstouren und ein gemeinsamer Freudentaumel auch sind, ändert nichts an der alltäglichen Ohnmacht – der Ohnmacht gegenüber den Mühlen von Staat und Kapital. Die Identifikation mit der Gemeinschaft, also dem nationalen ‘Wir’, ist jedoch nur ein ideologischer Fluchtreflex vor dem Druck kapitalistischer Konkurrenz und Vereinzelung, aber eben zugleich auch ursächlich mitverantwortlich für eben jene Ohnmacht. Egal, ob Deutschland „schwarz-rot-geil“ oder kulturell anspruchsvoll feiert; abgerechnet wird nach dem Event, wenn die großen Gefühle verraucht sind, und Vater Staat als Vertreter des Standortes seine Forderungen und Ansprüche stellt. Ansprüche, die von der, vermeintlich unabhängigen Bevölkerung klaglos akzeptiert werden (müssen). Der eventabhängige Partynationalismus, eine Garnitur aus Spaß, Freud, und Deutschland-Fähnchen, sollte daher nicht über den Gemütszustand „der Deutschen“ im Alltag täuschen. Dort regiert nicht „Schwarz-Rot-Geil“, sondern eher ein „hoffentlich bleiben wir verschont“ gepaart mit der aggressiven Angst, dass „uns“ etwas weggenommen oder vorenthalten wird. Genau in dieser Gefühlslage greifen die ideologischen Mechanismen, denn was den Menschen die Herzen öffnet, ist ihre Sehnsucht nach einer schützenden, solidarischen Gemeinschaft, in der die Nächsten nicht immer zugleich Konkurrent*innen und Neider*innen sind. Denn für diese Menschen verspricht alleine die Identifikation mit der Macht des Staates und seinen Symbolen, die immer wiederkehrenden Erfahrungen individueller Ohnmacht zu überwinden. Jene Ohnmacht von der im Kapitalismus niemand verschont bleibt.
Für uns steht fest: Die Feier der Nation ist ein Angriff auf das schöne Leben und die befreite Gesellschaft!

Etwas Besseres als die Nation! – A lot of things to do!

Unser Urteil lautet: „Germany – Zero Points!“ Deshalb rufen wir am Wochenende des nationalen Spektakels alle Individuen und Gruppen, die sich der emanzipatorischen Bewegung für das schöne Leben verschrieben haben, dazu auf, sich unserem Protest anzuschließen. Einem Protest gegen Staat und Nation, und anlässlich dieses Events sowie auch generell in ganz besonderer Weise gegen Deutschland. Denn die Kritik einer Linken, die ihr eigenes politisches Ziel – eine radikale Umwälzung der Verhältnisse – ernst nimmt, muss immer auch gegen die nationale Gesamtscheiße gehen.

Antifaschismus bedarf einer Kritik von Staat und Nation, denn völkische und reaktionäre Freaks radikalisieren nur die Ideologie kapitalistischer Schicksalsgemeinschaft: Die Aufopferung des Ichs für die Vormachtstellung der eigenen Bande, gnadenlos gegen den Rest der Welt.

Antirassismus bedarf einer Kritik von Staat und Nation, denn die staatliche Diskriminierung von Menschen nach Herkunft und Nützlichkeit folgt der Logik geordneter Standortkonkurrenz: Nationale Vorteile sichern, Verantwortung abschieben. Und auch der Alltagsrassismus der deutschen Deppen ist vor allem ein Appell ans nationale Privileg: Der Staat soll „Deutsche zuerst!“ bedienen. „Das Wir gewinnt“, heißt es dann in Presse und Medien. Das „Ihr“ verliert, ist die bittere Konsequenz dieser Logik.

Antimiltarismus bedarf einer Kritik von Staat und Nation, denn diese sind die Grundlagen für Konflikte zwischen den Nationalstaaten um Ressourcen, geopolitischen Einfluss, etc., die mal diplomatisch, mal offen kriegerisch geführt werden.

Wissenschafts- und Bildungskritik bedürfen einer Kritik an Staat und Nation, denn politische bzw. emanzipatorische Aktivität an (Hoch-)Schulen ist nur dann zu etwas nütze, wenn sie die staatlichen Mittel und Zwecke der Bildung attackieren: Entwicklung des nationalen Humankapitals, Wissenschaft als Standortfaktor und „Selbstbestimmung“ nur als Training für Konkurrenz und Auslese.

Arbeitskämpfe bedürfen einer Kritik von Staat und Nation, denn jede Politik „im Interesse der Lohnabhängigen“ wird sonst zur nationalen Komplizenschaft gegen Erwerbslose einerseits, und gegen „ausländische“ Lohnabhängige andererseits. Lohnarbeit, die herrschende Form kapitalistischer Ausbeutung, heißt Arbeit in endloser Konkurrenz, für andere und gegen andere, zusammengehalten durch staatliches Recht, staatliche Aufsicht und unter anderem nationales Interesse.

Geben wir also der Feier der Nation, trotz unserer verschiedenen thematischen Schwerpunkte, die passende Antwort: Unseren Widerstand und ein lautes, klares und kompromissloses:

Fuck you!

Plakat nochmal

Liebe Mods, könnt ihr bitte im letzten Absatz 11.07.2011 - 23:40
.

texte zur kritik der nation

egal 12.07.2011 - 00:06

Sinnvoll?

Nudelesser 12.07.2011 - 21:35
Ich stelle mir schon seit langem die Frage, wie sinnvoll brennende Deutschlandfahnen und antideutsche Parolen auf Demos sind. Denn auch wenn ich als Anarchist und bekennender Anti Nationalist durchaus mit vielen Thesen und Argumenten der Antideutschen konform gehe, glaube ich, dass diese, besonders wenn sie so aggressiv vorgebracht werden, den "Durchschnittsbürger" eher abschrecken als ihn für antifaschistische Aktivitäten zu begeistern. Kann man diesen Leuten nicht vermitteln, dass JEDER, der antifaschistisch denkt, willkommen ist? Kann man nicht akzeptieren, dass auch Leute, die sich als "Patrioten" bezeichnen, Faschismus, Rechtsradikalisumus und Antisemitismus entschieden zurückweisen und Nazis einfach zum Kotzen finden? Nicht jeder, der eine Deutschlandfahne schwenkt, ist ein potenzieller Nazi.
Vielleicht wäre dies ein Ansatz, um mal viel mehr Leute gegen Nazis auf die Straße zu bringen und nicht immer nur die üblichen Verdächtigen, die "Nie mehr Deutschland" skandieren, denn in der Masse wären wir um einiges stärker und mit dem fokussieren auf den Kampf gegen rechts und nicht untereinander würden wir viel mehr erreichen.

Und nein, ich bin kein Nazi, ich bin kein verkappter Rechter oder sonstwas, ich bin einfach nur jemand, der langsam aber sicher immer enttäuschter ist, dass die Linke so zerstritten und gespalten ist...

Mit antifaschistischem Gruß

IMAGINE

(muss ausgefüllt werden) 09.09.2011 - 11:37
Mit dem Aufruf “IMAGINE THERE’S NO DEUTSCHLAND” mobilisiert ein weiteres Bündnis zur Demonstration gegen die Einheitsfeierlichkeiten am 3.10. in Bonn. Mehr Informationen zu den aufrufenden Gruppen und weiteren Veranstaltungen finden sich unter:

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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nice — nice

1 Frage, 1 Aussage — ........

das — ihr

@ ihr 12.07.2011 - 08:48 — ttttttssssss, na klar...

geh — doch

aus hamburg — !

wer — ist

@ Nudelesser — (A)

nur im openposting?? — (muss ausgefüllt werden)

foto up — ..