Eisenach: Demo gegen Burschentag der DB

bgbe 22.06.2011 13:39 Themen: Antifa
Trotz massiven Polizeiaufgebots und Vorkontrollen kraftvolle antifaschistische Demonstration gegen Burschentag durch Eisenacher Innenstadt.
Der Burschentag in Eisenach stand in der letzten Woche wohl mehr als er wollte in der Öffentlichkeit. Die interne Diskussion und Entscheidung zu einer sogenannten 'Abstammungsregelung' für den Beitritt in eine Burschenschaft der DB, die an die Nürnberger Rassegesetze erinnern, zeigten wieder einmal mit wem man es bei der DB zu tun hat. Dem Aufruf des Bündnis gegen den Burschentag in Eisenach folgten am Samstag (18.06.) 500 Menschen und demonstrierten lautstark und entschlossen in der Eisenacher Innenstadt.

Vorangegangen war der Versuch des Ordnungsamtes die Demo durch nicht hinnehmbare Auflagen einzuschränken. Neben der Auflage, dass das Fronttranspi nicht länger als 3 Meter sein durfte, waren Seiten- und Stangentransparente nicht erlaubt. Außerdem sollten alle Ordner_innen namentlich auf einer Liste für die Polizei aufgeführt werden. Gegen diese Auflagen wurde zunächst vor dem Verwaltungsgericht und anschließend vor dem Oberverwaltungsgericht geklagt. Von beiden Gerichten wurden die Auflagen bestätigt; daraufhin wurde Klage am Bundesverfassungsgericht eingereicht.

Bereits bei der Anreise der Busse aus Frankfurt, Marburg, Kassel und Göttingen, die im Konvoi die Stadt Eisenach erreichten, versuchte die Polizei einzuschüchtern, indem sie den Konvoi auf der Autobahn kurz vor Eisenach abfing und mit Blaulicht in die Stadt begleitete. Vor Ort wurden die Demonstrationsteilnehmer_innen mit der Ansage, die Polizei wolle selektiv Kontrollen durchführen, begrüßt. Es sollten, je nach subjektiver Einschätzung, einzelne Personen kontrolliert und deren Taschen durchsucht werden. Gegen mehrere Personen wurde wegen des Mitführens eines 'Vermummungsgegenstandes' Anzeige erstattet. Dieser „mitgeführte Vermummungsgegenstand“ war in allen Fällen ein schwarzer Schal oder ein sog. 'Schlauch'.

Obwohl in Thüringen das neue Versammlungsgesetz noch nicht in Kraft getreten ist, wurden auf Grundlage des alten alle Möglichkeiten ausgeschöpft die Demonstrierenden schon im Vorfeld einzuschränken. Nichtsdestotrotz stellte sich die Demo am Startpunkt so auf wie sie wollte und machte deutlich, dass es nicht akzeptabel ist ohne Seitentransparente los zu gehen und im Vorhinein Strukturen durch das Nennen von Namen offen legen zu müssen. Ein großes Aufgebot an Presse und Fernsehteams gab dem Ganzen den notwendigen öffentlichen Rahmen. Nach längeren Verhandlungen der Anwälte konnte die Demo nach einiger Zeit los gehen - ohne die Ordner_innennamen an die Polizei herausgeben zu haben, ohne Transpilängenbeschränkung und mit Seitentransparenten (die allerdings mit einer Lücke zueinander getragen werden sollten). Die Demo lief lautstark und mit Böllerwürfen durch die ganze Eisenacher Innenstadt und machte mit Redebeiträgen, den Seitentransparenten und dem Verteilen von Flyern und der Anti-Burschi-Zeitung deutlich, warum der Burschentag und Burschenschaften an sich keine ungefährliche Folklore sind. Während der Demo schlossen sich auch einige Eisenacher_innen der Demo an. In Redebeiträgen wurde über das rückwärts gewandte Geschichts- und gegenwärtige Gesellschaftsbild der DB, sowie Homophobie und Frauenfeindlichkeit innerhalb der DB informiert. Auch die völkisch-nationalistische Ideologie der DB und inhaltliche Überschneidungen zwischen DB und organisierten Neofaschist_innen, sowie deren Kontakte untereinander wurden thematisiert. Unterstützung aus Thüringen/Eisenach bekam die Demo neben antifaschistischen Gruppen auch von Gewerkschaften und Der Linken.

Einige Burschenschafter zeigten sich im Innenstadtbereich einige Male, wurden aber massiv durch die Polizei geschützt. An mehreren Stellen kam es zu Rangeleien mit der Polizei. Am Markt verstellten die Beamt_innen nach einem Böllerwurf dem Demonstrationszug den Weg. Gegen Ende der Demonstration wurden am Bahnhof mehrere Personen aus dem Demozug heraus gegriffen. Es gab mindestens eine Ingewahrsamnahme. Nach Demonstrationsende stellte die Polizei willkürlich die Personalien zahlreicher Demonstrationsteilnehmer_innen fest, die per Zug abreisen wollten.

Die Demo ist der Abschluss einer Kampagne, die Burschenschaften mehr in den Fokus antifaschistischer Kritik und Intervention rücken sollte. Die DB als ein explizit politischer Dachverband muss die explizit politische Antwort auf seine Ideologie und sein Handeln erhalten. Dass sich die DB-Burschenschafter bisher ungestört treffen konnten macht zudem deutlich, dass Sexismus, Rassismus, Homophobie und Nationalismus auch im Rest der Gesellschaft verankert sind und damit Teil einer emanzipatorischen Gesellschaftskritik und antifaschistischer Praxis sein müssen.

Das konsequente Durchsetzen gegen die repressiven Auflagen machte es möglich, dass die Demo ihre Inhalte nach außen tragen konnte und verdeutlichte, dass wir uns unsere Form zu demonstrieren nicht vorschreiben lassen. Die Demo war ein deutliches Zeichen gegen die DB und ihre rechts-elitären, geschichtsrevisionistischen und neofaschistischen Inhalte und hat die Thematisierung von Burschenschaften und die Notwendigkeit antifaschistischer Kritik in die Öffentlichkeit getragen. Damit wurde und wird der Burschentag nicht mehr unkommentiert in aller Ruhe gefeiert werden können.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

immer ehrlich

antibursche 22.06.2011 - 20:15
1. ich kann mir recht gut vorstellen, dass angesichts des doch recht wechselhaften wetters ein ganzer haufen menschen in eisenach mit schal oder tuch rumgelaufen ist, ohne die absicht sich damit vermummen zu wollen.

2. dass es sinnvoll gewesen wäre, sich auch auf der demonstration unkenntlich machen zu können, zeigen die später veröffentlichten anti-antifa-fotos. es gibt mehrere urteile, dass vermummung in einem solchen fall auch in diesem juristisch legitimiert ist. dass die polizei durch die vorkontrollen und beschlagnahme der anti-antifa die fotos möglich gemacht, sollte meines erachtens nach auch im verfahren vorm bverfg gegen die auflagen eine rolle spielen.
im übrigen war von der polizei auch gefordert, dass nicht mal kopfbedeckung und sonnenbrille möglich sind. das wurde allerdings nur bei einzelnen teilnehmerInnen durchgesetzt, ob den bfe-truppen der hauptteil der demo egal war oder sie es einfach vergessen hatten keine ahnung. um die seitentranspis etc. haben sie sich ja später auch nicht mehr gekümmert.

3. vermummung bzw. verhinderung der festellung der identität ist genauso mit tshirts, pullis etc. möglich. kleidungsstücke gegen wind und kälte auf dem weg zu ner demo als ordnungswidrigkeit zu betrachten, ist juristisch mindestens fragwürdig. gleiches gilt auch für sonnenbrillen, wenn die sonne scheint.
das sind jedenfalls alles keine hassis, die als nicht-motorradfahrerIn dann ja schon eher ungewöhnlich auf ner demo sind.

4. vermummung in bestimmten situationen ist ne sinnvolle sache.
meinen die bullen ja auch und machen das selbst ständig.

5. die auflagen (z.b. verbot von seiten- UND stangetranpis, liste der ordnerInnen) und die einsatzstrategie der bullen (zwei bfe-einheiten, also sondertruppen mit der funktion leute festzunehmen, direkt an der demo) machen deutlich, dass die ganze veranstaltung von vorneherein als kriminell betrachtet wurde. auch das ist nichts neues, war in eisenach aber besonders perfide, da vorher völlig klar war, dass bei dieser demo keine riots möglich und auch nicht erwünscht sind.

6. die zugriffe zum schluss durch die bfes hatten wohl eher den zweck, dass riesenaufgebot zu legitmieren als irgendeine "straftat" zu verfolgen.

7. ehrlich in der analyse oder erklärung zu sein (nicht gegenüber staat, bullen und justiz!), find ich gut, das hat nämlich auch was mit "links" für mich zu tun.
das waren die verfasserInnen dieses artikels meiner meinung nach aber auch.

MDR, Exakt-bericht

Schauer 22.06.2011 - 23:12
Wiederholung:

Do, 23.06., 10:48 Uhr

Youtube-Videos

oifreeyouth 22.06.2011 - 23:53

CC

SVa 23.06.2011 - 11:32
Im Zeitraum des Burschentags in Eisenach findet ebenso jährlich der Pfingstkongress des Coburger Convent statt. Infos:

NPD Parteitag in Eisenach

nahtlos 23.06.2011 - 13:38
Laut OTZ hielt die NPD zur gleichen Zeit ihren Parteitag in Eisenach ab, nachdem ihr dies in Nordhausen zuvor verboten wurde. Die NPD Thüringen gibt jedoch Kirchheim als Ausweichort an. Weiß jemand mehr?

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 3 Kommentare an

Bash Back — bash back