Erftstadt-Herrig: Protest gegen Nazihuldigung

Antifa Erftstadt 20.06.2011 14:30 Themen: Antifa Kultur
Etwa zwei Dutzend Antifaschist*innen haben am Samstag den 18. Juni spontan gegen eine offenbar von rechtsradikalen Bürger*innen geplante Mahnwache demonstriert. Personen erschienen zu der nicht angemeldeten Mahnwache nur vereinzelt. Im Anschluss verteilten Antifas im Nachbarort Lechenich Flyer zur neuen Antifa-Kampagne „…bis die Scheiße aufhört! Den rechten Konsens brechen!“
Peter Mörs und ein rechtsradikaler Solidaritätsaufruf
„Für einen verantwortungsvollen Umgang mit unserer Geschichte“ war der anonyme Aufruf zu der nicht angemeldeten Mahnwache in Erftstadt-Herrig überschrieben. „Jugendliche und junge Erwachsene, Deutsche, denen ihre Heimat nicht egal ist“ wollten sich dort treffen, um Solidarität mit Peter Mörs zu zeigen, nach dem auch ein kleiner Platz in der Ortsmitte, des mit fünfhundertzwei Einwohner*innen zweitkleinsten Ortsteils Erftstadts, benannt ist. Mörs (1912-2008) war viele Jahre CDU-Ortsvorsteher von Herrig. Im Nationalsozialismus soll er aktiv an der Deportation von Jüdinnen und Juden beteiligt gewesen sein. Selbst der anonyme Aufruf räumt ein, dass es stimmen könnte, dass Mörs in der SA tätig war. Dies jedoch, „interessiert […] die heutige Generation nicht mehr“. Mit der Mahnwache wolle man zeigen, dass man „endlich aufhören“ müsse „fremdbestimmt die Heimat zu beschmutzen und seine eigene Identität zu verleugnen“. Der Peter-Mörs-Platz wurde erst 2009 auf Antrag der „traditionsfeste[n] CDU-Fraktion“ einstimmig in einem „Akt der Heimatliebe“ nach Mörs benannt.

Von der Forderung einen Schlussstrich unter die deutsche Geschichte ziehen zu wollen, bis zur Hetze gegen Alliierte, die durch die versuchte Entnazifizierung angeblich eine „Fremdbestimmung“ der „deutschen Identität“ zu verschulden hätten, bedient der Aufruf zahlreiche rechtskonservative bis rechtsradikale Vorstellungen.

gescheiterte Mahnwache und Polizeiwillkür
Nur drei Personen folgten dem rechtslastigen Aufruf und kamen am Peter-Mörs-Platz an. Nachdem sie kurz die etwa zwei Dutzend ebenfalls angereisten Antifaschist*innen provozierten, traten sie unter dem Schutz der Polizei den Rückzug an. Die Polizei, begleitet von einem Menschen, der sich als Mitarbeiter der Versammlungsbehörde zu erkennen gab, fotografierte den spontanen Protest. Polizisten nahmen am Rande des Geschehens Personalien auf. In der Lage den Protest, deren Legalität sie wider besseren Wissens verneinten zu unterbinden, waren sie nicht.

Kampagnenstart: „…bis die Scheiße aufhört!“
Die Antifas warteten noch etwa eine Viertelstunde, während die Polizei weitere Kräfte hinzuzog und fuhren dann in den benachbarten Ortsteil Lechenich. Dort wurden bei einem Spaziergang noch etwa einhundert Flyer auf dem Wochenmarkt und in der restlichen Stadt verteilt. Dieser versucht vor allem herauszustellen, dass militante Neonazis, wie z.B. Sebastian Ziesemann einerseits durch ein konservatives, rechtsradikales bis offen nazistisches Milieu in ihrem Tun ermutigt werden und andererseits die Bereitschaft Neonazis nicht als Gefahr, sondern als anerkannten Teil der Dorfgemeinschaft wahrzunehmen ihnen den nötigen sozialen Rückhalt für eine Radikalisierung gibt. Dagegen gilt es Protest zu organisieren und zu intervenieren, gerade auch in so einem kleinen und entlegenen Örtchen wie Herrig.

Der Protest und die Flyerverteilung stellen damit den Auftakt zur kreisweiten Kampagne „…bis die Scheiße aufhört! Den rechten Konsens brechen!“ dar. Durch vielfältige Aktionen sollen in den kommenden Wochen Neonazis und ihre gesellschaftliche Verankerung in der Gesellschaft thematisiert werden.

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gut — Mauritz