Kiel-Friedrichsort: 75 auf Antifa-Kundgebung

... 18.06.2011 19:24 Themen: Antifa
+++ 75 Teilnehmer_innen bei antifaschistischer Kundgebung in Kiel-Friedrichsort +++ Zurückweisung der Polizei-Behauptung, das Neonazi-Problem im Kieler Norden habe sich von selbst gelöst +++ Neonazis zeigen sich im Umfeld der Kundgebung +++ Weiterer Beitrag zur kontinuierlichen Antifa-Arbeit gegen Neonazistrukturen im Kieler Norden +++
Heute am Samstag, 18. Juni 2011 beteiligten sich rund 75 Antifaschist_innen zur Mittagszeit an einer einstündigen Kundgebung unter dem Motto "Gegen schlechte Scherze in Kiel-Friedrichsort - für einen konsequenten Antifaschismus!" am Braunen Berg zu der die Autonome Antifa-Koordination Kiel aufgerufen hatte. Hintergrund waren die seit längerem in Friedrichsort festzustellenden und bereits mehrfach thematisierten Aktivitäten von Neonazis im Kieler Stadtteil nördlich des Kanals. Zudem stand die örtliche Polizei in der Kritik, deren stellvertretender Leiter Rohwer im März gegenüber der lokalen Presse (KN-Artikel "Kriminalitätsstatistik für Friedrichsort", 11.3.2011) behauptet hatte, dass mit dem Wegzug eines einzelnen aktiven Neonazis das Problem einer im Stadtteil verankerten rechten Jugendkultur, die massive Verbreitung neonazistischer Propagaganda und Bedrohungen nicht-rechter und migrantischer Friedrichsorter_innen nun nicht mehr existiere.

In einem Redebeitrag und auf zahlreich verteilten Flugblättern wurde diese Darstellung als nicht der Friedrichsorter Realität entsprechend kritisiert. Sehr wohl tauche - wenn auch in geringerem Maße als noch im vergangenen Jahr - auch in diesem Jahr wieder regelmäßig neonazistische Propaganda im Straßenbild auf und es sei abermals zu Einschüchterungsversuchen gekommen. Die "Entwarnung" durch die Friedrichsorter Polizei sei vielmehr als ein weiteres Beispiel für eine Verleugnungs- und Verharmslosungsstrategie einzuordnen, die seit Jahren durch die Kieler Polizei praktiziert und von den Lokalmedien meist unkritisch transportiert würde. Stattdessen setze man auf kontinuierliche und konsequente antifaschistische Aufklärung und Präsenz im Alltag.
Ein zweiter Redebeitrag wies die häufig mit dieser Strategie einhergehende Anwendung der sogenannten Extremismustheorie als wissenschaftlich und politisch unbrauchbar zurück, die ungeachtet deren völlig entgegengesetzten gesellschaftlichen Zielvorstellungen, emanzipatorische linke Politik mit den menschenverachtenden Bestrebungen von Neonazis gleichsetzt. Mittels einer historischen Herleitung wurde sie als bloßes Instrument zur Sabotage notwendiger antifaschistischer Politik und Undenkbarmachung gesellschaftlicher Konzepte jenseits der bestehenden bürgerlich-kapitalistischen Ungleichheitsverhältnisse entlarvt.
Abschließend stellte ein Redner die Entwicklung der Friedrichsorter Neonaziszene in den Kontext von gesamtkieler Veränderungen im äußersten rechten Spektrum, das derzeit wieder mehr an der politisch-strategisch anders gelagerten Linie der NPD, als an der aggressiv-konfrontativen Selbstinszenierung der einstigen "Aktionsgruppe Kiel" orientiert sei.

Am Rande der Kundgebung hielten sich zwischenzeitlich ein gutes halbes Dutzend Neonazis in sicherer Entfernung auf. Unmittelbar nach Beendigung der Kundgebung kam es zu einer kurzen Auseinandersetzung, nachdem diese versucht hatten, einen Antifa-Aktivisten beim Flugblattverteilen zu behindern. Dieser Versuch konnte durch entschlossenes Eingreifen anderer Antifaschist_innen angemessen beantwortet werden.
Bereits vor der Kundgebung hatte eine größere Gruppe von Aktivist_innen den Weg zur Kundgebung dazu genutzt, rassistische, antisemitische und nationalistische Propaganda aus dem Straßenbild zu entfernen und durch antifaschistische Inhalte zu ersetzen.

Der Verlauf des Tages kann aus antifaschistischer Perspektive als zufriedenstellend bewertet werden. Es konnte öffentlichkeitswirksam klargestellt werden, dass die absurden Behauptungen der Friedrichsorter Polizei als eine bloße Fortsetzung der Kieler Verharmlosungs- und Totschweigestrategie in Bezug auf Neonazisstrukturen zu berurteilen sind. Die herumlungernden Neonazis am Rande der Veranstaltung haben deren Unzutrefflichkeit nochmals verdeutlicht. Mit der passabel besuchten Kundgebung konnte dem stattdessen ein Beitrag zur Kontinuität der Antifa-Arbeit im Viertel gegenübergestellt werden.

Bereits in den vergangenen Monaten kam es zu verschiedenen antifaschistischen Reaktionen auf die Neonazi-Umtriebe im Kieler Stadtteil nördlich des Kanals. Herausragende Beispiele sind die Gründung der Friedrichsorter Initiative "Runder Tisch gegen rechte Ecken" oder das gut besuchte antifaschistische Konzert "Beats against Nazis" im Januar dieses Jahres im Jugendtreff Pries.
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Ergänzungen

Redebeitrag gegen Extremismusdoktrin

... 18.06.2011 - 19:44
/ Antifa-Kundgebung Friedrichsort / 18.06.2011 /

Wer links und rechts nicht unterscheiden kann...
Vom Antikommunismus der Nazis zur Extremismusideologie Kristina Schröders.

In jüngerer Zeit kriegt mensch es von allen Seiten um die Ohren gehauen: Radikale Linke müssten genauso bekämpft werden, wie auch Nazis. Mit abstrusen Behauptungen und einem verdrehten Gesellschaftsverständnis, wie dem Hufeisenmodell, werden fortschrittliche, lebensbejahende Ziele der politischen Linken mit der Menschenverachtung der Nazis gleichgesetzt. So absurd wie das ist, viele Menschen behaupten genau diesen Unsinn. Eine glühende Verfechterin ist neben den konservativen Politikwissenschaftlern Eckhard Jesse und Uwe Backes auch die aktuelle Familienministerin Kristina Schröder. Der Griff in die historische und politische Mottenkiste der Feindschaft gegen linke Bewegungen hat in Deutschland eine lange, leidvolle und gefährliche Tradition:

Spätestens beginnend bei Bismarcks Sozialistengesetzen, erreichte die Feindschaft gegen eine bessere Gesellschaft einen weiteren Höhepunkt in der Niederschlagung der von Kiel ausgehenden demokratischen und sozialistischen Revolution 1918/1919 durch die Sozialdemokrat_innen und ihre konservativen Bündnispartner_innen. Durch diesen Pakt der Sozialdemokrat_innen mit den alten, nationalistischen, antidemokratischen und antikommunistischen Eliten des Kaiserreichs, stand schon die Weimarer Republik von vornherein auf tönernen Fßen.

Antikommunismus und Antisemitismus der Nazis

Die Nazis, die in ihrer wahnhaften Ideologie von der jüdisch-bolschewistischen Weltverschwörungphantasierten, vermengten ihren mörderischen Antisemitismus mit einem aggressiven und oft genug ebenfalls mörderischem Antikommunismus. Damit trafen die Nazis auf viel Verständnis bei Konservativen, die den Nazis dann freiwillig die Macht übergaben. Unter den Nazis wurden Linke verfolgt, gefoltert, in Konzentrationslager gesperrt und getötet. Dennoch und deshalb waren Kommunist_innen und andere Linke die größte Gruppe im Widerstand gegen die Nazis und deren brutale Menschenverachtung. Dies ist nur logisch, stehen sich linke Auffassungen und die der Nazis doch unversöhnlich entgegen!
Auf der einen Seite treten Linke für ein friedliches Miteinander aller Menschen ein, fr sichere Lebensgrundlagen für alle Menschen, für ein gleichberechtigtes, selbstbestimmtes Miteinander auf der anderen Seite hetzen die Nazis gegen all das und überziehen ganz Europa mit Krieg und Vernichtung!

Die BRD und zahlreiche Kontinuitäten

Nach dem Sieg über Nazideutschland setzten die Westalliierten für die drei Westzonen die Schaffung einer demokratischen Regierungsform nach westlichem Vorbild auf die Agenda. Zumindest auf dem Papier fand eine Entnazifizierung auch in der BRD statt, tatsächlich jedoch, wurden im Zuge des kalten Krieges viele Nazis wieder auf ihre Posten gehievt, verblieben einfach auf diesen oder kamen auf neue Führungspositionen. Als Beispiele können hier die Nazijuristen und späteren CDU-Politiker Globke und Filbinger dienen, oder der an der Enteignung jüdischer Menschen beteiligte Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer.
Begleitet und rechtfertigt wurde dies von einem ideologischen Antikommunismus und massiver Repression gegen Linke. So wurden widerständlerischen Kommunist_innen aus politischen Gründen die Opferrenten, die sie als Opfer des NS-Staats bekamen, gestrichen. Um diese Ansprüche zu verlieren reichte es bisweilen schon aus, kommunistische Zeitungen zu verteilen.

Der Historikerstreit

Erst mit der 68'er Bewegung begann die systematische Aufarbeitung der Naziverbrechen und die Entfernung einiger Altnazis aus ihren Ämtern. In einem konservativen Rollback Ende der 80er behauptete der CDU-nahe Historiker Ernst Nolte, die Ermordung jüdischer Menschen sei aus Angst vor Verbrechen Stalins geschehen. Konservative Historiker setzten die Verbrechen der Nazis mit Verbrechen gleich, die im Namen des Kommunismus geschehen waren. Die industrielle Vernichtung menschlichen Lebens hatte für sie keine besonders abscheuliche, einzigartige Monstrosität, sondern wurde verharmlosend auf eine technische Innovation zum Ermorden von Menschen reduziert. Viele deutsche und nahezu allen ausländischen Historiker wiesen diese rechtskonservative Geschichtsverdrehung zurück.

Kristina & Konsorten

Doch allen historischen, soziologischen und politischen Erkenntnissen zum Trotz betreiben Familienministerin Schröder und konservative Politikwissenschaftler weite eine Gleichsetzung von Ideen, Handlungen und Zielen von emanzipatorischen Linken und Nazis, mit dem Ziel nationalistische Positionen salonfähig zu machen, die Geschichte im Sinne Deutschlands umzudeuten und das kapitalistische Gesellschaftssystem gegen Kritik zu immunisieren!

Deshalb werden antifaschistische Projekte unter einen generellen Extremismusverdacht gestellt und es werden Fördergelder für antifaschistische Projekte gekürzt. Beispiele für diese Praxis lieferten jüngst der Umgang mit dem antifaschistischen Verein Apabiz in Sachsen und dem antifaschistischen Archiv Aida in München. Vor allem wird aber die bittere Realität ignoriert, dass Teile Deutschlands immer noch eine NoGo-Area für Migrant_innen, Jüdinnen und Juden und Linke sind zu Gunsten einer Verdrehung der Tatsachen, um die Hirngespinste der Ministerin, ihrer pseudowissenschaftlichen Helfer_innen aus dem Umfeld des Verfassungsschutzes und des deutschen Stammtisches durchzuboxen!

Dieser Geschichtsfälschung gilt es entschlossen entgegenzutreten! Der Extremismusbegriff verharmlost Naziverbrechen und gehört aus der Welt geschafft! Das Eintreten für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdürckung ist nicht nur legitim sondern notwendig! In dieser Welt haben Nazis selbstverständlich keinen Platz!

Redebeitrag „Aktuelle Strukturen“

... 18.06.2011 - 19:45
- Antifa-Kundgebung Friedrichsort – 18.06.2011 -

Kiel im Frühling 2010: Aus einem Personenpool von etwa 20, teils sehr jungen Neonazis, viele von ihnen wohnhaft im Kieler Norden, kommt es immer wieder zu Schüben von Aktivismus: Mal versucht man eine Kundgebung durchzuführen, mal verunstaltet man großflächig das Kieler Straßenbild mit Nazipropaganda. Man mietet mitten in der Innenstadt einen Raum für eine abendliche Veranstaltung mit Beteiligung der üblichen schleswig-holsteiner Aktivnazis, fährt am Wochenende gemeinsam zu überregionalen Demos, wo ihr Leithammel Daniel Zöllner sogar auch mal reden darf. Und es fliegen auch mal wieder Scheiben bei alternativen Läden ein. Das alles läuft unter dem mittlerweile nicht mehr ganz neuen Namen „Aktionsgruppe Kiel“, der zwei Jahre zuvor von einer noch größtenteils von anderen Personen durchsetzten Generation von Neonazis außerhalb der NPD um den langjährigen Nazikader Peter Borchert ins Spiel gebracht wurde und seither vor allem für oftmals gewaltförmigen und spontanen Neonazi-Aktivismus steht, der bewusst die Konfrontation mit Antifaschisti_innen sucht.

Kiel ein Jahr später im Frühling 2011: Nichtmal 20 Nazis nicht nur aus Kiel laufen unter dem Banner der NPD nichteinmal eine halbe Stunde durch die Fußgängerzone in der Kieler City. Sie sind so schnell weg, wie sie gekommen sind. Ähnliches passiert in den Wochen zuvor und danach im Örtchen Bornhöved, im Kieler Sophienhof oder in Husum. Außer bei letztgenannter Aktion, bei der sie am 1. Mai die lokale DGB-Kundgebung stören, bemüht man sich, durch äußerste Geheimhaltung im Vorfeld, die Wahl abgelegener Orte oder strikte zeitliche Begrenzung, antifaschistischen Gegenaktionen aus dem Weg zu gehen, was auch vergleichsweise gut klappt. Der Preis dafür ist eine geringe Außenwirkung und Beschränkung des TeilnehmerInnenspektrums auf den Kern der organisierten Neonazisszene und ihr direkten Umfeldes, das auf etwa 50 Personen landesweit geschätzt werden kann. Federführend beteiligt sind bei diesen Aktionen NPD-Kader wie ihr Landesvorsitzende Jens Lütke, ebenfalls beteiligte selbsternannte Frei Nationalisten schließen sich ihnen an.

Was ist in der Zwischenzeit geschehen? In der zweiten Hälfte des letzten Jahres wurde es um die lokale Neonaziszene in Kiel relativ ruhig. Führende Aktionsgruppen-Nazis traten nicht mehr in Erscheinung und auch sonst passierte nicht viel. Einige verabschiedeten sich, wie schon in den Jahren zuvor immer wieder zu beobachten gewesen war, in die Rockerszene und setzten ihren Schwerpunkt nun auf skrupellose Geschäftemacherei, darunter auch Protagonisten der Friedrichsorter Naziszene. Andere verschwanden, zumindest vorübergehend, ganz von der Bildfläche und die, die in der Naziszene verblieben versuchten sich im wenig erfolgreichen Aufbau der NPD-Nachwuchsorganisation JN oder traten auf einmal als Freie Nationalisten Kiel auf.

Daraus ergibt sich eine derzeitige Gemengelage in der Kieler Naziszene, in der die jahrelang aktive NPD-Garde um Jens Lütke, Roland-Siegfried Fischer oder auch Ratsherr Hermann Gutsche wieder die Kontrolle zurückgewonnen haben und von ihrem Fußvolksammelbecken auf Parteilinie FN Kiel aktionistisch unterstützt wird. Die selbstbewusste AG Kiel, die es in den Jahren zuvor geschafft hatte, der lokalen Szene ihren aggressiven, aber wenig politisch-strategischen Stempel aufzudrücken, scheint sich derweil endgültig erledigt zu haben.

Diese Entwicklung spiegelt sich ganz zwangsläufig auch im Auftreten Friedrichsorter Neonazis wieder, die noch im vergangenen Jahr eng an der AG Kiel orientiert war und für sie ein wichtiges subkulturelles Nachwuchsbecken darstellte. Die derzeitige Rückbesinnung der Kieler Naziszene auf eine etwas zurückhaltendere NPD-Linie muss neben den bereits im ersten Redebeitrag genannten Faktoren bei einer Einschätzung der Lage in Friedrichsort berücksichtigt werden.

Uns ist es dagegen relativ egal, unter welchem Namen und mit welchen favorisierten Mittel Neonazis ihre rassistische, nationalistische und antisemitische Ideologie verbreiten und ausleben. Ob NPD, FN, AG oder welche Nazibande auch immer, wir werden ihnen auch weiterhin dort gehörig auf die Nerven gehen, wo sie versuchen sich Raum zu nehmen, Menschen einzuschüchtern und anzugreifen oder wo sie ihre Propaganda verbreiten wollen. Wir werden immer die passende Strategie zu ihrer Bekämpfung entwickeln und sie für ihren Menschenhass zur Rechenschaft ziehen.

Für uns als Antifaschist_innen bedeutet dies gerade in Anbetracht ihrer derzeitigen Strategie spontaner Blitzauftritte, im Alltag wachsam zu sein und im Fall der Fälle selbstverantwortlich und schnell wichtige Informationen weiter zu verbreiten und – vor allem – entschlossen und flexibel zu handeln.

Bildet Banden - seid aufmerksam, spontan, schnell und entschlossen!
Kein Meter und keine Minute für Nazis – weder der NPD, noch sonstwem!
Nicht in Friedrichsort, noch sonstwo!

Redebeitrag gegen schlechte Scherze

... 18.06.2011 - 20:12
/// Antifa-Kundgebung Friedrichsort /// 18.06.2011 ///

Etwas unglaubliches scheint hier in Friedrichsort passiert zu sein, denn dort hat sich die lokale Neonazi-Szene, die das Viertel noch vor einem Jahr mit tonnenweise menschenverachtender rassistischer, nationalistischer und antisemitischer Propaganda überhäuft und regelmäßig Menschen, die nicht ihrem beschränkten Weltbild entsprechen mit Einschüchterungsversuchen belsätigt haben, angeblich in Luft aufgelöst. So zumindest dem stellvertretenden Leiter der Polizeistation in Friedrichsort zufolge, der auf einer Sitzung des Ortsbeirates am 9. März deshalb "Entwarnung" gegeben hat, was von den Kieler Nachrichten in gewohnter Manier unhinterfragt aufgegriffen und weiterverbreitet wurde.

Dass das verharmlosen von Neonazi-Aktivitäten in Kiel traurige Tradition ist, haben wir in den letzten Jahren schon das eine oder andere Mal feststellen müssen. Mit besagtem, am 11. März 2011 veröffentlichten Artikel über die "Kriminalitätsstatistik für Friedrichsort" setzen KN und Kieler Polizei diese Linie unverändert fort.

Nachdem in dem Artikel festgestellt wird, dass "Straftaten mit rechtsextremen Hintergrund" den Stadtteil Friedrichsort" im vergangenen Jahr erschüttert und zur Gründung eines > geführt" haben und es "> rechtsextrem motivierter Taten - wie das Bekleben und Besprühen von Gebäuden" gab, behauptete der stellvertretende Leiter der Polizeistation in Friedrichsort Lutz Rohwer im März nun, dass diese Taten "alle auf das Konto eines Mannes" gingen, "der inzwischen nach Eutin zurückgezogen sei, wo die Taten jetzt weitergingen". Weiter heißt es in dem KN-Bericht, dass seitdem "in Friedrichsort von rechter Seite nichts mehr passiert" ist. "Rohwer führt dies darauf zurück, dass >. Gleichzeitig hatte es aber auch in der letzten Zeit viele Veranstaltungen gegen rechts gegeben." (Alle Zitate aus dem KN Artikel vom 11.3.2011).

Können wir solch absurde Einschätzungen als bloßen schlechten Scherz aus dem Hause Rohwer abtun oder steckt da wohlmöglich mehr dahinter?
Während die Feststellung, dass Friedrichsort im letzten Jahr ein lokaler Brennpunkt von Neonaziaktivitäten war und es dieses Jahr bisher vergleichsweise ruhig ist soweit stimmt, ist die Behauptung, dass alle Taten von nur einer Person begangen wurden und es seit ihrem Wegzug dort "ruhig" ist eine reine Farce! Es ist bekannt, dass in Friedrichsort im vergangenen Jahr eine ganze Clique von etwa 10-15 Jugendlichen zu den Neonazis übergelaufen ist. Uns wurde berichtet, dass sich diese Nachwuchsnazis in Friedrichsort Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert haben, dass sie zusammen mit anderen Kieler Nazis unter einer Hakenkreuzflagge am Skagerrakufer faschistische Parolen gerufen und Lieder gesungen haben. Wir wissen von Einschüchterungsversuchen und Angriffen eben dieser Neonazis gegenüber Friedrichsorter Jugendlichen, welche durch ihr Aussehen oder Äußerungen zum Ziel wurden, und das leider auch wieder im Jahr 2011. Die Polizei hat ihre eigene Aussage im Übrigen längst selber widerlegt: Am 22.1.11, dem Abend des antifaschistischen Konzertes "beats against nazis" im Friedrichsorter Jugendzentrum, postierte sich die Polizei vor dem Haus von Pascal N. in der Stromeyerallee und hielt eine Gruppe Neonazis dort fest. Des weiteren wurden Ende März in Friedrichsort Plakate für den Neonazi-Aufmarsch am 26.3.11 in Lübeck verklebt. Wahrscheinlich von einer einzigen Person, die dafür extra alleine von Eutin nach Kiel-Friedrichsort gefahren ist... Oder was!?

Die "Entwarnung" der Polizei und die Aussage des KN-Artikels, das Naziproblem in Friedrichsort habe sich erledigt, ist eine dreiste Verharmlosung der Situation und entspricht nicht der Wahrheit. Sie passt allerdings in das altbekanntes Schema, neonazistische Aktivitäten als Taten von Einzelpersonen oder als bloßes Jugendproblem darzustellen. Die Existenz einer organisierten, gewachsenen Struktur wird geleugnet in der Sorge um das Image des eigenen Ortes und mit dem Ziel die, eine öffentlichen Thematisierung und das konsequente Begegnen der Problematik durch
Antifaschist_innen zu sabotieren. Und das ist ausdrücklich kein Friedrichsorter Phänomen.
Der Umstand, dass sich die Neonazis in Friedrichsort im Moment relativ zurückhalten, heißt noch lange nicht, dass es sie nicht mehr gibt. Wir können feststellen, dass sich die gesamte Kieler Neonaziszene im Moment verhältnismäßig ruhig verhält und in anderer Form öffentlich in Erscheinung tritt als noch vor einem Jahr. Das bedeutet aber leider nicht zwangsläufig, dass sie sich aufgelöst hat und so gehen wir auch im Fall Friedrichsort nicht von einer einfachen "Auflösung" der Nazi-Szene und einem Ende der neonazistischen Aktivitäten aus.

Denn nicht irgendwelche Umzüge einzelner Neonazis haben dazu geführt, dass die Neonazis zur Zeit nicht mehr ganz so selbstbewusst wie noch vor einem Jahr im Viertel auftreten können, sondern auch der zunehmende Gegenwind, der ihnen durch die kontinuierliche antifaschistische Arbeit von Friedrichsorter Anwohner_innen und Antifa-Aktivist_innen im vergangenen Jahr entgegengebracht wurde und wird. Diese Arbeit wollen wir fortsetzen, deshalb sind wir heute hier und beziehen öffentlich Stellung gegen Neonaziumtriebe, gegen ihre Verharmlosung durch Polizei und Kieler Nachrichten in Friedrichsort und gegen jede Form von rassistischer, antisemitischer oder nationalistischer Ideologie und ihren Auswüchsen.

Es bleibt auch in Friedrichsort im Jahre 2011 dabei - Antifa ist Alltagsgeschäft:
Entfernt Nazi-Propaganda wo ihr sie seht und macht andere auf Naziumtriebe aufmerksam!

Organisiert Euch mit Euren Freund_innen, werdet antifaschistisch aktiv und seid solidarisch mit Betroffenen faschistischer Gewalt und Einschüchterungsversuche!

Gegen die Totschweige- und Verharmlosungstaktik von Polizei und KN!
Keinen Millimeter den Nazis - Für einen konsequenten Antifaschismus!

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