Rostock: KTV macht blau - RTS-Party

Tim Krugfelch 23.05.2011 19:14 Themen: Antifa Freiräume
Wieder drängelten sich tausende Rostocker und Gäste am vergangenen Wochenende in der KTV. Seit nunmehr 15 Jahren findet das Stadtteilfest 'KTV macht blau' im alternativ geprägten Stadtteil statt. Was als nicht-kommerzielle gemütliche Zusammenkunft begann, hat sich in der Vergangenheit ähnlich entwickelt wie vergleichbare Institutionen in Hamburg, Berlin oder Dresden. Ein Hauch von Rebellion ist dennoch erhalten geblieben. Mehr als 500 Menschen feierten bis in den frühen Morgenstunden im Bereich Niklotstraße / Leonardstraße zu wummernden Bässen und im Schein von entzündeten Bengalos.
Für die ansässigen gastronomischen Einrichtungen und die aufgebauten Bierzelte dürfte es wieder ein ordentlicher Reibach gewesen sein. Bereits seit dem frühen Nachmittag schoben sich die Massen durch den Kernbereich der KTV. Bei gutem Wetter flossen tausende Liter Bier durch die durstigen Kehlen. Kinder schliffen ihrer Eltern von Stand zu Stand. Jugendliche torkelten sichtlich vergnügt über das Kopfsteinpflaster.

Traditioneller aber inoffzieller, weil nicht zum Fest zugehörig, Höhepunkt bildete wie in jedem Jahr die "Reclaim the Streets-Party" im Bereich der Niklotstraße. Ab 22:00 Uhr legte hier ein DJ-Team der 'Saufproleten' Trash und Elektro auf. Am Rande gab es gelegentlich Auseinandersetzungen mit Trägern der in Neonazikreisen beliebte Modemarke 'Thor Steinar'. Größere Zwischenfälle wie noch in den Zeiten als in der KTV mit dem 'Dickkoepp' (vormals: 'East Coast Corner') einen Neonaziladen in unmittelbarer Nachbarschaft gab und es teilweise zu regelrechten Straßenschlachten kam, blieben in diesem Jahr aus. Durch konsequentes Einschreiten gegen neofaschistisches Klientel, konnte im Grundsatz eine Atmosphäre hergestellt werden, die unbeschwertes Feiern ermöglichte.

Trotz des enormen Zuspruches an der von der linken Szene Rostocks organisierte Party, wächst auch die Kritik. Bis auf eine Transpiaktion, bei der sich gegen staatliche Repression und die Bedrohung von Neonazis ausgesprochen wurde, blieb die Vermittlung politischer Inhalte weitgehend liegen. Anlass dafür gäbe es dafür genug. Schließlich hat sich die KTV in den letzten 15 Jahren deutlich verändert. Die Gentrifikation machte aus dem Viertel mit geringen Mieten nun eines der teuersten Gegenden in Rostock. Wie auch das gesamte ehemals unkommerzielle Fest, praktisch vollends in die kapitalistische Verwertungslogik einbezogen worden ist. Ob gegen diese Prozesse überhaupt etwas auszurichten ist, die letztlich auch ein Art Erfolgssignal darstellen, ist sicher schwierig zu beantworten. Handlungsbedarf besteht in jedem Fall hinsichtlich der 'RTS' in der Niklotsstraße. Mehr noch als in den letzten Jahren nutzten aggressive Personen die Party, die eigentlich einen zumindest temporären Freiraum schaffen soll, um sich ihr Gemüt zu kühlen.
Positiv lässt sich dennoch festhalten, dass wieder ein Freiraum durchgesetzt worden ist. Die Polizei hielt sich wie auch in den vergangenen Jahren zurück und ließ die Feierwütigen ungehindert gewähren.


(C) 2011 Tim Krugfelch, Fotos mit freundlicher Genehmigung von La Pampa
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Ergänzungen

you say party, we say die

d_l 24.05.2011 - 14:12
 http://www.facebook.com/video/video.php?v=173527226037476&oid=297175536312&comments

Wenn man sich die Kommentare in der Debatte da gibt, kommt tatsächlich die Frage auf ob man den Pöbel bespaßen muss, der sich aufregt, dass die "Antifa-Trottel" die "schönen Feste" in Rostock zerstören und die offenbar überhaupt nicht mitbekommen haben, dass das eine RTS und damit eine politische Aktion gewesen sei soll.

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keep up the good work!

Francis 23.05.2011 - 20:37
Wirklich, die Niklotstraße ist jedes Jahr wieder das Highlight des Tages und eine angenehme Abwechslung zu dem sonstigen ziemlich hippen und prolligen Publikum.

hallo???

hammer egal 24.05.2011 - 01:15
Wirklich, die Niklotstraße ist jedes Jahr wieder das Highlight des Tages und eine angenehme Abwechslung zu dem sonstigen ziemlich hippen und prolligen Publikum.


wo warst du denn??? so viele prolls wie dieses jahr kriegt man sonst nur in großraumdissen zu sehen.......nächstes jahr sollte man die straße einzäunen und zoo an die straßenschilder schreiben - vorsicht wilde tiere!

Die größten...

Assis 24.05.2011 - 08:36
die es gibt, SAUFPROLETEN NIKLOTSTREET!

Idiotenzoo vs. Freiraum

Mrs. Review 24.05.2011 - 11:28
Es sollte echt geschaut werden, wie der politische Charakter in Zukunft besser zur Geltung kommen kann. Rostock ist die größte Stadt des Landes und auch wenn es vor Jahren mal sehr viel mehr und schönere Parties gegeben hat, mangelt es der Stadt nicht an Möglichkeiten zu Techno-Parties zu gehen. Und weil das so ist, zieht es nicht nur das hyper-maskuline Publikum aus den Plattenbau-Vierteln, sondern auch jedes Wochenende reichlich Landjugendliche in die Stadt. Die wollen halt auch feiern und das sei ihnen ja auch gegönnt. Bekanntlich stehen deren Umgangsformen aber in krassem Konflikt zu allem was man sich unter linkem Freiraum vorstellt (was natürlich auch etwas über den bürgerlichen Charakter des Freiraumideals aussagt), so eben auch beim KTV Fest.

Ob auf so eine Party verzichtet wird, oder ob deren Rahmen verbessert werden kann, mag ich mir hier nicht anmaßen zu beurteilen. Nur braucht die Linke Szene keine Free-Fight Veranstaltung mit netter musikalischer Untermalung für Leute stellen, die eh nicht tanzen können oder wollen.

Musik

Enrico Q. 25.05.2011 - 23:08
RTS-Party? Mit "Summer of 69" wird das aber nix.