[FFM] Petra Roth geht in Jubel unter!

Bingo! 17.05.2011 04:05 Themen: Kultur Medien Soziale Kämpfe
Selbstinszenierung scheitert kläglich – Petra Roth geht in Jubel unter! Frankfurt. In der Aula des historischen Hörsaalgebäudes auf dem Campus Bockenheim sollte gestern, am 16. Mai in herrschaftlicher Atmosphäre das sogenannte zweite Bürgerforum zum »Kultur-Campus Bockenheim« stattfinden. Empörte Anwohner_innen und Studierende ließen die die selbstgerechte Inszenierung von Oberbürgermeisterin (OB) Petra Roth und dem von ihr geladenem Podium jedoch in Jubelchören untergehen. Nach knapp 1 1/2 Stunden verließ ein sichtlich entnervtes Podium unverrichteter Dinge den Raum.
Bereits im Vorfeld der Veranstaltung war selbst in der bürgerlichen Presse bemängelt worden, dass bei einem sogenannten Bürgerforum wohl auch die Betroffenen zu Wort kommen sollten. Besetzt war das von OB Roth geladene Forum jedoch mit Unipräsident Werner Müller-Esterl, dem Kulturdezernenten Felix Semmelroth, dem Geschäftsführer der AGB Holding (städtische Wohnungsbaugesellschaft) Frank Junker, Thomas Rietschel, Präsident der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst (HfMdK), Michael Denkel, Stadtplaner und Jünger von Albert Speer und dem Planungsdezernenten Edwin Schwarz.

Zu Beginn der Veranstaltung war die Aula mit knapp 300 Teilnehmenden bis zum letzten Platz gefüllt und OB Roth genoss bei ihrer Eröffnungsrede offensichtlich den frenetischen Jubel, der ihr – unerwarteter Weise – zuteil wurde. Als dieser jedoch auch nach den ersten Sätzen nicht enden wollte, verschlechterte sich ihre Stimmung merklich. Grund für den Jubel waren Flugblätter die vor Beginn der Veranstaltung ausgelegt worden waren und zur überaffirmativen Teilhabe aufriefen. Ein »Partizipations-Bingo« forderte die Anwesenden auf, zu bestimmten Begriffen des Podiums zu jubeln und zu applaudieren.

Noch während der Eröffnungsrede von Roth hängten außerdem vier bunt geschminkt und gekleidete Menschen unter tosendem Beifall ein Transparent mit der Aufschrift »Einmal Latte mit Kultur-Campus. Zum in die Tonne treten, bitte!« auf. Schon zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich ab, dass der wohl von Podium gewünschte Verlauf des »Bürgerforums« nicht durchzusetzen ist, zumal die Mehrheit der im Publikum sitzenden Menschen wohl weniger an einer konstruktiven Teilnahme als an einer Dekonstruktion der Selbstinszenierung interessiert waren.

Nachdem die sichtlich überforderte Moderatorin am Anfang noch bemüht war, die Veranstaltung wie geplant durchzudrücken, versuchte sie kurze Zeit später dem Publikum das Wort zu überlassen und den »demokratischen« Charakter des Forums zu betonen. Allerdings ließen sich die Gäste auch davon nicht beirren und bedachten Roth und Co. weiterhin mit überschwänglicher Zustimmung. Sprechchöre wie »Wir leben für den Standort, wir lieben Konkurrenz, wir sind nicht eure Feinde wir sind eure Fans!« und »Petra Roth so hilf uns doch, den Campus gibt es immer noch!« hallten durch dem Raum. Konfetti, Luftschlangen und Papierschnipsel mit dem Logo des im Februar gegründeten »Wem gehört die Stadt?«-Netzwerkes und einem Aufruf zum Aktionstag am 11. Juni wurden in die Luft geworfen. Bereits jetzt hatten immer wieder einige der wenigen Unterstützer_innen des Podium unter Beifall den Saal verlassen.

Als dann auch noch Werner Müller-Esterl das Mikrofon ergriff, um sich selbst als Opfer der Umsände zu inszenieren, riefen wohl besonders die empörten Studierenden im Saal immer wieder lautstark »Räumen! Räumen!«. Erinnerten sie sich wohl noch sehr genau daran, wie das im Dezember 2009 im Rahmen von Studierendenproteste besetzte Casino auf dem IG Farben-Campus auf seine Anweisung hin von schwer bewaffneten Bullen mit Knüppeln und Pfefferspray geräumt worden war.

Eine ähnlich schlechte Figur machte neben ihm Edwin Schwarz. Vor seinem »Beitrag« hatte eine Rednerin aus dem Publikum bereits die Frage gestellt, warum eine »Bürgerbeteiligung« erst nach drei Jahren und nach dem Abspringen mehrerer Investoren zu Stande kam. Statt auf die Frage einzugehen, sah sich der offensichtlich überforderte Schwarz nur noch dazu in der Lage das Publikum zu beleidigen und den geladenen Bürger_innen mangelnden Intellekt vorzuwerfen.

Zwei weitere Beiträge aus dem Publikum nahmen dies zum Anlass, dass Demokratieverständnis des Podiums in Frage zustellen. Betont wurde auch, dass schon die Anordnung im Raum und die Boxen zur Verstärkung der Redebeiträge des Podiums nur auf das Publikum gerichtet seinen. Dies offenbare, in welcher Richtung die Kommunikation stattfinden solle.

Nachdem Petra Roth zuerst die Schuld für diesen »Fehler« bei den Tontechniker_innen gesucht hatte, fasste sie sich ein Herz, selbst anzupacken und zwei der Lautsprecher in Richtung Podium zu drehen. Ein letzter Beitrag aus dem Publikum stellte klar: »Wir sind hier heute nicht gekommen um einen konstruktiven Beitrag zu dieser selbstgerechten Inszenierung zu leisten und wollen auch keine weiteren dummen Fraßen hören.« Der Redner forderte das Podium auf, endlich diese jämmerliche Veranstaltung zu beenden und den Saal zu verlassen. Das Publikum johlte, klatschte und stampfte mit den Füßen. Nach dem der »Jubel« auch in den nächsten Minuten nicht abnahm, erklärte eine sichtlich zerknirschte Petra Roth die Veranstaltung für beendet. Unter »Zugabe! Zugabe!« rufen verließen sie und ihr Anhang den Raum.

Weitere Infos zum »Wem gehört die Stadt?«-Netzwerk auf: www.wemgehoertdiestadt.net


Hier der Text des ausgelegten Flugblatts:

Wir danken und preisen!

Wir schreiben das Jahr 2011. Der gesamte Campus Bockenheim wird von Studierenden und anderem nichtsnutzigen Gesindel genutzt. Der ganze Campus Bockenheim? Nein! Eine kleine Gruppe unbeugsamer Frankfurter_innen hat sich zum Ziel gesetzt, diesem Treiben endlich Einhalt zu gebieten...

Als erfahrene Feldherrin im »Aufstand der Städte«, ist die allseits geliebte Petra Roth als Führerin einer kleinen Widerstandsgruppe auserkoren, dem barbarischen Treiben am Campus endlich ein Ende zu bereiten. Unterstützung bei ihrem Kampf für die Hochkultur erhält sie von dem un­erschrockenen Werner Müller-Esterl, der spätestens seit dem Kampf um das Casino im Dezember 2009 weiß, wie man mit Schlagstock und Pfefferspray gegen Schmierfinken und Kulturfeinde vorgeht. Und auch die anderen Kämpfer_innen für das ›Wahre, Schöne, Gute‹, wie der Kopf der ABG Holding Frank Junker und der Planungsdezernent Edwin Schwarz, wissen ganz genau, wie man ganze Stadtviertel und städtischen Wohnungsbau aufwertet, um im immer härteren Kampf und den Standort konkurrenzfähig zu bleiben.

Wir sind heute hierher gekommen, um dafür endlich einmal laut und deutlich »Danke!« zu sagen. Denn wir verzichten gerne auf das Studierendenhaus als Ort demokratischer Kultur und Mit­bestimmung, wenn es der Hochkutur dient. Auch dem Kindergarten und den Unterkünften für Studierende weinen wir keine Träne nach, denn wir wissen, es geht darum konkurrenzfähig zu bleiben – auch mit New York, Rio, Tokio. Wir verstehen, dass der Kultur-Campus als strahlender Leuchtturm auch Schatten werfen wird und die Mieten in Bockenheim steigen müssen. Wir akzeptieren demütig, dass manch' eine_r von uns es sich bald nicht mehr leisten können wird, hier die Miete zu zahlen, denn wir wissen, dass wir unseren Wohnraum für die Leistungsträger_innen in der Gesellschaft frei machen müssen, die dafür sorgen, dass es uns allen in Zukunft besser gehen wird.

Wir möchten uns außerdem dafür bedanken, dass wir – denen uns der Weitblick für solch weit­reichende Entscheidungen fehlt – so vorzüglich repräsentiert werden. Weil wir tagein tagaus damit beschäftigt sind, für Miete, Fressen und all die anderen wunderbaren Geschenke, die die kapitalistische Gesellschaft für uns bereit hält, die Kohle aufzutreiben, haben wir leider nicht die Zeit uns mit Hochkultur, dem Standort und derlei wichtigen Dingen zu beschäftigen. Um so mehr sind wir glücklich darüber, bei Veranstaltungen wie diesen an den weisen Entscheidungen der von uns so verehrten Repräsentant_innen teilhaben zu dürfen. Dass wir eigene Beiträge einbringen dürfen – wenn auch meist von eher plumper Natur – vermittelt uns ein Gefühl von Teilhabe und Erhabenheit. Wir sind wahrhaft dankbar!

Stimmt ein den Chor für Standort und die Konkurrenz!
Unterstützt uns und vor allem unsere Repräsentant_innen und bedenkt Sie wenigstens heute mit ausreichend Jubel und Applaus!

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Ergänzungen

Protest per Kehlkopf

Frankfurter Rundschau 17.05.2011 - 14:31

Enthemmt applaudierende Besucher verhindern eine Debatte über die Neubebauung und Umgestaltung des alten Frankfurter Uni-Geländes. Der Grund? Die Störer sind die Betroffenen der Umgestaltung. Und sie sollten nicht gehört werden.

Das „Bürgerforum Kultur-Campus“ Bockenheim hätte eine Diskussion zur Zukunft des Geländes werden sollen. Um kurz vor 21 Uhr geriet die Debatte endgültig außer Kontrolle. Die mit 200 Personen gefüllte Aula forderte Oberbürgermeisterin Petra Roth zum Abbruch auf. Die gab kurz darauf den Protestierenden nach, die unnachgiebig applaudierten, mit den Füßen auf den Boden stampften und laut johlten. Abbruch. Dabei hatte Roth sich noch über tosenden Applaus freuen können, als sie die Gäste knapp anderthalb Stunden zuvor mit den Worten „Herzlich Willkommen, liebe Bürgerinnen und Bürger“ in der Aula der Goethe-Universität begrüßte. Schnell musste sie jedoch feststellen, dass der Applaus als Protest gedacht war.

Bei jedem Satz, in dem Wörter, wie Bürgerbeteiligung, Frankfurt, Campus oder Kultur fielen, applaudierte der Großteil der rund 200 Teilnehmer provokativ. Dazu aufgefordert hatten Studenten, die vor der Veranstaltung Flyer verteilt hatten und darin zum Protest aufriefen, weil von den Bürgerinitiativen keiner auf das Podium eingeladen worden war.

„Partizipations-Bingo“ nannte sich das „Spiel“, dass sich die Initiatoren schon am Montagmittag ausgedacht hatten. Bei insgesamt 25 Reizwörtern kamen die sieben Podiumsdiskussionsteilnehmer kaum dazu, einen Satz ohne Applaus zu sprechen. „Ich bin etwas enttäuscht über ihren Protest“, stellte Planungsdezernent Edwin Schwarz (CDU) fest. Die Diskussionen seien früher, als er an der Goethe-Universität im Jahr 1968 studiert hatte, wesentlich härter und intellektueller gewesen.„Die Diskussion wurde vom SDS mit dem Kopf geführt und nicht mit dem Kehlkopf“, so Schwarz.

"Das ist unwürdig"

„Hier geht es nicht um Protest, das ist unwürdig. Es wäre aber gut gewesen, wenn jemand von den Initiativen auf dem Podium gesessen hätte“, sagte Axel Hoffmann (CDU), der Ortsvorsteher des Ortsbeirat 2, der den Saal frühzeitig und wütend verließ. Roth hatte zunächst mühevoll versucht, gegen den johlenden Applaus anzukämpfen, ohne die Contenance zu verlieren. An Dialog oder gar Diskussion war nicht zu denken, „Dann kehren wir das Podium um und sie fragen uns. Das Ergebnis zählt, nicht die Form“, sagte Roth.

Nach dem Abbruch der Veranstaltung war die Ernüchterung groß bei den Repräsentanten von Stadt und Uni. „Eine verpasste Gelegenheit, sehr bedauerlich“, sagte Uni-Präsident Werner Müller- Esterl. „Der Dialog war nicht gewollt“, urteilte Frank Junker, Chef der städtischen Wohnungs-Holding. OB Petra Roth sagte, es werde keinen weiteren Versuch einer Bürgerversammlung geben. „Dafür machen wir im Herbst die Planungswerkstätten, da kann sich jeder zu Wort melden.“

Protestierende zeigten sich zufrieden. „Die Zusammensetzung des Podiums war eine Farce, das war jetzt eine Lehrstunde in Demokratie.“ Bei den Vertretern der Bürgerinitiativen war aber auch Unbehagen spürbar. „Das waren nicht wir, das waren autonome Reise-Kader“, so ein BI-Mitglied.

Eklat bei Bürgerforum zum Kulturcampus

Frankfurter Allgemeine Zeitung (Printausgabe) 17.05.2011 - 14:35
rsch. FRANKFURT. Das Bürgerforum zur künftigen Gestaltung des Universitätscampus Bockenheim ist gestern wegen Störungen abgebrochen worden. Etwa 60 Besucher stimmten in lauten Beifall und 'Jubel an, sobald einer der Diskussionsteilnehmer das Wort ergriff und schnitten ihm so das Wort ab . Die Protestierenden warfen der Stadt, die das Forum als "Bürgerbeteiligung" organisiert hatte, verfehltes Demokratieverständnis vor. Von einer "scheinheiligen Bürgerdiskussion" war die Rede. Vor der Veranstaltung war Kritik daran laut geworden, dass keine Vertreter der Bürgerinitiativen auf dem Podium vorgesehen waren. Diese argumentieren, die Politik gehe an den Bedürfnissen der Menschen vorbei, die keine "Hochkultur", sondern vor allem günstigen Wohnraum benötigten. Auf - die Bitte, die Pläne für den Kulturcampus vorzustellen, sagte Stadtplaner Michael Denke, "es darzulegen würde mehr als zehn Worte am Stück erfordern, und dazu komme ich heute nicht." (Weiterer Bericht folgt.)

Bürgerforum zum Kultur-Campus niedergebrüllt

Frankfurter Neue Presse 17.05.2011 - 14:42

Junge Leute wollten Oberbürgermeisterin Petra Roth & Co. nicht zu Wort kommen lassen

Über die Pläne für den alten Uni-Campus in Bockenheim wollte die Stadt informieren. Doch die Veranstaltung gestern Abend in der Aula der Universität eskalierte. Eine Gruppe junger Leute protestierte lautstark, weil keine Bürgervertreter auf dem Podium saßen.

Frankfurt. Von dem "Bürgerforum" sollte ein Signal ausgehen. OB Petra Roth (CDU) wollte zeigen, dass die Stadt die Universität dabei unterstützt, den Standort Bockenheim so schnell wie möglich aufzugeben. Und sie wollte den Startschuss geben für eine neue Runde der Bürgerbeteiligung. Im September sollen die Planungswerkstätten beginnen. Doch ihre Botschaft wurde gestern Abend nicht gehört.

Rund 200 Besucher sind in die Aula der Universität gekommen. Ungefähr ein Drittel davon ist auf Krawall aus. Mit Klatschen und lautem Johlen unterbrechen die jungen Leute – zu einem großen Teil Studenten – die Reden auf dem Podium. Dort sitzen neben Roth die beiden Hochschul-Präsidenten Werner Müller-Esterl (Goethe-Uni) und Thomas Rietschel (Musikhochschule), die Stadträte für Planung und Kultur, Edwin Schwarz und Felix Semmelroth, Frank Junker, der Chef der städtischen ABG Holding, und der Stadtplaner Michael Denkel. Ein Vertreter der Bürgerinitiativen, die sich zum Teil schon seit Jahren mit dem Campus befassen, ist nicht dabei. "Partizipationslüge" ist deshalb auf einem Protestplakat zu lesen, das an der Wand hängt.

Schnell ist klar, dass an einem geordneten Ablauf des Bürgerforums nicht zu denken ist, dass es einem Teil des Publikums nur darum geht, die Veranstaltung zu sprengen. Die Störer wollen witzig sein: "Partizipations-Bingo" nennen sie ihr Spiel, für das sie Zettel mit 25 Stichwörtern verteilen. Immer wenn ein Begriff wie "Frankfurt", "Stadtplanung" oder "Campus" fällt, wird geklatscht und gejohlt.

Roth lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, versucht, sich mit ihrer kräftigen Stimme durchzusetzen. Sie springt der verunsicherten Moderatorin Kathrin Fischer vom HR bei, gibt den Protestierenden die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Doch die wollen gar nicht über die Campus-Pläne reden. Manche kritisieren die Hochschulpolitik des Landes und das ihrer Ansicht nach mangelnde Demokratie-Verständnis des Magistrats, andere wollen nur brüllen. Irgendwann wird es einer Zuhörerin zu bunt. "Das ist doch nicht auszuhalten. Jetzt diskutiert doch endlich mal inhaltlich", schreit sie die Störer an. Es ist vergeblich.

Nach einer Stunde versteht niemand mehr ein Wort, die Veranstaltung wird beendet. Roth gibt sich gelassen. "Ich bin 35 Jahre in der Politik, da muss man das aushalten", sagt sie. Der Stadtverordnete Ulrich Baier (Grüne) allerdings hat geahnt, dass der Abend nicht gut gehen würde. "Ich habe schon letzte Woche gesagt, dass man ein Bürgerforum in dieser Form nicht machen kann. Wir müssen mit der OB reden." Die aber will weitermachen wie geplant und im Herbst mit den Planungswerkstätten beginnen. Auch wenn’s wieder laut werden könnte. (mu)

Hier wird die Stadt ausgebuht

BILD Frankfurt 17.05.2011 - 14:51

300 LEUTE BEIM BÜRGERFORUM ZUR UMGESTALTUNG DES ALTEN UNI-CAMPUS BOCKENHEIM

Von ANNE JAKWERTH

Frankfurt – Die Aula der Goethe-Uni ist gestern Abend knackevoll. 2. Bürgerforum zur Neugestaltung des alten Uni-Campus'. OB Petra Roth hatte geladen – das Projekt ist Chefsache.

Zusammen mit Vertretern aus Magistrat, Unis, ABG Holding und Planern wollte sie den aktuellen Stand erläutern. Mit Studenten, Anwohnern, Kulturschaffenden diskutieren.

Schon im Vorfeld gab´s Proteste. Bürgerinitiativen fühlten sich ausgegrenzt, weil auf dem Podium kein Bürger sitzt.

Studenten klatschen, trampeln, als die OB zum Mikro greift. Sie bleibt gelassen, wippt mit den Füßen. "Wir wollen mit Ihnen sprechen. Die Gebäude verfallen, wir wollen Wohnungen, Kultur schaffen."

"Kostet enorm Geld", schreit ein Student. "Man setzt uns eine neue Uni vor. Von außen Hui, die Lehre drinnen Pfui." Werner Müller-Esterl, Goethe-Uni-Präsident: "Wir müssen frühzeitig eine Lösung finden." Buh-Rufe. Da hilft auch nicht, dass Kulturdezernent Felix Semmelroth die Vielfalt des Kulturcampus' anpreist.

Dann stellt sich Planungsdezernent Edwin Schwarz vor die aufgebrachte Menge: "Ich habe 1968 an dieser Uni Politik studiert. Damals war die Auseinandersetzung intellektuell, wurde mit dem Kopf geführt, nicht mit dem Kehlkopf." Schwarz weiter: "Wir wollen einen Wohnanteil von 44 %."

Ein Anwohner mahnt, nicht nur Studium und Hochkultur zu berücksichtigen: "Wir brauchen einen lebendigen Stadtteil." Thomas Rietschel, Präsident der Musik-Hochschule darauf: "Hier soll kein elitärer Kulturtempel entstehen. Unsere Studenten spielen auch vor Obdachlosen." Gelächter.

Wieder minutenlanges Klatschen, Trampeln. 20.45 Uhr wird´s der OB zu bunt. Sie beendet die Veranstaltung. Sind Sie eingeknickt, Frau Roth? Die OB genervt: "Wenn die das hier zur Showbühne machen, ist das schade."

Bildunterschriften:

Bild 1: Gestandener Mann: Baudezernent Edwin Schwarz stellt sich der aufgebrachten Menge entgegen. Thomas Rietschel (Musik-Hochschule, l.), Felix Semmelroth (3.v.l.) und OB Petra Roth (3.v.r.) lauschen (Foto: Alexander Heimann)

Bild 2: Sie johlen, klatschen, sind stinkig: Studenten in der Aula (Foto: Alexander Heimann)

Das ist ja genau wie 1968

Klaus Rot 30.05.2011 - 13:01
Edwin Schwarz (CDU) hat etwas recht, 1968 ging es härter zu. Was er verschweigt: Damals gab es noch Militanz ganz anderer Art. Man wollte - und hier ähneln sich die Proteste - beispielsweise die Paulskirche stürmen, um die Preisverleihung an den Rassisten Senghor zu verhindern. Behelmt gingen die SDSler auf die Polizei los, riefen dazu auf, die Absperrungen zu überwinden.

Sehr schön war es damals, sehr schön ist es heute. Weiter so, ihr Jungen und Alten!

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