Oury Jalloh: Selbstentzündung ausgeschlossen!

Initiative in Gedenken an Oury Jalloh 10.05.2011 12:11 Themen: Antirassismus Repression
Seit Januar läuft das Revisionsverfahren im Fall Oury Jalloh gegen Andreas Schubert vor dem Magdeburger Landgericht. Der damalige Dienstgruppenleiter hat sich erneut wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu verantworten. Nachdem der Prozess anfangs nur schleppend in Gang kam und sich viele der bisher geladenen Zeugen nicht richtig erinnern wollten, kam es in den vergangenen Verhandlungstagen zu einer überraschenden Wende.
Das Revisionsverfahren im Fall Oury Jalloh läuft seit Anfang Januar vor dem Magdeburger Landgericht. Angeklagt ist der ehemalige Dienstgruppenleiter Andreas Schubert wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Oberstaatsanwalt Christian Preissner wirft ihm vor, nicht schnell genug gehandelt zu haben, um das Leben von Oury Jalloh zu retten. Preissner vertritt die absurde These, Oury Jalloh habe sich allein angezündet, um von den Hand-und Fußfesseln befreit zu werden. Obwohl es eindeutige Fakten gibt, welche die staatsanwaltschaftliche Theorie einer Selbstentzündung über den Haufen werfen, spricht er weiter unbeirrt von einem „Unglück“.
So berichtete der Polzeibeamte Torsten Bock, dass er den zwei Kollegen Hans-Ulrich März und Udo Scheibe gegen Mittag noch einmal in der Zelle 5 begegnet ist. Diese sind die gleichen Beamten, die Oury Jalloh am Morgen des 07. Januars 2005 im Dessauer Stadtgebiet rechtswidrig verhaftet, ihn in Gewahrsam verbracht und an Händen und Füssen auf einer Matratze fixiert hatten. Beide hatten vor Gericht behauptet nach der Ingewahrsamnahme gegen 9.00 Uhr nicht noch einmal in der Zelle gewesen zu sein. Der Zeuge Bock ist sich jedoch sicher, dass er selbst an diesem Tag zweimal im Gewahrsamsbereich war – einmal morgens und einmal gegen Mittag. Beim zweiten Mal wollte er den „Ulli“ März fragen, ob er ihn zum Mittagessen begleiten möchte. Dieser entgegnete jedoch, dass er noch zu tun habe.
Das Gericht war sichtlich erstaunt von dieser Aussage. Auf die Frage hin, was die beiden da mittags in der Zelle 5 taten, erzählte Torsten Bock, dass es für ihn so aussah, als würden sie Oury Jalloh noch einmal durchsuchen. Als er dann kurze Zeit später aus der Kantine vom Essen zurückkam brannte es.
Diese Ausführung beweist nicht nur, dass März und Scheibe vor Gericht gelogen haben, sondern bestätigt auch die Aussage von Beate Höpfner, der damaligen „rechten Hand“ des Angeklagten Schubert. Sie hatte den ganzen Vormittag im Dienstgruppenleiterzimmer gesessen und über die Wechselsprechanlage gehört, dass gegen 11.30 Uhr jemand in der Zelle gewesen war. Allerdings hatte das bisher niemand offiziell zugegeben.
In der vergangenen Woche kam ein weiteres bedeutendes Argument die gegen die Selbstentzündungsthese des Staatsanwaltes spricht hinzu. Die Hauptverhandlung war in das Dessauer Polizeirevier verlegt worden, damit sich alle Beteiligten für den weiteren Prozessverlauf ein besseres Bild von den örtlichen Begebenheiten machen konnten. Als sich diese im Zimmer des Dienstgruppenleiters in der ersten Etage des Reviers befanden, wurde getestet, ob man Schreie und Rufe aus dem Zellentrakt im Keller hören könne. Wiederum war das Gericht außerordentlich verwundert, als es tatsächlich die deutlichen Hilfeschreie der Testpersonen aus der Zelle 5 im Gewahrsamsbereich vernehmen konnte. Diese waren sogar dann noch zu hören, als sich die oben Anwesenden miteinander unterhielten.
Dies ist ein unumstößlicher Beweis dafür, dass Oury Jalloh nicht um sein Leben geschrien hat, als er verbrannte. Das heißt, er war entweder bewusstlos oder schon tot, als die Polizisten seinen Körper mit einem Brandbeschleuniger übergossen und anzündeten.
Nur missmutig hat der Oberstaatsanwalt Preissner dem Antrag der Nebenklagevertretung zugestimmt, die Polizisten Hans-Ulrich März und Udo Scheibe noch einmal zu laden. Ob die beiden Beamten die Aussagen von Torsten Bock dann bestätigen werden, bleibt abzuwarten. Für den Moment jedenfalls ist Bewegung in den Prozess gekommen und Preissners Selbstentzündungsthese dürfte seit letzter Woche auch vor den Augen des Landgerichtes nicht länger haltbar sein.

Oury Jalloh – Das war Mord!

Aktuelle Informationen:  http://initiativeouryjalloh.wordpress.com
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Ergänzungen

rechtswidrig verhaftet?

peter 10.05.2011 - 23:18
rechtswidrig verhaftet? so weit ich mich erinnern kann war Oury Jalloh betrunken und 2 Frauen angepöbelt, so das diese die cops gerufen haben. Das hat absolut nichts (!) damit zu tun was danach von den Bullen abgezogen worden ist aber man sollte so sexistisches verhalten nicht einfach totschweigen nur weil es einem nicht in das eigene politische konzept passt. aber ich lasse mich gerne eines bessern belehren.

tatsachen

janna 11.05.2011 - 01:20
gut peter, dass du das mit dem "sexismus" zur sprache bringst. das wird von den breiten medien immer wieder so dargestellt. allerdings war zu keinem zeitpunkt im prozess von einem sexistischen verhalten von oury jalloh die rede.

wärst du bei der vernehmung von frau bergner und frau richter-sawoddeck (den beiden frauen von der strassenreinigung) dabei gewesen, dann wüßtest du das. die frauen haben sehr wohl verstanden, dass er einfach nur telefonieren wollte. zudem hat die eine während ihrer aussage eine ganze reihe rassistischer und diskriminierender bemerkungen gegenüber afrikaner_innen gebracht. letztendlich haben sich die beiden frauen sowie märz und scheibe in ihren erzählungen über die festnahme derart widersprochen, dass sie völlig unglaubwürdig wurden.

die ingewahrsamnahme und die stundenlange fixierung waren nachweislich rechtswidrig, weil scheibe und märz nicht nach ihren gesetzen und völlig unverhältnismäßig gehandelt haben. wüßtest du, wenn du die aussagen von märz und scheibe gehört hättest.
brauchen wir auch nicht zu diskutieren, weil es im rahmen des prozesses klar bestätigt wurde.

@jemand
mit deiner meinung stehst du ziemlich allein. jede/r im gerichtssaal weiß, dass es mord war. es geht nur darum, ob köpfe rollen und welche es sein werden. viele leute stecken zu tief in der sache drin.

aber überzeugt euch selbst und kommt zu den nächsten prozessterminen (12.5./19.5./26.5.)

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