Solidarität mit Werner Braeuner

Soli mitWerner Braeuner 02.05.2011 18:13 Themen: Blogwire Repression
Werner Brauener ist seit 2001 im Knast in Sehnde bei Hannover, weil er einen Arbeitsamtdirektor getötet hatte. Die Behörde hatte seine Leistungen gesperrt.
Er tritt in einen unbefristeter Hungerstreik in der JVA Sehnde/Niedersachsen
ab dem 08.05.2011

Exkremente im Knastessen: Werner Braeuner verlangt vom niedersächsischen Justizministerium Eigenverfügung über Tagesverpflegungssatz für Gefangene zwecks Selbstbeköstigung. Das Ministerium lehnt ab.
Wir dokumentieren dazu die


ERKLÄRUNG VON WERNER BRAEUNER

„Bereits seit der zweiten Februarwoche 2011 habe ich aus unüberwindlichem Ekel keine in der Knastküche in Kesseln zubereiteten Speisen mehr gegessen; im einzelnen sind dies Salat, das meiste des Gemüses, Suppe, Soße, die überwältigende Mehrzahl der Fleischgerichte ( Gulasch, Frikassée, Geschnetzeltes, Chili ) sowie von der Küche hergestelltes Dessert.

Bei derart eingeschränkter Ernährung stellen sich infolge Mangels an Eiweiß, Vitaminen und Mineralien nach einiger Zeit schwere und bleibende Gesundheitsschäden ein. Um dem zu entgehen, verlange ich vom zuständigen Landesjustizministerium in Hannover, mir den Tagesverpflegungssatz für Inhaftierte in Höhe von circa 7 Euro zu überlassen, um mit diesem Geld beim Knastkaufmann einkaufen und mich selbst beköstigen zu können. Das Ministerium lehnt dies ab. Da ich eine gerichtliche Entscheidung dieses Streitfalls zu meinen Gunsten nicht erwarte und auch die Verfahrenskosten nicht tragen könnte, beginne ich am 08.05.2011 ein Todesfasten.

Im Kampf für meine Gesundheit und Würde setze ich mein Leben ein. Nachdem durch das Fasten bleibende Gesundheitsschäden eingetreten sein werden, werde ich es unabhängig von einem eventuellen Einlenken des Ministeriums bis zum Ende fortsetzen. Wenn ich von Exkrementen freie Nahrung nur um den Preis erhalte, zuvor meine Gesundheit beschädigt zu haben, ist ein Leben in Würde nicht mehr möglich.

Durch ekelerregende Eintragungen ungenießbar gemachtes Essen ist ein in allen Knästen auftretendes und bekanntes Problem. Die Justizbehörden bestreiten dies mit der Begründung, es werde von jedem Kesselgericht eine Probe genommen, die vom örtlichen Gesundheitsamt auf Eintragungen hin untersucht werde. Tatsächlich werden diese Proben allerdings jenen Kesseln entnommen, in denen die in der Küche arbeitenden Gefangenen das Essen für sich selbst zubereiten. Solche Zweitkessel sind regelwidrig doch verbreitete Praxis, da die Knastküchen andernfalls früher oder später von den Gesundheitsämtern geschlossen werden würden.

Knäste sind Heimstätten der Niedertracht; es gibt dort eine im Vergleich zu draußen weit überdurschnittliche Zahl von persönlichkeitsgestörten bis hin zu verrückten Menschen, die aus geringfügigen Anlässen bisweilen extreme Verhaltensweisen an den Tag legen – z.B. aus allgemeiner Gekränktheit, diffusem Frust, Mißgestimmtheit und auch manchmal ohne irgendwie nachvollziehbare Anlässe. Anlaß für ein motivlos scheinendes wahlloses Schädigen anderer Personen kann schon die seelische Entlastung sein, die eine gestörte Person sich durch eine niederträchtige Handlung zu verschaffen vermag. So kommt es in den Knastküchen nicht selten zur Entdeckung von ekelerrregenden Einträgen im Essen. Die in der Küche tätigen Gefangenen werden dann energisch zum Schweigen verplichtet und für den Fall der Zuwiderhandlung mit Rauswurf, Arbeitsverbot, Disziplinarstrafen, Verlegung in andere Knäste usw. bedroht. Dennoch dringen als zuverlässig zu bewertende Informationen über jene Vorgänge selbstverständlich nach außen. Von den Gefangenen werden sie meist verdrängt, da man dem völlig hilflos gegenübersteht. Man „schluckt's runter“ - buchstäblich - oder es werden bestimmte Speisen gemieden, meist der montägliche Eintopf und die Nachspeisen – die Bewältigungsversuche variieren je nach Person. Der Ekel hängt ständig in der Luft ohne je greifbar zu werden; Äußerungen wie 'der Erdbeerquark hat heute ja richtig Farbe' können da sehr spezielle Bedeutungen gewinnen.

Ekelerregendes Essen kommt dem Arbeitsregime des Knasts sehr entgegen, da es zusätzliche Motivation zur maximalen Verausgabung der körperlichen und nervlichen Kräfte an den Höchstleistung verlangenden Stücklohn – bzw. Pensumsarbeitsplätzen beisteuert. Den dennoch geringen Verdienst 'investieren' Gefangene wahlweise entweder in Genuß- und Betäubungsmittel oder eben in Nahrung. Würde den Gefangenen der justizbehördlich festgelegte Tagesverpflegungssatz von täglich ca. 7 Euro zwecks Selbstbeköstigung überlassen, würden sich mit dem Ausbeutungsdruck zugleich die Einnahmen der Justizbehörde aus Gefangenenarbeit fühlbar verringern ( Eine Vielzahl der Gefangenen erwirtschaftet in sogenannten Unternehmerbetrieben innerhalb der Anstalt Einnahmen für die Justizbehörde).

Mit dem beinahe allseitigen, politischen Kehrtmachen der 1948 an die Regierung gekommenen Repräsentanten der qualifizierten Lohnarbeiterschaft sowie der diese qualifizierenden Lehrerschaft wurden die Knäste der BRD zu knallharten Arbeitslagern rückgeformt, und dies sehr zügig kurz nach Verkündigung der 'Agenda 2010' im Jahre 2003. Das Strafvollzugsgesetz wurde massiv unterlaufen und von einigen Bundesländern auch neu gefaßt. Die Justiz hat dem assistiert; heute ist der Strafvollzug ein weitgehend rechtsfreier Raum, eine Spielwiese für Kriminelle, allerdings für kriminelle Bedienstete des Strafvollzugs. Mittlerweile geben sich Gefangene, die sich hilfesuchend an die Justiz wenden, der Lächerlichkeit preis. So werde ich die Gerichte beim Streit mit dem Ministerium nicht hinzuziehen. Justiz war gestern, heute ist direkter Schlagabtausch mit dem Feind – auf Biegen und Brechen.

Ich werde siegreich aus diesem Kampf hervorgehen, gleichgültig wie er ausgehen mag. Bisweilen ist es besser, im Kampf zu sterben, denn als Geschlagener zu leben. Die Herrschenden und ihre Büttel können nur noch bestehen, indem sie demonstrieren, zu jeglicher ruchlosen Tat und zu jedem Verbrechen gewillt zu sein. Sich solchem Abschaum bis in den Tod nicht zu ergeben, ist ein großes Ja zu Kampf und Leben.

Werner Braeuner“




P.S. 1: Werner Braeuner berichtete in einem Telefonat aus dem Knast im April 2011, darüber, dass in der zweiten Jahreshälfte 2010 die Küche der JVA Hannover wegen Eintrags von Exkrementen in das Gefangenen-Essen geschlossen worden ist.

P.S. 2: Im Falle einer Zwangsernährung während des Hungerstreiks kündigt Werner Braeuner in einem Schreiben vom 27.04.11 die Selbsttötung an, da die Zwangsernährung keine Lösung des Konflikts resultierend aus der jetzige Situation sei. Werner Braeuner schreibt, dass er nichts zu verlieren habe und die Selbsttötung dann nur die konsequente Fortsetzung seines Kampfes sei.

P.S. 3: Solidaritätserklärung des Gefangenen Thomas Meyer-Falk aus Bruchsal
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Ergänzungen

Solidaritätserklärung zu Werner Braeuner

Solidarität mit Werner Braeuner 02.05.2011 - 18:25
Solidarität!

Werner Braeuner hat gehandelt, wo viele sonst nur reden, fluchen und sich allenfalls zu der Phantasie hinreißen lassen: „MAN sollte mal was zu tun......“
Werner polarisiert - heute auch noch, aber das ist gut so. Denn in einer Zeit in der es scheinbar darauf ankommt, möglichst „glatt“ zu erscheinen, da zeigt er Kante.
An einem Ort wie dem Gefängnis, wo der menschliche Leib instrumentalisiert wird, denn mensch ist dort „Gefangener“, Objekt für angebliche Resozialisierungsmaßnahmen, hat der Gefangene zur Wertschöpfung durch Zwangsarbeit beizutragen und vieles mehr. Auch doch handelt Werner, dort wo viele sonst nur mit der Faust in der Tasche reden, fluchen und sagen: „Mensch, MAN sollte mal was tun...“

Werner braucht unsere Solidarität – heute, morgen und in den kommenden Monaten!

Thomas Meyer-Falk
zu Zeit in Bruchsal in Haft

April/Mai 2011

Radiotipp

Soli mit Werner 02.05.2011 - 19:24
Ein Radiointerview zu Werner Braeuner gibt es am Diesntag, den 3.Mai zwischen 18-19 Uhr zu hören beim Webradio "Radio Flora" aus Hannover per Livestream: www.radioflora.de zu hören.
Die Sendung wird am wiederholt am Donnerstag, den 5. Mai von 11 - 12 Uhr.

Was ein Spinner

Freier Mann 03.05.2011 - 20:22
Also ich glaube ja, dass es viel Schlechtes gibt. Aber der Inhalt dieses Textes entspringt ganz sicher nur der kranken Phantasie des Autors. Sowohl Gesundheitsämter als auch Presse würden sich sofort auf so etwas stürzen wenn da was dran wäre. Sicher mag das Essen nicht jedem munden, aber es kann keiner behaupten, dass die Gefangenen in unserem System schlecht versorgt werden.
Über für und wieder von Gefängnissen will ich hier aber nicht anfangen.

hintergründe zu Braeuner

leser 09.05.2011 - 16:44
Keine Post mehr vom Arbeitsamt

Der Erwerbslosenaktivist Werner Braeuner tötete 2001 den Chef eines Arbeitsamtes. Seit zehn Jahren sitzt er dafür im Gefängnis. Eine Veranstaltung in Berlin erinnert an seinen Fall.
Am 6. Februar 2001 wurde der Direktor des Arbeitsamtes Verden bei Bremen, Werner Herzberg, von dem Erwerbslosen Werner Braeuner erstochen. Braeuner war zuvor die Arbeitslosenhilfe, seine einzige EinnaEinnahmequelle gestrichen worden. Die Tat sorgte damals für großes Aufsehen. „Warum musste Werner Herzberg sterben?“, lautete der Titel eines Films, in dem der Regisseur Martin Kessler den Hintergründen nachging. „Wenn der Begriff von mildernden Umständen ein Sinn hat, dann hier“, schrieb der Mitbegründer der Gruppe „Die glücklichen Arbeitslosen“ Guillaume Paoli vor Prozessbeginn im August 2001. Zahlreiche Freunde Braeuners, darunter Aktivisten aus der französischen Erwerbslosenbewegung, appellierten in einem Offenen Brief: „Lassen wir Werner nicht fallen“. „Die Gewalttätigkeit dieser Tat ist erschreckend, sie ist aber eine direkte Reaktion auf erlittene Gewalt und Ohnmacht. Werner ist das Thermometer einer steigenden Spannung“, hieß es in dem Brief. Der Gewerkschafter Werner Leicht schrieb: „Werners Verzweiflungstat ist verständlich, aber nicht zu rechtfertigen, und sie ist kein “Ausweg” aus der Misere.“ Französische Aktivisten besetzte sogar am 9. Juli 2001 das Informationszentrum der Deutschen Botschaft in Paris, um „gegen die übertriebene Medienhetze… gegen Werner Braeuner zu protestieren“, wie es in einer Erklärung heißt.
Nachdem er zu einer 12jährigen Haftstrafe verurteilt worden war, wurde es still um Werner Braeuner. Doch mehr als 10 Jahre nach der Tat und 2 Jahren vor seiner Haftentlassung wächst das Interesse an Braeuner wieder. Am vergangenen Montag berichtete Thomas Bodenstein aus Hameln auf Einladung des Erwerbslosentreffes im Berliner Stadtteilladen Lunte über die aktuelle Situation des Häftlings. Die Veranstaltung hatte auch das Ziel, die Vorgeschichte der Aktion zu thematisieren. Schließlich sei die Wut nach Sanktionen und Schikanen am Amt groß und in Internetforen von Erwerbslosen wurde auch schon mal die Meinung geäußert, dass es verwunderlich ist, dass nicht öfter solche Aktionen passieren.

Bodenstein hatte zufällig einen Text von Braeuner im Internet gefunden, der ihn sehr ansprach und daraufhin Briefkontakt aufgenommen. Als er ihn zu einem Besuch einlud, zögerte Freudenthal nicht. Seitdem gehört er zu den wenigen ständigen Besucher von Braeuner. Auf der Veranstaltung verteilte Bodenstein ein Informationsblatt mit Ratschlägen für potentielle Gefangenenbesucher. Denn durch seine Besuche wurde er für die Situation der Gefangenen sensibilisiert.
Kampf gegen Gefängnisarbeit
In einem Radiointerview berichtete Braeuner über seine Haftsituation: „Ich war einem Haftraum von 7 ½ Quadratmetern, offene Toilette, 23 Stunden Einschluss und mit einem zweiten Gefangener musste ich mir die Zelle die ganze Zeit teilen.“ Auf Vergünstigungen konnte Braeuner nicht hoffen, weil er nach einer Zeit der Apathie nach seiner Verurteilung auch das Gefängnis als Kampffeld sah. So verweigert er seit dem 12. Juni 2010 im Gefängnis Sehnde bei Hannover die Arbeit. In einer Erklärung verglich er diese Aktion mit seinen Kampf gegen Zwangsmaßnahmen vom Arbeitsamt. Mit den Themen Zwangsarbeit und Widerstand dagegen hat sich Braeuner auch in einigen Texten beschäftigt, die durch die Mitarbeit von Unterstützer wie Thomas Bodenstein mittlerweile auch im Internet veröffentlicht sind. Der Kontakt zwischen beiden Männern dürfte auch nach der Haftentlassung nicht abbrechen. Bodenstein hat auf der Veranstaltung betont, dass Braeuner nicht wie manch anderer Gefangener seine ersten Tage in Freiheit in einem Obdachlosenasyl verbringen muss.

 https://www.neues-deutschland.de/artikel/191574.keine-post-mehr-vom-arbeitsamt.html?sstr=Werner|Braeuner

Peter Nowak

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