Lippstadt: Gedenken an Karfreitagsmorde

Graf Bernhard 27.04.2011 12:21 Themen: Antifa
Alljährlich findet auch in Lippstadt eine Gedenkkundgebung für die ermordeten Zwangsarbeiter und Widerständler statt, die am Karfreitag in der Dortmunder Bittermark von der Gestapo ermordet wurden. Die Kundgebung am Gedenkstein für die Opfer des Faschismus wurde auch in diesem Jahr am Karsamstag vom DGB und der Stadt Lippstadt ausgerichtet.
In den Lippstädter Union-Werken, einem damals großen Rüstungsunternehmen, formierte sich eine kleine Widerstandsgruppe, welcher von Kommunisten bis gläubigen Christen Menschen unterschiedlichster Weltanschauung angehörten. Was sie verband, war ihre überzeugte Ablehung der Naziideologie und das Ziel, eine bessere Gesellschaft zu erreichen.
Dieser Gedanke prägte ihr politisches Handeln. Um die Wahrheit über das Geschehen an der
Front zu erfahren und den Durchhalteparolen vom Endsieg entgegenzuwirken, hörten sie den
Rundfunk der Alliierten und verbreiteten - soweit möglich - die wichtigsten Nachrichten. Aus
Solidarität mit den französischen Zwangsarbeitern, die unter menschenunwürdigsten Bedingungen in den Union-Werken arbeiten mussten, versorgten diese Antifaschisten ihre Kollegen mit Lebensmitteln. Hierbei wurden sie entdeckt und verraten. Als sich der baldige Sieg der Alliierten und der Zusammenbruch Nazi-Deutschlands abzeichnete, setzten die Nazis zu einer letzten barbarischen Offensive an der Heimatfront an. Sie verhafteten und ermordeten in zahlreichen Städten viele der Menschen, von denen sie vermuteten, dass ihre Gegnerschaft zum Nationalsozialismus ungebrochen sei. In diesem Zusammenhang fanden auch die Verhaftungen der Lippstädter statt. Sie wurden von der Gestapo festgenommen, gefoltert und mit Stacheldraht gefesselt nach Dortmund gebracht. Da die Dortmunder Polizeiwache überfüllt war mit politischen Gefangenen, von denen ein Großteil das gleiche Schicksal erwartete, wurden die Lippstädter Arbeiter in die Polizeiwache nach Herne gebracht, wo die Tortur für sie weiterging. In den darauf folgenden Tagen wurden auf einer Waldlichtung in der Bittermark, im Rombergpark und auf dem Eisenbahngelände zwischen Hörde und Berghofen etwa 300 Menschen ermordet, unter ihnen auch die aus Lippstadt hergebrachten.

Im Gegensatz zur Veranstaltung am Karfreitag in der Bittermark, ist die Veranstaltung am Folgetag in Lippstadt immer etwas kleiner und wird außerhalb der marginalen zivilgesellschaftlichen Kreise vor Ort leider kaum wahrgenommen. Das, obwohl es in den vergangenen Jahren hier immer wieder die Gelegenheit gegeben hat, mit ehemaligen Widerstandskämpfern, Holocaustüberlebenden und Angehörigen der Ermordeten ins Gespräch zu kommen. Leider kam es in diesem Jahr nicht weit über Sonntagsreden hinaus. Zwar waren sich die Redner einig, dass es keinen Schlussstrich geben dürfe, so lange es rassistische und den NS verharmlosende Einstellungen unter Jugendlichen und Älteren gibt. Der CDU-Bürgermeister Christof Sommer erwähnte dann ernsthaft als Zeichen der Hoffnung das Aufbegehren der Nachbarstadt Soest, als man einem dortigen Naziaufmarsch die Innenstadt überließ um fernab vom Geschehen eine eigene selbstbeweihräuchernde Kundgebung abzuhalten. Dabei wäre tatsächlich auf lokaler Ebene einiges zu thematisieren gewesen, was der Bürgermeister selbstredend unterließ. Zum einen sind mehre Roma-Familien in Lippstadt momentan unmittelbar von Abschiebung bedroht. Andererseits wäre es auch in Lippstadt angebracht sich mit der extremen Rechten vor Ort auseinanderzusetzen. So war viele Jahre lang der Vorsitzende des größten Sportvereins "Teutonia Lippstadt" Klaus Petri. Dessen Karriere führte von rechtsextremen Burschenschaften über die CDU zu den REPublikanern und schließlich zur NPD. (vgl.:  http://www.aktion-gegen-rechts.de/index.php?name=News&file=article&sid=22) Nichtsdestotrotz ist er in der Provinz Lippstadt ein anerkannter Bürger, mit dem sich ablichten zu lassen, sich Bürgermeister Sommer und andere Stadtobere nie scheuten. Jegliche Versuche der Intervention bezüglich dieses Umstandes liefen ins Leere. Der Bürgermeister gab gar nicht erst eine Stellungnahme ab, aus Kreisen des Sportverbandes nahm man ihn ausdrücklich in Schutz. Anfang des Monats nun wurde Petri bei "Teutonia Lippstadt" festlich verabschiedet und geehrt. Man ließ es sich nicht nehmen ihn auch noch zum Ehrenvorsitzenden zu wählen. Und das einstimmig.
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Ergänzungen

eränzung

antifa ultras lippstadt 27.04.2011 - 13:01
2 kleine ergänzungen:
der naziopa klaus petri ist zwar ehrenvorsitzdender von teutonia lippstadt, allerdings ist dieser nicht der größte, sondern der 2. größte sportverein lippstadts. aber das ändert nichts an der problematik, dass einem npd-bundestagskandidat die höchsten honorationen in der stadt zukommen. "schließlich hat der viel für die stadt getan", so das gängige credo.

zu den sogenannenten kriegsendphasenverbrechen, die nicht nur im dortmunder rombergpark, sondern im gesamten ehemaligen reichsgebiet gegeben hat, ist im übrigen ein buch des genossen ulli sander erschienen:
 http://www.papyrossa.de/sites_buchtitel/sander_finale.htm

interessanter link

emil der alpenesel 27.04.2011 - 14:00
Der angegebene Link empfiehlt sich fuer alle die sich mit der Vorgeschichte der angesprochenen skandaloesen pompoesen verabschiedung und einstimmigen wahl zum ehrenvorsitzenden des Teutonia Lippstadt beschaeftigen moechten.

 http://www.aktion-gegen-rechts.de/index.php?name=News&file=article&sid=22

leider funktionieren die Links zu den Leserbriefen nicht mehr, wo diese doch ein besonders eindrucksvolles, wenn auch schockierendes Zeugnis provinzieller Ignoranz, Seilschaften und unverholener Sympathie mit einem offensivem Vertreter des Nazismus sind.