Proteste geg. die Naziaufmärsche in Stolberg

Antifaschist_innen 10.04.2011 23:55 Themen: Antifa
Zum vierten Mal in Folge fanden in Stolberg in der Nähe von Aachen (NRW)Anfang April zwei Naziaufmärsche statt. Einen Ausführlichen Bericht zu den Hintergründen der Aufmärsche in Stolberg gibt es hier.
Nachdem die antifaschistischen Gegenaktivitäten im vergangenen Jahr eher schwach ausfielen, gründete sich kurz danach das "Bündnis gegen den Naziaufmarsch in Stolberg 2011". Die Gegenaktivitäten in diesem Jahr richteten sich maßgeblich gegen den am Samstag den 9.4. stattfindenden "Trauermarsch" der Nazis, da dieser das zentrale Aufmarschereignis darstellt und von deutlich mehr Nazis besucht wird, als der "Fackelmarsch" am Vorabend. Das Bündnis gründete sich mit der festen Absicht, den Naziaufmarsch zu blockieren und somit zu verhindern. In Anlehnung an erfolgreiche Blockaden in Dresden, Jena oder Köln sollte das Konzept der Massenblockaden auf eine Kleinstadt übertragen werden, ohne die lokalen Besonderheiten außen vor zu lassen. Im Laufe der Vorbereitungszeit gelang es dem Bündnis eine Vielzahl an UnterstützerInnen aus vielen gesellschaftlichen Bereichen zu erreichen. Auf der Straße war diese Breite allerdings nicht dominat vorhanden. Das Bild am Samstag war geprägt von einer erfreulich hohen Anzahl zugereister Antifagruppen. Aber der Reihe nach:

Freitag 8. April

Obwohl sich das Bündnis gegen den Naziaufmarsch in Stolberg auf die Verhinderung des "Trauermarschs" am Samstag konzentrierte, wurde auch dazu aufgerufen, gegen den "Fackelmarsch" der Neonazis am Freitagabend vorzugehen. Etwa 300 AntifaschistInnen, vor allem Angereiste und jugendliche AnwohnerInnen aus Stolberg versuchten an/auf die Naziroute zu gelangen. Zu einer Festnahme kam es als eine Gruppe Antifas beim Versuch die Kundgebung auf dem Mühlener Markt zu erreichen von der Polizei angegriffen wurde. Dabei soll ein Absperrgitter umgefallen sein, woraufhin zwei Cops die angeblich verantwortliche Person aus vollem Lauf zu Fall brachten und gegen ein Schaufenster warfen. Der Betroffene erlitt Verletzungen an Kopf und Nase.
Am "Fackelmarsch" in Stolberg nahmen etwa 150 Neonazis statt, im Jahr zuvor waren es noch 230. Der Aufmarsch wurde hauptsächlich von Neonazis aus NRW, vor allem aus Aachen und Umland, der Region Bonn/Ahrweiler und dem Bergischen Land besucht.Die meisten AntifaschistInnen versuchten Stolberg vor den Nazis zu verlassen, u.a. weil es nach dem Aufmarsch oftmals zu Angriffen in Aachen gekommen war. Sie wurden jedoch von der Polizei daran gehindert die Stadt zu verlassen, wurden mehr als eine Stunde festgehalten und mussten nach den Nazis nach Hause fahren. Dabei hatte die Polizei noch die tolle Idee, die nach Aachenzurückreisende Gruppe in einen Zug mit Aachener Hooligans undMitgliedern der Gruppe "Karlsbande Ultras" aus Aachen zu setzen, dieviele AnhängerInnen in der rechten Szene Aachens hat. Im Anschlussstand diese Gruppe noch eine halbe Stunde unter Polizeischutz etwa 50Meter vom Aachener AZ entfernt herum. Die Polizei konzentrierte sichnicht auf die potentiellen AngreiferInnen, die sich in einerSeitenstraße des AZs formierten, sondern auf die Menschen, die vor demAZ standen, um den bevorstehenden Angriff zu verhindern.

Samstag 9. April

hbf1Am Samstag gab es zwei zentrale Zugtreffpunkte der AntifaschistInnen in Aachen und in Köln. Von dort aus machten sich zusammen etwa 700 Menschen auf, um den Naziaufmarsch zu blockieren. Am Stolberger Hauptbahnhof wurde die Gruppe aus Aachen, die zuerst ankam, von den Cops daran gehindert, weiter mit der Bahn nach Stolberg zu fahren. Daraufhin wartete die Gruppe auf dem Bahnsteig in Stolberg auf das Eintreffen des Kölner Zuges. Auch in diesem Zug machten die Cops Stress, sie versuchten in Eschweiler einzelne Antifas aus dem Zug heraus festzunehmen. Nach dem Eintreffen des Zuges aus Köln standen auf dem Bahnsteig in Stolberg etwa 700 Leute. Nazis konnten dort nun nicht mehr aussteigen. Ihre Anreise wurde um etwa 1 1/2 Stunden verzögert. Die eifrige Polizei organisierte teils Busse um die Nazis in die Stadt zu bringen und leitete zudem den Zugverkehr um. Da die Blockade am Hauptbahnhof somit zusehends an Effektivität verlor, machte sich die Hälfte der BlockiererInnen zu Fuß in Richtung Stolberg auf. An der Bahnstrecke gab es fortan mehrere Kurzblockaden sowie eine Schotteraktion. Die Anreise der Neonazis wurde weiter verzögert.

hbf1Etwa eine Stunde später verließ auch die andere Gruppe den Hauptbahnhof Stolberg und versuchte als Spontandemo in Richtung der angemeldeten Kundgebung an der Birkengangstraße oberhalb des Tatorts und Nazikundgebungsortes zu gelangen. Da noch etwa 50 Nazis mit der Euregiobahn anreisen mussten, ließ sich der Kölner Hundertschaftsführer etwas ganz Besonderes einfallen. Die Demo durfte den Bahnübergang immer nur in der Stärke von drei Demoreihen überqueren, dann wurde der Rest durch eine Polizeikette abgetrennt. Etwa einen Kilometer später, in der Nähe der Naziroute, wurde die spontane Demonstration etwa eine Stunde eingekesselt. Ein Polizisz hatte seine Dienstanweisungen verloren. Alle DemonstrationsteilnehmerInnen sollten nun durchsucht werden. Nachdem Cops und DemoanmelderInnen eine Stunde darüber verhandelten ließ sich die Polizei über die Unrechtmäßigkeit belehren, die Demonstration wurde zur Kundgebung an der Birkengangstraße geleitet. Inzwischen war der Naziaufmarsch mit mehr als vierstündiger Verspätung gestartet. AntifaschistInnen versuchten an der Naziroute entlang den Aufmarsch zu erreichen und zu blockieren, die Polizei hatte aber ihr wesentliches Ziel, die BlockiererInnen in den Süden der Stadt zu drängen erreicht.
Während der Abreise kam es abermals zu kurzen Blockaden der Schienenwege.
Die Polizeiführung brachte die Nazis mit Hilfe von Bussen der Aachener Straßenbahn und Energieversorgungs-AG (ASEAG) nach Eschweiler um sie dort in Züge Richtung Köln oder Aachen zu setzen.

Am Samstag gab es in Stolberg 24 Ingewahrsamnahmen, zudem wurden über mehrere Stunden Menschen auf dem Mühlener Markt eingekesselt. Dieser Gruppe wurde vorgeworfen, MotorradpolizistInnen angegriffen und das Auto des Aachener Polizeipräsidenten beschädigt zu haben. Das Gebiet wurde mit Flatterband abgesperrt, die Leute mussten sich filmen lassen und ihre Personalien abgeben, manch eineR, die/der schwarze Kleidung dabei hatte, kam in Gewahrsam.
Am "Trauermarsch" nahmen über 400 Nazis teil, im Gegensatz zu den 500 im letzten Jahr ein leichter Rückgang. Die Neonazis kamen aus allen Teilen Deutschlands, außerdem war eine größere Gruppe aus den Niederlanden angereist.

Fazit: Zwar gelang es, die Anreise der Nazis zu verzögern, der Aufmarsch konnte aber wie von den Nazis geplant, durchgeführt werden.
Erfreulich war allerdings die sehr hohe Beteiligung von AntifaschistInnen aus NRW und anderen Bundesländern. Ausdrücklich möchten wir uns auch noch einmal bei den AntifaschistInnen aus Belgien und den Niederlanden für die Unterstützung bedanken.

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Ergänzungen

Bester Spruch

üöä 11.04.2011 - 00:07
Beste Parole nachdem der zweite Finger auf dem Weg zur Birkengangstr. gekesselt wurde:

"Ich bin nichts, ich kann nichts, gebt mir einen Einsatzplan!"

Kessel war in der Salmstraße

Antifaschist aus Aachen 11.04.2011 - 00:45
Der Kessel war nicht auf dem Mühlener Markt (da war nämlich eine Kundgebung der SIDE, der türkischen Mittelstandsvereinigung), sondern in der Salmstraße. Die Menschen wurden martialisch mit Pferden eingekesselt, mussten stundenlang in der Sonne stehen und holten sich z.T. starken Sonnenbrand. An den Straftaten (Steinwürfe auf Kradpolizisten und auf das Auto des stellvertretenden Polizeipräsidenten an den Bahngleisen am Mühlener Ring), die ihnen vorgeworfen wurden, dürfte keiner von ihnen beteiligt gewesen sein. Was die Polizei natürlich nicht an einer ED-Behandlung hinderte. Die Polizei behauptete auch, alle "Unbeteiligten" hätten den Kessel verlassen können, hätten das aber nicht getan. Das stimmt natürlich auch nicht.

Es muss wohl tatsächlich Steinwürfe von irgenwelchen Idioten gegeben haben (die nicht unbedingt Antifas gewesen sein müssen), das finde ich auch reichlich bescheuert, das war aber mit Sicherheit nur ein Vorwand, um Unbeteiligte durch die Reiterstaffel einzukesseln und anschließend zu schikanieren.

Fotos

FotoNews 11.04.2011 - 08:22

Aachen Nazis

ums ganze! 11.04.2011 - 09:17
Ihr schreibt:
".. die nach Aachen zurückreisende Gruppe in einen Zug mit Aachener Hooligans und Mitgliedern der extrem rechten Gruppe "Karlsbande Ultras" aus Aachen zu setzen."

Habt ihr fundierte Hinweise dafür, dass es sich bei der Karlsbande Ultras um eine extrem rechte Gruppe handelt? Immerhin ist das die führernde Ultragruppe in Aachen mit einem Umkreis mit bis zu 200 Menschen.

Habt ihr Bilder von Gruppenmitglieder_Innen auf dem Naziaufmarsch??
Wäre sehr wichtig!! Danke!

Einsatzplan

Dein Name 11.04.2011 - 11:56
falls der Einsatzplan noch irgendwo auftaucht, scannen und online stellen!!!
Danke.

Naziangriff am Kölner Hbf

AFA 11.04.2011 - 12:28
Am Abend kam es am Kölner Hauptbahnhof noch zu Auseinandersetzungen mit kurz vorher angekommenen Nazis. Etwa 20 Nazis stürmten vermummt auf das Gleis, wo Antifas ankamen, sprühten Pfefferspray und warfen Flaschen.

Hier außerdem noch ein Bericht aus dem Kölner Stadtanzeiger:

"Rechtsextreme Stippvisite am Dom

Auf dem Rückweg von einer Großdemo in Stolberg hatten Rechtsextreme einen Zwischenhalt in Köln. Auf dem Domplatz skandierten etwa 30 von ihnen Hetzparolen. Die Polizei schritt ein, bevor es zum Handgemenge mit Gegendemonstranten kam.

Altstadt - Mit einem Großaufgebot hat die Polizei am Samstagnachmittag Demonstranten der rechten und linken Szene auf der Domplatte voneinander getrennt. Die Gruppen kamen von einer Großdemonstration in Stolberg und hatten einen kurzen Aufenthalt in Köln.

Bei einem Abstecher auf den Domplatz skandierten etwa 30 Rechtsextremisten lautstark "Ausländer raus". Bevor es zu einem Handgemenge mit Gegendemonstranten kommen konnte, schritt eine Hundertschaft der Polizei ein. Verletzt wurde niemand.

Die Rechtsextremisten wurden anschließend zum Bahnhof gebracht, wo sie mit dem Zug in Richtung Norddeutschland fuhren."

( http://www.ksta.de/html/artikel/1301838027254.shtml)

Der Angriff innerhalb des Bahnhofs wird natürlich nicht erwähnt...

Noch'n paar Fotos

(muss ausgefüllt werden) 11.04.2011 - 12:39
Fotos vom zweiten Finger, nachdem dieser weitergehen durfte...

Karlsbande

@ ums ganze! 11.04.2011 - 13:24
Finde die Formulierung, es handle sich bei Karlsbande um eine "extrem rechte Gruppe" auch ungünstig. Eine rechte Einstellung ist bestimmt kein einendes Element ihrer Mitglieder. Zumindest wäre mir das neu.
Das es sich aber um eine rechtsoffenen Gruppe, die sich ganz gezielt bei aktiven Neonazis anbiedert, handelt, steht wohl außer Frage.
Ob´s die führende Gruppe in Aachen ist sei dahingestellt, von außen sieht es so aus, als würde da gar keiner irgendwas führen, die einen fahren mit 30 Mann Münster-Style und die anderen scharen eine bunte Mischung aus Old-School-Asos, Möchtegern-Hools, Vollsuffkis und Nazis um sich, um halbwegs Leute zusammen zu bekommen. Die Übergänge zwischen den genannten Gruppen sind natürlich fließend ;)

Nazikarren vom 8.4.

unbekannt 11.04.2011 - 14:13
Nazikarren:
(Bad Neuenahr-Ahrweiler) AW - X - 3107 (Kleinbus/Materialtransport)
(Gütersloh) GT - EQ - 851 (Kleinwagen)

Zu Freitag

bullensinddoof 11.04.2011 - 14:59
Die verletzte Person von Freitag wurde meines Wissens nach, zuerst gegen ein Schaufenster geboxt und dann, bereits am Boden liegend noch mindestens zweimal mit dem Kopf auf den Beton geschlagen. Danach war eine blutige Nase zu sehen. Glück, wenn die nicht gebrochen ist. Wäre interessant zu wissen wie es der Person geht.

Nazis...

...laberten... 11.04.2011 - 16:37

Karlsbande

NoNaziAc 11.04.2011 - 23:48
Die Karlsbande eine "extrem rechte" Gruppe zu nennen, ist etwas gewagt. Hier distanziert man sich ganz klar von der Politik beim Fußball. Ich selber war im Zug und kann bestätigen, dass Nazihools anwesend waren, welche allerdings in einem anderen Abteil saßen und klar der Hooliganszene zuzuordnen sind. Bitte unterscheidet demnächst, bevor hier Menschen als Nazis betitelt werden. Der Zug kam immerhin von einem Auswärtsspiel der Alemannia, die bekannt für ein rechtes Fanlager ist. Allerdings meine ich mich daran zu erinnern, dass diverse linke Infoveranstaltungen von Mitgliedern der Ultraszene besucht wurden und auch einige Gespräche mit dem Herrn Klarmann stattgefunden haben.

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