Stralsund: NPD Stadtvertreter greift Linke an

Youthcrew 04.04.2011 13:27 Themen: Antifa Freiräume
Am Freitag dem 1.April fand in Stralsund ein Konzert mit antifaschistischen Bands statt. Bereits im Vorfeld hatten die örtlichen Nazis versucht mit Bedrohungen gegen die Vermieterin und Schmierereien in der unmittelbaren Nähe des Veranstaltungsortes Druck auszuüben. Das Konzert fand allerdings statt und war mit 300 Besucherinnen und Besuchern ein voller Erfolg. Am Rande des Geschehens versuchten die Nazis immer wieder anreisende Gäste anzugreifen, allen voran das Mitglied der Bürgerschaft für die NPD, Dirk Arendt.
NPD Bürgerschaftsmitglied im Wahlkampf auf der Straße

Am Freitag den ersten April fand in Stralsund auf dem Gelände des Krankenhauses West ein Konzert mit antifaschistischen Bands, darunter Feine Sahne Fischfilet statt. In den Tagen vor dem Konzert hatten Nazis bereits Drohungen ausgesprochen den Veranstaltungsort verwüsten zu wollen, sollte die mittlerweile recht bekannte Antifa-Band dort auftreten. Die lokalen Aktivistinnen und Aktivisten ließen sich allerdings nicht einschüchtern und bereiteten das Event weiter vor.

Anreisende Gäste wurden am Konzerttag am nahe gelegenen Bahnhof Grünhufe mit Nazi-Schmierereien begrüßt. Doch dabei blieb es nicht. Die lokale Naziszene versammelte sich im NPD Bürgerbüro in der Nähe des Bahnhofs. Von diesem reisten viele Jugendliche aus den umliegenden Landkreisen an, um das Antifa-Konzert zu besuchen.

Nachdem die Späher der Rechten im Bahnhofsgebäude Alarm geschlagen hatten, eilten 15-20 Nazis zum Bahnhof. Dort griffen sie unverzüglich wartende Antifaschisten an. Federführend und als Einziger unvermummt trat dabei das Bürgerschaftsmitglied der NPD Dirk Arendt auf. Nach dem Übergriff zogen sich die Nazis wieder in das Bürgerbüro des Landtagsabgeordneten Raimund Borrmann zurück, dessen Wahlkreismitarbeiter wiederum der langjährige Parteisoldat Arendt ist. Das offene und unbefangene Vorgehen der Nazis zeigt einmal mehr, mit welcher Selbstverständlichkeit die Rechten in Stralsund auftreten können. Und es zeigt wie weit der rechte Landtagswahlkampf im Bundesland geht: von Kinderfesten bis zum Verprügeln von Jugendlichen.
Der ganze Vorfall am Stralsunder Bahnhof geschah unter den Augen der ebenfalls anwesenden Polizei. Diese ist aber, auch das ist in Stralsund keine Neuigkeit, erst einmal einfach davon gefahren.

Die Polizei in Stralsund

Die örtliche Polizei hat seit jeher keinen besonders guten Ruf. Das hängt nicht nur mit solch zögerlichen Verhalten gegenüber der örtlichen Naziszene zusammen. Im Jahre 2002 wurde bekannt, dass ein Obdachloser erfroren war, den Polizeibeamte im Stadtgebiet aufgegriffen und dann außerhalb des Stadtgebietes auf einem Feld ausgesetzt hatten. Die damals 46 und 26 Jahre alten Beamten bezeichneten im anschließenden Gerichtsverfahren diese, durch das Sicherheits- und Ordnungsgesetz Mecklenburg-Vorpommerns ausdrücklich verbotene Praxis als übliches Vorgehen. "Wir hatten keine Bedenken, dass er den Weg nach Hause schafft. Fast alle Kollegen führen eine Ortsverbringung mit betrunkenen Personen durch", sagte der ältere Beamte, damals aus, was sein jüngerer Kollege bestätigte.

Auch am vergangenen Freitag hinterließ das Einsatzvorgehen der Stralsunder Polizei einen seltsamen Eindruck. Die Beamten traten erst sichtbar auf den Plan, nachdem Nazis bis in die Nähe des Konzertgeländes vorgedrungen waren und begonnen hatten sich zu bewaffnen. Gegen Ende des Konzertabends setzten die Polizeikräfte dann eine Gruppe von Nazis fest und durchsuchten die teilweise stark alkoholisierten Schläger.

Was tun?

Der Konzerttag ist trotz der Angriffe und Angriffsversuche, der Drohungen und der Schmierereien kein Misserfolg gewesen. Die lokale Naziszene hat ihr erklärtes Ziel, die Auftritte antifaschistischer Bands in Stralsund verhindern zu wollen, nicht erreicht. Daran ändern auch die Bedrohungen von örtlichen Jugendlichen durch Nazis am Tage nach dem Konzert nichts mehr. 300 Besucherinnen und Besucher konnten dem tristen und gewaltsamen Alltag in den dumpfen vorpommerschen Verhältnissen für einige Stunden entfliehen.
Aber darüber hinaus zeigen Abende wie dieser, was in Zukunft noch alles zu tun ist. Es geht in auch in den kleineren vorpommerschen und mecklenburgischen Städten einiges, wenn wir uns zusammentun. Das heißt, es ist nicht nur möglich, zusammen Punk-Konzerte zu organisieren. Gemeinsames Handeln heißt auch Teil von etwas sein, dass stark werden lässt, um nicht von dem alltäglichen Scheiß kaputtgemacht zu werden. Gewonnen, also eine Hegemonie erreicht, hätten die Nazis erst dann, wenn sich niemand mehr vorstellen kann, dass es auch ganz anders geht. Widerstand ist aber, wenn ich dafür sorge, dass das, was mir nicht passt, nicht länger geschieht. Damit das klappt, müssen wir uns zusammentun, uns organisieren und miteinander vernetzen. Wir müssen voneinander lernen und wir müssen gemeinsam kämpfen!
Auch wenn das alltägliche Leben in deinem Dorf oder deiner Kleinstadt ziemlich mies ist, du bist nicht allein. Komm zu uns!Siempre Antifa!
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Ergänzungen

Kein Einzelfall

youthcrew 04.04.2011 - 13:46
Bereits im November letzten Jahres haben Nazis versucht ein Konzert im mecklenburgischen Tessin mit Gewalt zu verhindern. Damals wurden auch im Vorferld Drohungen ausgesprochen, und Wände mit Parolen beschmiert. Ein Abend vor dem Konzert wurde Buttersäure im Veranstaltungsort verkippt und am Tag selbst wurden Gäste auf offener Straße angegriffen.
Punkkonzerte, auch wenn sie von Antifabands gespielt werden, mögen ja zunächst den Eindruck erwecken, als sei der politische Gehalt sehr begrenzt. Die Nazis in MV nehmen es aber in Bezug auf die Band Feine Sahne Fischfilet besonders genau und klemmen sich bei denen besonders dahinter, die Konzerte zu stören wo sie nur können. Das ist allerdings auch nicht verwunderlich, denn jedes erfolgreiche Konzert ist ein Exempel und ein Beweis, dass die umfassende kulturelle Hegemonie, die eine wirkliche national befreite Zone ausmachen würde, nicht existiert. Jedes Ereignis dieser Art zeigt, dass der Kampf nicht verloren ist und dass die Nazis nicht gewonnen haben.

Die NPD befindet sich gerade im Wahlkampf und sie hat am Freitag in Stralsund gezeigt, womit auch die Nachbarstadt Greifswald am ersten Mai zu rechnen hat.

Mehr zum ersten Mai in Vorpommern gibt es hier:  http://greifswaldnazifrei.blogsport.eu/

Aus der lokalen Presse

Schweriner Vokszeitung 05.04.2011 - 11:28
Festnahmen nach Attacke Rechter: Zeugen gesucht

05.04.2011

Stralsund (dpa/mv) - Die Staatsschutz sucht Zeugen für eine gewalttätige Auseinandersetzung zwischen Vertretern der linken und der rechten Szene am Wochenende in Stralsund. Im Zuge der Ermittlungen seien neun Tatverdächtige der rechten Szene vorläufig festgenommen, inzwischen aber wieder auf freien Fuß gesetzt worden, sagte eine Polizeisprecherin am Dienstag. Die Männer im Alter zwischen 19 und 30 Jahren sollen in der Nacht zu Samstag die Gäste eines Musikkonzertes mit Steinen beworfen und mit Pfefferspray besprüht haben. Dabei waren zwei Menschen leicht verletzt worden. Bei der anschließenden Flucht wurden die Männer festgenommen.

Schweriner Volkszeitung

Mediales Nachspiel - NPD gibt Übergriffe zu

parallaxe 06.04.2011 - 11:16
Nachdem bereits in der bürgerlichen Presse darüber berichtet wurde, dass die Polizei insgesamt neun Nazis wegen der Übergriffe festgenommen hat und nun nach Zeugen sucht, versucht die NPD zu retten, was zu retten ist. Aber aus der Klarstellung des Bürgerschaftsmitgliedes Dirk Arendt, der einen Angriff am Stralsunder Bahnhof angeführt haben soll, wird so nur noch eine endgültige Bestätigung.

In einem Artikel auf dem NPD-Portal Mupinfo.de behaupten Arendt und seine Wahlkämpfer ein Skat-Turnier abgehalten und lediglich die eigenen Teilnehmer an diesem geschützt zu haben. Mit dieser offensichtlichen Schutzbehauptung hat Arendt allerdings auch die Schilderung der Antifaschistinnen und Antifaschisten über die Ereignisse am Freitag bestätigt und somit zugegeben.


hxxp://www.mupinfo.de/?p=10132

Stralsunder Lokalteil der Ostsee Zeitung

von Hinnen 06.04.2011 - 20:21
/OZ/LOKAL/HST vom 05.04.2011 17:21


Rechte Steinewerfer stören linkes Punk-Konzert


Nach einem Angriff auf ein Konzert am vergangegen Freitag nahm die Polizei neun Verdächtige fest und sucht jetzt Zeugen.

Stralsund (OZ) - Zu einer Auseinandersetzung zwischen links- und rechtsorientierten Jugendlichen ist es am Krankenhaus West gekommen. Nach Polizeiangaben störten am 1. April gegen Mitternacht Anhänger der rechten Szene ein Musikkonzert auf dem Klinikumsgelände durch Steinwürfe und Pfefferspray. Im Kulturhaus des Krankenhauses sollen nach OZ-Recherchen Punkbands bei einer Veranstaltung aufgetreten sein, die beim Hanse-Klinikum als private Geburtstagsfeier im familiären Rahmen angemeldet worden war.

Im Zuge der Auseinandersetzungen nahm die Polizei neun Tatverdächtige der rechten Szene im Alter zwischen 19 und 30 Jahren fest. Sie sollen aus Stralsund und der näheren Umgebung stammen. Es wurden drei Pfefferspraydosen sichergestellt. Der Staatsschutz hat Ermittlungen aufgenommen.

Das Hanse-Klinikum, so eine Sprecherin, fühle sich vom Anmelder der Veranstaltung getäuscht. Man wolle Anzeige gegen den Veranstalter erstatten.

Die Polizei sucht Zeugen zu dem Vorfall: 03 95/55 82 22 23 oder jede Polizeidienststelle.



( h**p://www.ostsee-zeitung.de/stralsund/index_artikel_komplett.phtml?param=news&id=3086571 )


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Mein Kommentar dazu: Toll, wie die OZ im Gegensatz zu sonstigen Berichten diesen hier sprachlich schön durchneutralisiert. Letztlich ist nur von einer "Auseinandersetzung" zwischen "links- und rechtsorientierten Jugendlichen" die Rede. Dass es sich um gezielte Angriffe selbsternannter Herrenmenschen auf Konzertbesucher handelt, fällt unter den Tisch. Genauso wie, dass nicht jeder Konzertbesucher zwangsläufig "linksorientiert" ist.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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