Münster: Einzug in die Grawertstraße

Bewohner_in 25.03.2011 23:57 Themen: Freiräume
Jahrelanger Leerstand bei prekärer Wohnungslage in Münster hat nun ein Ende. Am heutigen Freitag ist eine Gruppe von Menschen in ein Haus der Grawertstraße eingezogen (Nr.34). Sie möchten dort leben, um sich gemeinschaftlich mit sozialen, ökologisch nachhaltigen, hierarchie- und gewaltfreien Lebensformen auseinanderzusetzen, um diese im Alltag aktiv zu gestalten. Am heutigen Abend gab es bereits eine gut besuchte Einwohnungsparty, für die nächste Woche ist auch einiges geplant.
In Münster ist es gerade für finanziell nicht gut ausgestattete Menschen schwer, eine Wohnung zu finden, erst recht für ein Wohnprojekt mit vielen Menschen. Jedes Jahr im Oktober verschärft sich die Wohnungslage dramatisch. Bezahlbare Mieten sind, vor allem im Innenstadtereich, eine Seltenheit. Die jetzigen Bewohner_innen der Grawertstraße haben lange gesucht, aber nichts Passendes gefunden. Etwa 20 Häuser (bzw. halbe Häuser) in der Grawerstraße stehen dagegen seid Jahren leer und wurden nicht genutzt. Das konnte nicht so bleiben.

Die Gruppe sieht sich nicht nur als Bewohner_innen, sondern möchte auch einen öffentlichen Raum schaffen, in dem menschliche Begegnungen und offener Austausch möglich sind. Deswegen laden die Bewohner_innen zu verschiedenen Veranstaltungen kultureller, politischer, sozialer und kulinarischer Natur ein.

Gegen 16 Uhr wurden die ersten Transparente aus dem Fenster gehängt und gleich kamen die ersten neuen Nachbar_innen an, teilweise wurden diese auch besucht und informiert. Die Reaktionen waren überwiegend sehr positiv, die Menschen freuten sich, dass endlich Leben in den toten Straßenzug kommt. Am heutigen Abend findet zur Stunde noch eine gut besuchte Einwohungsparty statt.

In Zukunft möchte die Gruppe unter anderem einen Gemeinschaftsgarten gründen, um mit ökologischen Anbaumethoden zu experimentieren, handwerkliche Kurse und Vorträge anbieten und vieles mehr. Langfristig wünschen sich die Bewohner_innen, dass die gesamte, noch verlassene, Grawertstraße wieder mit buntem Leben gefüllt ist. Noch stehen dort aber viele Häuser leer.

Das Veranstaltungsprogramm für die nächsten Tage:

Samstag, 26.3.
21 Uhr Überraschungsfilm

Sonntag, 27.3.
15 Nachbarschaftscafé
21 Uhr Film: Uranium isn‘t a country
(Über die Abbaumethoden von Uran, welches für Atomkraftwerke benötigt wird)

Montag, 28.3.
20 Uhr Spieleabend

Dienstag, 29.3.
20 Uhr Vortrag über Frontex
(Frontex ist die EU-Organisation, welche die europäischen Außengrenzen vor Flüchtlingsströmen schützt. Die Praktiken dabei sind nicht schön.)

Mittwoch, 30.3.
20 Uhr Poetry Slam
(Alle sind herzlich eingeladen mitzumachen, bringt eure eigenen Texte mit)

Donnerstag, 31.3.
20 Jam Session
(Instrumente mitbringen)

Freitag, 1.4.
Ab 20 Uhr: gemütlicher Kneipenabend
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Ergänzungen

Korrekte Internetadresse

mumpitz&humbug 26.03.2011 - 11:59

strom

ich 27.03.2011 - 16:17
Die Bewohner_innen haben direkt nach dem Einzug die Zähler abgelesen und haben Ökostrom umgemeldet. Soviel zu dem Thema. Die Heizung in dem bewohnten Haus läuft jetzt weniger als in den unbewohnten Häusern.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 4 Kommentare

Besetzung?

Tom 26.03.2011 - 01:29
Genau einzug ist das richtigere wort

Kleine Ergänzung zum Selbstverständnis

20 Jahre Szene 26.03.2011 - 13:36
Hierarchiefrei? Niemals!

Wer am meisten malocht im Haus, am geschicktesten und kreativsten ist und dazu noch ganz gut aussieht, hat in der Regel auch mehr Einfluß auf die Gruppe. Das ist völlig natürlich, es entwickelt sich irgendwann "automatisch" eine gewisse Hierarchie. Alpha-Mann + Alpha-Weibchen, Beta, Schlichter, usw.

Es kann über einen freilich kürzeren Zeitraum auch geschehen, dass sog. BlenderInnen versuchen größeren Einfluss auf die Gruppe zu nehmen. Dies sollte jedoch tunlichst vermieden werden. Achtet sofort auf Leute, die zuviel labern im Plenum oder in Privat-Gesprächen - aber wenig tun bzw. sich mit fremden Federn schmücken oder unglaublich tolle Dinge erzählen.

Dies Alles hat jedoch nicht unbedingt etwas mit einer sog. Hackordnung zu tun. Eine Hackordnung sollte tunlichst vermieden werden...

Hierachie NIE ist völlig unrealistisch

20 Jahre Hausis 26.03.2011 - 15:15
Dem kann ich mich nur anschliessen. Das war in ALLEN linken Projekten so mehr oder weniger ausgeprägt, dass die die vorallen gut aussehen, ne grosse pseudo interlektuelle Fresse haben die jenigen sind, die auch bestimmen, wer denn in den Kreis aufgenommen wird, und wer eben nicht. Langfristig entwickeln sich gerade Wohnprojekte dann zu sehr privaten eltiären Zirkeln, vorallen wenn das Projekt langfristig rechtlich abgesichert ist. Siehe :  http://rotfront01.wordpress.com

ich weiss nicht ob das eine besondere Eigenschaft der berliner Linken ist.

interessant

mein name 27.03.2011 - 12:58
von der blogsport-adresse:

"Dennoch werden alle Häuser beheizt, die Wasserleitungen funktionieren, die großen Gartenflächen werden gemäht und das alles soll sich bis 2018 nicht ändern."

Das hört sich zwar sehr wohnlich an, passt aber auch gut in mein Bild von den Wohnungsbesetzern, die am liebsten in den nächsten sieben Jahren Wasser und Heizung auf anderer Leute Kosten verbrauchen wollen.
Und dabei ist es egal, ob Atom- oder Windenergie, Gas- oder Ölheizung.
Warmes Wasser wächst in Deutschland nicht auf Bäumen. Irgendjemand zahlt das - und wenn's der Staat oder die brit. Armee ist.
Und was ist aus dem Guerilla-Gardening geworden? Aber Rasen mähen lassen ist natürlich nicht so anstrengend....