[Bielefeld] Teilerfolg vs Nazi-Burschenschaft

Frauke Meier 20.03.2011 14:40 Themen: Antifa Gender
Neofaschistische "Burschenschaft Normannia-Nibelungen" erstmals von jährlichem Besäufnis der örtlichen Studentenverbindungen ausgeladen. Veranstaltung an sich soll dennoch stattfinden. Weiterreichende Verbindungen in die Neonaziszene bekannt geworden. Antifaschistisches Bündnis mobilisiert weiterhin gegen den "Bismarck-Kommers".
Wie bereits berichtet -  http://de.indymedia.org/2011/03/301752.shtml - formiert sich in diesem Jahr ein breites Antifabündnis gegen den bislang jährlich stattfindenden "Bismarck-Kommers der Bielefelder Korporationen".

Diese Mobilisierung und die begleitende umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit haben nun zu einem ersten Teilerfolg geführt: Der in diesem Jahr als Veranstalter des "Bismarck-Kommers" fungierende Altherrenverband der katholischen Studentenverbindungen hat die offen neofaschistische "Burschenschaft Normannia-Nibelungen" von der Teilnahme ausgeladen.

Dazu übt sich die durchaus gemäßigte örtliche katholische Verbindung "AV Sparrenberg" in - allerdings recht halbherzigen - Distanzierungen gegenüber den ausgewiesenen Neonazis. Die momentane Mitgliedschaft von mindestens drei aktiven Neonazis - Hendrik Stiewe ("Wewelsburg Records"), Timo Kötter (u.a. "Blutvergießen") und Jan Ackermeier (JLO) - wird klein geredet: Nur Erstgenannter könne ja 'tatsächlich' als Neonazi bezeichnet werden. Eine Veranstaltung mit Referenten aus u.a. "Junge Freiheit" und "Blaue Narzisse" wird verharmlost, es bestehe ein 'Verdacht der Nähe zu Rechtsextremen'...

Dennoch stellt die angekündigte Ausgrenzung der "Normannia-Nibelungen" von DEM Event der öffentlichen Selbstdarstellung der Bielefelder Korporationen, und vor allem auch die Thematisierung ihrer Ausrichtung, einen ersten Schritt in die richtige Richtung dar.

Nun ist jedoch bekannt geworden, dass die Verstrickung des Bielefelder Verbindungswesens in das neofaschistische Spektrum noch weit größer ist. Eine zentrale Rolle spielt hier die im Dachverband "Coburger Convent" organisierte "Alte Leipziger Turnerschaft Hansea Bielefeld".

Diese scheinbar gemäßigte Verbindung war vor einigen Jahren gemeinsam mit der neofaschistischen "Normannia-Nibelungen" an der Gründung der "Ersten Bielefelder Schülerverbindung Teutonia" beteiligt. Deren Aktivitäten sind zwischenzeitlich zwar wieder eingeschlafen, aber ihre Altherrenschaft ist weiterhin unter dem Dach der "Turnerschaft Hansea" vereint.

Die "Alten Herren" der "SV Teutonia" sind heute überwiegend Aktive der "Normannia-Nibelungen" und der "Turnerschaft Hansea", allen voran oben genannte Neonazis Hendrik Stiewe und Timo Kötter.

Offenkundig sieht die "Turnerschaft Hansea" kein Problem darin, diesen braunen Sumpf unter ihrem Dach zu beherbergen. Die katholische Verbindung "AV Sparrenberg" und der zugehörige Altherrenverband wiederum halten keinerlei Distanz zur "Turnerschaft Hansea" für notwendig. Im Gegenteil, deren Aktiven und "Alten Herren" sind auch in diesem Jahr ausdrücklich zum "Bismarck-Kommers" eingeladen.

Die oben aufgeführten Distanzierungsversuche scheinen sich also spätestens hier als strategische Maßnahme zur Glättung der allerheftigsten Wogen herauszustellen. Eine ernsthafte Distanzierung würde zumindest auch die Ausladung der entsprechend Verantwortlichen der "Turnerschaft Hansea" erwarten lassen. Konsequenter wäre die Aussetzung des "Bismarck-Kommers" bis zur Klärung des Sachverhaltes und möglichen personellen Konsequenzen.

Da all das eher nicht zu erwarten ist, hält das breite Antifabündnis an der Demonstration gegen den "Bismarck-Kommers" fest und intensiviert in den verbleibenden zwei Wochen die Mobilisierung und Öffentlichkeitsarbeit nochmal.

Die Demonstration am 1.4.2011 wird der 'Braunen Spur' vom Haus der "Burschenschaft Normannia-Nibelungen" zum Veranstaltungsort des "Bismarck-Kommers" - Stadthalle Bielefeld - folgen. Ein Zwischenhalt bei der "Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld" (IHK) wird am Beispiel von Thomas Niehoff (IHK-Hauptgeschäftsführer & "Alter Herr" der "Alten Leipziger Turnerschaft Hansea zu Bielefeld") aufzeigen, wie sich der Einfluss der Studentenverbindungen auf die "Eliten"-Bildung in der Praxis gestaltet.

Hiermit spannen die antifaschistischen Gruppen ebenso den Bogen von den neofaschistischen Verstrickungen in Teilen der Verbindungslandschaft zur elitären und männerbündischen Politik ALLER Studentenverbindungen, die eine umfassende allgemeinen Kritik am Verbindungsunwesen notwendig macht.

Die Bündnisdemonstration am 1.4.2011 beginnt um 18.00h vor dem Haus der Neonazi-Burschenschaft "Normannia-Nibelungen" und endet gegen 20.00h vor der Stadthalle Bielefeld. Alle Informationen sind in einem Internetblog zusammengefasst:  http://bismarck.blogsport.de
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Ergänzungen

guter text, bloß...

Flötissimo 20.03.2011 - 16:31
"Hiermit spannen die antifaschistischen Gruppen ebenso den Bogen von den neofaschistischen Verstrickungen in Teilen der Verbindungslandschaft zur elitären und männerbündischen Politik ALLER Studentenverbindungen, die eine umfassende allgemeinen Kritik am Verbindungsunwesen notwendig macht."

Ein gewisser Teil heutiger Studentenverbindungen (wenngleich freilich nicht alle) ist inzwischen für Frauen geöffnet. Desweiteren geben sich viele dezidiert keinen elitären Anstrich, da Mitgliedschaft nachgewiesenermaßen in den meisten Fällen eh keinen nennenswerten Effekt auf Lebensläufe hat. Da könnte man genausogut linke Wohnprojekte als elitäre Seilschaften kritisieren.
Über Burschenschaften und Korps muss man gar nicht diskutieren. Aber es sollten nicht alle Verbindungen über einen Kamm geschoren werden, nur weil einem (wie mir übrigens auch nicht) die Wohnform nicht gefällt.

@Flötissimo

Frauke 20.03.2011 - 17:08
Hm, klarer wäre "alle Bielefelder Studentenverbindungen", hier ist das nämlich so. Sind aber ja auch insgesamt nur fünf...

Inhaltlich nicht richtig ist die "Öffnung" für Frauen. Vielmehr gibt es zunehmend gemäßigte Verbindungen, in deren Umfeld sich zusätzlich auch "Damenverbindungen" gründen. Die Trennung bleibt also erhalten, und mehr würden die Dachverbände, sprich die Alten HERREN, auch kaum mitmachen...

Für den Seilschaften-Effekt reicht ein Blick in die Mitgliederzeitungen der einzelnen Dachverbände. Hier überschlagen sich die Stellenanzeigen - ausdrücklich für Mitglieder der jeweiligen Korporationen.

Dass die KritikerInnen hier gerade nicht über einen Kamm scheren wollen, zeigt m.M.n. vor allem die differenzierte Darstellung, was das Nazitum angeht. Hier wäre eine Gleichsetzung des gesamten Verbindungswesens tatsächlich grundfalsch. Zumal die Nicht-Naziverbindungen in diesem Punkt durchaus Ansprechpartner bleiben.

Das zeigt dann auch das Bielefelder Beispiel mit dem geschilderten Teilerfolg, wenn auch die Gemäßigten noch einigen "Nachhilfeunterricht" brauchen... ;)

patria am arsch

hütchenfängerin 21.03.2011 - 03:43
"pro patria" scheint aber wohl trotzdem im programm zu sein.dazu wird hier nämlich nichts gesagt:  http://akademischerverein.de/seite/der-akademische-verein-als-moderne-studentenverbindung
verbindungen gehen meist immer von einem völkischen prinzip aus, selbst wenn sie MigrantInnen aufnehmen.

Wie

immer... 21.03.2011 - 11:36
an dieser Stelle der Verweis auf die Infoseite zum Coburger Convent. Für eine Mobilisierung gegen alle Studentenverbindungen!

Den Buschentag in Eisenach zu Desaster machen

K.Appenklau 21.03.2011 - 13:19
Seit der Wiedervereinigung findet jährlich am Wochenende nach Pfingsten der sogenannte Burschentag der Deutschen Burschenschaft (DB) auf der Wartburg in Eisenach statt. Das erste Wartburgfest 1817 ist wichtiger Bestandteil burschenschaftlicher Geschichte: neben Reden zur Zukunft der „Deutschen Nation“ stand auch Bücherverbrennung auf dem Programm. Auch heute noch findet ein Fackelzug zum Burschenschaftsdenkmal statt. Hunderte Männer, meist in Anzug und Farben tragend, kommen an diesem Wochenende aus Deutschland und Österreich zusammen. Die örtlichen Unterkünfte sind belegt, die Kneipen sind voll, das Bier fließt in Strömen. Fast könnte man in der touristischen Idylle vergessen, dass es sich hierbei um ein Treffen rechts-konservativer bis neo- nazistischer Männerbünde handelt, das in seinen Grundfesten abzulehnen ist. Aber der Reihe nach:

 http://gegenburschentage.blogsport.de/

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