Wer verdient an rassistischen Sondergesetzen?

Initiative gegen das Chipkartensystem 17.03.2011 14:20 Themen: Antirassismus
In den bundesdeutschen Flüchtlingsgesetzen sind nicht nur immer höhere Hürden für die Anerkennung und das Bleiberecht der Menschen verankert, sondern auch jede Menge Regelungen, die zur Isolation und Ausgrenzung der Betroffenen beitragen sollen. Die Umsetzung dieser Steilvorlagen des institutionellen Rassismus (wie der Zwang in Heimen/Lagern zu wohnen, Sachleistungen u.ä.), die der Staat sich einiges kosten lässt, braucht willige AkteurInnen aus der Wirtschaft und sogenannte Wohlfahrtsverbände, die bereit sind am Elend der Flüchtlinge zu verdienen. Anlässlich des bundesweiten Aktionstages im Rahmen der Kampagne ABOLISH! am 22.03.2011, haben wir exemplarisch einen dieser Profiteure herausgegriffen: K&S sollte dringend aus seiner Anonymität geholt werden!
Mit dem §53 des Asylverfahrensgesetzes (von 1982) wurde es möglich, Flüchtlinge in so genannten ‚Gemeinschaftsunterkünften‘ unterzubringen. Damit eröffnet sich für viele ‚Wohlfahrtsverbände‘, aber auch für private Betreiber ein lukrativer Markt, den das Geschäft mit dem Elend der Flüchtlinge lohnt sich durchaus. Da es kaum Qualitätsstandards noch Kontrollinstanzen gibt, gewinnt auf dem freien Markt der Betreiber, der möglichst günstig ist und viele Einsparmöglichkeiten findet:
Alte Kasernen und Containerlager werden zu Flüchtlingsheimen umdeklariert, die Zimmer bis zu vierfach belegt, Gemeinschaftsduschen (10 Menschen/1 Dusche) und -toiletten, oft ohne Schlösser, ein paar Kochplatten und all das weit weg von der nächsten Stadt oder nur einer Bushaltestelle. Dafür kassieren die Betreiber/innen dann zwischen 7-15€ pro Bewohner/in pro Tag, bei minimalen Instandhaltungskosten.
Für Flüchtlinge bedeuten diese Heime nicht nur eine drastische räumliche Isolation von allem was für Andere Alltag ist. Der Verlust jeder Privatsphäre über Jahre hinweg, weder Rückzugsort noch gesellschaftliche Teilhabe, schikanöse Kontrollen der wenigen Besucher/innen durch den Wachschutz, oft unhaltbare bauliche und hygienische Zustände und vor allem das Fehlen einer Perspektive führen nur zu einem: Flüchtlinge sollen verzweifeln! Das wird auch daran deutlich das - während überall gespart werden soll – für diese Schikane gerne Geld ausgegeben wird: Die Unterbringung in Wohnungen und Bargellauszahlung wäre wesentlich billiger.

Wer ist K&S?
Die K&S Sozial Bau AG mit Sitz in Sottrum bei Bremen beschäftigt mehr als 1500 Mitarbeiter und betreibt bundesweit 24 Seniorenresidenzen, an über 50 weiteren Einrichtungen ist sie beteiligt. Firmengründer und Mehrheitsgesellschafter ist der ehemalige Oberleutnant der Bundeswehr Hans-Georg Krantz. Der Umsatz liegt nach eigenen Angaben bei rund 60 Millionen Euro jährlich. In der Altenpflege ist K & S allerdings erst seit 1998 aktiv.

1981 beginnt Krantz – damals noch unter dem weniger wohlklingenden Namen VUB („Verpflegung, Unterbringung, Betreuung“) – sogenannte ‚Gemeinschaftsunterkünfte‘ zu betreiben, was lange der einzige Geschäftszweig von K&S bleibt. 1989 sind es bundesweit schon 11 Einrichtungen, mit denen sich Krantz am Elend von Flüchtlingen eine goldene Nase verdient. Und auch genau das Geld, um sich heute mit Pflegeheimen (für die natürlich im Unterschied zu Flüchtlingsheimen Qualitätsstandards gelten) gesellschaftlich akzeptiert als soziales Unternehmen mit Anspruch zu präsentieren.
Werbung macht K&S mit seinem ursprünglichen und hauptsächlichen Geschäftszweig nicht, weshalb es schwierig ist, genaue Angaben zu allen K&S Lagern zu finden. Sicher ist, dass das Unternehmen auch 2008 mit 4100 Plätzen einer der größten Betreiber von Flüchtlingslagern in der Bundesrepublik war.
In Brandenburg betreibt K&S die Heime in Hohenleipisch (Elbe Elster), Althüttendorf (Barnim http://www.moz.de/artikelansicht/dg/0/1/238662/?print=1%3Fiframe%3Dtrue&cHash=088e02d2d9c23587370b860d81dbc51e), Wassmannsdorf (Dahme-Spreewald) und Prenzlau (laut Landesverwaltung allerdings nur noch bis zum 30.06.2011?!). Das Lager in Kunersdorf wurde nach zahlreichen Protesten am 31.03.05 geschlossen, Ursache war vermutlich aber eher Zoff um lokalen politischen Filz als ein plötzliches antirassistisches Unrechtsbewusstsein der Verantwortlichen.
In Mecklenburg Vorpommern befindet sich eines der Lager in Pasewalk, die berüchtigten Heime in Tramm und Peeschen sind seit 2005 – auch dank der Publicity durch die AntiLagertour - geschlossen.
In Thüringen wurde das berüchtigte Heim in Katzhütte laut Landesverwaltung zum 15.06.2010 auf Grund massiver Proteste und katastrophaler Zustände geschlossen ( http://www.fluechtlingsrat-thr.de/images/stories/schwerpunkte/kleine-anfragen/2010-09-22-51512-GU-leistungsgewaehrung.pdf).
Weiter existent ist das Lager in Meinersen /Gifhorn in Niedersachsen.

K&S: Unvollständige Chronologie von Skandalen und Protesten:
Gemeinsam haben die Lager, dass sie in alten Kasernen und leer stehende Ferienanlagen, meist mitten in Wäldern situiert sind, was die gesellschaftliche Isolation der Flüchtlinge noch verstärkt. Für den Betreiber sind das allerdings kostengünstige Standorte, die da mal schnell zu Flüchtlingsheimen umdeklariert werden. Das diese marode und z.T. in gesundheitsbedenklichem Zustand sind, interessiert wenig, auch so wird schließlich Geld gespart. Ähnliches gilt für das Personal. Flüchtlinge protestieren seit Jahren an unterschiedlichen Orten gegen die Lebensbedingungen in den Lagern und fordern ein Recht auf freie Wohnungswahl.
Wassmannsdorf/Brandenburg:
29.01.2011: Rassistischer Übergriff von einem Wachmann:
 http://www.fluechtlingsrat-brandenburg.de/pressemitteilungen/pm-wassmannsdorf
 http://www.youtube.com/watch?v=_W1X8h8RF58&feature=related
23.08.2010: Da stürzt auch mal die Decke ein:
 http://www.fluechtlingsrat-brandenburg.de/pressemitteilungen/pm-wassmannsdorf

28.08.2010: Demo in Gifhorn gegen das Heim Meinersen/Niedersachsen:
Bilder und Bericht zum Heim:
 http://thecaravan.org/node/2531
Bericht zur Demo:
 http://de.indymedia.org/2010/08/288641.shtml

08.05.2008: Demo beim Firmensitz von K&S, Aufruf zur Schließung des Lagers Katzhütte/Thüringen:
Bilder und Bericht zum Lager Katzhütte
 http://thecaravan.org/node/1554

So ganz zufällig scheinen die wenigen Skrupel des Hauptaktionärs Krantz sein Geld am Elend von anderen zu verdienen, nicht zu sein: Schon Doktorvater Bossle war nicht nur Berater von Filbinger, sondern auch in offen antisemitischen und rassistischen Kreisen beheimatet( http://www.zeit.de/1995/35/Neues_von_einem_Herzblutsoziologen).

Kontakt:
Dr. Krantz Sozialbau und Betreuung
Rotenburger Str. 1
27367 Sottrum
Tel. 04264/8309-0

K&S ist natürlich nur eine der Firmen, die vom staatlichen Rassismus profitiert; In Berlin sind es beispielsweise auch die AWO, die InvestPlan GmbH, das Diakonische Werk, der Internationale Bund und diverse Kleinunternehmen (genaueres unter:  http://chipini.blogsport.de/profiteurinnen-von-rassimus/).

Anlässlich des Aktionstages „ABOLISH! Diskriminierende Gesetze gegen Flüchtlinge abschaffen!“ am 22.03.2011 werden bundesweit Aktionen gegen die Residenzpflicht, das Asylbewerberleistungsgesetz und die Schikanen des Asylverfahrensgesetzes stattfinden (Infos unter:  http://kampagne-abolish.info/kampagne/selbstverst%C3%A4ndnis/). Auch K&S wird dabei in verschiedenen Orten und Aktionen thematisiert werden.

Wer aus rassistischen Gesetzen Profit schlägt, soll auch die Quittung dafür bekommen: Keinen Cent für K&S, nicht von Opa, nicht von Oma und von uns auch nicht – Firmen wie K&S eine Absage erteilen, heute hier, immer und überhaupt!

Flüchtlingsheime dichtmachen! Für freies Wohnen, Leben und Fluten!
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Ergänzungen

Aktionen in Berlin und Brandenburg

informierte 17.03.2011 - 14:34
In Brandenburg findet um 14h in Herzberg eine Demonstration vom Bündnis gegen Lager für die Schließung eines von K&S betriebenen Heimes in Hohenleipisch statt (Infos unter:  http://bglbb.blogsport.de/).

Außerdem gibt es um 16h eine Demonstration in Hennigsdorf gegen die Isolation und Ausgrenzung von Flüchtlingen ( http://uri.blogsport.de/)

In Berlin wird es um 17h auf dem Heinrichplatz eine Kundgebung geben, auf der unter anderem eine Ausstellung zu K&S zu sehen sein wird, sowie Protestbriefe mit einer klaren antirassistischen Absage an K&S vor Ort ausgefüllt und abgeschickt werden können.
Inhaltliche Themen sind außerdem die Kampagne Alle Bleiben!, dem Revisionsverfahren in Magdeburg, die Frage nach einer historischen Verantwortung der Bundesrepublik und rassistische Sondergesetze.
Organisiert wird die Kundgebung von Aktion Sühnezeichen, AmaroDrom, der Initiative gegen das Chipkartensystem, der Intiative Oury Jalloh und der KuB. Unterstützende Gruppe ist u.a. das Spandauer Bündnis gegen Rechts ( http://chipini.blogsport.de/).

Aktionen auch in Köln!

www.no-racism.de 17.03.2011 - 17:41
22.3 – Köln: Abolish! Aktionen gegen rassistische Sondergesetze

Kommt am 22. März um 11 Uhr zu Kalk Kapelle! Beteiligt euch mit eigenen Aktionsideen!

Seit Beginn dieses Jahres wird im Bundestag über eine Neufassung des so genannten Asylbewerberleistungsgesetztes (AsylbLG) diskutiert. In diesem repressiven Gesetz ist festgeschrieben, dass viele Flüchtlinge und Menschen mit einer sogenannten Duldung unter erbärmlichen Bedingungen in Flüchtlingslagern leben müssen, von Sachleistungen der Behörden abhängig gemacht werden und keinen ausreichenden Zugang zu Gesundheitsversorgung haben. Außerdem sind sie gezwungen, von noch niedrigeren Leistungssätzen zu leben, als deutsche Sozialleistungsempfänger_innen, die ohnehin schon mit einem menschenunwürdigen Betrag auskommen müssen. Das Asylbewerberleistungsgesetz steht dabei in einer Reihe mit anderen rassistischen Sondergesetzen, also Gesetzen, die nur auf Menschen ohne deutschen Pass angewendet werden.

Für den 22. März 2011 ruft eine Vielzahl von antirassistischen Gruppen und Initiativen daher zu einem bundesweiten, dezentralen Aktionstag gegen “gegen Asylbewerberleistungsgesetz, Residenzpflicht, Lagerisolation und rassistische Sondergesetzgebung“! auf. Der Aktionstag findet im Rahmen einer bundesweiten Kampagne gegen rassistische Sondergesetze statt.

Auch in Köln wollen wir uns an diesem Aktionstag beteiligen und unserer Forderung nach einer sofortigen Abschaffung des Asylbewerberleitungsgesetzes (AsylLG) Ausdruck verleihen. Zuständig für die Bearbeitung sämtlicher Anträge auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ist eine Unterabteilung des städtischen Amtes für Soziales und Senioren. Diese befindet sich in den Räumlichkeiten des Bezirksrathauses Köln-Kalk. Dort wollen wir mit vielfältigen Aktionen unseren Forderungen Ausdruck verleihen.

Keine Verhandlungen über Neuregelungen, sondern vollständige Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und aller anderen rassistischen Sondergesetze!

Kommt am 22. März um 11 Uhr zu Kalk Kapelle! Beteiligt euch mit eigenen Aktionsideen, bringt eigene Transparente mit!

Auch in Würzburg!

13.12. 17.03.2011 - 18:51
Auch in Würzburg wird es am Dienstag eine Demonstration im Rahmen des Aktionstages geben:

Oberer Markt
15:00 Uhr Infostand & Kundgebung
17:00 Uhr Demonstration

 http://antirawuerzburg.blogsport.de/

Gemeinschaftsunterkunft Würzburg schließen!
Solidarität mit den Unerwünschten!

Zella-Mehlis/Meiningen

22.&24.03.11 17.03.2011 - 22:03
Auch in Zella-Mehlis und Meiningen sind Aktionen, im Rahmen des Aktionstags, geplant für die Schließung des Flüchtlingslagers in Zella-Mehlis.
Am 22.03. um 14 Uhr findet eine Kundgebung am Lager in Zella-Mehlis statt und am 24.03. gibt es eine Demonstartion in Meiningen. Diese startet 14 Uhr am Bahnhof.

 http://www.thevoiceforum.org/node/2007

Break isolation!

Aktionen überall

Abolish 20.03.2011 - 16:55
Eine Übersicht über die am 22.03. (und weiteren Tagen) geplanten Aktionen findet sich hier:  http://kampagne-abolish.info/aktionstag-22-03/aktionsübersicht/. Beteiligt euch an den Protesten in eurer Nähe!

Aktionstag jetzt auch in den medien

egal 22.03.2011 - 00:45