Polizeigewalt gegen AntiRa-Demo in Hildesheim

Peter Hartz 04.03.2011 17:05 Themen: Antifa Antirassismus Repression
Etwa 40 Menschen nahmen gestern, am 3.03.2011, in Hildesheim an der Demonstration anlässlich
des Selbstmordes eines Asylbewerbers im Landkreis Gifhorn teil. Bei der Abschlusskundgebung
kam es zu brutaler Polizeigewalt gegenüber von Demoteilnehmer_innen. Es kam zu einer Festnahme
und mehreren Verletzen.
Polizeigewalt während einer antirassistischen Demonstration

Etwa 40 Menschen nahmen gestern, am 3.03.2011, in Hildesheim an der Demonstration anlässlich
des Selbstmordes eines Asylbewerbers im Landkreis Gifhorn teil. Bei der Abschlusskundgebung
kam es zu brutaler Polizeigewalt gegenüber von Demoteilnehmer_innen.

Vorgestern, am 1. März 2011, hat sich ein Mensch, ein Asylsuchender, das Leben genommen. Der
vierzigjährige Mann, der in einer Einrichtung für Flüchtlinge lebte, musste sich, wie viele andere
auch, alle 3-4 Tage bei der Ausländerbehörde melden, um seine Duldung zu verlängern. Die
Duldung, die Aussetzung der Abschiebung, bedeutet für die Betroffenen in ständiger Sorge leben zu
müssen, jeden Augenblick abgeschoben werden zu können. Durch eine derartige unmenschliche
Behandlung wird jahrelang psychischer Druck auf Menschen ausgeübt, die daran zerbrechen,
resignieren oder wie in diesem Fall Selbstmord begehen.

Mit der Demonstration, die am Hildesheimer Marktplatz begann, wurde der rassistische
Normalzustand, unmenschlicher und repressiver Umgang mit Flüchtlingen und
Asylbewerber_innen thematisiert und kritisiert. Vorgelesen wurden bei der Kundgebung einige
Statements von Asylbewerber_innen, die die Angst vor der Abschiebung und die Diskriminierung
seitens der Ausländerbehörden, mit denen sie ständig im Alltag konfrontiert werden, schildern.
Daraufhin zogen die Demoteilnemer_innen durch die Fußgängerzone zum Huckup Denkmal an der
Schuhstraße, wo eine Abschlusskundgebung abgehalten werden sollte. Dabei kam es zu einem
Übergriff seitens der Polizei. Die Polizei hatte eine Person, die an der Demonstration teilnahm,
unter Anwendung von Gewalt von der Demo weg gezerrt, überwältigt und auf den Boden gepresst.
Obwohl sie von den nächst Umstehenden darauf aufmerksam gemacht wurden, dass der betroffene
Mensch Verletzungen erleidet und ärztliche Hilfe benötigt, hielten sie ihn weiterhin brutal auf dem
Boden fest. Die Frage nach dem Grund des polizeilichen Angriffes blieb unbeantwortet. Die
umstehenden Demonstrierenden wurden grob zur Seite gestoßen und teilweise verletzt.
Bezeichnend für die polizeiliche Gewaltbereitschaft war, dass sie einen Menschen mit Baby auf
dem Arm geschubst und einen anderen gewürgt hatten. Der gerufene Notarztwagen wurde von der
Polizei weggeschickt. Stattdessen wurde der Verletzte halbwegs bewusstlos mit Handschellen hinter
dem Rücken in den Polizeitransporter geschliffen und nicht angeschnallt auf dem Boden des
Transporters zur Wache gefahren.

Doch damit fand die Polizeigewalt nicht ihr Ende. Der Verletzte wurde auch auf der Polizeiwache
physisch und psychisch misshandelt. Die Gruppe von Menschen, die seine Freilassung an der
Wache gefordert hatte, wurden der Wache verwiesen. Die Anzeigen gegen Polizist_innen wegen
Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung wurde nicht aufgenommen mit der Begründung,
die Antragstellenden seien voreingenommen. Dafür wurde vorgeschlagen, die Anzeige am
kommenden Tag aufzugeben, eine schriftliche Bestätigung wurde verweigert. Nach ungefähr einer
Stunde wurde der betroffene Mensch aus der Gewahrsamnahme ohne Anzeige entlassen.
Bereits in den letzten Wochen fanden in Hildesheim Einschüchterungsversuche seitens der Polizei
und vermutlich Verfassungsschutzes gegenüber von einigen Menschen statt. Freddi M., ebenfalls an
der Demonstration teilgenommen, äußerte sich geschockt dazu: „Endlich finden in Hildesheim
Aktionen statt, die sich mit sozialkritischen Themen beschäftigen. Krass zu sehen, dass die Polizei
so brutal und rücksichtslos darauf reagiert. Anscheinend haben sie davor Schiss, wenn es in
Hildesheim politische Aktionen gibt, die sich gegen Rassismus und Staatsgewalt richten.“

Der Angriff auf die Demonstration reiht sich ein, in eine Repressions-Kampagne
der Hildesheimer Polizei und des Verfassungsschutzes gegen linke Aktivist_Innen
und Strukturen in Hildesheim.

Jüngste bekanntgewordene Vorfälle in Hildesheim:

1. Mehrere Aktivist_Innen werden/wurden im Anschluss an eine Hausbesetzung in Hildesheim
verfolgt. (Link zur Besetzung:  http://de.indymedia.org/2011/02/299299.shtml)

2. Immer wieder gibt es unbegründete Personenkontrollen gegen Aktivist_Innen.

3. Anquatschversuch:
Frau "Maria Jochens", bereits im Vorfeld bei Anquatschversuchen zur Schlachthofbesetzung
in Wietze bei Celle aufgefallen, klingelt bei Privatperson,gibt sich als Mitarbeiterin einer
"Behörde" aus und fragt explizit nach Informationen über Aktivist_Innen in und um Hildesheim.

4. "Denunzierungen" seitens der Polizei im Privatumfeld von Aktivist_Innen durch "Hinweise"
auf "Verfassungswidrige Aktivitäten", welche nicht genauer definiert sind.
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Der Repression besser entgegentreten

praktische-anti-rep 04.03.2011 - 21:56
Die unmittelbar Betroffenen sollten sich Anwält_innen nehmen, die Erfahrung im Umgang mit den Misshandlern in Uniform haben. Nach solchen Anwält_innen solltet ihr gegebenenfalls auch außerhalb von Hildesheim suchen: In Hannover und Göttingen könnt ihr fündig werden.
Alle Augenzeug_innen für die einzelnen Vorfälle sollten am besten sofort Gedächtnisprotokolle zu den Ereignissen verfassen und - wenn klar ist, wer die Opfer der Polizeigewalt vertritt - und an die beauftragten Anwälte weiterleiten.
Tragt eventuell vorhandenes Bildmaterial zusammen und versucht die Misshandler zu identifizieren. Dann können auch die Anwält_innen besser arbeiten.

Gut, dass ihr auf die Straße gegangen seid, um den rassistischen Normalzustand in den deutschen Ausländerbehörden anzuprangern!
Lasst euch bloß durch den Terror nicht unterkriegen!
Solidarität mit den Flüchtlingen - weltweit!