"Wir Werden Nicht Bezahlen!"

Alexa Zorba 06.02.2011 23:45 Themen: Blogwire Globalisierung Soziale Kämpfe Weltweit Ökologie
Zur Zeit erfreuen sich zwei soziale Bewegungen in Griechenland erstaunlicher Popularität und der Staat sinnt auf Gegenmaßnahmen und kleineren Kompromissen.
Da wäre zum einen die Schwarzfahrkampagne als Reaktion auf heftige Tariferhöhungen und der Boykott der Autobahngebühren. Letzteres macht dem Staat schwer zu schaffen, denn viele Autofahrer_innen heben einfach die Schranke an den Mautstellen und fahren straffrei durch, weil es rechtlich bisher keine Handhabe dagegen gibt. Aber auch das Schwarzfahren ist nicht ohne, denn bald die Hälfte der Kunden bezahlt nicht und trifft sich dabei mit den Forderungen der seit Dezember dauerstreikenden Bahnarbeiter_innen und den unbefristet streikenden Ärzt_innen und Pfleger_innen. Allen gemeinsam ist ein breiter Widerstand gegen Enteignung gesellschaftlichen Reichtums und Privatisierung, insbesondere da Straßen, das Wissen der Ärzte, die öffentlichen Verkehrsmittel und die Krankenhäuser mit dem Geld der Steuerzahler_innen entstanden sind.
Aktionen gegen Fahrpreiserhöhung und Kontrollen im öffentlichen Nahverkehr

»Zahlungsboykott jetzt! Dieser Automat wurde sabotiert!«

Außer den erheblichen Einschnitten bei Löhnen und ungeheuerlichen Gesetzen, die die Regierung und IWF erlassen haben, gibt es seit kurzem enorme Preiserhöhungen bei Produkten und Dienstleistungen. Es war zu erwarten, dass die Regierung die Preise für den öffentlichen Verkehr nicht unberücksichtigt lässt.

Außer der Verdopplung der Fahrpreise bei den nationalen Eisenbahnen, die Einstellung vieler Zug / Bus / Schiffsrouten und der folgenden Privatisierung, wurde für Anfang Februar ein Preisanstieg von durchschnittlich 20-50-% beim öffentlichen Nahverkehr angekündigt. Zusätzlich soll ein Ausbau der Kontrollmaßnahmen erfolgen (d.h. mehr Security, Videoüberwachungsanlagen, spezielle Kontrollschranken usw.). Auf vielen Routen erreicht der Preisanstieg 180%!

Im letzten Monat haben in Athen und Thessaloniki, Nachbarschaftsversammlungen, Kollektive, besetzte Häuser und Studierendenorganisationen Aktionen gegen Fahrpreiserhöhungen und Kontrolle in öffentlichen Nahverkehr durchgeführt. Ihr Ziel ist ein „Freier Transport für Alle!“

Im Dezember 2010, fand in Athen eine koordinierte Aktion vieler Gruppen in U-Bahn-Stationen, Bussen und Straßenbahnen statt. Es wurden Fahrkartenentwerter sabotiert und tausende Texte, Poster, Aufkleber und Flyer verteilt.

Am 23. Dezember fand eine ähnlich koordinierte Aktion in einigen U-Bahn, in Depots und an Busstationen und Depots statt; Metro-Arbeiterinnen überklebten Entwerter im Rahmen ihrer Aktionen gegen die neuen Arbeitsmaßnahmen.

Am 11. Januar, fand die dritte koordinierte Aktion der Gruppen an zahlreichen Haltestellen statt. Flugblätter wurden verteilt, Flaggen, es gab Sabotage bei Entwertern usw.

In Thessaloniki, fanden am 8. und 15. Januar ähnliche Aktionen gegen Fahrpreiserhöhungen statt, mit symbolischen Besetzungen von Bussen, Verteilung von Texten und Sabotage an Entwertern.

Es fanden auch Aktionen in kleineren Städten, wie Kozani und Heraclion statt. Hier gingen Studierende und Einwohner auf Versammlungen und es gab symbolische Besetzungen von Bussen und des Rathauses.

Weitere, noch größere Aktionen werden durch verschiedene Initiativen in Athen und Thessaloniki organisiert.

Während sie auf diese neuen Maßnahmen warten, empören sich immer mehr Menschen und reagieren positiv auf die im Text vorgestellten Aktionen für den freien Transport. Obwohl viele immer noch taub sind.

Fahrkartenkontrolleure werden in den nächsten Monaten Probleme bekommen…

Für den Freien Transport für Alle!

Keine Kontrolle in unser Leben!
 http://de.contrainfo.espiv.net/2011/02/03/aktionen-gegen-fahrpreiserhohung-und-kontrollen-im-offentlichen-nahverkehr/

 http://www.athensnews.gr/portal/9/37144

Das neue Gesetz für den öffentlichen Nahverkehr – noch neoliberaler geht es nicht


Am 12. Januar wurde der Personennahverkehr für ein paar Stunden bestreikt. Am nächsten Tag setzten dir ArbeiterInnen ihren Protest mit einem 24-Stunden-Streik fort, obwohl die sogenannte Justiz, wie immer, hastig alle Streiks für illegal und missbrauchend erklärte. Hiermit wird ihre Klassenrolle wieder einmal bestätigt.

Trotzdem umgingen die ArbeiterInnen im öffentlichen Dienst die Gewerkschaftsbürokratie. Sie leisteten dem Abbau des öffentlichen Nahverkehrs und den Belastungen eines modernen Sklavenregimes Widerstand. Dieser Abbau wird durch die totalitäre Demokratie mit den faschistischen Gesetzesentwürfen der Regierung vorangebracht. Drei Streiks wurden für diese Woche ausgerufen.

Die Einschläferungs- und Desinformationsmedien, ihrer schmutzigen Rolle als Krücke der Diktatur gerecht werdend, versuchen wieder das altbekannte Lied von „Ermüdung der Fahrgäste durch missbräuchlichen Streik“ herunter zu leiern.

Es folgt eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte dieser monströsen Gesetzesentwürfe.

- Der Verkehrsminister wird zu einem absolutistischen Herrscher. Von jetzt an hat er das Recht alle Angelegenheiten, die die Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Nahverkehr betreffen selbst zu bestimmen. Es ist sogar so, dass seine Regelungen von den Gesetzesvorlagen seiner eigenen Regierungspartei abweichen.

- Alle Veränderungen der Arbeitsverhältnisse werden „ abweichend jeglicher anderslautender gesetzlicher Bestimmung“ angewandt und abgewickelt. Dieses bedeutete, dass mit diesem Gesetz alle bisher gültigen ArbeiterInnenrechte widerrufen sind. Dieses ist ein dauerhafter und totalitärer „Ausnahmezustand“, unter dem allgemeinen Vorwand der Krise und dem spezifischen Vorwand der Misswirtschaft und der Unterschlagung im öffentlichen Dienst.

- Als erstes, werden 1.500 ArbeiterInnen des Transportsektors ihren Arbeitsplatz wechseln müssen. Möglicherweise bedeutet das einen Umzug in eine andere Stadt, zu einem Gehalt, dass vom Verwaltungsapparat der neuen Dienststelle bestimmt wird. Auch die neue Position dieser ArbeiterInnen wird festgelegt durch diese Stelle. Fähigkeiten oder Art der Arbeit seiner alten Dienststelle werden nicht berücksichtigt. Der zuständige Verwaltungsapparat kann einen Beschäftigen so lange den Arbeitsplatz wechseln lassen, wie er es wünscht. ArbeiterInnen sind nicht nur frei verfügbar, sie werden in moderne Sklaven verwandelt. Unter jenen, die gegenwärtig transferiert werden, arbeiten mehr als die Hälfte im Transportsektor (nicht in einem Büro). Weil Busse und Straßenbahnen sich nicht von selbst bewegen, werden weitere Einschnitte und Streckenkürzungen erwartet und folglich eine weitere Degradierung des öffentlichen Nahverkehrs. Im zweiten Stadium, sieht die Gesetzesvorlage weitere Transfers von ArbeiterInnen vor..

- Regelungen, Schlichtungs- und Beschäftigungsvereinbarungen werden durch Unternehmensverträge beseitigt und ersetzt. Wenn es ArbeiterInnen und Arbeitgeber (jetzt der Staat, zukünftig einige Einzelpersonen) nicht gelingen sollte innerhalb 30 Tage eine eigene Vereinbarung zu erreichen greift das absolute Souverän ein. Eine Schlichtung ist nicht vorgesehen. Mit dieser neuem Gesetzesentwurf wird vom Minister erwartet, dass er die Uneinigkeit mit einem neuen Gesetz regelt.

- Die Privatisierung wird stufenweise auf verschiedene Arten vorangetrieben. Erstens können für das Verkehrswesen verantwortliche Gesellschaften mit beschränkter Haftung gegründet werden. Zweitens, durch die Demontage des öffentlichen Verkehrs. Drittens, durch Änderung der Gesetze, die vom Inhalt her tadellos den Arbeitsbedingungen der modernen kapitalistischen Sklaverei entsprechen, auferlegt durch multinationale Unternehmen in den grausamsten, totalitärsten Regimen der so genannten Dritten Welt. Schließlich werden ab sofort die Kriterien einer privatrechtlichen Unternehmung für die Organisierung des Transportwesens herangezogen.

- Das Profitstreben überschattet vollständig den Nutzen für die Menschen. Die Staatliche Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs, als Rückzahlung von Steuern und Gebühren, wird um die Hälfte gesenkt! Das Thema wird sein, zu arbeiten, zu konsumieren und Steuern, Abgaben, Gebühren an das Kapital, dem Staat oder Privatpersonen zu zahlen. . Die Fahrpreise erhöhen sich um 20 bis 40%. Als unrentabel bezeichnete Buslinien werden vollständig oder teilweise beseitigt oder mit anderen Strecken zusammengeführt. (dieses ist bereits im gesamten Transportsektor geschehen und hat unglaubliche Last, Warteschlangen und Gedränge verursacht.)

- Der öffentliche Nahverkehr und seine Stationen und Haltestellen werden zu einem Machtbereich von Kontrolleuren. Diese Schmarotzer, die sich 50 % der Busgelder der ohne Ticket erwischten Passagiere einverleiben, erreichen einen höheren Level. Von jetzt an werden sie als Privatarmee der Repression und Geldeintreibung operieren.

 http://de.contrainfo.espiv.net/2011/02/05/das-neue-gesetz-fur-den-offentlichen-nahverkehr-noch-neoliberaler-geht-es-nicht/
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Ergänzungen

Rollender Streik seit Anfang Dezember

class warriors 07.02.2011 - 01:11
Vielleicht besteht ja doch die Möglichkeit, daß die verschiedenen Streiks und Aktionen sich zu einem echten (unbefristeten) Generalstreik auswachsen, ansonsten ist ein offizieller "Generalstreik" für diesen Monat bereits von den gelben Gewerkschaften angekündigt.

Um der Gefahr zu begegnen, daß Streiks für illegal erklärt werden, wird immer etappenweise gestreikt: mal 48 Stunden am Stück, mal 4 Stunden, ein Tag arbeiten oder krankfeiern, wieder 48 Stunden usw. Trotzdem versucht Mutter Staat Verbote durchzusetzen, Streiks der Fluglotsen wurden bereits verboten; fehlen eigentlich nur noch die Matrosen der Fähren und die Müllabfuhr - dann wäre der Stillstand nahe...
Hier ist eine sehr interessante Rechnung darüber wie vernichtend dieses Streiks für die Staatskasse sind:
 http://www.grreporter.info/en/salaries_strikers_enormous_losses_public_transport_companies/4035
Die "Liberalisierung" vieler Gewerke trifft weiter auf breiten Widerstand: Anwälte streiken, Apotheken sind oft geschlossen und die Ärzteschaft legt wieder einen unbefristeten Streik vor. Sie besetzen das Gesundheitsministerium, wehren sich gegen die Praxisgebühr und fordern seit zwei Jahren nicht bezahlte Rechnungen der Krankenkassen ein:
 http://www.grreporter.info/en/pharmacists%E2%80%99_strikes_continue/4022
 http://www.grreporter.info/en/doctors_continue_strikes_and_ministry_has_found_solution_patients/4016
 http://richardbrenneman.wordpress.com/2011/02/05/the-spirit-of-rebellion-still-thrives-in-greece/
Die nordgriechischen Bauern, die bereits letztes Jahr mit massiven von autonomen Räten organisierten Blockaden für Unruhe sorgten, legen auch wieder los. Während die Regierung ihre Aktionen als "unfair" beheult, blockieren sie die Grenze zu Bulgarien:
 http://www.grreporter.info/en/new_blockages_border_bulgaria/4028

Überraschungspäckchen für Ministerium

knallfurz 07.02.2011 - 01:24

zur Lage in Griechenland

Anarchist 07.02.2011 - 13:36
hier ein guter Artikel!
http//www.graswurzelrevolution.de

"Schwarzfahrer und Mautverweigerer im Visier"

egal 07.02.2011 - 15:56
Massive Sabotage im ganzen Netz der Öffentlichen:
 http://www.griechenland.net/
"Jährliche Maut kostet in Frankreich 35 Euro, warum sollen wir 1300 bezahlen?"
 http://www.grreporter.info/en/%E2%80%9Ci_do_not_pay%E2%80%9D_movement_growing_government_takes_measures/4036

6 Bauern bei Grenzblockade verhaftet

Sofia 07.02.2011 - 22:12
Schon am ersten Tag der angekündigten Bauernblockaden liegen die Nerven blank, Juntamethoden:
 http://www.athensnews.gr/portal/9/37210

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