Sängerschafter singt hohes C in der CDU

- 27.01.2011 13:56 Themen: Antifa
In Berlin traf sich die rechte CDU-interne Lobby „Aktion Linkstrend stoppen! - Für eine konservativere Ausrichtung der CDU“ am 15.01.2011 auf dem Haus der Studentenverbindung Sängerschaft Borussia zu Berlin. Eine kurze Betrachtung der Hintergründe.
Die Hinweise auf das Treffen auf dem Verbindungshaus wurden inzwischen wieder gelöscht, waren aber eine Zeit lang auf den Bildern im Internet und der online gestellten Einladung zu erkennen .
Dass sich die CDU-Stahlhelmer von der nationalkonservativen „Aktion Linkstrend stoppen!“ am 15. Januar 2011 bei der Berliner Sängerschaft Borussia trafen, ist kein Zufall. Der Pressesprecher der „Aktion Linkstrend stoppen!“, Michael Werner Nickel, ist laut seinem XING-Profil nämlich Mitglied der Sängerschaft Borussia Berlin und Sängerschaft Fridericiana Halle. Nickel war in Vergangenheit bereits Bundesschatzmeister des korporierten Meta-Dachverbandes „Convent Deutscher Korporationsverbände“ (2008-2009) und Sprecher der „Deutschen Sängerschaft“ (2007-2008).

Die Nähe der Initiative zu den rechtskonservativen Studentenverbindungen, spiegelt sich auch in Veranstaltungen auf Verbindungshäusern oder Veranstaltungsberichten über Vorträge bei Studentenverbindungen auf der Homepage der Aktion wieder.
So finden sich auf der Homepage der Initiative Berichte über den Vortrag „U.S.-Tea-Party-Bewegung: Ein Vorbild für Deutschland und Europa?“ von Heather De Lisle (US-Republikanerin und Journalistin) bei der Burschenschaft Stauffia München (08.12.10) und den Vortrag „Der Fall Sarrazin. Ein Weckruf und die Folgen“ von Dr. Erik Lehnert (Leiter des neurechten „Institut für Staatspolitik“) bei der Burschenschaft Gothia Berlin (10.11.10).
Ein Vertreter der Aktion referierte auch bereits beim VDSt Breslau – Bochum .

Hintergrund: „Aktion Linkstrend stoppen!“
Die „Aktion Linkstrend stoppen!“ wurde 2010 mit einem Manifest gegen den angeblichen „Links“trend in der Union gestartet. Es handelt sich um den Versuch die Union wieder weiter nach rechts zu rücken und den desolaten Stahlhelmflügel in der Union zu reorganisieren. An der Basis stößt diese Initiative auf eine gewisse Zustimmung; die Aktion verzeichnete Anfang 2011 über 6.500 Unterstützer_innen. Doch sowohl unter den Erstunterzeichner_innen und Initiator_innen, als auch unter den Unterstützer_innen fehlen bundesweit bekannte Unions-Prominente.

In ihrem Manifest wettern die Linkstrend-stopper gegen die „Geschlechterumerziehung des "Gender Mainstreaming", Homo-Ehe oder der Gängelung von Unternehmen durch das "Antidiskriminierungsgesetz"“, gegen „eine gescheiterte Multi-Kulti-Integrationspolitik“, gegen den angeblich „mangelhaften Einsatz für eine überfällige würdige Erinnerung an die deutschen Opfer der Vertreibung“, gegen „die hunderttausendfache "straffreie" Kindestötung durch Abtreibung“, warnen vor „der Gefahr der Islamisierung“ und fordern „das christliche Erbe zu verteidigen und dem EU-Beitritt der Türkei eine klare Absage zu erteilen.“
Sie enden mit dem pathosschwangeren Satz: „Wir fordern eine grundlegende politische Kurskorrektur, eine geistige Wende. Es geht um Deutschlands Zukunft und um das Leben unserer Kinder und Enkel.“

Einen guten Überblick über die Szene, aus der die Linkstrend-stopper sich rekrutieren, bietet der Blick über die politischen Hintergründe der Initiator_innen des Manifests. Zu den Initiator_innen der Initiative gehören:
* Prof. Dr. Menno Aden (Präsident des Oberkirchenrates a. D., Vorsitzender der „Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft“ Hamburg, Mitglied des Vorstandes des „Verein Deutsche Sprache“)
* Dr. Ursula Besser (CDU-Stadtälteste von Berlin, JF-Ehrengast bei der Verleihung des Gerhard-Löwenthal-Preises 2008, Teilnehmer am JF-Sommerfest 2010)
* Ferdinand Fürst von Bismarck (Urenkel des Kanzlers Bismarck, engagiert sich seit 2003 im Beirat der „Preußischen Gesellschaft Berlin-Brandenburg“, pflegt gute Kontakte zu dem extrem rechten Verleger Dietmar Munier, verfasste 2008 einen Werbebrief für die „Junge Freiheit“)
* Prof. Dr. Hubert Gindert (Vorsitzender des „Forums Deutscher Katholiken“, Chefredakteur der katholischen Zeitschrift „Der Fels“)
* Prof. Dr. Klaus Hornung (CDU-Mitglied, Beisitzer in dem Wehrmachtsveteranenverband „Arbeitsgemeinschaft Traditionsverbände und Kameradenwerke“, Beisitzer im Vorstand des „Studienzentrum Weikersheim“)
* Thomas Hoyer (Unternehmer aus Hamburg)
* Claus Jäger (von 1972 bis November 1994 CDU-MdB für Göppingen, stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes der „Christdemokraten für das Leben“ Baden-Württemberg)
* Dr. Klaus Peter Krause (Autor für die „Junge Freiheit“)
* Prof. Dr. Karl-Heinz Kuhlmann (CDU-Mitglied, Dozent an der Evangelischen Theologischen Fakultät der Universität Leuven/Belgien, Mitglied des Wingolf)
* Prof. Dr. Andreas Löhr
* Martin Lohmann (Vorsitzender des „Bundesverbands Lebensrecht“, Autor des Buches „Das Kreuz mit dem C. Wie christlich ist die Union?“ 2009, Sprecher des „Arbeitskreises Engagierter Katholiken in CDU und CSU“)
* Dr. Hans Merkel (Mitglied in der Burschenschaft Arminia-Rhenania zu München, CSU-Ministerialdirigent a.D., Beisitzer im Landesvorstande Bayern des „Vereins für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland e.V.“ , war einer der Haupt-Initiatoren der rechten Kampagne „Initiative Akademische Freiheit“)
* Prof. Dr. Klaus Motschmann (angeblich Burschenschafter, Mitglied bei der „Gesellschaft für freie Publizistik“, Mitbegründer des „Förderkreis Gerhard Kaindl“, 1971-1982 „Schriftleiter“ der Zeitschrift „Konservativ heute“, 1986-2001 „Schriftleiter“ von „Erneuerung und Abwehr“, Leiter der Berlin-Redaktion von „Criticon“, ständiger Mitarbeiter für die „Junge Freiheit“)
* Prof. Dr. Werner Münch (1984-1990 CDU-Abgeordneter des Europäischen Parlamentes, 1991-1993 CDU-Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, war 1991 bis 1993 Vorsitzender des sachsen-anhaltischen CDU-Landesverbandes, 2006 bis 2008 lehrte Politische Soziologie an der katholisch-fundamentalistischen Gustav-Siewerth-Akademie, am 25. Februar 2009 trat er aus der CDU aus und begründete dies u.a. mit unangemessenen öffentlichen Kritik Merkels an Papst Benedikt XVI)
* Dr. Ute Scheuch (Sozial- und Medienwissenschaftlerin)
* Friedrich-Wilhelm Siebecke (war stellvertretender Vorsitzender des CDU-Bundesparteigerichts, verfasste in der Hohmann-Affäre ein Gutachten gegen dessen Ausschluss)
* René Stadtkewitz (Ex-Vorsitzender der CDU-Pankow, ehemals Berliner CDU-Abgeordneter, trat 2009 aus der CDU aus, Berliner Landesvorsitzender von Pax Europa, führender Protagonist der Proteste gegen den Bau einer Moschee in Berlin-Heinersdorf, schaltete eine Online-Petition zur Unterstützung von Thilo Sarrazin, Begründer der rechtspopulistischen Kleinstpartei „Die Freiheit“)
* Johanna Gräfin von Westphalen (gehörte 18 Jahre dem Landesvorstand der CDU-NRW an, steht der fundamentalistischen „Katholischen Pfadfinderschaft Europas“ als Ehrenpräsidentin vor, Vorsitzende der 1988 von ihr gegründeten Stiftung „Ja zum Leben“, Ehrenvorsitzende der „Christdemokraten für das Leben“)

Hintergrund: „Deutsche Sängerschaft“ (DS)
Die „Deutsche Sängerschaft“ (DS) ist der Dachverband der Sängerschaften, einer Unterform von Studentenverbindungen. Wie der Name nahe legt sind Sängerschaften im Gegensatz zu anderen Korporationen auf Musik, insbesondere Gesang, spezialisiert.
Zwar sind Sängerschaften meist nicht schlagend (fechtend) und auch weniger politisch, als die Burschenschaften beispielsweise, aber auch bei der DS gibt es rechte und nationalistische Tendenzen.
Zum Beispiel die „Gesamtdeutsche Tagung“, die Gesamtdeutsche Tagung war eine jährlich wiederkehrende Veranstaltung des Coburger Convents und der Deutschen Sängerschaft vor 1992.
Ende Januar 1997 soll der Neonazi Jürgen Schwab, im Haus einer Sängerschaft Friderciana (vermutlich die „Sängerschaft Friderciana“ zu Halle an der Saale), auf Einladung von Franco-Germanen, einen Vortrag gehalten haben.
Die Postadresse der ultrarechten Berliner Studentenverbindung Hermann von Wissmann bei ihrer Gründung 2003 war das ehemalige Haus der Sängerschaft Germania. Der CDU-Rechtsaußen Jörg Schönbohm hielt am 1. Dezember 2007 die „Festansprache zum Stande der Deutschen Einheit“ beim „Übergabekommers“ des Vorsitz des Dachverbandes „Deutsche Sängerschaft“ an die „Sängerschaft Borussia Berlin“ im Primus-Palast in Berlin- Zehlendorf vor 250 ZuhörerInnen .
Am 22.4.2005 gedachten Verbindungsstudenten in Hamburg des 750 jährigen Stadtjubiläums Königsbergs. Unter den rund 500 Korporierten waren auch drei Sängerschafter. Die extrem rechte „Pennälerschaft Amicita Kassel“ besuchte vom 2. bis zum 5. Oktober 2008 eine Bayreuther Sängerschaft.

Auch im Verbandsblatt „Deutsche Sängerschaft“ werden immer wieder rechte Töne angeschlagen:

„Und da stellt sich die Frage: Lebt ein Nichtdeutscher für den deutschen Nationalgedanken,
wenn er die deutsche Sprache beherrscht und sich zur deutschen Kultur bekennt?
Ist ihm das Deutschsein dann bereits eine Herzenssache?“
aus dem Verbandsblatt „Deutsche Sängerschaft“ 3-2005

„Wir sind vielleicht nicht »political correct«, aber wir sind trotzdem keine Rassisten, wenn wir keine Braun- oder Schwarzafrikaner, Asiaten, Eskimos, Skandinavier oder Amerikaner aufnehmen, es sollen Deutsche sein, egal welchen Pass sie besitzen. Ein Südtiroler oder Siebenbürger Sachse oder Schwabe oder ein chilenischer Volksdeutscher ist willkommen, nicht aber ein Türke mit deutschem Pass. Deutsche Muttersprache oder Zugehörigkeit zum deutschen Kulturkreis ist Voraussetzung.“
aus einem Leserbrief, veröffentlicht im Verbandsblatt „Deutsche Sängerschaft“ 3-2005

„Die DS gedenkt ihrer Gefallenen aus den Jahren 1914/18 mit einem Gedenkstein im belgischen Langemark. Darüber wird aus Anlass des 90. Jahrestages des Ausbruchs des I. Weltkrieges berichtet. Heute setzen wieder Soldaten unseres Heeres, unserer Luftwaffe und der deutschen Marine auf Weisung einer rechtmäßigen deutschen Regierung ihr Leben in Afghanistan, auf dem Balkan und in der Straße von Aden ein, während andere Deutsche Soldaten Mörder nennen.“
aus dem Verbandsblatt „Deutsche Sängerschaft“ 2-2004

„Bemerkenswert ist: In Braunschweig stellen die Korporierten den ASTA-Vorsitzenden. Die studentischen Mittel werden jetzt wieder für studentische Aufgaben eingesetzt. Die Zeiten, da 1000 Pfeifen für Gorleben-Demonstranten gekauft wurden und sexuelle Sonderheiten den ASTA beschäftigten, sind vorbei.“
aus dem Verbandsblatt „Deutsche Sängerschaft“ 3-2002

„Europa ist auch eine Wertegemeinschaft, wer das anders sieht, wie die derzeitige tschechische Regierung und nach den Meinungsumfragen auch die dortige Bevölkerung, hat nach meiner persönlichen Ansicht in unserem Europa nichts zu suchen, egal, ob der Beitritt eventuell teilweise auch in unserem Interesse liegenwürde.“
aus dem Verbandsblatt „Deutsche Sängerschaft“ 2-2002

„Wir setzen Gemeinschaftsgeist gegen überzogenen Individualismus.
Unser spezielles Markenzeichen ist dabei das gemeinsame Singen.“
aus dem Verbandsblatt „Deutsche Sängerschaft“
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Ergänzungen

Infos zum Coburger Convent

ccnd 27.01.2011 - 15:46
An dieser Stelle wie immer: der Verweis auf die Infoseite zum Coburger Convent.

bla

Querleser 28.01.2011 - 18:58
Zur Gräfin von Westphalen gibts hier einen sehr interessanten Beitrag zu Äußerungen, die sie im Rahmen der KPE gemacht hat:

 http://blasphemieblog2.wordpress.com/2011/01/26/kondomstreit-unter-katholischen-pfadfindern/#comments

Die Zeitungslinks in den Kommentaren weiter unten sind auch sehr interessant.


Der Kollege Hohmann aus der CDU hat seine Ansichten zu karnevalistischer Kritik an Kirche und Prominenten Vorstehern auch schon in der ARD im Streit um die Stunksitzung 2011 Ausdruck verliehen: (Mitte des Videos)

 http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=rqybPuYkBg0


Insgesamt scheinen sich christlich-Konservative in letzter Zeit verstärkt in die Politik in Deutschland einzumischen bzw. zu versuchen dort mehr Einfluss geltend zu machen.
Wenn Frau Merkel auf dem CDU-Parteitag sagt, dass mehr christliche Werte in die Politik der CDU einfließen sollen, ist das nicht ohne.
"Christliche Werte" sind in der Bibel nachzulesen. Da wären unter anderem, dass die Frau dem Manne Untertan zu sein hat, dass Homosexuelle gesteinigt zu werden haben und weitere solcher "Werte".

Christliche Konservative und deutsche Burschenschaften passen von der Weltanschauung her hervorragend zusammen:
Das Pro-Medienmagazin beispielsweise vertritt auch sehr konservative Tendenzen (vorsichtig ausgedrückt). In diesem Magazin gaben bisher auch Christian Wulff (vor seiner Zeit als Bundespräsident) und Volker Kauder sowie Frau von der Leyen und Kristina Schröder Interviews, die tief blicken lassen.
Zur Startseite gehts hierlang:  http://anonym.to/?http://www.pro-medienmagazin.de/

Für die besagten Interviews hab ich leider keine Links, da schaut bitte selbst mal. Das Archiv auf der Seite und der Bereich "Politik" geben schon einen guten Überblick über die Geisteshaltung, die dort vertreten wird.

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