Frankfurt / Main: Entschlossene Spontandemo gegen Neonazis

Antifa Bergen-Enkheim 24.01.2011 00:00 Themen: Antifa
Im Frankfurter Stadtteil Bergen-Enkheim demonstrierten am Samstag, den 22.01.2011 spontan und entschlossen mindestens 150 Antifaschist_innen gegen Neonazi-Strukturen. Nazis hatten in den vergangenen Monaten zwei Fackelmärsche in dem Stadtteil durchgeführt und treten sehr selbstbewußt in dem Stadtteil auf. Mindestens zwei zentrale Personen der so genannten “Nationalen Sozialisten Rhein-Main” wohnen ungestört im Ortskern. Bisher regte sich kein wahrnehmbarer Widerstand gegen die Neonazis. Die Antifaschist_innen machten mit der Spontandemonstration auf diese Situation aufmerksam.
Über 150 Antifaschist_innen stiegen plötzlich am frühen Abend in Bergen-Enkheim aus der U-Bahn, packten ein Transparent gegen Neonazi-Strukturen aus und starteten so eine entschlossene Spontandemonstration durch den Stadtteil. Die gesamte Route über wurden lautstark antifaschistische Parolen gerufen, hunderte von Flyern wurden an Passant_innen verteilt und in Briefkästen gesteckt. Anwohner_innen bekundeten immer wieder ihre Zustimmung.
Böller, bengalische Fackeln und Leuchtspur unterstrichen den wütenden Charakter der Demonstration, ein unmissverständliches Signal an die Neonazis vor Ort.
Gegen Ende der Spontandemo tauchte noch die sichtlich überraschte und überforderte Polizei auf. Nach kurzem Hin-und-Her an der U-Bahn und einigen völlig überflüssigen Personalien-Kontrollen fuhren die Demonstrierenden schließlich zurück nach Hause.

Die Demonstration war ein großer Erfolg, und hat ein deutliches Zeichen gegen die aufstrebenden Neonazis im Raum Frankfurt gesetzt. Diese Aktion war nur der Auftakt für 2011. Wir werden den “Nationalen Sozialistn Rhein-Main” und ihrem Umfeld keine Ruhe lassen. Neonazis werden noch immer dort am effektivsten bekämpft, wo sie herkommen. In diesem Sinne können sich Eike Grunewald, Maximilian R. und Co. auf eine ungemütliche Zukunft einstellen!

Hier das verteilte Flugblatt zu Neonazi-Strukturen in Bergen-Enkheim:

Organisierte Neonazis in Bergen-Enkheim

In den letzten Monaten führten organisierte Neonazis zwei Fackelmärsche in Bergen-Enkheim durch, bei denen sie Fahnen schwenkend und Lieder singend durch den Stadtteil zogen:
Im Oktober 2010 wurde die Polizei gerufen, da mehr als 30 Neonazis durch die Straßen zogen. Kurz bevor die Polizei mit einiger Verspätung eintraf, zogen sich die Neonazis zurück. Der Auftritt war vermutlich gut vorbereitet und organisiert.
Mitte Dezember wiederholte sich das Spektakel noch einmal. Diesmal kam erst gar keine Polizei, die Nazis konnten völlig ungestört ihren Fackelmarsch durchführen. Anwohner_innen schauten zu, ohne einzugreifen, eine Zuschauerin sang sogar mit. Keiner der beiden Vorfälle fand Erwähnung in der Presse, auch die Polizei schwieg sich aus. Doch dazu später.

Bei den Nazis, die in Bergen-Enkheim auftreten, handelt es sich um die so genannten “Nationalen Sozialisten Rhein-Main” (NSRM), die auch als “Freie Nationalisten Hessen” auftreten. Deren größtenteils junge Mitglieder kommen aus verschiedenen Frankfurter Stadtteilen, aus Maintal, Bruchköbel und Eschborn. Die “Nationalen Sozialisten Rhein-Main” sind im wesentlichen deckungsgleich mit der neu formierten Frankfurter NPD. Diese erlebte im letzten Jahr einen Generationswechsel, wichtige Ämter wurden von vorrangig sehr jungen Neonazis übernommen.
In den letzten Monaten führten Neonazis aus den genannten Strukturen immer wieder Aktionen im Raum Frankfurt durch. Sie hängten Transparente mit neonazistischem Inhalt an Autobahnbrücken, besuchten und störten eine Veranstaltung der Partei “Die Linke” und fuhren bundesweit auf mehrere Nazi-Aufmärsche. Zudem fallen sie durch Aufkleber im Frankfurter Stadtgebiet auf.

Bereits ab 2008 machte die Gruppierung „Block F” durch Aufkleber und eine Internetpräsenz auf sich aufmerksam. Durch die Vernetzung von jüngeren NPD-Aktivisten mit den Mitgliedern von “Block F” entstand spätestens im Frühsommer 2010 der beschriebene Zusammenschluss “Nationale Sozialisten Rhein-Main.”

Treffpunkt und selbstsicheres Auftreten in Bergen-Enkheim

Der feste Treffpunkt der “Nationalen Sozialisten Rhein-Main” befindet sich in Bergen-Enkheim. Unter Akzeptanz des Betreiber-Ehepaars treffen sie sich regelmäßig in der “Berger Stubb” in der Marktstraße.
Innerhalb des Frankfurter Stadtteils Bergen-Enkheim treten die “Nationalen Sozialisten Rhein-Main” insgesamt sehr selbstsicher auf. In den letzten Monaten kam es durch die Neonazis vermehrt zu Beleidigungen und Bedrohungen. Auch wurde beispielsweise im Sommer 2010 eine Bürgersprechstunde der Linkspartei in Bergen-Enkheim von einem Dutzend Neonazis der “Nationalen Sozialisten Rhein-Main” und Mitgliedern der NPD Wetterau besucht und gestört. In Gesprächen unter Nachbar_innen auf der Straße sind die Neonazis immer wieder Thema.

Zwei zentrale Personen der “Nationalen Sozialisten Rhein-Main”

Eike Grunewald wohnt in Bergen-Enkheim. Er ist stellvertretender Landesvorsitzender und Funktionär der NPD-Jugend “Junge Nationaldemokraten” (JN), und ein zentraler Drahtzieher der Frankfurter NPD-Aktivitäten. Bei der Kommunalwahl im März 2011 tritt er als Kandidat für Bergen-Enkheim an. Grunewald gehört zum engsten Kreis der “Nationalen Sozialisten Rhein-Main”. Mit 21 Jahren ist er noch sehr jung.

Maximilian R. war Begründer und zentraler Aktivist von “Block F”, Er ist bei fast allen Aktionen der “Nationalen Sozialisten Rhein-Main” zugegen, und – obwohl erst 19 Jahre alt – gut in die Frankfurter NPD-Strukturen integriert. Er trat bei Aufmärschen der NPD bereits als Demonstrations-Ordner in Erscheinung. Reich hat innerhalb der letzten zwei Jahre eine steile Nazi-Karriere hingelegt. Seit 2010 wohnt er in Bergen-Enkheim.

Die “Hessische Linie”: Behörden verschweigen Neonazi-Aktivitäten und leugnen Strukturen

Die Polizei weiß offensichtlich über die Neonazi-Strukturen in Frankfurt Bescheid, dennoch gibt es bisher keine Reaktion von Seiten der Behörden. Informationen werden schlichtweg nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben, die Existenz von festen Nazi-Strukturen in Frankfurt wird geleugnet. Diese in ganz Hessen zu beobachtende Linie der Behörden trägt seit Jahren dazu bei, dass Neonazis immer wieder auf Räume zurückgreifen können und darüber ihre Strukturen ausbauen.

Beispielsweise nutzten Neonazis vor drei Jahren mehrfach Räume eines Kleingartenvereins in Rödelheim um Redner-Veranstaltungen und Konzerte durchzuführen. Obwohl eine Veranstaltung mit knapp 100 Teilnehmenden polizeilich aufgelöst wurde, gab es keine Pressemitteilung der Frankfurter Polizei. Auch der Verein und der Ortsbeirat wurden nicht über die Neonazi-Aktivitäten informiert.
Ähnliches spielte sich 2009/2010 im Gallusviertel ab. Dort trafen sich Neonazis über knapp zwei Jahre hinweg in der Gaststätte eines Sportvereins und führten Veranstaltungen unter anderem mit dem NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt durch. Nachdem Antifaschist_innen diesen Zustand im Oktober 2010 beendeten, und der Fall so an die Öffentlichkeit gelangte, erklärte der Verein, nicht gewusst und erfahren zu haben, wen er sich da ins Haus geholt hatte.

Obwohl die Polizei häufig über die Strukturen der Neonazis Bescheid weiß, erfolgt in der Regel keinerlei öffentliche Reaktion. Während zu jedem Verkehrsunfall eine Pressemitteilung der Polizei erscheint, ist es keine Erwähnung wert, wenn mehr als 30 Nazis Fahnen schwenkend und Lieder singend durch einen Frankfurter Stadtteil ziehen. Hinter dieser “Hessischen Linie”, Neonazi-Aktivitäten zu verschweigen, und organisierte Strukturen zu leugnen, steht also eindeutig eine politische Entscheidung. Was mit dieser Linie bezweckt werden soll, bleibt schleierhaft.
Vor diesem Hintergrund wird deutlich, wie notwendig engagiertes und entschlossenes Vorgehen gegen die Neonazis und ihre Strukturen für Antifaschist_innen bleibt. Dort wo keine kontinuierliche antifaschistische Arbeit stattfindet, werden Neonazis immer wieder Räume finden, um sich zu organisieren und ihr menschenverachtendes Weltbild zu verbreiten.


Für einen konsequenten Antifaschismus – Nazi-Strukturen bekämpfen!
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Ergänzungen

Gute Aktion! Startseite?

(muss ausgefüllt werden) 23.01.2011 - 22:24
Eine verdammt gute Aktion war das. Mehr davon!

An die Moderation: Gibt es einen Grund, diesen gut geschriebenen und ausführlichen Bericht nicht auf die Startseite zu setzen?

Mod vom Dienst: War ein Versehen. Daneben geklickt. Sorry

Ausenwirkung?

Demonstrat_in 24.01.2011 - 11:40
Prinzipiell finde ich, dass es echt ne coole Aktion war.
Allerdings haben mich dabei auch einige Dinge gestört.
Es ist nämlich ziemlich unnötig, Böller in Vorgärten zu werfen, vor allem dann wenn sich Hunde oder andere Tiere darin befinden, die dadurch krass erschrocken werden.
Außerdem wurden von einigen Leuten der ein oder andere Autospiegel abgetreten. Warum das? Was soll das bringen?
Grundsätzlich finde ich es nicht schlimm, wenn eine Demo einigermaßen martialisch oder militant rüber kommt, aber es gibt einige Dinge, die eifnach nur unnötig und dumm sind.
Ich finde es wichtig, dass auch Leute, die teil des Blocks sind und mitdemonstrieren, aber am laufenden Band scheiße bauen, darauf aumerksam gemacht werden, da sie dir Wirkung einer eigentlich coolen Aktion auf die Anwohner_innen komplett ruinieren.

keine mutmaßlichen sachbeschädigungen

Worb 24.01.2011 - 14:59
@Demonstrant: Zu keiner Zeit wurden Autospiegel abgetreten. Einige wurden aus Versehen umgeknickt im Vorbeilaufen, weil die Menschen bei schlechter Sicht dicht gedrängt bei hohem Tempo gelaufen sind.

Auch wurde keine Pyro absichtlich in Gärten geworfen. Die Außenwirkung der Aktion war 1A. Viele am Rand stehende Menschen haben der Aktion zugesprochen und waren sehr offen für die Info-Flyer. Bitte nimms mal mit der Wahrheit etwas genauer!

Ein paar Bilder...

antifa 24.01.2011 - 23:21

...

Demonstrant_in 25.01.2011 - 01:06
@ Worb
Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie beide Vorfälle, die ich kritisiert habe von Leuten gemacht wurden. Blöderweise waren die Leute deutlich fitter, also schneller als ich (das Tempo der Demo war rasant!)
Allerdings hast du insofern Recht, dass es auch Passant_innen gab, die super auf die Aktion reagiert haben und sogar Beifall geklatscht haben.
Umso bedauerlicher ist es daher, wenn dumme Aktionen dieses Bild wieder verschlechtern...

sogar die presse reagiert

bürgerliche presse leser_in 27.01.2011 - 19:12
sogar die sehr bürgerliche lokalpresse reagiert!
nicht schlecht so ist es ein anfang...:
 http://www.fnp.de/fnp/region/lokales/nazifackelzuege-in-bergen_rmn01.c.8623222.de.html

sogar die presse reagiert

bürgerliche presse leser_in 27.01.2011 - 19:13
sogar die sehr bürgerliche lokalpresse reagiert!
nicht schlecht so ist es ein anfang...:
 http://www.fnp.de/fnp/region/lokales/nazifackelzuege-in-bergen_rmn01.c.8623222.de.html

27.01.2011
Nazi-Fackelzüge in Bergen
Zwei Vermummte vor einem Transparent, schwarze Kapuzenjacken, Skimasken, verzerrte Stimmen. So sehen meist Bekennervideos von Terroristen aus. Doch hier präsentieren sich zwei Neonazis. Zwei von elf, die am Samstag über die Zeil zogen und ihre Aktion als Video im Internet zeigen. Zwei Vermummte vor einem Transparent, schwarze Kapuzenjacken, Skimasken, verzerrte Stimmen. So sehen meist Bekennervideos von Terroristen aus. Doch hier präsentieren sich zwei Neonazis. Zwei von elf, die am Samstag über die Zeil zogen und ihre Aktion als Video im Internet zeigen.

Fragt man die Menschen auf der Marktstraße in Bergen nach den Umtrieben junger Neonazis in ihrem Stadtteil, machen sie erstmal große Augen. Dass zwei Frankfurter Nachwuchs-Nazis in ihrem Stadtteil wohnen, ist ihnen neu. Ans Licht brachten das linke Antifaschisten, die am Samstag demonstrierend durch Enkheim zogen und mit Flugblättern und Randale auf die Bergen-Enkheimer Nazis aufmerksam machten. Kenner der rechten Szene wollen zumindest einen der beiden trotz Maske in einem Internet-Video erkennen. Es zeigt ein kleines Nazi-Grüppchen bei einer «Spontandemonstration» auf der Zeil. Unterdessen sind die Menschen in Bergen-Enkheim verunsichert. Sie wollen mehr über das braune Treiben erfahren.

Seinen Namen in der Zeitung lesen wollte – mit einer Ausnahme – keiner der Befragten auf der Berger Marktstraße. Sie fürchten Probleme. Doch sie alle machen klar, dass sie mit Nazis nichts zu tun haben wollen. Allein Ladislaus Kranitz (78) sagt offen, er habe im Zweiten Weltkrieg schlechte Erfahrungen mit den Nationalsozialisten gemacht und verabscheue sie.

Nächtliche Fackelzüge


Angeblich veranstalteten Neonazis in den letzten Monaten in Bergen-Enkheim zwei nächtliche Fackelzüge. Doch Zeugen zu finden, ist schwer. Die meisten wissen davon nur von anderen, die es von wieder anderen gehört haben. Doch in der Bäckerei auf der Marktstraße treffen wir eine Augenzeugin. Im Oktober 2010 zog ein Grüppchen schwarz gekleideter Gestalten vorbei, mit Springerstiefeln gekleidet und Fackeln tragend – und verschwand schnell wieder.

Beobachter der rechten Szene sprechen von «zwei zentralen Personen der Nationalen Sozialisten Rhein-Main», die in Bergen-Enkheim zu Hause seien. Der eine sei ein in Hanau geborenen 21-Jähriger, der bei der Kommunalwahl im März für die NPD für den Bergen-Enkheimer Ortsbeirat und die Stadtverordnetenversammlung kandidiert. Er soll die «Nationalen Sozialisten Rhein-Main» leiten, die seit 2010 als geschlossene Gruppe auf Neonazi-Demonstrationen in Thüringen, Sachsen und dem Ruhrgebiet auftritt. Der zweite Kopf der Gruppe soll ein 19-Jähriger sein, der schon als Jugendlicher den rechten «Block F» gründete und gut in der Frankfurter NPD vernetzt sei. Im Jahr 2010 sei er nach Bergen-Enkheim gezogen sei. Der harte Kern bestehe aus 20 Personen aus dem Rhein-Main-Gebiet, unter ihnen der Frankfurter NPD-Vorsitzende.

Die Vorsitzende des Vereinsrings Bergen-Enkheim, Gabi Niessner, ist entsetzt. «Und so geht es allen im Vereinsring. Wir sind schockiert, recherchieren fieberhaft. Wir wollen wissen, was dahinter steckt.» Auch sie macht klar: Neonazis seien im Stadtteil nicht willkommen.

«Verschiedene Bürger berichteten, drei junge Männer sammelten Unterschriften für die Kommunalwahl und bezeichneten sich als Nationale Sozialisten», sagt Ortsvorsteher Helmut Ulshöfer (Grüne). Er stellt klar: Die Bergen-Enkheimer würden sich dagegen wehren, ein Neonazi-Stützpunkt zu werden. Er sei sicher, dass die Bürger den Rechten bei der Kommunalwahl die Rote Karte zeigen. hau
© 2011 Frankfurter Neue Presse

erste reaktionen

antifa 27.01.2011 - 19:19
Frankfurter Neue Presse, 26.1.2011

Nazi-Fackelzüge in Bergen

Ein Internet-Video zeigt Neonazis auf der Zeil, doch auch im Frankfurter Osten ziehen sie umher

Die Bergen-Enkheimer sind verunsichert seit bekannt ist, dass zwei führende junge Neonazis unter ihnen leben. Sie fragen sich: Entsteht bei uns ein Nazi-Nest?

Bergen-Enkheim. Fragt man die Menschen auf der Marktstraße in Bergen nach den Umtrieben junger Neonazis in ihrem Stadtteil, machen sie erstmal große Augen. Dass zwei Frankfurter Nachwuchs-Nazis in ihrem Stadtteil wohnen, ist ihnen neu. Ans Licht brachten das linke Antifaschisten, die am Samstag demonstrierend durch Enkheim zogen und mit Flugblättern und Randale auf die Bergen-Enkheimer Nazis aufmerksam machten. Kenner der rechten Szene wollen zumindest einen der beiden trotz Maske in einem Internet-Video erkennen. Es zeigt ein kleines Nazi-Grüppchen bei einer «Spontandemonstration» auf der Zeil. Unterdessen sind die Menschen in Bergen-Enkheim verunsichert. Sie wollen mehr über das braune Treiben erfahren.

Seinen Namen in der Zeitung lesen wollte – mit einer Ausnahme – keiner der Befragten auf der Berger Marktstraße. Sie fürchten Probleme. Doch sie alle machen klar, dass sie mit Nazis nichts zu tun haben wollen. Allein Ladislaus Kranitz (78) sagt offen, er habe im Zweiten Weltkrieg schlechte Erfahrungen mit den Nationalsozialisten gemacht und verabscheue sie.

Nächtliche Fackelzüge

Angeblich veranstalteten Neonazis in den letzten Monaten in Bergen-Enkheim zwei nächtliche Fackelzüge. Doch Zeugen zu finden, ist schwer. Die meisten wissen davon nur von anderen, die es von wieder anderen gehört haben. Doch in der Bäckerei auf der Marktstraße treffen wir eine Augenzeugin. Im Oktober 2010 zog ein Grüppchen schwarz gekleideter Gestalten vorbei, mit Springerstiefeln gekleidet und Fackeln tragend – und verschwand schnell wieder.

Beobachter der rechten Szene sprechen von «zwei zentralen Personen der Nationalen Sozialisten Rhein-Main», die in Bergen-Enkheim zu Hause seien. Der eine sei ein in Hanau geborenen 21-Jähriger, der bei der Kommunalwahl im März für die NPD für den Bergen-Enkheimer Ortsbeirat und die Stadtverordnetenversammlung kandidiert. Er soll die «Nationalen Sozialisten Rhein-Main» leiten, die seit 2010 als geschlossene Gruppe auf Neonazi-Demonstrationen in Thüringen, Sachsen und dem Ruhrgebiet auftritt. Der zweite Kopf der Gruppe soll ein 19-Jähriger sein, der schon als Jugendlicher den rechten «Block F» gründete und gut in der Frankfurter NPD vernetzt sei. Im Jahr 2010 sei er nach Bergen-Enkheim gezogen sei. Der harte Kern bestehe aus 20 Personen aus dem Rhein-Main-Gebiet, unter ihnen der Frankfurter NPD-Vorsitzende.

Die Vorsitzende des Vereinsrings Bergen-Enkheim, Gabi Niessner, ist entsetzt. «Und so geht es allen im Vereinsring. Wir sind schockiert, recherchieren fieberhaft. Wir wollen wissen, was dahinter steckt.» Auch sie macht klar: Neonazis seien im Stadtteil nicht willkommen.

«Verschiedene Bürger berichteten, drei junge Männer sammelten Unterschriften für die Kommunalwahl und bezeichneten sich als Nationale Sozialisten», sagt Ortsvorsteher Helmut Ulshöfer (Grüne). Er stellt klar: Die Bergen-Enkheimer würden sich dagegen wehren, ein Neonazi-Stützpunkt zu werden. Er sei sicher, dass die Bürger den Rechten bei der Kommunalwahl die Rote Karte zeigen. hau (hau)

weitere Bürgerliche Presse

bürgerliche presse leser_in 28.01.2011 - 00:15
Auch die FR zieht nach!

Faschismus in Deutschland
Block F sucht NPD-Nähe

Von Danijel Majic

Eike Grunewald mangelt es nicht an Selbstbewusstsein. Auf seiner Internetseite präsentiert sich der 21-Jährige als „ihr Spitzenkandidat für Bergen-Enkheim“. Nach der Kommunalwahl möchte er gerne als Abgeordneter in die Stadtverordnetenversammlung und den Ortsbeirat einziehen – für die NPD.

Grunewald ist bekennender „Nationaler Sozialist“. Bis vergangenen Samstag hat die Öffentlichkeit so gut wie keine Notiz von dem Raumausstatter-Gesellen genommen. Bei der Staatsanwaltschaft liegt gegen ihn nichts vor. Ebenso wenig wie gegen Maximilian R., obwohl dieser sich als Betreiber der Internetseite „Block F“ einen Namen in der rechten Szene gemacht hat. Am Samstag aber erhielt Bergen-Enkheim am östlichen Frankfurter Stadtrand unangekündigten Besuch. Eine Spontandemonstration von rund 150 Antifaschisten zog lautstark durch Enkheim und informierte die Einwohner mit Flugzetteln und Parolen über die Entwicklung der rechten Szene in ihrem Umfeld. Seitdem ist die Aufregung groß und die Parteien überbieten sich mit Pressemitteilungen, in denen sie staatliches Vorgehen gegen die Nazi-Strukturen in Bergen-Enkheim fordern.

Linke Sprechstunde kapern

Tatsächlich sind Grunewald und R. keine Unbekannten. Seit Anfang 2010 treten sie mit einer Gruppe von zehn bis 15 Unterstützern als „Nationale Sozialisten Rhein-Main“ (NSRM) regelmäßig auf Nazi-Demonstrationen im gesamten Bundesgebiet auf. Beobachter der Szene ordnen diese Gruppierung den sogenannten Freien Kräften zu, die sich nicht zwangsläufig in den Apparat rechtsextremer Parteien integrieren und stattdessen auf plakative und offensive Aktionen setzen, um ihre Positionen in die Öffentlichkeit zu tragen.

In den vergangenen sechs Monaten haben „Nationale Sozialisten“ in Bergen-Enkheim schon öfter vorgeführt, was damit gemeint ist. Im Sommer 2010 versuchte die Gruppierung eine Bürgersprechstunde der Partei „die Linke“ in Bergen zu kapern. Zu körperlichen Auseinandersetzungen sei es nicht gekommen, berichtet der Vorsitzende der Linken im Römer, Lothar Reininger, auch weil die Anhänger der Linken in der Überzahl waren. Deshalb habe man darauf verzichtet, die Öffentlichkeit zu informieren.

Polizei übersieht Fackelmärsche

In den Folgemonaten soll die Gruppierung zwei Fackelmärsche mit bis zu 30 Teilnehmern im Stadtteil veranstaltet haben, berichtet die Antifa. „Wir konnten das so nicht feststellen“, sagte ein Polizeisprecher, der nicht genannt werden möchte. Laut Antifa hatten sich die Demos aufgelöst, bevor die Polizei eintraf. Dennoch zeigten die Aktionen, über welches Mobilisierungspotenzial die NSRM verfüge.

Ausreichend belegt ist der jüngste Auftritt der NSRM. Am vergangenen Samstag zogen elf Vermummte mit einem Transparent mit der Aufschrift „Kommunismus ist Völkermord“ über die Zeil – dokumentiert als „Frontnachrichten aus Frankfurt“ auf Youtube. Unbehelligt zieht die „spontane“ Nazi-Demo über die Einkaufsmeile, während die Teilnehmer Parolen wie „Nationaler Sozialismus, jetzt“ brüllen.

Beim Eintreffen der Polizei hatte sich die Gruppe wieder aufgelöst. „Wir reagieren sehr sensibel auf solche Geschichten“, heißt es bei der Polizei. Derweil werten auf Youtube zwei Vermummte die Aktion als Erfolg. Die Strategie der unangemeldeten Demos habe sich bewährt. Nur so könne man verhindern, dass die Aktionen durch Polizei oder Antifa gestört würden.
Artikel URL:  http://www.fr-online.de/frankfurt/block-f-sucht-npd-naehe/-/1472798/7129872/-/index.html

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