Rostock: Rassisten wollen neues Lichtenhagen

Text oder HTML? 14.01.2011 15:45 Themen: Antirassismus
Auf einer öffentlichen Sitzung des Ortsbeirates Evershagen haben am Dienstag laut Medienberichten knapp 40 Bewohnerinnen und Bewohner aus der Thomas-Morus- und der Willi-Bredel-Straße gegen einen geplanten Interkulturellen Garten gehetzt. Eine Anwohnerin wird von den Nordeutschen Neuesten Nachrichten mit der Drohung "Wollen Sie hier ein zweites Lichtenhagen erleben?" zitiert. Die NPD ist begeistert.
Auf einer öffentlichen Sitzung des Ortsbeirates Evershagen haben am Dienstag laut Medienberichten knapp 40 Bewohnerinnen und Bewohner aus der Thomas-Morus- und der Willi-Bredel-Straße gegen einen geplanten Interkulturellen Garten gehetzt. Eine Anwohnerin wird von den Nordeutschen Neuesten Nachrichten mit der Drohung "Wollen Sie hier ein zweites Lichtenhagen erleben?" zitiert. Die Anwohnerinnen und Anwohner hatten des weiteren ca. 100 Unterschriften gegen das Projekt gesammelt. Ob es sich bei diesem Mob um manifeste Nazis handelt, kann durchaus bezweifelt werden. Die NPD freut sich allerdings von ganzem Herzen, dass ihre Propaganda verfangen hat und sich die Menschen im Stadtteil zu Lautsprechern der Nationalsozialisten andienen.

Schaut man sich an, wie der Mob seine Pöbeleien begründet hat, findet man die ganze Bandbreite rassistischen Denkens wieder. Neben plumpesten Klischees, wie der Angst Ausländer würden Dreck und Lärm produzieren, finden sich auch berüchtigte Topoi des deutschen völkischen Denkens. Wenn argumentiert wird, dass ein Interkultureller Begegnungsraum unausweichlich zu Konflikten führen muss, so handelt es sich hier immer noch um das Herdersche Kugel-Modell der Kulturen. Dass rassistische Thesen in Deutschland gerne vernommen und gekauft werden, hat im letzten Jahr Thilo Sarrazin unzweifelhaft unter Beweis gestellt. Doch auch der Mob von Evershagen glaubt offenbar, dass Kultur eine geschlossene Wesenheit ist, in die Menschen hineingeboren werden und die sie tief und irreversibel prägt. Wer Teil einer bestimmten Kultur ist, befindet sich gemäß dieser Ideologie in einem kugel-förmigen, dicht-abgeschlossenem Raum und kann nicht in eine andere Kultur eintauchen. Aufgrund dieser Denkweise müssen Rassisten wie die aus dem Rostocker Nordwesten immer davon ausgehen, dass das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kulturen unausweichlich zu Konflikten zwischen naturgemäß unterschiedlichen Entitäten führt.
Ein ernsthafter Blick auf die Lebenswelt der eigenen Kinder und Enkel müsste ihnen unzweifelhaft vor Augen führen, dass es keine deutsche Leitkultur gibt, dass es größere kulturelle Untschiede zwischen Enkeln und Großeltern gibt, als zwischen gleichaltrigen Jugendlichen mit und ohne deutschen Pass. Doch der Mob will, wie auch im Falle des erwähnten Sarrazin Buches, weder lesen noch der Arbeit des Denkens sich aussetzen, sondern Dampf ablassen und zur Tat schreiten.

Wer mit solchem rassistischen Dreck um sich wirft und in Rostock knapp 20 Jahre nach dem letzten Pogrom wieder damit droht, Häuser und Menschen anzünden zu wollen, gehört entschieden bekämpft, egal ob sich diese Menschen offen zur NPD bekennen oder nicht.


Links:

 http://www.nnn.de/nachrichten/lokales/rostock/artikeldetails/article/218/buerger-lehnen-integrationsprojekt-ab.html

hxxp://www.mupinfo.de/?p=7528 (Achtung NPD-Seite)
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